Wegweiser

 

 

Das sind wir:

Maid: Lulu

Bursch: Ludwig

Orte: Erlangen & Shenzhen

Vorlieben: Welterkunden, Radfahren, Skifahren, Wandern

 

  • 16.03.2010
  • 29.03.2010
  • 31.03.2010
  • 18.04.2010
  • 23.05.2010
  • 14.06.2010
  • 15.06.2010
  • 27.06.2010
  • 03.09.2010
  • 14.09.2010
  • 07.02.2011
  • 01.03.2011
  • 09.08.2011
  • 02.10.2011
  • 11.01.2013
  • 06.05.2013
  • 26.05.2013

Thailand - Chiang Mai & Koh Samui

Natürlich wollten wir unseren Urlaub bei 35 Grad nicht nur in einer Metropole verbringen und so sind wir zunächst weiter in den Norden Thailands in die Stadt Chiang Mai geflogen. Die Flugzeit von Bangkok aus beträgt ungefähr eine Stunde. Chiang Mai ist eine alte Stadt und war ab dem 13. Jahrhundert zeitweise Sitz thailändischer Könige. Im Lauf der Geschichte war diese Stadt aber auch mehrfach von anderen Mächten beherrscht, insbesondere durch burmesische Herrscher. Leider hatten wir vor lauter Vorfreude unseren ausgeliehenen, sehr guten Thailand Reiseführer (von Stefan Loose) im Flugzeug in der Sitztasche vergessen, sodass wir ab diesem Moment unsere Besichtigungsprogramme vor Ort etwas spontaner gestalten mussten…

Nachdem wir bei unserem Urlaub in Kota Kinabalu von unserer Unterkunft im Shangri-La Shangri-La Hotel Chiang Maiso beeindruckt waren, haben wir uns auch in Chiang Mai in einem Hotel dieser Kette eingebucht. Wir hatten für die drei Tage, die wir in Chiang Mai verbrachten, ein sehr attraktives Paket gebucht, das neben der Unterkunft mit Frühstück auch einen halbtägigen Ausflug in die nähere Umgebung, sowie eine einstündige Massage für jeden von uns beeinhaltete. Zudem war auch der Flughafentransfer mit eingeschlossen. Und so wartete nach unserer Ankunft am Flughafen in Chiang Mai bereits ein Abholer auf uns, und wir konnten ohne weitere Wartezeit in eine Limousine einsteigen, die uns ins Hotel brachte. Bereits im Auto wurden wir im Fond mit gekühlten aromatisierten Tüchern und gekühlten Wasserflaschen zur Erfrischung empfangen. Genauso wie bereits auf Kota Kinabalu war also ab der ersten Minute perfekter Service und sorgenfreie Entspannung garantiert. Als wir am Hotel ankamen, wurden wir ebenfalls in der Lobby gleich mit einem frischen Obstsaft empfangen und eine Empfangsdame füllte für uns sämtliche Registrierungsformulare aus. So sieht ein perfekter Service aus!

Lulu am Pool des Shangri-La Chiang MaiDa auch dieses Shangri-La Hotel über einen sehr großen und hervorragend gepflegten Pool verfügte, beschlossen wir, den Nachmittag bei 37 Grad zunächst einmal an diesem Pool zu verbringen. Dabei genossen wir alkoholfreie Fruchtcocktails, die ebenfalls hervorragend waren. Die Hotelanlage ist so schön und groß, dass man problemlos den ganzen Tag dort verbringen könnte. Im Gegensatz zu Shenzhen oder auch Bangkok war hier im Landesinneren die Luftfeuchtigkeit sehr viel niedriger, sodass die hohen Temperaturwerte viel angenehmer zu ertragen waren und uns nichts ausmachten.

Trotz aller Annehmlichkeiten in der Hotelanlage wollten wir natürlich auch die Stadt Chiang Mai erkunden und so haben wir uns am frühen Abend zu Fuß auf den Weg gemacht. Auch um 6 Uhr abends hatte es noch immer deutlich jenseits der 30 Grad. Wir sind zunächst mal zum nahegelegenen Nachtmarkt gelaufen. Zumindest der Teil, den wir an diesem Abend entdeckten, war dem Nachtmarkt in Bangkok insofern sehr ähnlich, dass das Angebot aus beinahe den identischen Artikeln bestand (also T-Shirts mit mehr oder weniger originellen Slogans bedruckt, nachgemachten Uhren, Sonnenbrillen und so weiter) und auch sehr stark touristisch war. Dazwischen gab es noch ein paar Kleidungsstücke und Schnitzereien von den in den umliegenden Bergen noch eher traditionell lebenden Stämmen, die von den Thais "hill tribes" (also "Bergstämme") genannt werden. Aber auch diese Artikel sprachen uns nicht so an, dass wir etwas gekauft hätten. Beim Herumlaufen durch die Straßen und Gassen rund um den Nachtmarkt hielten wir Ausschau nach einer ansprechenden Gelegenheit zum Abendessen. In unmittelbarer Nähe des Marktes fanden wir aber nur Etablissements, die zwar auch Essen anboten, deren Fokus aber doch ziemlich offensichtlich auf Kontakten zwischen Gästen und jüngeren Thaidamen lag. Daneben gab es eine unüberschaubare Anzahl von Fleischspiesschen am StrassengrillMassagesalons. Wir vermuten, dass dort auch Dienstleistungen angeboten wurden, die über die reine Lockerung und Entspannung der Rumpfmuskulatur hinausgehen. Langsam waren wir vom Herumlaufen doch ziemlich hungrig und so beschlossen wir, an einem kleinen, aber sehr sauber wirkenden Strassenverkaufsstand als Vorspeise ein paar Fleischspießchen vom Grill einzunehmen. Die Verkäuferin trug sogar einen Mundschutz, eine echte Rarität in diesem Gewerbe! Wir ergatterten die letzten vier Schweinefleischspießchen für zusammen gerade mal 20 Baht (umgerechnet 45 Eurocent) und waren begeistert!

Anscheinend war dieser Verkaufsstand so beliebt, dass die Spieße schnell ausverkauft waren. Zum Abendessen gingen wir schließlich in eine Art Gartenlokal in der Nähe unseres Hotels, in dem wir wieder leckeres Thaicurry und Huhn mit Cashewnüssen verspeisten. Offensichtlich war dieses Restaurant auch bei Einheimischen einigermaßen beliebt und wir waren froh, in einem nicht zu touristischen Etablissement oder bei Massage-und-mehr-Dienstleistern gelandet zu sein.

Buddha für FreitagAm nächsten Morgen haben wir den halbtägigen Ausflug in Anspruch genommen, der in unserem Hotelpaket enthalten war. Wir wurden morgens um 8:30 Uhr von einem Führer und eigenem Minibus mit Fahrer abgeholt, die wir beide für uns alleine hatten. Zunächst ging es zum Wat Suan Dok, einer restaurierten Tempelanlage etwas außerhalb der Altstadt Chiang Mais, die bereits vor vielen Hundert Jahren gegründet wurde. Unser Führer erzählte uns viel über die Hintergründe der buddhistischen Tempel und die Bedeutung vieler Symbole. Unter anderem haben wir die verschiedenen charakteristischen Haltungen der Buddha-Statuen erklärt bekommen, die zum Beispiel Meditation, Abwehr böser Kräfte und so weiter bedeuten. Ebenfalls haben wir in dieser Tempelanlage die acht verschiedenen Buddhas, die für die sechs Wochentage sowie Mittwoch tagsüber und abends stehen und jeweils eine andere Haltung ausdrücken. Im buddhistischen Glauben entscheidet der Wochentag der Geburt über die Zuordnung zu einer der acht Buddha-Statuen. Wir wissen zwar nicht genau, was diese Zuordnung für uns bedeutet, aber nachdem wir beide an einem Freitag zur Welt kamen, teilen wir immerhin dieselbe Buddhahaltung...

Nach der Besichtigung des Wat Suan Dok fuhren wir weiter aus der Stadt hinaus auf den 1676 Meter hohen Berg Doi Suthep. Oben befand sich eine weitere wichtige buddhistische Tempelanlage, der Wat Phra That Doi Suthep Ratcha Woraviharn, welche wir besichtigten. Dieser Tempel war aber auch sehr touristisch und wir fanden uns inmitten von mehreren Lulu und Ludwig im Wat Phra That Doi SuthepBusladungen chinesischer Reisender wieder. Folglich war es gleich mal vorbei mit der Ruhe, die man in solch einer Einrichtung erwarten sollte. Die letzten 50 Höhenmeter vom Parkplatz zum Tempel hätten wir entweder zu Fuß oder mit einer Bahn bewältigen können. Unser Führer fragte uns im Auto, ob wir lieber mit der Bahn fahren oder laufen wollten. Wir erklärten zwar dezent, dass wir überhaupt nichts gegen das Laufen einzuwenden hätten, aber nachdem unser Guide dann zum zweiten Mal betonte, dass wir vielleicht doch besser die Bahn bergauf nehmen sollten, war uns klar, dass er nicht laufen wollte. Wir bestanden auch nicht darauf und so ging es eben auf die kurze Bahnfahrt nach oben, die eher eine Fahrt in einem kurzen, schräg am Berghang installierten Aufzug war. Dort angekommen, mussten wir uns nun doch in rosa Überhosen kleiden, denn auch an diesem Tag war es wieder so heiß, dass wir in kurzer Kleidung unterwegs waren, damit aber nicht die Kleidervorschriften für die Tempelbesichtigung erfüllten. Aber wir waren nicht die einzigen und die Hosen war weit genug, sodass sie nicht unangenehm waren. Für Ludwig war die Hose eh deutlich zu kurz und er lief in einer rosa Dreiviertelhose rum...

Der Tempel selbst war sehr schön und wir konnten viele verschiedene Buddhafiguren und einen großen, reich mit Gold verzierten Chedi in der Tempelmitte bestaunen. Obwohl das eine buddhistische Tempelanlage war, fanden sich dennoch auch ein paar wenige Figuren von hinduistische Gottheiten neben den Buddhas. Offensichtlich herrscht zumindest zwischen diesen beiden Religionen eine große Toleranz und man duldet die jeweilig anderen in den eigenen Tempeln. Rund um den Chedi standen große Hallen, in denen Gläubige von Mönchen mit einer Art Weihwasser geweiht wurden. Dafür mussten aber natürlich vorher eine Opfergabe darbieten. Auf der Rückseite des Tempels gab es eine weitläufige Terrasse, von der aus man bei klarer Sicht einen guten Blick auf die im Tal liegende Stadt Chiang Mai hat. Leider war auch an diesem Tag des Wetter eher trüb und konnten nur einige Gebäudesilhuetten erahnen.

Nach der Besichtigung des Tempels wurden wir dann vor der Rückfahrt aber doch noch durch eine Jademanufaktur mit großem angeschlossenen Verkaufsraum geführt. Man war sehr um uns bemüht und bot uns allerlei Getränke und Essen an, die wir aber höflich ablehnten, da wir uns nicht in die Verpflichtung bringen wollten, dort Edelsteine zu kaufen. Wir schauten uns alles an, gingen dann aber nach knapp einer halben Stunde wieder, nachdem wir den Ausführungen und Werken ausreichend Aufmerksamkeit gewidmet hatten. Wir hatten zwar nicht das Gefühl, dass hier minderwertige Ware angeboten würde, aber der Stil sämtlicher angebotenen Steine und Ringe traf sicherlich nicht unseren Geschmack und wir wollten ja sowieso nicht zum Juwelenkauf auf den Berg.

Nach Ende der Besichtigungstour haben wir uns auf der Rückfahrt in der Altstadt Chiang Mais absetzen lassen. Die Altstadt hat einen beinahe quadratischen Grundriss von etwa 1,5 km Kantenlänge und war früher einmal von einer durchgehenden Stadtmauer mit einem umlaufenden Wassergraben und Toren in alle vier Himmelsrichtungen umgeben. Heute stehen von der Mauer nur noch Fragmente an den Eckpunkten, sowie an einigen Toren. Der Wassergraben ist dagegen fast noch komplett erhalten und an diesen grenzt jetzt eine Ringstraße an, welche die Altstadt umgibt. Wir sind von der Südwestecke der Altstadt gestartet und haben uns einfach mal durch die kleinen Gässchen geschlängelt. Erstaunlicherweise sind wir dabei nicht in Sackgassen steckengeblieben und mussten kein einziges Mal umdrehen! Auf dem Weg durch die alten Sträßchen haben wir noch mehrere Tempel entdeckt. Die meisten dieser Tempel waren allerdings in schlechtem Zustand und Echse mit blauem Kopfmanche schienen aufgegeben. Dennoch war es interessant, diese verschiedenen kleinen Tempel zu sehen. An einem der Tempel entdeckte Lulu auf einer Mauer eine wunderschöne Echse mit blauem Kopf, die uns auch nah genug an sich heran ließ, um ein paar tolle Fotos zu schießen. Als wir während der Mittagszeit und -hitze (wir hatten wieder jenseits der 35 Grad) durch die Gassen schlenderten, kam uns die Stadt ziemlich inaktiv vor. Wir sahen jede Menge Hunde, die scheinbar frei durch die Straßen streunten, aber alle vollkommen friedlich waren. Die Menschen schienen sich wie in den Mittelmeerländern während der Mittagshitze zur Siesta zurückgezogen zu haben, zumindest in der Altstadt.

Wir sind dann ca. 5 km ganz bis zum Hotel zurückgelaufen und haben uns dort wieder an den Pool begeben, um uns von der Tour etwas zu erholen. Dabei fiel uns auf, dass wir beide - und insbesondere Lulu - offensichtlich zu einer verschwindend kleinen Minderheit gehören. Am Hotelpool befanden sich mehrere westliche Paare und Einzelreisende (im Hotel fand gerade eine Tagung statt). Alle Frauen westlichen Aussehens, die wir dort sahen, trugen Tätowierungen. Insbesondere die von uns hoch geschätzten Tattoos oberhalb des Steißes, vulgo "Arschgeweih", gehörten beinahe zum Standard jeder Frau. Zudem hatten diese Damen auch alle Body-Mass-Indizes deutlich jenseits des optimalen Bereichs (bis 24). Wir wissen nicht, wie repräsentativ diese Auswahl von Menschen westlichen Ursprungs war, aber wir kamen uns doch etwas seltsam vor. Dennoch konnte diese Beobachtung den Genuss und die Entspannung am Pool nicht schmälern.

Nachdem wir uns abends bei einem nahegelegenen Restaurant gestärkt hatten, welches japanisches Essen in unbegrenzten Umfang zu einem ebenfalls sehr günstigen Preis anbot, haben wir danach noch unsere Massage im hauseigenen "Chi Spa" des Shangri-La eingelöst. Das Chi Spa verfügt über eigene, äußerst geflegte Räumlichkeiten in ein paar separat stehenden flachen Hütten. Zunächst mal mussten wir an der Rezeption des Chi Spa einen Fragebogen zu möglichen gesundheitlichen Einschränkungen und mit unseren Daten ausfüllen. Danach durften wir Proben der fünf zur Auswahl stehenden Massageöle (die nach den Elementen Wasser, Erde, Metall, Holz und Feuer benannt waren) auf unserer Haut beschnuppern. Lulu entschied sich für das "Holz-Öl", während Ludwig das "Erd-Öl" bevorzugte. Dann wurden wir von unseren Masseurinnen abgeholt und in den Pavillon begleitet, in dem wir massiert wurden. Überall wurde dezente Entspannungsmusik abgespielt und wir waren schon begeistert, als wir den eigenen Umkleideraum betraten. Dort mussten wir uns in bereitgelegte Einmalunterwäsche aus Baumwolle umziehen. Darüber gab es Bademäntel, die allerdings nicht ganz auf Ludwigs Größe ausgelegt waren, sodass auch die Masseurinnen herzlich lachen mussten, als sie Ludwig im Bademantel sahen, der ihn eher wie einen Rock kleidete. Dann wurden wir beide zunächst bäuchlings an den Beinen und am Rücken massiert, bevor auf der Vorderseite des Körpers weiter ging. Diese Stunde verging wie im Fluge und wir beide waren nach der Massage so vollkommen entspannt, wie wir uns das nicht hätten vorstellen können. Beim abschließenden Tee, der uns nach der Massage noch gereicht wurde, verriet uns Ludwigs Masseurin, dass sie bei ihm wegen der langen Beine und des dichten Fells an diesen zwei Flaschen Massageöl anstatt einer Flasche, wie sonst üblich, brauchte. Aber alle Beteiligten waren bester Stimmung, unsere Masseusen eingeschlossen. Wir waren mit dieser Massage so außergewöhnlich zufrieden, dass wir unseren beiden Masseurinnen noch ein ordentliches Trinkgeld gaben und uns vornahmen, bei Gelegenheit noch eine Massage in einem Chi Spa eines Shangi-La zu buchen. So endete dieser erlebnisreiche Tag in vollkommener Entspannung - ein perfekter Urlaubstag!

Nach so viel Entspannung hatten wir beschlossen, den nächsten Tag mit etwas Sport zu beginnen. Noch vor dem Frühstück sind wir zum Hotelpool, der frühmorgens noch vollkommen verwaist war, und sind dort jeweils 20 Bahnen geschwommen. Danach Lulu und Elefant im Zoo Chiang Maischmeckte dann das Frühstücksbuffet gleich noch viel besser! Ludwig führte dann noch ein dienstliches Telefonat mit einigen Kollegen, die gerade zu Besuch bei unserer Firma in Shenzhen waren, die er aber aufgrund unseres Urlaubs nicht treffen konnte. Danach fuhren wir mit einem Taxi in den Zoo von Chiang Mai. Der Zoo ist auf einem sehr großen und leider nicht ganz übersichtlich ausgeschilderten Gelände am Fuß des Doi Suthep Bergs gelegen. Trotz der moderaten Beschilderung haben wir alle Tiere gefunden, die wir sehen wollten. Bald kamen wir bei einem Elefanten an, der in einem kleinen abgesperrten Karree direkt am Weg an den Besuchern stationiert war. Die Elefantenpfleger verkauften für 20 Baht kleine Körbe mit Früchten, die man an den Elefanten verfüttern konnte. Nach einer gewissen anfänglichen Skepsis und nachdem wir das Tier einige Zeit beobachtet hatten, entschlossen auch wir uns, dem Dickhäuter etwas Futter zu kaufen und ihn direkt zu füttern. Dieser Elefant war natürlich trainiert und hörte gut auf die Kommandos seiner Betreuer. Dennoch war es ein besonderes Gefühl, wie vorsichtig dieser Riese mit seinem Rüssel nach den Gurken, Bambus und Bananen griff. Er ließ sich auch streicheln und seine Haut fühlt sich ziemlich weich an.

Nach dem Elefanten sind wir weiter zur Hauptattraktion des Zoos, einem Pärchen Pandabären (wissenschaftlich korrekt: einem Pärchen Großer Pandas). Als große Besonderheit gelang es, dass dieses Pandabärenpaar im Jahr 2009 in Gefangenschaft Nachwuchs bekam. Wir bekamen das kleine Bärchen zwar nur per Videoübertragung aus Großer Pandaseinem Rückzugsbereich zu sehen, aber offensichtlich wächst und gedeiht es auch in Gefangenschaft gut. Die beiden Elterntiere leben in getrennten Sektionen, da sie sich außerhalb der Paarungszeit wohl bekämpfen würden. Obwohl viele Schilder bei den Pandas um Ruhe baten, um die sensiblen Tiere nicht zu stören, war an Ruhe im Pandagehege nicht zu denken, da an diesem Tag sehr viele Schulklassen den Zoo besuchten. Und es ist einfach nicht möglich, dass 100 Schüler wirklich ruhig sind. Die Bären zeigten sich aber wenig beeindruckt vom Trubel auf der Besuchergalerie und insbesondere das Weibchen ließ sich ausgiebig beim Fressen und Herumturnen nahe an den Zuschauern bewundern. Ludwig schoss Dutzende von Fotos und ist jetzt mit dem Aussortieren beschäftigt... Natürlich statteten wir auch noch vielen weiteren Zoobewohnern einen Besuch ab. Aber leider waren viele der Gehege nicht besonders groß und viele Tiere saßen phlegmatisch in ihren Boxen herum. Das ist eben leider das Schicksal der meisten Zootiere und man wird es nie schaffen, den Tieren Bedingungen zu schaffen, die dem natürlichen Lebensraum nur annährend nahe kommen. Als wir den Zoo verließen und uns auf die Suche nach einem Taxi zurück zum Hotel machen wollten, stand gerade ein kleiner Pick-Up Truck, dessen Ladefläche überdacht war und zum Personentransport dient, da und sammelte Fahrgäste ein. Diese auch Songtheao genannte Art der Sammeltaxen sind in Chiang Mai weit verbreitet, es scheint mehr davon zu geben, als von den Tuk Tuks. Wir waren zwar erst recht skeptisch, da wir befürchteten, wieder übers Ohr gehauen zu werden, stiegen mit zwei Holländern aber doch zu, nachdem uns der Fahrer einen Fahrpreis von 50 Baht pro Person zugesichert hatte, was sehr günstig für die Fahrtstrecke war. Die Fahrt war wirklich etwas Besonderes und wir kamen zum vereinbarten Fahrtpreis ohne Probleme zu unserem Ziel. Merke: Man muss zwar auf der Hut sein, aber man darf sich auch nicht ins Bockshorn jagen lassen und grundsätzlich jeden als Gauner verdächtigen.

Nach einer kurzen Erfrischung im Hotelpool zogen wir wieder los, um in der Stadt ein Abendessen einzunehmen. Dieses Mal wurden wir in der Nähe des Nachtmarkts doch noch fündig und haben in einem kleinem Food Court im Freien wieder ausgezeichnete Thaiküche zu einem absoluten Rekordpreis von umgerechnet 6,50 Euro genossen. Danach sind wir nochmal über den Nachtmarkt geschlendert. Wir hatten jetzt einen Teil des Marktes entdeckt, auf dem das Warenangebot wieder eher unseren Geschmäckern entsprach und wir Spaß am Herumstöbern hatten. Während unseres Spazierganges über den Markt flackerte plötzlich das Licht an den Ständen, die Musik aus den Lautsprechern verstummte, es gab einen orangen Lichtbogen mit entsprechender Geräuschentwicklung an einer der Freiluftleitungen, welche kreuz und quer in der Stadt verlaufen. Gleichzeitig flatterte ein ganzer Schwarm Vögel aufgeregt weg. Wir nehmen an, dass eines der Tiere zwischen eine spannungsführende Freileitung und einen Erdkontakt kam, dadurch "blitzgeröstet" wurde und einen kleinen Stromausfall verursachte. Jedenfalls war für wenige Sekunden plötzlich Stille auf dem geschäftigen Markt und viele Besucher blickten etwas verschreckt umher. Aber bald brannten wieder alle Lichter, die Musik ging wieder an und bis auf den vermeintlich verbrannten Vogel gab es keine offensichtlichen Schäden.

Am nächsten Tag, dem Donnerstag, hatte Lulu Geburtstag. Auch diesen besonderen Tag starteten wir wieder mit sogar 22 Bahnen im Hotelpool vor dem Frühstücksbuffet auf der Hotelterrasse. Leider mussten wir danach unsere Sachen wieder packen, denn wir flogen mittags weiter zu unserer letzten Station dieses Urlaubs auf der Insel Koh Samui (eigentlich ist der Ausdruck "Insel Koh Samui" doppelt gemoppelt, denn "Koh" ist das thailändische Wort für "Insel"). Natürlich wurden wir auch wieder mit einer Limousine vom Hotel zum Flughafen gebracht. Am Flughafen hatten wir noch ausreichend Zeit und Ludwig las in einer Tageszeitung Berichte zur aktuellen politischen Lage in Bangkok. Dort hatte es am Freitag vor Beginn des Seminars (also vor zwei Wochen) eine Gerichtsentscheidung gegen den ehemaligen Premierminister Thailands, Thaksin, gegeben, in der mehrere Milliarden Baht seines Vermögens beschlagnahmt wurden, die er während seiner Amtszeit illegal erworben hatte. Der ehemalige Premierminister scheint in der Bevölkerung Thailands noch viele Anhänger zu haben, die für das vor uns liegende Wochenende zu Großdemonstrationen in Bangkok aufgerufen haben. Dementsprechend sind die Sicherheitskräfte alarmiert und es gibt Bedenken, dass die Rothemden genannten (und gekleideten) Unterstützer Thaksins eventuell auch den internationalen Flughafen belagern und blockieren werden. Nach einer kurzen Überlegung ließen wir uns aber dennoch nicht von unseren Reiseplänen abbringen, auch wenn wir am Sonntag, dem erwarteten Höhepunkt der Proteste, über Bangkok zurück nach Hong Kong fliegen müssen.

Als wir am Nachmittag auf dem Flughafen Koh Samuis ankamen, entlud sich kurz nach unserer Landung ein heftiger Gewitterregen. Der Flughafen auf Samui ist sehr klein und insofern besonders, dass die Gebäude alle an den Seiten offen sind. Dadurch haben wir die Intensität des Regens sehr gut mitbekommen und gesehen, wie die Straßen rasch überflutet waren. Gleich hinter der Gepäckausgabe wurden wir von einer Verkäuferin von Tickets für einen Minibus zu unserem Hotel angesprochen. Die Preise lagen bei 150 Baht pro Person, was uns angesichts der kurzen Strecke von wenigen Kilometern als vollkommen überteuert erschien. Die Dame sagte uns zwar, dass ein Taxi gar 600 Baht (umgerechnet 13,20 Euro) koste, aber wir witterten dahinter wieder eine vorsätzliche Falschinformation, um ihre teueren Tickets an den Mann zu bringen. Also schlugen wir das Angebot erst mal aus und machten uns auf die Suche nach Taxen am Ausgang des Flughafens. Dort fanden wir aber nur "private taxis" ohne die normalen Taxischilder und Taxameter und keine normalen Taxen. In der Tat verlangten alle der "private taxis" konsistent einen Fahrpreis von 600 Baht. Natürlich ist das für europäische Verhältnisse noch immer nicht besonders teuer, angesichts der ansonsten in Südostasien üblichen Taxipreise war dieser Preis allerdings extrem hoch. Schnell merkten wir, dass wir aber keine Alternativen außer überteuertem Taxi und teurem Minibus haben, da wir bei dem Wolkenbruch nicht erst mal zu Fuß das Flughafenareal verlassen und an der nächsten großen Straße auf eigene Faust nach normalen Taxen suchten wollten. Koh Samui ist inzwischen dermaßen vom Massentourismus in Beschlag genommen, dass sich solche Abzockerpraktiken leider etabliert haben. Also sind wir wieder zurück, um uns doch Tickets für den Minibus zu kaufen. Dort beschied man uns aber nun, dass jetzt kein Bus mehr fahre, da wir mindestens 5 Fahrgäste sein müssten und man konnte uns auch nicht sagen, wann denn wieder ein Bus führe. Offensichtlich wollte uns jetzt die Verkäuferin zappeln lassen und uns zwingen, ein noch teureres Taxi zu nehmen, nachdem wir sie vor wenigen Minuten abgewiesen hatten. Als Ludwig sein Handy zog, um unsere Unterkunft anzurufen und sich nach alternativen Transportmöglichkeiten zu erkundigen, gab es dann aber plötzlich doch einen Minibus, der uns mitnehmen konnte. Wir wissen zwar nicht mit Ludwig im Regen auf Koh SamuiSicherheit, ob es nicht doch ein Zufall war, denn in der Tat teilten wir den Bus mit 4 österreichischen Rucksacktouristen. Aber wir hatten klar den Eindruck, dass die Minibusbetreiber uns erst mitnahmen als sie befürchteten, dass wir doch eine Alternative zu ihrem überteuerten Angebot hätten.

Der erste Geschmack von Koh Samui war also leider nicht der allerbeste. Als wir aber dann in unserer Unterkunft, dem Mae Nam Resort an der Nordküste der Insel angekommen waren, unseren Bungalow bezogen und unsere Kleidung zu Shorts und Flipflops an die überfluteten Straßen angepasst hatten, hellte sich die Stimmung rasch wieder auf. Nachdem wir uns in einem Supermarkt mit dem Nötigsten (einer Flasche Rotwein, Trinkwasser, Bier und Chips) versorgt hatten, fanden wir auch noch das gepflegte "Twins" Restaurant in der Nähe und konnten dort mit Satehspießen und zwei ausgezeichneten Curries Lulus Geburtstag noch schön feiern. Anschließend setzten wir uns noch auf die Veranda unseres Bungalows und ließen dort den Abend mit zwei Gläschen Rotwein ausklingen.

Nachdem wir unsere Unterkunft wieder ohne Frühstück gebucht hatten, haben wir uStarcups Cafe Koh Samuins am nächsten Morgen erst mal auf die Suche nach einem Cafe gemacht, in dem wir frühstücken konnten. Wir wurden wiederum schnell in der Nähe unseres Resorts fündig und kehrten im "Starcups Coffee" ein, das von einem Briten und seiner thailändischen Freundin betrieben wurde. Dort gab es einen guten Cappuccino und große "BLT" (Bacon, Lettuce & Tomato = Schinken, Salat & Tomate) Sandwiches, sodass unser Appetit für einen großen Teil des Tages gestillt war. Entgegen unserer ursprünglichen Planung beschlossen wir dann glücklicherweise, dass wir uns nicht auf den Weg machen, um die wenigen Sehenswürdigkeiten der Insel zu besuchen, sondern stattdessen lieber den Tag am traumhaften weißen Sandstrand unter Kokospalmen direkt vor unserem Resort zu verbringen. Das Resort bestand aus einigen Bungalows, die in mehreren Reihen vom Strand weg standen. Da wir mal wieder recht kurzfristig gebucht haben, hatten wir nur noch einen Bungalow in der dritten und damit letzten Reihe vom Strand weg bekommen. Aber das stellte keine echte Einschränkung dar, denn man war in weniger als einer Minute Mae Nam Strandvom Bungalow am Privatstrand des Resorts und die Unterkünfte in der dritten Reihe waren auch noch günstiger als in den vorderen Reihen. Ohne Frühstück kostete eine Nacht für uns beide zusammen gerade mal knapp 40 Euro. Die Bungalows waren jeweils mit eigenem WC und Dusche ausgestattet und verfügten auch über eine Klimaanlage und eine kleine überdachte Veranda. Der Tag am Strand verging dann auch sehr schnell und wir genossen es sehr, oft in das knapp 30 Grad warme und seidig weiche Wasser zu springen. Auch trübten weder im Wasser treibender Müll oder Quallen den Badegenuss. Im Schatten unter den Palmen verbrachten wir so einen richtigen Traumtag am Sandstrand wie aus dem Reiseprospekt! Abends sind wir dann in dasselbe Restaurant wie schon am Abend zuvor gegangen. Ludwig traute sich, ein "thai-scharf" gewürztes grünes Curry zu bestellen. Auch dieses war exzellent und Ludwig konnte die Schärfe noch gut vertragen. Aber viel schärfer hätte es nicht sein dürfen. Auch Lulu hat sich in den vergangenen Monaten in Asien etwas an Schärfe gewöhnt und konnte immerhin ein "medium spicy" gewürztes Curry genießen.

Da uns dieser Tag am Strand so gut gefallen hatte, verbrachten wir auch den letzten Tag auf Koh Samui fast genauso wie den vorangegangenen: Nach einem reichhaltigen Frühstück beim "Starcups Coffee" ging es an den Strand und wir verbrachten den Tag unter Palmen im Sand oder im warmen Wasser. Mittags genehmigten wir uns von einem der vielen Händler, die am Strand auf und ab zogen und Essen, Lulu unter Kokospalmen am Strand von Mae NamGetränke, Eis, aber auch Schmuck und Kleidung feilboten, eine gekühlte Kokosnuss zur Erfrischung. Kokosnüsse sind ein Haupterzeugnis und Exportgut auf Koh Samui und auch die Palmen am Strand waren reich mit Nüssen bestückt. Wir haben sogar extra unsere Strandmatten ein bisschen zur Seite gezogen, um nicht direkt unter den Nüssen zu liegen und eventuell einen Treffer abzubekommen, falls sich eine Nuss von ihrer Mutterpalme ablösen sollte. In unserer Nähe gingen aber während unseres Aufenthaltes keine Nüsse nieder... Wir blieben bis 18 Uhr am Strand, duschten uns dann ab und besuchten zum dritten Mal nacheinander das Twins Restaurant zu einem letzten Abendessen hervorragender Thai Curries. Danach gingen wir nochmal an den Strand und genossen für ein paar Stunden die laue Nacht am Wasser mit der zweiten Hälfte unseres Weines und zwei verbliebenen Dosen Bier. Entlang der Küste wurden an mehreren Stellen mit kleinen Brennern bestückte Heißluftballons aus Papier gestartet. Diese stiegen schnell in die Höhe und worden dort von einer recht frischen Luftströmung erfasst und zogen schnell über uns hinweg in Richtung Westen. Es war sehr schön, die vielen orangefarbigen Lichter über dem dunklen Meer aufsteigen zu sehen. Außerdem wurden immer wieder an verschiedenen Stellen am Strand kurze Feuerwerke abgebrannt, die wir von unserem Platz ebenfalls bewundern konnten. Nicht nur dieser Tag verging leider viel zu schnell und wir waren überrascht, wie schnell der ganze Urlaub in Thailand verflogen war! Aber wir sind auch froh und glücklich, dass wir diese Gelegenheiten hatten und nutzen konnten.

Am nächsten und letzten Morgen auf Samui haben wir dann zur Abwechslung mal unsere Routine der vergangenen Tage durchbrochen und haben in unserem Resort gefrühstückt. Dort konnte man auf einer Terrasse direkt am Strand sitzen und bei einem herrlichen Blick aufs Meer frühstücken. Der Blick war also eindeutig besser als an den Tagen zuvor, dafür waren die BLT Sandwiches im Starcups Cafe überlegen. Wir ließen uns vom resorteigenen Taxiservice für 400 Baht zum Flughafen bringen, also 200 Baht billiger als bei den "Angeboten" am Flughafen.

Da Ludwig ja eine Dienstreise nach Bangkok abrechnen musste und wir außerdem unsere genaue Reiseroute wieder erst kurzfristig festgelegt haben, hatten wir schon vor längerer Zeit Flüge von Hong Kong nach Bangkok und retour gebucht. Es gibt zwar auch direkte Flüge von Koh Samui nach Hong Kong, aber wir mussten nun erst mal einen kurzen Flug mit Bangkok Airways von Samui nach Bangkok antreten und von dort dann weiter mit Cathay Pacific nach Hong Kong. Da die Flüge von Samui nach Bangkok in der Economyklasse bereits ausgebucht waren, hatten wir für dieses letzte Teilstück, zum ersten Mal für einen privaten Flug, Tickets in der Business Class gebucht. Diese waren zwar die teuersten unserer Rundreise durch Thailand, aber mit knapp 140 Euro pro Person noch immer recht erschwinglich. Dafür hatten wir jetzt eine sehr bevorzugte Behandlung, die Gate am Flughafen Samuischon vor dem Einsteigen begann: Neben dem selbstverständlichen Loungezugang am Gate hatten wir auch das Privileg, mit einem eigenen Trolleywagen als allererste vom offenen Gate zum Flugzeug gefahren zu werden, das auf dem Rollfeld wartete. Natürlich durfte der Rest der Fluggäste erst an Bord, nachdem wir und zwei weitere Businessclassgäste eingestiegen waren und bereits unser Willkommensgetränk bekommen hatten. Während des kurzen 50-minütigen Fluges haben wir dann ein richtig umfangreiches warmes Essen mit Vorspeise und Dessert auf Porzellangeschirr und Stoffservietten bekommen. Wir hatten kaum Zeit, in der ebenfalls gereichten Zeitung die letzten Neuigkeiten zur politischen Lage in Bangkok zu lesen. Auch nach der Ankunft durften die anderen Fluggäste erst aus der Maschine, nachdem wir wieder in einen eigenen Kleinbus eingestiegen und zum Terminalgebäude gebracht waren. Alles klappte reibungslos und wir hatten auf die Minute pünktlich auch als erste unser Gepäck, sodass wir 4 Stunden Zeit bis zum Anschlussflug nach Hong Kong hatten. Nach unseren Erfahrungen im innerchinesischen Flugverkehr hatten wir doch recht großzügige Zeitpuffer eingeplant. Außerhalb Chinas aber ist Asien wirklich einfach und es macht Spaß, dort zu verreisen, sofern man ein paar grundlegende Vorsichtsregeln gegen Abzocke beachtet...

In Bangkok war die Lage am Flughafen vollkommen ruhig und normal und wir bekamen gar nichts von den Protesten der Regierungsgegner in der Innenstadt von Bangkok mit. Aber auch dort fielen die Proteste wohl wesentlich geringer aus als befürchtet worden war. Auch der Rückflug nach Hong Kong verlief ereignislos und angenehm und wir kamen am Sonntag spät abends wohlbehalten wieder in unserer Wohnung in Shenzhen an. Schade, dass dieser tolle Urlaub schon wieder vorbei war!

Alle Thailand Fotos findet Ihr hier.

Auf dem Dach Hong Kongs

Unser erster Wanderausflug in Hong Kong Anfang Februar (siehe Eintrag vom 7.2.2010) hatte uns sehr gut gefallen, sodass wir große Lust hatten, noch weitere Routen aus unserem Hong Kong Wanderführer auszuprobieren. Nachdem das Wetter momentan sehr gut für solche Wanderungen ist - es ist mit ca. 20 Grad tagsüber und einer geringen Luftfeuchtigkeit derzeit für unsere Verhältnisse äußerst angenehm - beschlossen wir, diesen Samstag für einen Ausflug auf den Tai Mo Shan, den mit 957 Metern höchsten Berg Hong Kongs.

Dieses mal konnten wir niemanden finden, der mit uns zusammen bereits die erste Fähre um 7:45 Uhr nach Hong Kong Central nahm, sodass wir auf dieser Wanderung nur zu zweit unterwegs waren. Nach der Einreise in Hong Kong stärkten wir uns zunächst mal mit einem Frühstück in einem Starbucks, bevor wir mit der U-Bahn bis zur gleichnamigen Endstation der Tseun Wan Linie fuhren. Dort suchten wir uns ein Taxi, um uns zum Ende der Tai Mo Shan Road bringen zu lassen, wo wir die Wanderung beginnen wollten. Obwohl unser Wanderführer extra für diesen Zweck eine Beschreibung des Fahrtziels in chinesischer Schrift enthält und wir diese dem Taxifahrer unter die Nase hielten, wusste er doch nicht so recht, wohin wir genau wollten. Er rief in der Zentrale oder bei einem Kollegen an und wir erkannten mehrfach die Worte "Tai Mo Shan" in der angeregten Unterhaltung und schlossen daraus, dass er sich den Weg dorthin erklären ließ. Immerhin fuhr er nach einer kleinen Schleife dann bald aus der dichten städtischen Bebauung heraus bergauf und wir sahen bald auch schon die charakteristischen Abdeckungen der beiden Radarstationen auf dem Gipfel. Die Strasse, auf wir bergauf fuhren, hiess zwar "Twisk Route", aber wir dachten uns, dass es nicht all zu viele Straßen zum Berg hinauf geben sollte und wähnten uns auf dem richtigen Weg. Nach einiger Zeit fuhren wir dann über eine Kuppe und es ging wieder bergab. Erst nach einigen Minuten war uns klar, dass das nicht nur eine kleine Senke war, sondern wir bereits wieder auf dem Weg ins nächste Tal waren. Wir konnten dem Taxifahrer auf Englisch doch irgendwie klar machen, dass wir stattdessen doch lieber nach oben auf den Berg wollten und er drehte um. Nahe des höchsten Punktes der Twisk Route gab es eine Abzweigung in den Tai Mo Shan Country Park und wir waren doch noch auf der richtigen Straße gelandet. Allerdings waren wir nun bereits etwas verunsichert über die Ortskenntnisse unseres Fahrers und natürlich wussten auch wir nicht genau, wohin die Fahrt ging. Als wir nach einigen Hundert Metern am Tai Mo Shan Visitor Center vorbeifuhren, beschlossen wir, hier auszusteigen und die Wanderung zu beginnen.

Lulu auf dem Weg zum Tai Mo ShanDas Besucherzentrum war recht klein und bot nicht viel Sehenswertes. Aber wir erkannten, dass wir das Taxi etwa 1,5 Kilometer zu früh anhalten ließen und wir somit unsere Wanderung auf 10 Kilometer Länge und um gut 200 Höhenmeter erweitert hatten. Trotz einiger lärmender Kinder auf den ersten Metern dieses Weges, die alle ihre Englischkenntnisse an uns ausprobieren wollten und uns dutzendfach in Hong Kong und am Tai Mo Shan Willkommen hießen, war diese ungeplante Erweiterung der Wanderung doch sehr schön. Unsere Wanderroute führte zu einem großen Teil über ein Stück des MacLehose Trails, einem insgesamt 100 Kilometer langen Wanderweg durch die "New Territories" in Hong Kong. Auch unsere erste Wanderung im Februar führte uns über einen (anderen) Teil des MacLehose Trails. Bei einer Schranke am Ende des für Autos freigegebenen Teils der Tai Mo Shan Road kamen wir wieder auf die Straße und an die Stelle, bis zu der wir eigentlich mit dem Taxi hätten fahren können. Dort sahen wir auch eine Gruppe junger einheimischer Radfahrer, die zum Teil mit Rennrädern dorthin gekommen waren. Anscheinend gibt es doch ein paar wenige sportliche Radfahrer hier! Ab der Absperrung ging es auf der Straße weiter bergauf, die sich an einigen Stellen in engen Serpentinen wand. Zusätzlich war der Weg reich mit Kuhfladen garniert, sodass sich in der Tat so etwas wie alpines Empfinden bei uns einstellte, zumal uns auch die jungen Radfahrer wieder passierten.

Radaranlage auf dem Tai Mo Shan"Wachhund"

Bald waren wir am Gipfel des Tai Mo Shan angekommen, auf dem in einem abgesperrten militärischen Gelände zwei große Radaranlagen unter golfballartigen Abdeckungen installiert sind. Große Schilder verbieten zwar das Fotografieren und Abzeichnen der Anlagen und auch vor Wachhunden wird gewarnt. Allerdings scheint weder die Durchsetzung der Verbote besonders strikt, noch wirkten die anwesenden Vierbeiner furchteinflössend und so konnten wir unbehelligt einige Fotos machen. Dort oben stärkten wir uns erst einmal und genossen den Ausblick ins Tal, soweit dies bei dem - entgegen der Vorhersagen - doch etwas trüben Wetter möglich war. Immerhin waren wir dieses mal nicht in den Wolken unterwegs und ab und zu kam sogar mal die Sonne durch. Bei unserer Rast hörten wir auch einen Vogel, den wir spontan den "Radarvogel" tauften, da sein Gesang dermaßen synthetisch klang, dass wir annahmen, er hätte einen Schaden von den starken Sendern davon getragen. Zumindest scheinen aber einige weitere Tiere ein ähnliches Schicksal zu teilen, denn wir hörten diesen eigenartigen "Gesang" noch mehrfach an diesem Tag.

Lulu mit WegweiserDa wir uns ja auf dem höchsten Punkt Hong Kongs befanden, ging es ab nun logischerweise nur noch bergab. Zunächst liefen wir weiter auf der für Verkehr gesperrten Tai Mo Shan Road steil bergab und passierten eine verfallene militärische Einrichtung. Etwa 200 Höhenmeter unter dem Gipfel verließen wir die Straße und ab dann verlief der Weg über einen relativ schmalen Weg mit großen Natursteinstufen weiter bergab durch ausgedehnte Graslandschaften. Zwischendurch passierten wir auch einen kleinen Bachlauf, der allerdings aufgrund der bald zu Ende gehenden Trockenzeit sehr wenig Wasser führte. Nach einigen Kilometern bergab kamen wir über einen kleinen Stichweg zu einem Wasserfall, der abseits des Hauptweges lag. Zwar führte auch dieser nicht all zu viel Wasser, aber immerhin konnte man erahnen, dass sich dieser Wasserfall zur Regenzeit (im Sommer zwischen Mai und August) bestimmt in ein reißendes Gewässer verwandeln kann. Aufgrund eines Erdrutsches vor einigen Jahren ist der Weg entlang dieses Wasserfalls jetzt unterbrochen und man kann von dem von uns gewählten Zugang nur noch den obersten der insgesamt vier kaskadierenden Scatter Fall (im Tai Mo Shan Country Park)Wasserfälle erreichen. Offensichtlich ist das Wasser hier nicht immer so harmlos wie bei unserem Besuch. Am Wasserfall, dem "scatter fall", waren wir ganz alleine und aufgrund der guten Bewässerung umgab uns auch ein dichter Wald. Hier gab es Natur pur und die lärmende und hektische Millionenmetropole Hong Kong erschien wie von einem anderen Planeten, obwohl wir uns ja auf dem Gebiet der Sonderverwaltungszone befanden. Es war herrlich, aus der dicht bebauten und besiedelten Stadt kommend ein paar Stunden in dieser Naturoase die Ruhe und frische Luft genießen zu können!

Nach dem Wasserfall ging es die letzten 300 Höhenmeter bergab, bis wir an einer kleinen Tempelanlage wieder die ersten Außenposten der Zivilisation erreichten. Insgesamt waren wir fast 800 Höhenmeter über teilweise sehr hohe Natursteinstufen abgestiegen und unsere Füße und Oberschenkel schmerzten doch ziemlich, als wir endlich unten angekommen waren. Wir haben sehr deutlich gespürt, wie schlecht trainiert wir derzeit sind... Kurz nach dem Tempel erreichten wir schließlich die Ortschaft Ng Tung Chai. Dieser Ort ist ebenfalls ein enormer Kontrast zum dicht bebauten und geschäftigen Zentrum Hong Kongs. Die einzige Straße, die in den Ort hineinführte, verengte sich nach einer kurzen Strecke zu einem Fußweg, den wir entlang gingen. In diesem Ort gab es viele alleinstehende kleine Häuser und auch Hütten, vor denen Hunde und Katzen schlummerten oder auch Hühner herumliefen. Viele Bewohner hatten ihren eigenen Gemüsegarten und das ganze Dorf wirkte sehr ländlich. Wir erreichten schließlich die Durchgangsstraße, die den Ort mit der Außenwelt Hong Kongs verband und fuhren mit einem Doppelstöckerbus bis zur nächstgelegenen U-Bahnstation und von dort aus weiter in das betriebsame Zentrum Hong Kongs nach Tsim Sha Tsui. Insgesamt waren wir aus dieser ländlichen Gegend über eine Stunde mit Bus und Bahn unterwegs, bevor wir wieder im Zentrum und damit in einer ganz anderen Welt angekommen waren.

Wir stärkten uns erst mal mit einem großen Burger und tätigten dann noch einige Einkäufe im Apple Shop, bevor wir um halbneun die letzte Fähre zurück nach Shenzhen nahmen. Wir kamen gegen 22 Uhr zuhause an und waren nach diesem langen, aber herrlichen Tag in der freien Natur so erschöpft, dass wir bald ins Bett fielen und von den vielen Höhenmetern und den "Radarvögeln" träumten.

Fotos unseres Ausflugs gibt es hier.

Reden wir übers Wetter...

Keine Angst, uns ist hier noch nicht so langweilig geworden, dass wir mangels anderer interessanter Themen unseren Blog jetzt mit meteorologischen Banalitäten füllen müssen. Aber das hiesige Wetter hat für mitteleuropäische Verhältnisse doch einige Besonderheiten parat, die wir Euch an dieser Stelle mal etwas vermitteln wollen.

Genauso wie viele im sehr viel kälteren Deutschland hoffen auch wir, nun endlich den Winter überstanden Temperatur und Luftfeuchtigkeitzu haben. Wenn man nur die reinen Temperaturwerte vergleicht, dann haltet Ihr uns womöglich schon vollkommen verweichlicht und realitätsfern, wenn wir Temperaturen um 10 Grad als Zumutung empfinden. Im vergangenen Winter fielen die Temperaturwerte hier nur an einigen Tagen unter diesen Wert, die absolute Tiefsttemperatur betrug wohl um die 6 Grad in einigen Nächten. Dennoch wird es hier bei Werten unter 15 Grad schon ziemlich unangenehm. Dass dem so ist, hat zwei wesentliche Ursachen: Zum einen ist das Konzept von Wärmeisolierungen oder Mehrfachverglasungen scheinbar fremd in Südchina, obwohl beides auch im heissen Sommer sehr dazu beitragen würde, den Energieverbrauch durch Klimaanlagen drastisch zu reduzieren! Zum anderen herrscht hier nahe dem südchinesischen Meer meistens eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Beides zusammen hat zur Folge, dass es im Winter auch im Inneren der meisten Gebäude - unsere teure Luxuswohnung eingeschlossen - äußerst unangenehm werden kann. Wenn außen Temperaturen von 10 Grad herrschen, dann ist es auch im Gebäudeinneren kaum wärmer als 14 Grad oder sogar noch kälter, je nachdem wie lange die kalte Außenluft Zeit hatte, alles abzukühlen. Diese Temperaturen gepaart mit Luftfeuchtigswerten von 90% und mehr sind alles andere als angenehm wenn man den ganzen Tag im Büro einer sitzenden Tätigkeit nachgeht.

Glücklicherweise ist es in Shenzhen nicht den ganzen Winter lang durchgehend so kalt. Von uns gefürchtet ist der "Nordostmonsun", der große Mengen von Kaltluft aus dem eisigen Landesinneren bis weit in den Süden zu uns transportieren kann. Die Monsunwinde wechseln mit den Jahreszeiten die vorherrschende Hauptwindrichtung. Während im Winter oft der Monsun aus dem Nordosten sehr kalte Luft herantransportiert, herrschen im Sommer die Südwestmonsunwinde vor, die dann warme und sehr feuchte Luft vom südchinesischen Meer mit sich führen. Immer wenn auf der Website des Hong Kong Observatory's ein "intense surge of the north east monsun", also ein intensiver Schwall des Nordostmonsuns, angekündigt war, konnten wir uns auf ein paar besonders unangenehme Tage einstellen. An solchen Tagen sitzt man dann mit dicker Jacke im Büro oder zuhause, auch hier in den Subtropen.

Wasser an der EingangstürIn diesem Winter mussten wir jedoch an einigen Tagen mit einer extremen Wetterlage zurechtkommen. Während unseres Urlaubes über das chinesische Neujahrsfest in Kota Kinabalu litten die in Shenzhen Gebliebenen unter einem langanhaltenden und sehr intensiven Nordostmonsunschwall. Wir konnten die Temperaturen in Shenzhen via Internet abrufen und erfreuten uns umso mehr an den sehr angenehmen 30 Grad, die wir zur gleichen Zeit genießen konnten, zumal die Temperaturen bis zu unserer Rückkehr nach China wieder auf "angenehme" 15 Grad ansteigen sollten. Wir hatten jedoch nicht in Betracht gezogen, dass die lange und intensive Kälteperiode während unserer Abwesenheit dazu führte, dass das ganze Gebäude und damit auch alle Strukturen in unserer Wohnung ebenfalls auf Temperaturen um die 10 Grad abkühlten. Bei unserer Rückkehr war zwar die Lufttemperatur wieder etwas angestiegen, allerdings herrschten nun zwar etwas mildere, dafür aber extrem feuchte maritime Luftmassen vor. Diese feuchte Luft kondensierte an allen Oberflächen, insbesondere an solchen, die aus Naturstein gestaltet waren. Dazu gehören die Treppenhäuser in unserem Gebäude und auch unser Bad. An diesen Stellen floss das Wasser Beschlagene Fensterbuchstäblich von den Wänden herunter und in den Treppenhäusern bildeten sich richtige großflächige Pfützen, die natürlich die glatten Steinböden in äußerst rutschige Flächen verwandelten. Auch an der Eingangstür zu unserer Wohnung lief das Wasser in Rinnsalen herunter und alle Fenster waren tagelang von aussen komplett beschlagen, sodass wir in einer kalten Nebelkammer lebten.

Wir hatten uns vor einigen Wochen ein Thermometer gekauft, welches auch ein einfaches Hygrometer integriert hat und auf beiden Skalen einen "Komfortbereich" definiert hat, der angeblich zwischen 18 und 25 Grad und 40% und 70% relativer Luftfeuchtigkeit liegt. Über Wochen hinweg waren wir hoffnungslos weit von diesem Bereich entfernt - die Temperaturen erreichten in der Wohnung selten mehr als 15 Grad. Dafür maßen wir Luftfeuchtigkeitswerte bis zu 90%. Je mehr von der etwas wärmeren Luft in die Wohnung kam, um so schlimmer wurde das Klima dort, denn die vollkommen ausgekühlten Wände erwärmten sich nur sehr zögerlich, aber dafür kondensierte die Luftfeuchtigkeit an allen massiven Gegenständen. Es dauerte länger als eine Woche, bis sich diese wirklich unangenehmen klimatischen Verhältnisse Klimadaten Hong Kong 9.2.2010, 7:00 Uhrwieder normalisiert hatten und kein Wasser mehr von den Steinwänden rann. Natürlich ist ein solches Raumklima nicht nur für uns schwer zu ertragen, sondern es beeinträchtigt auch Textilien sehr. Insbesondere unsere Handtücher trockneten so gut wie gar nicht mehr und entwickelten bereits nach zwei Tagen Benutzung einen ziemlich unangenehmen schimmligen Geruch. Glücklicherweise haben wir bisher keine Kleiderschäden durch Schimmel zu beklagen, aber viel hätte wohl nicht mehr gefehlt. Wie extrem das Klima im Winter hier werden kann, lässt sich an diesen Klimadaten vom 9. Februar erkennen, als wir frühmorgens um 7 Uhr zwar angenehme 19 Grad, dafür aber sage und schreibe 99% relative Luftfeuchtigkeit hatten!

Kondenswasser am Badezimmerboden

Inzwischen haben sich die Temperaturen aber deutlich erholt und pendeln zwischen angenehm frischen 15 Grad nachts und bis zu 28 Grad tagsüber. Wir genießen jetzt die wenigen Wochen dieses für unsere Verhältnisse sehr gut erträglichen Klimas, bevor es voraussichtlich ab Mitte oder Ende April durchgehend schwülwarm mit häufigen und heftigen Niederschlägen werden wird. Diese Regenzeit dauert bis ungefähr Ende Juli. Natürlich regnet es in dieser Zeit nicht andauernd, aber dann sind wir im anderen klimatischen Extrem, bei dem wir Mitteleuropäer außerhalb klimatisierter Räume binnen Minuten bis auf die Unterwäsche durchgeschwitzt sind. Schade, dass die erträglichen Übergangszeiten hier so kurz sind! Dennoch bevorzugen wir den Sommer dem hiesigen Winter, da es hier zwar keine Heizungen, dafür aber in ausreichendem Maße Klimaanlagen gibt, mit denen mit trotz fehlender Isolierungen in Gebäuden und Fahrzeugen einigermaßen erträgliche Bedingungen schaffen kann. Und wir freuen uns auch schon wieder auf einen richtig schönen knackigen Winter in Mitteleuropa, wenn man aus knackigen Minustemperaturen in eine angenehm warme Wohnung zurückkommt und sich dort an einer gemütlichen Tasse Tees erfreut!

Suzhou und Hangzhou

Zeitgleich mit dem Osterfest in christlichen Ländern fiel in diesem Jahr das chinesische Qingming Fest auf den Ostermontag, sodass wir Anfang April ebenfalls einen arbeitsfreien Montag hatten. Das Qingming Fest wird in der englischen Übersetzung auch "Tomb Sweeping Day" genannt und ist vom religiösen Hintergrund unserem Totensonntag bzw. Allerseelen verwandt, dem Tag, an dem man die Gräber der verstorbenen Familienangehörigen besucht und pflegt (= Tag des Kehrens des Grabsteines). Da wir hier in China glücklicherweise keine Gräber von Familienangehörigen zu pflegen haben, nutzten wir das verlängerte Wochenende rein touristisch und brachen zu einer Besichtigung der beiden Städte Suzhou in der Provinz Jiangsu und Hangzhou in der Provinz Zhejiang auf, die beide im Osten des Landes nahe Shanghai liegen und als sehr sehenswerte touristische Ziele gelten. Einen Besuch dort hatten wir schon länger geplant, zumal ein Schulfreund Ludwigs mit seiner chinesischen Frau seit 2-1/2 Jahren in Suzhou lebt. Die beiden hatten uns im Februar 2009 hier in Shenzhen besucht, sodass ein Gegenbesuch also schon längst überfällig war!

Wir flogen am Samstagvormittag von Shenzhen zum Flughafen Hongqiao, welcher der ältere der beiden Flughäfen Shanghais ist und im Nordosten der Stadt und damit günstig für eine Fahrt nach Suzhou gelegen ist. Wir waren auf der Hinreise schon positiv überrascht, denn entgegen leidvoller früherer Erfahrungen im innerchinesischen Flugverkehr kamen wir dieses Mal mit nur einer geringen Verspätung von weniger als einer halben Stunde an. Ausserdem wurde wohl in Vorbereitung auf die Expo 2010 in Shanghai wenige Monate zuvor am Flughafen Hongqiao ein riesiges, topmodernes und blitzsauberes neues Terminal in Betrieb genommen, an welchem wir ankamen. Dort wurden wir dann von Ludwigs Schulfreund in Empfang genommen und wir fuhren zusammen per Dienstwagen (mit Chauffeur) in ihr Domizil in Suzhou, wo wir seine Frau trafen. Die beiden wohnen in einem "SIP" genannten Stadtteil Suzhous. SIP stand ursprünglich mal für Singapore Industrial Park. Nach herben Spekulationsverlusten Ende der 1990er Jahre zogen sich viele Singapurer Investoren dann zurück und man deutete das Akronym pragmatisch einfach in Suzhou Industrial Park um. Der SIP umfasst auf riesige Flächen aber nicht nur Industrieanlagen, sondern um einen großen See herum auch weitläufige Parks, viele Restaurants, ein Kulturzentrum und natürlich auch hochmoderne Einkaufspassagen.

Unsere Freunde wohnen direkt an diesem See und so brachen wir erst mal zu einem Spaziergang entlang der nett angelegten Uferpromenade auf. Wir beide genossen die frische Luft, zumal es an diesem Tag mit 15 Grad recht frisch und windig war und dieses Wetter für uns eine angenehme Abwechslung zum doch bereits phasenweise wieder feuchtwarmen Klima Shenzhens darstellte. Auf unserem Spaziergang wurden wir auch Zeuge einer skurrilen Szene: Das Angeln in diesem See ist verboten. Nichtsdestotrotz, oder vielleicht auch gerade deshalb, standen aber eine ganze Menge Männer mit ihren Angeln entlang des Ufers. Gerade als wir uns dieser Gruppe näherten, kam ein mit zwei Polizisten besetztes Motorrad angefahren. Die meisten der illegalen Angler falteten rasch ihre Angelruten zusammen und suchten im angrenzenden Park das Weite als sich die Ordnungshüter näherten. Nur einer der Männer blieb seltsamerweise an der Mole stehen und hielt seine Angel nach unten ins Wasser. In einem Moment, in dem er meinte, die Aufmerksamkeit der Polizisten sei nicht voll auf ihn gelenkt, riss er die Angel mit einem ca. 70 cm langen, dicken Fisch aus dem Wasser und versuchte auch sein Glück in der Flucht. Fischdieb in SuzhouDie Polizisten versuchten ihm nachzusetzen, aber irgendwie schaffte es der Fischräuber mitsamt seiner zappelnden Beute, sich durch ein Gebüsch hindurch in Sicherheit zu bringen. Die Polizisten wirkten angesichts ihrer klaren zahlenmäßigen Unterlegenheit unsicher, welchen der illegalen Fischer sie denn jetzt verfolgen sollten. Nachdem ihnen auch der dicke Fisch durch die Lappen gegangen war, zogen sie bald wieder ab. Wahrscheinlich hat es danach nicht lange gedauert, bis die Angler wieder aufgereiht am Ufer standen, denn es scheint sich ja durchaus zu lohnen - wenn auch nicht für die Fische.

Nach diesem interessanten Intermezzo sind wir mit dem Auto wenige Minuten zu einem modernen und großen Einkaufszentrum am Nordwestufer des Sees gefahren, um dort in einem koreanischen Restaurant lecker zu Abend zu Essen. Wie wir es schon in Seoul erlebt hatten, befindet sich in der Mitte des Tisches eingelassen ein mit Kohle beheizter kleiner Grill mit einem Abzug, auf dem man dann selbst verschiedene Sorten Fleisch brät. Dazu gibt es verschiedene scharfe Soßen und Gemüse als Beilagen und auch fertig zubereitete andere Gerichte. Nach dem Abendessen fuhren wir dann in Richtung der Altstadt Suzhous und stellten das Auto dort etwas außerhalb des alten Stadtzentrums ab. Wir liefen über den Waìchéng Hé, einen breiten Kanal, welcher die Altstadt umgrenzt. Überhaupt ist der alte Teil Suzhous von vielen Kanälen durchzogen, sodass die Stadt auch manchmal als das "Venedig des Ostens" bezeichnet wird. Auch wir sind bei unserem abendlichen Spaziergang durch eine kleine Gasse namens Píngjiang Lù entlang eines solchen alten Kanals gelaufen. Dieses Gässchen ist wunderschön mit vielen kleinen alten Häusern, von denen viele restauriert sind Kanal an der Pingjiang Lu in Suzhouund zu kleinen Cafés, Boutiquen und sogar einer Jugendherberge umgestaltet wurden. Wir fühlten uns ein bisschen an die Hutongs in Peking erinnert, nur dass es dort keine Kanäle gibt, die die Stadt durchziehen. Auch die Beleuchtung mit Lampions und kleinen Straßenlaternen war stimmungsvoll. Diese Gasse hat uns allen sehr gut gefallen und stellte einen sehr angenehmen Kontrast zu den sonst in China vorherrschenden modernen, breiten mehrspurigen Straßen mit viel Verkehr dar. Nachdem wir diese Gasse verlassen hatten, waren wir gleich wieder auf einer der stark befahrenen Straßen angelangt und nahmen ein Taxi zurück zum Ausgangspunkt unseres Nachtspazierganges und von dort ging es mit dem Auto zurück in die Wohnung unserer Freunde, wo wir in einem eigenen Zimmer übernachten durften.

Am nächsten Morgen frühstückten wir zunächst einmal ausgiebig bevor uns der Chauffeur alle zusammen nach Hangzhou fuhr. Die Fahrt dauerte etwa 2 Stunden und führte uns über lange Zeit entlang der Neubaustrecke einer Hochgeschwindigkeitsbahnlinie, die Hangzhou mit Shanghai verbinden wird. Die Fertigstellung dieser knapp 160 km langen Strecke, auf der dann Züge mit bis zu 350 km/h Neubau Hochgeschwindigkeitsstrecke Shanghai-Hangzhouverkehren sollen, ist für das Jahr 2011 vorgesehen. Obwohl wir an einem Sonntag unterwegs waren, wurde wie selbstverständlich an vielen Stellen gearbeitet und mit gigantischen Kränen und Transportfahrzeugen Betonfertigteile für die Trasse verlegt. Es ist schon beeindruckend zu sehen, mit welcher Dynamik in China hochmoderne Infrastruktur aufgebaut wird und wie schnell die Entwicklung des Landes voranschreitet. Als wir in Hangzhou ankamen, standen wir schnell im Stau auf einer sechsspurigen Haupteinfallstraße in die Stadt. Als wir schließlich den richtigen Weg an den berühmten Westsee gefunden hatten, verjüngte sich die Straße auf nur noch zwei Spuren und wir bewegten uns nur noch im Schritttempo durch das Chaos, das durch hupende und kreuz und quer irrlichternde Verkehrsteilnehmer nicht gerade abgemildert wurde. Aber wir konnten uns ja ganz entspannt zurücklehnen und abwarten, bis wir zunächst mal an unserem Hotel angekommen waren. Wir hatten uns nach unseren bisherigen guten Erfahrungen wieder in einem Shangri-La einquartiert, welches zudem eine exzellente Lage direkt am Nordufer des Westsees aufwies.

Im Hotel haben wir nur schnell eingecheckt und uns dann gleich weiter auf den Weg in das berühmte Teedorf Longjing gemacht, das in den Hügeln südwestlich des Westsees liegt. An den Berghängen dort wird viel Tee angebaut. Dieser wird als grüner Tee verarbeitet und Tee aus dieser Gegend wird bei chinesischen Teetrinkern sehr hoch geschätzt. Entsprechend hoch können auch die Preise für Tee aus dieser Region weit jenseits von 100 Euro pro Pfund liegen. Nachdem unser Fahrer in dem am Sonntagmittag vollkommen Frische grüne Teeblätter beim Trocknenüberfüllten Dörfchen doch einen Parkplatz gefunden hatte, haben wir bei einer Teebauernfamilie erst mal ein herzhaftes und sehr wohlschmeckendes Mittagessen eingenommen, das aus Bambus und weiteren Gemüsearten und kleinen Schnecken bestand. In einer ersten Verhandlung konnten wir noch keinen Preis für Tee aus dem Familienanbau erzielen, den wir zu zahlen bereit waren und so sind wir erst mal durch die einzige Straße des Dorfes geschlendert. Dort kamen wir an vielen Häusern vorbei, vor denen der frisch gepflückte Tee zum Trocknen in flachen Körben ausgelegt war und in elektrisch beheizten Halbschalen aus Metall kurz geröstet wurde. Durch diese kurze Röstung der noch frischen Teeblätter wird die Fermentation verhindert. Im Gegensatz zu schwarzem Tee sind die Blätter bei grünem Tee nicht fermentiert und enthalten deshalb beinahe alle Wirkstoffe der Teepflanze, sodass sich Geschmack und auch Wirkung zwischen grünem und schwarzen Im Longjing Tal bei HangzhouTee unterscheiden. Wir verließen das Dorf und kamen bald auf einen Wanderweg, der sich malerisch an einem Bachlauf entlang durch ein kleines Tal schlängelte, an dessen Hängen überall Teepflanzen wuchsen. An vielen Stellen waren auch Erntearbeiterinnen damit beschäftigt, die erste Teeernte einzubringen. Beim höchstwertigen Tee werden nur die drei obersten kleinen Blättchen der Teepflanze geerntet. Diese sind die jüngsten und frischesten Blätter und erzielen die höchsten Preise, insbesondere, wenn sie aus der ersten Ernte der Saison stammen. Traditionellerweise findet die erste Ernte immer unmittelbar vor dem Qingming Fest statt, sodass wir also genau zur allerbesten Zeit hier waren.

Nach einigen Kilometern auf diesem dicht bevölkerten Weg durch das Bachtal kamen wir wieder an einem Parkplatz und einer von der anderen Seite des Tals befahrbaren Stelle an. Dort waren natürlich Hunderte von Menschen unterwegs und es war dank mitgeführter quäkender Mobiltelefone oder kleiner Radios auch schön viel Krach - eine ganz normale chinesische Ausflugsgegend also. Wir verließen aber bald den breiten und fast ebenen Weg und wanderten über einen bisweilen recht steilen Pfad durch einen Wald einige Hundert Höhenmeter über mehrere Hügel zu einer Pagode, die auf einer Bergkuppe lag und von Tigerquelle in Hangzhouder aus man trotz leicht trüben Wetters einen guten Überblick sowohl auf den Westsee, als auch auf den Qiántáng Fluss, der im Süden Hangzhous fließt. Natürlich hatten wir schlagartig wieder Ruhe, sobald wir den flachen und breiten Weg bergauf verlassen hatten. Auf diese etwas anstrengenderen Passagen verlieren sich nämlich nur ganz wenige chinesische Touristen. Die Masse bevorzugt klar einfach mit dem Auto zu erreichende Gegenden, von denen aus man nicht weit bergauf laufen muss. Nachdem wir den Ausblick von der Anhöhe ausreichend genossen hatten und unsere verschwitzten T-Shirts auch wieder abgetrocknet waren, gingen wir wieder steil bergab bis wir an der "Tigerquelle" ankamen. An dieser Quelle tritt sehr gutes natürliches Mineralwasser zu Tage, das man in Flasche Wasser aus der TigerquelleFlaschen abgefüllt dort kaufen kann. Wir erstanden auch zwei Flaschen dieses Wassers, das sehr weich und mild schmeckt, und hervorragend zur Zubereitung eines frischen grünen Tees aus dem Longjing Tal geeignet ist, da damit der feine Geschmack des Tees noch besser zur Geltung kommt. Einer Sage nach wiesen zwei weisse Tiger einem Mönch den Weg zu dieser besonderen Quelle und so wurden natürlich auch mehrere Tigerstatuen dort aufgestellt. An der Quelle ist ein Tempel und mehrere alte Gebäude errichtet, die Lulu stilistisch an Japan erinnerten. Diese Quelle ist sehr populär und auch von Reisebussen und Autos gut zu erreichen, sodass es dort natürlich schlagartig wieder voll war. Dennoch hat es uns dort auch gut gefallen. Wir nahmen uns ein Taxi zurück in das Dorf Longjing - wörtlich übersetzt heisst der Name "Drachenbrunnen" - zu unserem Auto. Nachdem wir ja einige Stunden weg waren, traten wir nochmal in Preisverhandlungen mit der Teebäuerin ein. Nach einigem Hin und Her konnten wir uns dann auf einen Preis einigen und zahlten umgerechnet zwar noch immer 30 Euro für ein Pfund frischen grünen Tees, damit aber nur noch die Hälfte des Einstiegspreises vom Mittag. Wir nahmen ein halbes Pfund mit und auch unsere Freunde kauften dieselbe Menge, sodass wir ein schönes und wohlschmeckendes Andenken an diesen schönen Ausflug in das Teeanbaugebiet haben.

Danach fuhren wir mit dem Auto zurück ins Hotel. Wir hatten ein Übernachtungspaket gebucht, bei dem auch zwei Eintrittskarten für die Show "Impression West Lake" enthalten waren. Wir hatten noch ein bisschen Zeit bis zum Beginn der Show und gingen mit unseren Freunden noch zu einem abschließenden gemeinsamen Abendessen in einem leckeren Restaurant direkt am Westsee. Von der Dachterrasse dieses Restaurants hatte man einen schönen Blick über den See und das Essen mit den beiden lokalen Spezialitäten Westseefisch in Essigsoße und "Bettler-Huhn" war auch sehr lecker. Dort verabschiedeten wir uns von unseren Freunden, die an diesem Abend zurück nach Suzhou fuhren, und gingen in die Show. Wir kamen praktisch auf die Minute pünktlich, denn kaum hatten wir unsere Sitze eingenommen, begann die Vorführung auch schon. Die Impression West Lake Impression West Lake ShowShow wird im Wasser des Westsees vor einer tollen Kulisse aus Booten und einer im Wasser versenkbaren Bühne aufgeführt, unterstützt von fantastischen Lichteffekten. Inhaltlich geht es um eine tragische Liebesgeschichte, deren Verwicklungen sich uns nicht bis ins letzte Detail erschlossen. Aber das Beeindruckende an dieser Show waren nicht die Handlung, sondern die einzigartige Inszenierung im Wasser des Sees durch den chinesischen Regisseur Zhang Yimou, der auch die beeindruckende Eröffnungs- und Schlussfeier der Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking inszeniert hatte. Da wir auch ausgezeichnete Plätze in der vordersten Reihe hatten, konnten wir diese Show mit bester Sicht genießen. Dank der hervorragenden Lage unseres Hotels gleich auf der gegenüberliegenden Straßenseite konnten wir nach dem Ende der Vorführung auch ganz entspannt und schnell zurück in unsere Unterkunft, während sich die meisten anderen Besucher zu wartenden Reisebussen durchwühlten, die dann gleich wieder im dichten Stau steckten, der sich gebildet hatte. Zurück im Hotel haben wir noch den Pool ausprobiert. Allerdings war dieser im Vergleich zu den anderen Shangri-La Hotels, in denen wir bisher übernachtet haben, nicht beeindruckend, da er nur aus einem recht kleinen Innenschwimmbad bestand und für die geringe Größe des Beckens zu viele Besucher dort waren und wir nicht vernünftig schwimmen konnten.

Am Montagmorgen genossen wir zunächst ein tolles Frühstück. Nachdem es an den beiden vorhergehenden Tagen recht frisch und bedeckt war, begrüßte uns dieser Tag mit strahlendem Sonnenschein. Also haben wir schnell ausgecheckt und sind über die Straße zum Westsee gelaufen. Quer durch den Westsee verläuft vom Nord- zum Südufer der Su Di (Su Boulevard), den der nach Hangzhou verbannte Dichter und Politiker Su Dongpo bereits im 11. Jahrhundert anlegen ließ. Ebenso wie der Westsee selbst, ist auch dieser Damm künstlich angelegt, wenn auch deutlich vor dem aktuellen Bauboom im China der Gegenwart. Der Su Di ist etwa 25 Meter Am Westsee in Hangzhoubreit und links und rechts eines geteerten Hauptweges mit vielen Bäumen gesäumt. Direkt am Wasser verlaufen kleinere Wege, die nur zu Fuß begehbar sind. Da auf dem Hauptweg nicht nur Abertausende zu Fuß und mit quietschenden Leihrädern, sondern auch ständig großen Golfkarren ähnlichen Elektrowagen, mit denen um die 20 Personen transportiert wurden, unterwegs waren, zogen wir die kleinen Uferwege vor. Aber auch dort waren wir nie alleine. An einem Feiertag bei strahlendem Sonnenschein an einer touristischen Hauptattraktion Chinas ist man nicht alleine...

Trotz der unglaublich vielen inländischen Touristen haben wir doch den Blick über den See sehr genossen. Im See befinden sich auch einige Inseln und viele Ausflugsboote sind auf dem See unterwegs. Entgegen unserer ursprünglichen Pläne verzichteten wir aber auf eine Bootsfahrt, da auch alle Boote vollbesetzt waren und wir keine Lust verspürten, noch enger von den Menschenmengen umgeben übers Wasser geschippert zu werden, zumal wir uns auch keine wesentlich anderen Eindrücke als vom Ufer aus versprachen. Am Nordende des Su Di konnten wir auch einen Blick auf einige der Kulissen und Scheinwerferanlagen der Impression West Lake Show sehen, die dort an der nordwestlichen Ecke des Sees installiert sind. Rolltreppe zur Leifeng Pagode in HangzhouNatürlich sieht das bei Tageslicht und aus unmittelbarer Nähe bei weitem nicht so beeindruckend aus, wie am Abend zuvor. Wir sind den Su Di bis zum Südende gelaufen und haben uns dort durch Menschenmassen bis zur Leifeng Pagode durchgeschlagen, die auf einem Hügel am Seeufer steht. Ursprünglich stand an dieser Stelle eine aus dem Jahr 975 stammende Pagode, die 1924 einstürzte. Erst 2002 wurde ein Neubau über den noch vorhandenen Ruinen der Fundamente der alten Pagode eröffnet. Die neue Pagode ist aus Stahl und Aufzüge bringen die Besucher in die 4. Etage, von der aus man von einer umlaufenden Aussichtsplattform einen hervorragenden Blick über den Westsee hat. Wir konnten sogar die deutlich kleinere Pagode auf dem Gipfel einer der im Westen angrenzenden Hügel sehen, die wir am Vortag bei unserer kleinen Wanderung erklommen haben. Wir genossen den tollen Ausblick aus der Höhe noch eine ganze Weile, zumal auf der Aussichtsplattform auch nicht ganz so viel los war wie am Boden. Vom Straßenniveau bis zum Fuß der eigentlichen Pagode ging es übrigens mit zwei langen Rolltreppen, die die geschätzte Höhendifferenz von gerade mal 40 Metern überwanden. Anscheinend ist man in China auf dem besten Weg, in dieselbe Bequemlichkeit zu verfallen, wie in den USA.

Als wir wieder auf dem Boden der touristischen Tatsachen angekommen waren, versuchten wir am Südwestufer des Sees eine alternative Route zurück zu unserem Hotel im Norden Hochzeitsfotoshooting am Westseezu gehen. Dabei trafen wir auch wieder eine Menge von Brautpaaren an, die in voller Montur zu Hochzeitsfotos vor der berühmten Kulisse des Westsees posierten. Besonders interessant war dabei ein Detail: Die Braut hatte als Schuhe nur eine Art Slipper an, die vorne wie edle und schmucke Brautschuhe aussahen, aber hinten offen und vollkommen profan waren. So konnten die Damen noch schneller ihre Garderobe wechseln, was für die bunten chinesischen Hochzeitsfotos in möglichst vielen verschiedenen Gewändern vor möglichst vielen verschiedenen Kulissen natürlich einen entscheidenden Vorteil darstellt! In den Menschenmassen verloren wir aber ein bisschen den Überblick und nach einigem Zickzack standen wir wieder am südlichen Ende des Su Di. Da wir nicht mehr viel Zeit hatten, gingen wir diesen wieder zurück. Kurz vor dem nördlichen Ende wollten wir uns nochmal für ein paar Minuten ans Ufer setzen und bei einem Blick über den See die Mandarinen genießen, die als Obstdekoration in unserem Hotelzimmer standen. Kaum hatten wir uns auf einem großen Stein niedergelassen und die ersten Früchte geschält, wurden wir auch schon durch einen Arbeiter vertrieben, der mit einem Rasentrimmer, welcher mit einem schön lauten Verbrennungsmotor angetrieben wurde, die wenigen Halme entlang des Uferweges abrasierte. Dabei störte ihn weder, dass natürlich an so einem Feiertag Tausende Urlauber lieber die Natur genießen wollten, noch, dass er im Wesentlichen kleine Schottersteinchen in der Gegend herumschoss und auch uns damit traf. Wahrscheinlich hat im sein Chef aufgetragen, an jedem Montag dort zu trimmen. Also trimmte er ungestört und wir haben uns halt aus dem Staub gemacht.

Am Hotel nahmen wir unser Gepäck auf und fuhren mit einem Taxi fast eine Stunde lang bis zum Flughafen Hangzhou. Auch am Flughafen wurde am Feiertag umgebaut. Der Flughafen Hangzhou scheint derzeit erweitert zu werden, anscheinend nimmt der Tourismus weiterhin stark zu. Der vorangehende Flug nach Shenzhen mit derselben Fluglinie war mal wieder um mehr als eine Stunde verspätet, sodass wir schon gar nicht mit einem pünktlichen Einsteigen gerechnet haben. Folglich haben wir beide zunächst gar nicht gemerkt, als auf die Minute pünktlich das Boarding für unseren Flug begann! Dort kam auch unser Gepäck an und wir waren ohne Verspätung, aber mit Gepäck und vielen neuen schönen Eindrücken zurück in unserer Wohnung. Also haben auch wir ein tolles Osterwochenende in Suzhou und Hangzhou erlebt!

Unsere gesammelten Fotos aus Suzhou und Hangzhou findet Ihr hier.

Eine Firma auf Klassenfahrt

Schon seit längerem wollte unsere chinesische Firma einen mehrtägigen Ausflug in ein chinesisches Urlaubsparadies durchführen, musste die Pläne aber u.a. wegen der Finanzkrise immer wieder verschieben. Mitte Mai war es aber nun doch endlich soweit und unsere komplette Firma ging auf große Reise. Gleichzeitig wurde diese Reise auch die große Abschiedsfeier für unseren Chef, der eine neue Aufgabe außerhalb der Firma übernehmen wird.

Da sich fast keiner der Mitarbeiter - ob aus der Entwicklung oder der Produktion - so eine Fahrt entgehen lassen wollte, hieß das für unsere Marketingabteilung, die Organisation einer dreitägigen Reise von weit über 400 Mitarbeitern zu übernehmen. Als Ziel stand das 5-Sterne Sheraton Resort in der Yàlóng-Bucht in der Nähe des Orts Sānyà auf der Insel Hăinán (Teil der Provinz Hăinán) fest. Sanya ist ein sehr beliebtes Urlaubsziel der Chinesen, vor allem im Winter, wenn dort angenehme Temperaturen um die 20 Grad herrschen. im Bahnhof von GuangzhouDa unser Chef nicht darauf verzichten wollte, in ein luxuriöses Resort zu fahren, versuchten wir die Reisekosten dadurch in einem vernünftigen Rahmen zu halten, dass wir alle mit einem Nachtzug dorthin fuhren. So fuhren wir am vorletzten Mittwochabend gegen 18:00 Uhr zunächst mit sehr vielen Bussen ins ca. 2 Stunden entfernte Guangzhou, der Provinzhauptstadt von Guangdong. Von dort ging es dann gegen halbzehn Uhr abends mit einem Nachtzug weiter nach Sanya. Die Fahrzeit sollte insgesamt ca. 15 Stunden betragen. Für uns war es die erste Zugfahrt in China und das hieß, es war auch die erste Möglichkeit für uns, einen chinesischen Bahnhof zu betreten. Der Zugang zum Bahnhof wird einem nämlich nur gestattet, wenn man im Besitz eines gültigen Zugtickets ist. Auch im Bahnhof kann man nicht direkt zum Abfahrtsgleis gehen, sondern muss erst in riesigen durchnummerierten Wartehallen darauf warten, dass der gebuchte Zug aufgerufen wird. Dann wird man nach einer weiteren Überprüfung des Tickets auf den Bahnsteig gelassen und, nachdem man dann das Zugticket ein drittes Mal vorgezeigt hat, kann man den Zug betreten.

im ZugChinesische Nachtzüge haben Wagen in drei verschiedenen Kategorien: Sitzplätze, harte ("hard sleeper") und weiche Betten ("soft sleeper"). Bei einigen Zügen gibt es auch noch Unterschiede zwischen harten und weichen Sitzplätzen und mit oder ohne Klimaanlage. Unsere Firma hatte Zugtickets in der mittleren Kategorie mit harten Betten und Klimaanlage reserviert. Der Unterschied zwischen den Kategorien harte und weiche Betten liegt nicht unbedingt in der Härte der Betten, sondern in der Anzahl der Betten übereinander. Das waren in unserer Kategorie jeweils drei Betten, wohingegen bei den weichen Betten nur zwei übereinander liegen. Unsere Betten waren in Sechsergruppen mit einer dünnen Wand dazwischen angeordnet. Die Wand ist allerdings nur zwischen den Bett vorhanden. Zwischen dem Gang, welcher durch den ganzen Waggon führt, und den sechs Betten eines Abteils gibt es keine Abtrennung. In der besseren Kategorie ("soft sleeper") sind die vier Betten auch noch durch eine Wand vom Gang abgetrennt, sodass man in diesen Viererabteilen etwas mehr Privatsphäre hat. Da wir bei dieser Fahrt gleich mehrere Waggons reserviert hatten und nur von bekannten Kollegen umgeben waren, waren die offenen Abteile für uns kein Problem.

Nachdem wir uns alle in den Abteilen eingerichtet hatten, wurde noch ein wenig gequatscht, viel Karten gespielt und ein wenig getrunken, bevor dann in allen Wagen um 22:30 Uhr das Licht gelöscht wurde. Danach brannten nur noch die Bettreihennummern, damit man nach dem Gang auf die Toilette am Wagenende auch sein Bett wiederfinden konnte. Aber auch bei erloschenem Licht wurde zumindest weiter gequatscht und getrunken, allerdings für chinesische Verhältnisse in einer angenehmen Lautstärke, sodass die Kollegen, die sich schon hingelegt hatten, nicht arg gestört wurden.

Morgens gegen 6:00 sind dann fast alle wach geworden, als der Zug am Verladepier auf die Fähre zum Übersetzen auf die Insel Hainan angekommen war. Dort musste der lange Zug zunächst in vier Teile aufgeteilt und dann auf eine Eisenbahnfähre rangiert werden. Während des Rangierens konnte die Klimaanlage nicht mehr betrieben werden, was dazu führte, dass es im Zug rasch ziemlich warm und stickig wurde. In diesem Moment wurde es auch olfaktorisch recht deutlich, dass viele Menschen eine Nacht zusammen auf recht engem Raum in den Waggons verbracht hatten. Außerdem war es zu unserem Leidwesen auch erlaubt, in den Übergängen zwischen den Waggons zu rauchen. Dort gab es natürlich keine Türen und auch keine Fenster. Bei laufender Klimaanlage wurde der Rauch recht gut abgesaugt, aber da das Rangieren etwa eine halbe Stunde dauerte, wurde die Luft in dieser Zeit ein wenig unangenehm. Auf der Fähre wurde die Klimaanlage dann aber wieder angeschlossen und die Luftqualität besserte sich innnerhalb kurzer Zeit. Die Überfahrt mit der Fähre dauerte ca. 2 Stunden. Als wir auf der Insel angekommen waren, wurden der Zug aus den vier Teilstücken wieder zusammengesetzt und die Fahrt ging noch ein paar Stunden weiter bis in den Süden der Insel, wo unser Zug mittags Sanya erreichte. Diese Zugfahrt war für uns eine sehr interessante Erfahrung, aber nachdem wir in Sanya angekommen waren, waren wir doch froh, dass wir für die Rückfahrt auf private Kosten einen Flug gebucht hatten :-)

am PoolIn Sanya wurden wir dann wieder auf Busse aufgeteilt, die uns ins Resort gefahren haben. Um zu vermeiden, dass mehr als 400 Gäste zur gleichen Zeit die Rezeption bevölkerten, ließen die Organisatoren die Busse im 5-Minuten-Takt vom Bahnhof abfahren, was zur Folge hatte, dass einige der Kollegen noch ziemlich lange vor dem Bahnhof im Bus warten mussten. Aber die Busse hatten zumindest alle Klimaanlage. Das war auch gut, denn es war in Sanya mit mehr als 32 Grad und strahlendem Sonnschein noch heißer als in Shenzhen. Für den Nachmittag war dann ein Ausflug in den Regenwald geplant. Aber nach der langen Zugfahrt hatten wir keine Lust uns innerhalb 15 Minutens umzuziehen, um dann wieder mit dem Bus irgendwohin gefahren zu werden. Deshalb haben wir den Nachmittag lieber in Ruhe am Pool verbracht. Dort gab es zwar ein Schild, dass der Pool wegen Reinigungsarbeiten bis 16:00 Uhr geschlossen sei, aber es waren keine Reinigungskräfte zu sehen. Stattdessen gab es nur chinesische Gäste im Pool. Nach unserer inzwischen reichhaltigen Erfahrungen in China hat uns dies nicht weiter verwundert und wir sind auch einfach schwimmen gegangen. Nach 16:00 Uhr stand das Schild übrigens immer noch da...

PartyWährend wir uns am Pool entspannten, haben wir auch schon einen Eindruck gewonnen, was uns am Abend bei der Abschiedsfeier unseres Chefs erwarteten sollte. Es wurde nämlich ein sehr intensiver Soundcheck durchgeführt, bei dem gefühlte Hunderte Male ein Techniker "waaay" in die Mikrofone sprach, um den Klang zu testen. Uns erschlossen sich auch nach einer Stunde Soundcheck keine akustischen Verbesserungen oder Verschlechterungen. Es war eben mal wieder wie so oft in China: Dinge werden sehr oft wiederholt, ohne dass eine Strategie zu erkennen ist, warum das so sein muss. Die Darbietungen während der Feier waren dann dementsprechend sehr laut, bunt und für europäische Ohren ein wenig schrill und quietschig. Trotzdem war es eine sehr schöne und emotionale Abschiedsfeier mit einem tollen Buffet mit gegrilltem Fleisch und Krabben. Am Ende fanden sich noch viele Kollegen zum Tanzen auf der Bühne und danach zur Fortsetzung der Feier in der Hotelbar.

Am nächsten Tag gab es vormittags eine Mitarbeiterversammlung, die allerdings nur etwas über eine Stunde gedauert hat. Danach wurde ein Gruppenfoto von allen gemacht. Aufgrund des sehr hellen Sonnenscheins - oder vielleicht auch aufgrund der langen Feier vom Vorabend - schauten viele allerdings leicht verkniffen in die Kamera. Nach dem Mittagessen sollte es eigentlich direkt an den Strand für ein Teambuilding gehen. Wegen der großen Mittagshitze wurde der Start dann aber um eineinhalb Stunden verschoben. Da wir wussten, dass wir noch einige Stunden in der Sonne sein würden, haben wir die Pause im klimatisierten Zimmer auf dem Bett liegend verbracht. TeambuildingAm Strand wurden wir dann alle in 20 Teams eingeteilt und innerhalb dieser Teams mussten wir während des ganzen Nachmittags immer wieder in Zweierreihen antreten. Uns Ausländern war meistens der Grund völlig unklar, aber wir bezweifeln, dass selbst die chinesischen Kollegen immer genau wussten, warum wieder anzutreten war. Dieses Sammeln und Antreten in Gruppen steckt so in der Erziehung der Chinesen, dass es nicht mehr hinterfragt wird. Es wurde nicht nur viel angetreten, sondern noch mehr von den Organisatoren erzählt bzw. erklärt. Obwohl wir nur einen Bruchteil davon übersetzt bekamen, scheinen wir nicht viel Essentielles verpasst zu haben... Durch diese vielen Erklärungen und das dauernde Antreten ging leider viel Zeit drauf, sodass wir innerhalb der drei Stunden des Teambuildings gerade mal zwei Gruppenspiele durchgeführt haben. Beim ersten Spiel musste man aus Seilen ein Netz knüpfen, auf das sich ein(e) Kollege/in bäuchlings legen konnte und von den anderen hochgehalten wurde. Diese(r) Kollege/in bekam dann die Augen verbunden und musste mit Essstäbchen Tischtennisbälle einsammeln, die in einem etwa 3 m2 großen Bereich am Strand verstreut waren. Dabei musste der Rest der Gruppe den blinden Sammler akustisch anweisen, wo die Bälle lagen. Das zweite Spiel wurde von jeweils 8 Leuten aus dem Team bestritten, die in Zweiergruppen mit Kajaks ein kleines Stück aufs Meer rauspaddeln, dort farbige Klebestreifen von Flaschen, die an Bojen befestigt waren, einsammeln Siegund diese wiederum an Land bringen mussten. Bei diesem Spiel offenbarte sich, dass einige der Kollegen nicht schwimmen konnten. Aber da das Wasser über die meiste Strecke sehr flach war und zudem alle Schwimmwesten tragen mussten, gab es zwar einige Kenterungen und Rettungsaktionen, aber alle haben es heil überstanden. Am Ende konnte Ludwigs Team mit dem Namen Kokosnuss sogar Ketten aus Kokosnussschalen als Trophäen für den ersten Platz in Empfang nehmen, aber natürlich erst nachdem wir noch ein paar Mal angetreten waren...

Zwischen Teambuilding und Abendessen gab es noch eine Stunde Pause, in der Lulu ein bisschen Strandfußball gespielt hat. Nachdem sich dann aber zu viele Kollegen auf dem kleinen Spielfeld tummelten, hat sie die Zeit lieber dafür genutzt, sich ausgiebig den Sand aus allen Poren zu duschen und auch Shorts und Hemd auszuwaschen, mit denen sie beim Kajakspiel zum Schutz gegen die Sonne ins Meer gegangen war. Ludwig hatte auf den Strandfußball verzichtet und sich und seine Kleidung lieber gleich einer ausgiebigen und herrlich erfrischenden Dusche unterzogen.

Das Abendessen fand in einem nahegelegenen Restaurant statt, das durch uns komplett belegt wurde. RessortEs war natürlich nicht mit dem Standard im 5-Sterne-Resort zu vergleichen, aber trotzdem sehr lecker. Zurück im Hotel haben dann alle den Abend in der herrlichen Anlage unter Palmen oder am Meer ausklingen lassen. Man hatte sogar um zehn Uhr noch die Möglichkeit, bei Flutlicht im Meer schwimmen zu gehen, was auch viele Kollegen ausgenutzt haben. Diese Möglichkeit haben wir ausgelassen, sind aber am nächsten Tag früh genug aufgestanden, sodass wir vor dem Frühstück und dem Auschecken noch Gelegenheit für ein Bad im Meer hatten und danach das leckere Frühstück auf der Terrasse mit Blick in den Hotelgarten und aufs Meer ganz entspannt angehen konnten.

Für den Nachmittag des letzten Tages waren drei verschiedene Ausflüge angeboten worden. Wie die meisten anderen auch hatten wir uns für die Fahrt zur Insel Wuzhizhou entschlossen, auf der man den Nachmittag beim Schwimmen, Tauchen oder Entspannen am Strand verbringen konnte. Dort angekommen gab es natürlich erst einmal Mittagessen, bevor man dann die Insel auf eigene Faust erkunden Wuzhizhou Inselkonnte oder zum Tauchen gehen konnte. Wir sind ein kleines Stück zu einem Strand gelaufen, an dem man schwimmen durfte, wenn auch leider nur in einem sehr kleinen abgesperrten Bereich. Dort wimmelte es dann von Chinesen mit Schwimmreifen und Sonnenschirmen (im Wasser!), aber wenn man bis zum Ende der Absperrung hinaus schwamm, hatte man wieder relativ viel Platz. Mit unseren einfachen Schwimmbrillen war es uns auch möglich, unter Wasser ein paar Fische zu beobachten. Es gab etwas größere weiße Fische mit schwarzen Flossenspitzen und ganz kleine weiß-gelb gestreifte Fischchen, die sich unter einer schwimmenden Plattform tummelten, auf der einer der "Bademeister" saß.

Nach dem entspannten Nachmittag am Strand ging es abends wieder in dasselbe Restaurant wie schon am Abend zuvor. Leider war die Qualität des Essens diesmal nicht so gut wie am Vorabend, vermutlich weil die Besitzer wussten, dass wir alle nicht so schnell wieder kommen würden. Da wir nicht die einzigen waren, die an diesem Abend anstelle einer weiteren 15-stündigen Zugfahrt auf private Kosten mit dem Flugzeug zurück nach Shenzhen wollten, hatten unsere Marketingkollegen sogar einen Bus für uns alle organisiert, der uns zum Flughafen von Sanya brachte. Zum Abschluss dieser tollen Fahrt blieb uns leider mal wieder nicht die obligatorische Verspätung chinesischer Flüge erspart. Das Flugzeug, das uns aus Sanya nach Shenzhen bringen sollte, war zu unserer geplanten Abflugszeit noch nicht einmal in Shenzhen gestartet. Da war wohl wieder mal was bei der Organisation der Abflugfenster auf dem Shenzhener Flughafen schief gegangen. Unser Abflug aus Sanya verschob sich deshalb um zweieinhalb Stunden auf halb eins, was zur Folge hatte, dass wir erst um halb drei in unserer Wohnung waren. Nichtsdestotrotz werden wir auch bei unseren zukünftigen Reisen innerhalb Chinas weiterhin aufs Flugzeug setzen. Auch mit zweieinhalb Stunden Verspätung waren wir immer noch ca. 16 Stunden vor unseren Kollegen wieder zuhause!

Unsere Fotos der Fahrt findet Ihr hier.

Eine gelungene Überraschung

Im vergangenen Jahr gelang Ludwigs Eltern ja eine faustdicke Überraschung, als sie am Vorabend seines 40. Geburtstags unangemeldet plötzlich zusammen mit Lulu am Fähranleger Shekou vor ihm standen (siehe Blogeintrag vom 18.09.2009). In diesem Jahr bot sich am letzten Maitag zum 70. Geburtstag von Ludwigs Vater eine Gelegenheit zur Gegenüberraschung.

Vom 27. bis zum 30. Mai fand in Shenzhen und zum ersten Mal in China ein großes internationales Kundentreffen mit ungefähr 500 Teilnehmern statt. Unsere Firma als lokaler Organisator war natürlich voll eingebunden und auch Ludwig hatte am 28. Mai einen Vortrag, sodass wir bereits frühzeitig bei seinen Eltern um Entschuldigung gebeten hatten, dass wir es leider schaffen werden, zum 70. Geburtstag in Deutschland zu sein. Wir wissen nicht, ob auch durch diese Abkündigung motiviert, aber zudem wollte Ludwigs Vater seinen Geburtstag auch gar nicht groß feiern und ihn stattdessen lieber mit einem großen Familienfest im Herbst nachfeiern. So gingen also Ludwigs Eltern fest davon aus, den Geburtstag mit ein paar Bekannten zu feiern, die möglicherweise auf einen kleinen Umtrunk vorbeikämen. Abends wollten sie dann noch gepflegt mit Ludwigs Bruder, dessen Familie, Ludwigs Cousine und ihrem Mann zum Essen gehen. Aber es kam anders...

Wir hatten schon vor einigen Wochen Flüge für den Abend des 30. Mai gebucht, direkt nach dem Ende des Kundentreffens, sodass wir am 31. Mai morgens um halbzehn in Nürnberg ankamen. Zur Vervollkommnung unserer Tarnung haben wir am Morgen des 31.05. vom Zwischenstopp am Flughafen München mit Ludwigs chinesischem Diensthandy angerufen und seinem Vater zum Geburtstag gratuliert, das Gespräch dann aber mit der Ausrede einer anstehenden Besprechung kurz gehalten. Zeitgleich liefen im Wohnort von Ludwigs Eltern schon die weiteren Vorbereitungen: Ludwigs Bruder hatte mit der Unterstützung einer Freundin seiner Eltern eine vierköpfige Marching Band angeheuert und mit vielen Freunden und Nachbarn seiner Eltern einen Treffpunkt in der Nähe des elterlichen Hauses vereinbart. Am Flughafen Nürnberg erwartete uns Marching Band und ÜberraschungsgästeLudwigs Bruder bereits - praktischerweise hört auch er auf denselben Universalspitznamen "Ludwig" - und brachte uns kurz in unsere Erlanger Wohnung, wo wir uns schnell umzogen und eine Flasche Bái Jiŭ (ein chinesischer Schnaps, der von Ludwigs Vater einigermaßen geschätzt wird) und frische Litschis als Mitbringsel aus den Koffern packten, bevor es gleich weiter zum Treffpunkt ging, an dem bereits alle Freunde und auch die angemieteten Musiker warteten.

Gleich nachdem wir angekommen und die Gruppe komplettiert hatten, zog der ganze Trupp los zum Haus von Ludwigs Eltern, angeführt von der Band, die einige populäre Jazzstücke zum Besten gab. Als wir vor dem Haus angekommen waren, kamen Ludwigs Eltern heraus, um die Überraschungsgäste willkommen zu heißen. Natürlich waren beide überwältigt von der großen Schar an Besuchern, die jetzt plötzlich auf dem Vorplatz standen, und insbesondere vor den vier Musikern. Sie hatten die Band erst wenige Tage vorher beim Geburtstag einer ihrer Bekannten gesehen und waren spontan begeistert von deren Darbietung. Ludwigs Mutter wollte schon versuchen, ob sie die vier Herren noch kurzfristig für den baldigen 70. Geburtstag anheuern könne, aber diese gaben sich dank der ausgezeichneten Vorbereitung durch die Freundin spröde und abweisend: Sie hätten keine Zeit und auch mit einer Kontaktadresse wollten die Herren nicht dienen. Und nun waren sie doch da, wenn auch mit geänderter Besetzung am Banjo!

Allein diese Überraschung und die Vielzahl der Gäste reichte anscheinend aus, Ludwigs Eltern so einzunehmen, dass beide zunächst einmal gar nicht wahrnahmen, dass Lulu und Ludwig ja ebenfalls mit unter den Gästen waren - und das, obwohl Ludwigs Vater überraschtwir uns doch erst vor zwei Stunden aus China telefonisch gemeldet hatten. Ludwigs Vater sah Ludwig sogar mehrmals mit einem überwältigten Lachen direkt an, aber es dauerte mehrere Minuten, bis der Groschen fiel und sie realisierten, dass wir beiden eben doch nicht in China, sondern auch in personam zur Feier in der Nähe von Erlangen waren! Als diese Erkenntnis einsetzte war uns die zweite große Überraschung dieses Tages gelungen. :-)

Es wäre übrigens vollkommen fehl am Platze, diese verzögerte Wahrnehmung auf das fortgeschrittene Alter des Jubilars zu schieben: Auch Ludwig mit ein paar Lenzen weniger sah seinem Vater bei deren Überraschungsbesuch vor 8 Monaten ja zunächst direkt ins Gesicht, ohne ihn zu erkennen - er dachte sich zwar, dass dieser Mann seinem Vater ähnlich sehe, aber er realisierte auch erst mal nicht, dass er ihm nicht nur ähnlich sah, sondern er es wirklich selbst war. Offensichtlich ist unsere Wahrnehmung so stark von der Erwartungshaltung beeinflusst, dass man selbst die eigenen Familienmitglieder zunächst nicht erkennt, wenn man sie Tausende Kilometer entfernt wähnt.

Nachdem wir also auch erkannt und umso herzlicher begrüßt waren, stieß die ganze Feiergesellschaft Marching Band spielt "Hänschen Klein"zunächst einmal mit einem fränkischen Prosecco (mit dem Namen Wisecco) auf den Jubilar an und freute sich mit ihm über die gelungene doppelte Überraschung. Danach verlagerten sich die Feierlichkeiten auf die Terrasse und in das elterliche Haus, wo doch schon einige leckere Snacks für eventuelle Überraschungsgäste vorbereitet worden waren. Die Herren Musiker unterhielten die Gäste über 2-1/2 Stunden lang mit beschwingtem Jazz und Dixie. Am frühen Nachmittag löste sich die Feier so langsam auf und wir beide fuhren auch erst mal in unsere Erlanger Wohnung, um unsere Koffer auszupacken. Abends trafen wir uns dann wieder mit Ludwigs Eltern und den weiteren bereits geplanten Gästen zu einem sehr leckeren Abendessen beim guten und beliebten spanischen Restaurant Bolero in Bamberg. Die Reservierung dort war natürlich auch schon seit langem und inkognito um zwei Personen erweitert worden... So verbrachten wir noch einen wunderschönen gemeinsamen Abend im Familienkreis und konnten diesen 70. Geburtstag in ausgelassener und fröhlicher Atmosphäre feiern.

Als wir nach dem Ende der abendlichen Feier gegen 22 Uhr nach Hause kamen, hätten wir theoretisch noch Gelegenheit gehabt, zum Begräbnis des letzten Fasses auf die Bergkirchweih zu gehen. Aber wir waren beide aufgrund des anstrengenden Arbeitswochenendes mit dem Kundentreffen in Shenzhen und des Jetlags so müde - nach unserer inneren Uhr war es ja schon nach 4 Uhr morgens -, dass wir schnell ins Bett gingen und Ludwig höchstens noch kurz vom Berg träumte bevor er in den Tiefschlaf fiel. Und wir freuten uns über die absolut gelungenen Überraschungen an diesem besonderen Tag!

Aus den Augen verloren

Wie Ihr als treue Leser unseres Blogs unter Umständen herauslesen könnt, hat sich bei uns in den vergangenen Wochen unglaublich viel ereignet, sowohl in der Firma, als auch im Privaten. Offensichtlich führte dies zu gewissen Ermüdungserscheinungen bei uns und erklärt zumindest einen der beiden Fälle, in denen wir jüngst Dinge aus den Augen verloren haben...

Intensiver Augenblick

Zunächst haben wir nach dem Überraschungsbesuch zum 70. Geburtstag von Ludwigs Vater auch Lulus Eltern einen Besuch abgestattet. Ihre Eltern wohnen in Mönchengladbach und wir sind sehr preisgünstig mit Air Berlin nach Düsseldorf geflogen. Von dort aus ist es nicht mehr weit nach Mönchengladbach und Lulus Onkel und ihr Vater haben uns vom Flughafen Düsseldorf abgeholt. Wir verbrachten ein paar schöne Tage bei Lulus Eltern und fuhren dann mit dem Auto ihrer Mutter zurück nach Erlangen. Auf dem Heimweg haben wir auch noch Freunde in Frankfurt besucht - soweit schien alles bestens.

Am Tag nach unserer Rückkehr nach Erlangen suchte Lulu allerdings erfolglos nach ihrem Reisepass. Sie bewahrt diesen üblicherweise auf Reisen in einer durchsichtigen Kunststofftasche auf, aber dort war er nicht mehr. Nachdem wir in unserer Erlanger Wohnung alle möglichen Aufbewahrungsorte durchsucht hatten, fragten wir bei Lulus Eltern nach, ob sie den Pass dort liegen gelassen hatte. Da wir, wie inzwischen üblich, elektronische Flugtickets gekauft hatten, bei denen man sich beim Check-In mit einem amtlichen Dokument ausweisen muss, wussten wir, dass Lulu ihren Pass beim Flug nach Düsseldorf mit Sicherheit noch hatte. Lulus Eltern suchten an all den Orten, an denen wir möglicherweise ihren Pass vermuteten, aber leider ohne Erfolg. Also durchsuchten auch wir noch mehrere Male alle Taschen und alle Orte, an denen der Pass möglicherweise sein konnte. Trotzdem tauchte Lulus Pass nicht mehr auf.

So langsam setzte sich also die Erkenntnis durch, dass Lulus Pass verloren gegangen sein könnte. Wir fragten am Flughafen in Nürnberg, bei der Polizei und auch beim Fundamt nach, ob ihr Pass gefunden worden sei - ebenfalls ohne Ergebnis. Nachdem im verschwundenen Pass ja auch Lulus Visum für die Rückreise nach China enthalten ist, wurde uns jetzt klar, dass wir ein Problem haben. Ludwig musste bereits 3 Tage nach dem Wochenende bei seinen Schwiegereltern zurück nach Shenzhen reisen, wohingegen Lulu noch 14 Tage dienstlich in Erlangen zu tun hatte. Dennoch erschien dieser Zeitraum plötzlich sehr knapp bemessen, um bis zum gebuchten Rückflug nach Hong Kong einen neuen Pass und vor allem ein neues chinesisches Visum zu bekommen! Nachdem wir alle uns plausibel erscheinenden Alternativen, wo sich Lulus Pass befinden könnte, ausgeschlossen hatten und mehrfach überprüft hatten, blieb also die Erkenntnis, dass sie schnellstmöglich einen neuen Pass brauchte. Also ging Lulu gleich am nächsten Tag früh zum Bürgeramt der Stadt Erlangen und beantragte dort einen neuen Pass. Mit Expresszuschlag kostete dieser zwar 91,- Euro, aber dafür wurde ihr die Ausstellung bis zum Freitag - also binnen 4 Tagen - zugesichert. Damit hätte sie dann zu Beginn ihrer zweiten Woche in Deutschland zum chinesischen Konsulat nach München fahren können und dort ein neues Visum beantragen können.

Um die Ausstellung des Visums binnen der verbleibenden wenigen Tage bis zum gebuchten Rückflug sicherzustellen, setzte sich Lulu schon mit dem Konsulat in Verbindung, um zu erfragen, welche Unterlagen sie denn zur Erteilung eines Expressvisums beibringen müsse. Aber wie nicht anders zu erwarten war, wussten auch die Ansprechpartner beim chinesischen Konsulat nicht so genau, was sie denn jetzt alles bräuchte und forderten prophylaktisch mal den ganzen Kanon an Dokumenten vom Gesundheitszeugnis bis zu einer Bestätigung ihres heimischen Arbeitgebers an. Dummerweise ist der heimische Arbeitgeber aber momentan unsere chinesische Firma und so setzte Lulu alle Hebel in Bewegung, diese Unterlagen vorbereiten zu lassen. Natürlich wusste auch dort niemand so richtig, was denn alles beizubringen ist...

Gerade als Lulu mitten drinnen war, die Klärung zwischen dem chinesischen Konsulat, unserem chinesischen Arbeitgeber und logistischen Fragen, wie denn alle Unterlagen rechtzeitig aus China nach Erlangen kämen, voranzutreiben, erhielt sie einen Anruf ihres Vaters: Ihre Eltern hatten Lulus Pass in der Tasche einer Jacke gefunden, die wir - neben ein paar weiteren Kleidungsstücken - in einer wenig benutzten Garderobe vergessen hatten! Die Erleichterung darüber war natürlich riesengroß!

Allerdings gab es noch ein weiteres potentielles Problem: Bei der Beantragung des neuen Passes musste Lulu ihren alten Pass als verloren melden. Als Folge dieser Verlustmeldung wird der Pass in internationalen Zentralregistern eingetragen, sodass er nicht mehr bei Grenzübertritten genutzt werden kann und bei Kontrollen automatisch als gestohlen identifiziert wird! Noch war die Situation also nicht entschärft, denn unter Umständen hätte Lulu nun zwar ihren Pass wieder bekommen, wäre damit aber an der ersten Grenzkontrolle aufgefallen und hätte sich große Probleme eingehandelt! Sie setzte sich sofort mit dem Bürgeramt der Stadt Erlangen in Verbindung, wo sie den Verlust des Passes gemeldet hatte. Glücklicherweise konnte diese Behörde die Verlustmeldung noch rückgängig machen und so hatte sie nur vergebens einen Expresspass beantragt und gezahlt, der dann nach der Fertigstellung beim Bürgeramt gleich wieder vernichtet wurde. Nachdem Lulu am Wochenende sowieso das Auto ihrer Mutter zurück nach Mönchengladbach brachte und dann retour wieder ab Düsseldorf flog, konnte sie ihren Pass mit dem wichtigen Visum also auch persönlich abholen. Bis auf die 91 Euro und eine gehörige Portion Aufregung ging dieser "Verlust" also doch noch glimpflich aus. Auch wissen wir inzwischen die reibungslose, schnelle und vor allem verlässliche Arbeit der deutschen Behörden sehr zu schätzen! Das hat sich auch in diesem Fall ein weiteres Mal bewiesen. Bei chinesischen Behörden hätten wir niemals so schnell einen neuen Pass beantragt bekommen und dann auch die Verlustmeldung wieder rückgängig gemacht bekommen!

Dann erwischte es wenige Tage später auch Ludwig, der inzwischen seit ein paar Tagen wieder zurück in China war. Aufgrund des Dragon Boat Festivals, das in diesem Jahr auf einen Mittwoch fällt und ein arbeitsfreier Feiertag ist, wurden wie in China üblich die Arbeitstage Montag und Dienstag auf den Samstag und Sonntag des davorliegenden Wochenendes vorgezogen, sodass die Arbeitnehmer drei Tage am Stück frei haben. Am Montagvormittag - dem gefühlten Samstagvormittag - ging Ludwig mal wieder zum gewohnten Expatfrühstück zu Sea World (siehe Blogeintrag vom 15.03.2009). Nachdem er sich dort gestärkt hatte, wollte er noch ein paar Lebensmittel einkaufen gehen. Auf dem Weg dorthin setzte sich ein Fremdkörper unter seiner rechten Kontaktlinse fest, der sich auch durch intensives Blinzeln nicht ausschwemmen ließ. Also nahm Ludwig seine Linse kurzerhand aus dem Auge und "reinigte" sie kurz im Mund, um sich von den höchst unangenehmen Empfindungen zu erlösen - eigentlich eine gut etablierte und schon oft praktizierte Notlösung, wenn gerade mal kein sauberes fließendes Wasser zur Reinigung der Linse verfügbar ist.

An diesem Tag wehte ein mäßiger Wind und um zu vermeiden, dass eine Windböe die Linse beim Einsetzen ins Auge wegwehte, suchte Ludwig eine Ecke vor einem der vielen Restaurants auf, die sich in Sea World befinden. Gerade als der Linse aus dem Mund nahm und auf die Kuppe seines Zeigefingers legte, um sie schnell wieder ins rechte Auge zu setzen, kam aber doch ein heftiger Windstoß und blies ihm die in diesem Moment frei auf dem Finger liegende Linse weg. Ludwig suchte sofort vorsichtig den Boden um sich herum ab, um die Linse zu finden. Natürlich fällt ein Ausländer, der vor einem Restauranteingang auf Knien am Boden herumkrabbelt, gleich auf und binnen kürzester Zeit war Ludwig vom Personal des Restaurants umgeben und sie erkundigten sich nach seinem Problem. Nachdem wir uns in einem Gemisch aus ein bisschen Englisch restaurantpersonalseits und ein paar Brocken Chinesisch ludwigseits verständigt hatten, setzte sofort eine gutgemeinte Hilfsaktion zur Suche der verlorenen Kontaktlinse ein. Ludwig ist sich zwar nicht ganz sicher, ob die Überlebenschancen der kleinen Kunststofflinse durch das Aufgebot von 4 bis 5 Suchenden, die gleichzeitig herumwuselten, stiegen, aber alle waren sehr bemüht, zu helfen. In ihrer typisch pragmatischen Art brachten die Angestellten auch sehr bald eine Rolle transparenten Paketklebebandes, um mit der klebenden Seite eines abgerissenen Streifens über den Boden zu streichen, damit die Linse daran haften bleibe - eine wirklich gute Idee! Leider fing Ludwig aber nur jede Menge Schmutzpartikel, ein paar Heftklammern und zwei kleine Nägelchen ein. Von der Linse fehlte auch nach einer Viertelstunde kollektiven Suchens jede Spur, obwohl Ludwig der Meinung war, dass diese aus der Hausecke eigentlich gar nicht sehr weit weggeblasen worden sein konnte. Vielleicht klebt sie ja jetzt an der Sohle einer der Bedienungen oder des Kochs, der sich auch in die Suchaktion eingeschaltet hatte...

Irgendwann blies Ludwig also die Suchaktion ab und machte sich nur noch auf einem Auge normalsichtig und mit schmutzigen Knien auf den Heimweg. Reisepass und KontaktlinsenbehälterEr sah in diesem Zustand vielleicht etwas seltsam aus, schaffte es aber unbeschadet über die Straßen. Wieder zuhause musste er sich erst ein zweites Mal an diesem Morgen abduschen und wieder reinigen. Da Ludwig erst im letzten Sommer neue Kontaktlinsen gekauft hatte und die alten als Ersatz aufbewahrt hatte, war auch schnell wieder binokular die Normalsichtigkeit hergestellt. Nachdem ja Montag war konnte er am gleich am selben Tag bei dem Nürnberger Optiker anrufen, bei er die Linsen im letzten Jahr gekauft hatte, und umgehend Ersatz bestellen. Auch hier scheint eine sehr schnelle Ersatzlieferung möglich und wenn alles klappt wie abgesprochen, liegt die Ersatzlinse bis Ende der Woche in unserem Erlanger Briefkasten, sodass Lulu diese am kommenden Wochenende mit nach China bringen kann, wenn ihr dienstlicher Aufenthalt in Erlangen beendet sein wird.

Im Gegensatz zu Lulu hat Ludwig also seinen verlustig gegangenen Gegenstand nicht wiedergefunden und der Ersatz ist auch ein paar Euro teurer als ihr Expresspass, aber auch er hat etwas auf den Augen verloren, sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Zumindest bei Lulus Passverlust hatte unsere momentane Belastungssituation bestimmt einen gewissen Einfluss. Das ist eben der Preis, den man für ein solch dynamisches Leben, wie wir es derzeit führen, ab und zu zahlen muss. Solange das jedoch alles ist, sind die finanziellen Verluste zwar ein bisschen ärgerlich, aber letztendlich doch zu verkraften und werden durch die Lebenserfahrungen, die wir tagtäglich sammeln, mehr als aufgewogen.

Ludwigs Reinkarnation?

In der vergangenen Woche hatten wir einen neuen Versuch gestartet, einige Mängel in unserer chinesischen Wohnung reparieren zu lassen. Auch unsere sehr umsichtige philippinische Putzfrau, hatte bereits vor geraumer Zeit festgestellt, dass die Zuleitungen zu den Wasserhähnen unter den Waschbecken in unserem Badezimmer (also dem "Hauptbadezimmer" - wir haben in unserer Shenzhener Wohnung ja gleich drei Bäder zur Auswahl) - leicht undicht sind. Unter den Waschbecken befinden sich Schubfächer, in denen wir unsere Toilettenartikel aufbewahren, nachdem der Spiegelschrank über den Waschbecken, der vormals zur Aufbewahrung diente, bereits vor über einem Jahr stillgelegt werden musste. Die Scharniere, welche die schweren Spiegeltüren tragen, waren zum wiederholten Male gebrochen und nach dem zweiten erfolglosen Reparaturversuch wurden die Türen kurzerhand mit Silikon versiegelt - eine typisch chinesische pragmatische Lösung: Wenn man die Türen nicht mehr öffnen kann, können die Scharniere auch nicht mehr versagen. Seit dieser Zeit haben wir also nur noch die Schubfächer als Aufbewahrungsmöglichkeit Schimmel unter dem Waschbeckenin unserem Badezimmer. An sich ist das kein Problem, denn diese Schubfächer bieten ausreichend Stauraum. Wegen der undichten Zuleitungen zu den Wasserhähnen sammelte sich aber in den Schubfächern noch mehr Feuchtigkeit, als aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit eh schon gegeben ist. Folglich hatte sich in einer der Schubladen bereits Schimmel gebildet und es bestand nun Handlungsbedarf.

Aufgrund unserer Erfahrungen von stümperhaft ausgeführten Reparaturen bei vorherigen Problemen in unserer Wohnung (sei es bei der Wasserinstallation, die ja bereits schon mal 2 Monate Grundrenovierung der kompletten Wohnung im November und Dezember 2008 zur Folge hatte, bei der Elektroinstallation, die uns einen stromlosen Silversterabend 2008 beschert hatte, oder bei diversen Kleinreparaturen, in deren Folge wir dann beispielsweise eben den Badezimmerschrank nur noch als Spiegel, aber nicht mehr als Schrank nutzen konnten) waren wir inzwischen sehr vorsichtig geworden, unsere Vermieterin um Behebung von Schäden zu bitten. Denn oft war der Zustand nach der "Reparatur" nicht besser als davor, oder die eingesetzten "Experten" sorgten durch ihre Unachtsamkeit für Folgeschäden, die weitere Einsätze erforderten - mit dem Risiko, die Gesamtsituation erneut zu verschlechtern anstatt zu verbessern. Nach über zwei Jahren hier haben wir uns mit dieser Situation irgendwie abgefunden und uns von dem Ansatz verabschiedet, auftretende Probleme so grundsätzlich lösen zu wollen, dass sie auch zukünftig zu keinen Beeinträchtigungen mehr führen. Das scheint uns inzwischen ein sehr deutscher Ansatz zu sein, der unter den hiesigen Bedingungen nur mit einem solch hohen Aufwand umzusetzen ist, den wir zu leisten nicht mehr bereit sind, zumal sich ja auch unser Aufenthalt in China langsam, aber stetig dem Ende nähert.

Hinsichtlich des Schimmels in den Ablagen bestand nun jedoch Handlungsbedarf. Unsere Putzfrau hatte sich mit der Vermieterin selbständig abgestimmt, und für vergangenen Dienstagvormittag die Reparatur dieses Problems angesetzt. Um die gröbsten Schnitzer verhindern zu können, beschloss Ludwig, an diesem Vormittag zuhause zu bleiben und die Handwerker ein bisschen bei ihrer Tätigkeit zu beaufsichtigen. Auch unsere Vermieterin war persönlich mit anwesend, um den beauftragten Arbeitskräften auf die Finger schauen zu können. Ludwig nutzte die Gelegenheit, unsere Vermieterin auch noch auf seit langem nicht mehr funktionierende Leuchtstoffröhren der indirekten Beleuchtung unseres Essplatzes hinzuweisen und um die Reparatur zu bitten. Unsere Putzfrau monierte außerdem die in der Dusche angebrachte Jalousien, die vor Einblicken durch die Fensterfront in die Dusche schützen sollen. Da die Verrostete Jalousie aus der DuscheLamellen dieser Jalousien aus Metall gefertigt sind und beim Duschen ständig nass werden, waren einige Elemente bereits stark verrostet. Eigentlich wäre das so ein Defizit, mit dem wir uns inzwischen abgefunden hatten, da es uns kaum beeinträchtigte. Aber nun sollte alles behoben werden...

Unter der Oberaufsicht unserer Vermieterin gingen die beiden angeheuerten Arbeitskräfte auch gleich mit vollem Elan ans Werk. Ludwig hatte prophylaktisch schon mal die Schubladen unter den Waschbecken ausgeräumt, denn die Herren Handwerker halten sich da nicht lange mit der sorgfältigen Vorbereitung auf. Als erstes wollten sich die Helfer aber zunächst mal den defekten Leuchten am Essplatz widmen und wollten flugs einen vielleicht 40cm x 40cm großen Beistelltisch als Semiprofessionelle Aufstiegshilfe aus DachlattenAufstiegshilfe nutzen, um an die hinter einer Verblendung an der Decke montierten Leuchten zu gelangen. Wohl auch durch Ludwigs prüfenden Blick motiviert nahmen die Herren dann Abstand von diesem Vorhaben und bestellten einen weiteren Kollegen mit einer Leiter. Wenige Minuten später kam ein weiterer Experte mit einer kleinen Bockleiter, die aus einigen Dachlatten selbst zusammengeschraubt war... Da in China auch auf großen Baustellen die Arbeiter in Badelatschen ungesichert über Stahlträger in mehreren Metern Höhe balancieren, wundern uns solche Dinge aber inzwischen nicht mehr. Und auch die Dachlattenaufstiegshilfe verrichtete unfallfrei gute Dienste und inzwischen ist unser Essplatz wieder hell erleuchtet.

Nach diesem erfolgreichen Auftakt ging es gleich mit vollem Einsatz weiter an die Behebung des nächsten Problems und dem eigentlichen Auslöser der Reparaturaktion, nämlich der Abdichtung der Zuleitungen zu den Wasserhähnen. Die Handwerker mussten noch einige Teile besorgen und so machten sie sich zusammen mit der Vermieterin gleich wieder auf den Weg. Da sie auch Abhilfe für die verrosteten Jalousien in der Dusche schaffen wollten, musste wieder unser ehemaliger Immobilienagent "Hunter" per Mobiltelefon die Übersetzung zwischen Ludwig und unserer Vermieterin übernehmen. Unsere Putzfrau war zwischenzeitlich schon mal in die Wohnung unseres Kollegen gegangen, der über die Straße wohnt und bei dem sie auch putzt, da sie festgestellt hatte, dass sie besser nach Abschluss der Arbeiten wieder kommt, um die Spuren der Handwerker zu beseitigen, als während der Arbeiten zuzuschauen. Auf altbewährte Weise konnte Ludwig mithilfe der telefonischen Mithilfe durch Hunter alle Fragen klären, welcher Sichtschutz denn anstelle der Metalljalousien gekauft werden solle. Nachdem die Gruppe aus Handwerkern und der Vermieterin wieder aufgetaucht war und weiter arbeitete, beschloss Ludwig, die Profis und ihre Arbeit der Aufsicht der Besitzerin zu überlassen und ging ins Büro.

Als er abends nach Hause kam, war die Wohnung wieder blitzblank und auch die Zuleitungen zu den Wasserhähnen schienen dicht. Also unternahm er gleich einen ersten Test, ob denn nach der Reparatur überhaupt noch Wasser aus dem Hahn kommt. Wie bereits vermutet, funktionierte die Wasserversorgung nur noch eingeschränkt: Während das kalte Wasser uneingeschränkt floss, versiegte der Wasserfluss, sobald Ludwig den Hebel des Mischers auf "warm" schwenkte. Stand der Einhebelmischer ganz auf "warm", Boiler mit Absperrhahn für Warmwasserblieb das Becken trocken und es kam gar kein Wasser mehr aus dem Hahn. Auch beim zweiten Waschbecken zeigte sich dasselbe Phänomen, sodass ein Problem mit dem Anschluss der Zuleitungen für das warme Wasser an den reparierten Stellen eher unwahrscheinlich erschien. Ein schneller Test an den anderen Wasserhähnen in der Wohnung ergab dasselbe Bild, sodass Ludwig schloss, das Problem müsse an zentraler Stelle liegen. Also untersuchte er den Boiler und stellte fest, dass die Experten die Hähne für den Zu- und Abfluss des Heißwassers aus dem Boilers geschlossen hatten, um das Wasser für die Abdichtung der Anschlüsse abzustellen. Und natürlich kamen die Spezialisten nicht auf die Idee, nach Abschluss der Reparatur die einwandfreie Funktion auch mal zu überprüfen - wahrscheinlich hatten sie nicht genügend Erfahrung. Das ist zumindest immer die Ausrede, die Ludwig von seinen anvertrauten Angestellten bekommt, wenn er sie auf Unterlassungen hinweist, die in ihrem Verantwortungsbereich liegen. Ludwig könne hingegen deren Fehler ja entdecken, da er über viel mehr Erfahrung verfügt! Dass auch er erst seit 6 Jahren in dieser Industrie und auf diesem Themengebiet arbeitet und damit durchaus auf demselben Erfahrungsniveau wie einige seiner Mitarbeiter liegt, ficht deren Argumentationsweise dabei selten an...

Nachdem also der Warmwasserfluss wieder hergestellt war, beschloss Ludwig, auch mal wenige Minuten Aufmerksamkeit auf die Untersuchung eines anderen Problems zu investieren, welches sie seit dem Einzug stört. Allerdings lagen die Auswirkungen dieses Problems auch unterhalb der weiter oben motivierten Schwelle, ab der eine Abhilfe unumgänglich ist, sodass wir es bisher nicht gewagt hatten, dieses zu monieren. In allen drei Bädern sind sehr moderne und gut designte Wasserhähne mit modischen Einhebelmischern montiert, die einen sehr guten Eindruck machen. Allerdings sind sämtliche dieser Wasserhähne so nachlässig montiert, dass sie nicht stabil stehen, sondern wackeln wie ein Kuhschwanz. Während man in Deutschland unter Umständen erwarten hätte können, dass Wasserinstallateure bei der Arbeit an genau diesen Bauteilen zur Abdichtung der Zuleitungen auch dieses Problem bemerkt und behoben hätten, ist an soviel Eigeninitiative und Weitsicht hier leider nicht zu denken. Also untersuchte Ludwig die Montage der Hähne und entdeckte die Fixierung mittels Sechskantmuttern auf zwei Gewindestangen, die nach unten durch die Platte ragten, auf denen die Hähne montiert sind. Bei allen Hähnen waren diese Muttern komplett lose, sodass man sie bereits mit der bloßen Hand ein gutes Stück fixieren konnte und damit die Hähne ein Stück weit stablisieren konnte. Obwohl wir mit dieser deutlichen Stabilitätsverbesserung und unseren, den lokalen Gepflogenheiten bereits angepassten Qualitätserwartungen gut über die verbleibenden Monate gekommen wären, wollte es Ludwig nun wissen und suchte in seiner kleinen, aus Deutschland mitgebrachten Werkzeugkiste nach einem geeigneten Werkzeug zur vollständigen Behebung des Problems. Er wurde rasch fündig und mithilfe einer Ratsche mit Gelenkwelle und NussRatsche mit Gelenkwelle und einer 10er Nuss konnte er binnen Minuten alle Befestigungsmuttern so auf den Gewindestangen anziehen, dass nun sämtliche Wasserhähne in unserer Wohnung einwandfrei fixiert sind, so wie man es erwarten würde, wenn man eine Wohnung mit einem Kaufpreis von umgerechnet über 4000,- Euro je Quadratmeter bezieht.

Erstaunlicherweise scheiterten die angeheuerten "Experten" an diesen beiden Punkten kläglich, wohingegen es Ludwig keine größeren Probleme bereitete, nachhaltig Abhilfe zu schaffen. Da solch durchschlagenden Erfolge hier immer dem Vorsprung an Erfahrung zugeschrieben werden, kann es eigentlich nur eine plausible Erklärung geben: Ludwig war in einem früheren Leben ein sehr erfahrener Installateur und ist nun nach seiner Reinkarnation eben mit einer naturwissenschaftlichen Ausbildung im Management tätig! Der Beweis, dass Wiedergeburt existiert, scheint also erbracht! Ludwigs Erleuchtung hat er wackelnden Wasserhähnen und nichtfließendem warmem Wasser zu verdanken - oder liegt hier doch eine Überinterpretation vor... ?

Freude und Leid im Zeichen des Kreuzes

Wie Ihr als treue Leser bemerkt habt, gab es von uns hier schon lange nichts Neues mehr zu lesen. Die Schlussfolgerung, dass sich bei uns nichts Besonderes mehr ereignet hätte, wäre allerdings grundfalsch - ganz im Gegenteil, die letzten Monate waren von besonders tiefgreifenden und emotional bewegenden Ereignissen geprägt.

positiver SchwangerschaftstestMitte Juni waren wir mal für zwei Wochen getrennt: Ludwig war in China und Lulu weilte für einige Zeit in Deutschland. An einem Nachmittag rief Lulu bei Ludwig mittels skype an, einem von uns sehr gerne für die Kommunikation mit zuhause genutzten Medium, da es kostenlos ist und auch die Möglichkeit der Videotelefonie bietet. Als Ludwig das Gespräch annahm, bekam er statt Lulus vertrautem Anblick nur ein leicht blasses Kreuz im Videofenster zu sehen. Auch akustisch blieb es zunächst still und für einen kurzen Augenblick wusste er nicht so recht, ob das ein ernstgemeinter Anruf war. Nach einigen Momenten war ihm, trotz eines nicht allzu reichen Erfahrungsschatzes in solchen Dingen, dann aber klar, dass er auf das Anzeigefenster eines Schwangerschaftsteststäbchens blickt. Im ereignisfreien Fall sind dort nur vier dünne, direkt nebeneinander parallel verlaufende Linien zu sehen - wohingegen der in diesem Fall deutlich sichtbare Querbalken eine Nachricht verhieß, über die wir uns sehr freuen: Lulu & Ludwig werden Nachwuchs bekommen!

Inzwischen sind auch die ersten Monate vergangen, die für einen Spontanabgang noch als kritisch gelten und wir haben unseren Nachwuchs inzwischen auch schon auf Ultraschallbildern wir den Ärmchen rudern sehen, sodass wir jetzt diese frohe Botschaft gerne publik machen! Da wir noch nicht sicher wissen, für welches Geschlecht wir uns einen Namen ausdenken dürfen, und unsere Überlegungen auch noch für uns behalten möchten, haben wir uns zunächst mal für den Projektnamen "MIC" entschieden. MIC stehe als Akronym für "Made in China" und genau wie mit den Produkten unseres Arbeitsgebers, an denen wir hier entwickeln und arbeiten, wollen wir belegen, dass "Made in China" durchaus auch für qualitativ hochwertige Produkte stehen kann. Mit der Eintragung von Hong Kong in der Geburtsurkunde wird es für MIC nun nicht mehr klappen, aber so trägt er oder sie wenigstens eine Zeit lang einen etwas exotischen Namen. Der vorausberechnete Liefertermin für unsere(n) MIC liegt Mitte Februar. Das ist dann im chinesischen Jahr des Hasens und damit in einem bei Chinesen äußerst beliebten Geburtsjahr für Mädchen, wie uns unsere Chinesischlehrerin neulich gleich erzählte, als sie von der Nachricht erfuhr - schauen wir mal... :-)

Lulu stieß diese frohe Nachricht in den ersten beiden Monaten zunächst ziemlich übel auf. Insbesondere nach den Langstreckenflügen zwischen Deutschland und China war der Appetit für einige Zeit vollkommen verdorben. Inzwischen haben sich diese, für sie unangenehmen Begleiterscheinungen aber gelegt und wir können uns gemeinsam auf MIC freuen!

Das Kreuz kündigt aber nicht nur neues Leben an, sondern es ist auch ein Symbol des Todes und Leides. Wir mussten auch diesen zweiten Aspekt des Kreuzes vor kurzem hautnah erleben. Leider war es Lulus Mutter nicht mehr vergönnt, MIC nicht nur auf dem Ultraschallbild zu sehen, sondern auch selbst in die Arme nehmen zu können. Zu Ostern wurde bei ihr Eierstockkrebs diagnostiziert. Operation und Chemotherapien setzten zu spät an und sie starb am 14.08. an dieser äusserst aggressiven und tückischen Krankheit. Natürlich ist das für uns alle, besonders aber für Lulu, ihren Vater und ihre Schwester ein ganz schweres und trauriges Ereignis. Seit dem Bekanntwerden der Krankheit hatte Lulu mehrere Wochen bei ihrer Mutter in Deutschland verbracht und flog mehrere Male auch sehr kurzfristig aus China zurück. Auch Ludwig konnte seine Schwiegermutter zwischen Ostern und ihrem Tod noch zweimal besuchen. Leider flogen wir beide zum letzten Mal nur eine Woche vor dem Tod zurück nach China, sodass Lulu in Shenzhen die schwere Nachricht telefonisch empfangen musste. Sie flog am nächsten Abend sofort wieder zurück nach Deutschland und Ludwig kam einige Tage später nach, um wenigstens bei der Aussegnung und der Beisetzung mit dabei sein zu können.

Nach der Diagnose der schweren Erkrankung von Lulus Mutter hatten wir bereits unsere Aufenthaltspläne hier in China angepasst und Lulu hatte ihre Rückkehr nach Deutschland auf Ende August terminiert, um in relativer Nähe von ungefähr 450km vom elterlichen Wohnort zu sein und schneller und öfter zu ihren Eltern fahren zu können. Aber der Tod war stärker als unsere menschlichen Planungen. Da Lulu nach der Beisetzung ihrer Mutter nur noch wenige Tage bis zum Beginn ihrer neuen Stelle in Erlangen am 1. September hatte, flog sie natürlich nicht mehr zurück nach China. Sie hatte dort Hals über Kopf die allernötigsten Dinge geregelt und die wichtigsten ihrer Sachen gepackt, bevor sie nach Hause geflogen war.

Inzwischen sind wir beide wieder im Alltag angekommen, Lulu in ihrer neuen Stelle und unserer eigenen Wohnung in Erlangen, Ludwig seit einer Woche wieder in China. Angesichts der dramatischen Entwicklung in Lulus Familie hatte auch Ludwig seine Rückkehr nach Deutschland bereits auf Ende September festgelegt. So liegen nur noch wenige Wochen vor ihm in China, die versprechen, besonders arbeitsintensiv zu werden, da es gilt, noch viele Dinge zu einem halbwegs vernünftigen Abschluss zu bringen. Aber so kommt er hier auch bestimmt nicht in die missliche Lage, zu sehr über die Trennung von Lulu und MIC zu sinnieren.

Wir waren seit dem Beginn unseres gemeinsamen Abenteuers in China noch nie von Langeweile geplagt und empfanden unser Leben hier schon immer als sehr ereignisreich und dynamisch. Auch in unserer Firma hier in China haben sich in den vergangenen Monaten tiefschürfende Veränderungen zugetragen, welche zusammen mit den traurigen, aber auch den frohen familiären Nachrichten zu einer solchen Klimax der Dynamik und auch unseres Gefühlslebens geführt haben, wie wir das noch vor einem halben Jahr nicht für möglich gehalten hätten! Wir hoffen, dass Ihr uns als treue Leserschaft gewogen bleibt, auch wenn es in diesem Blog in den vergangenen Monaten etwas still geworden war - das ist allein den überwältigenden, dicht aufeinanderfolgenden Ereignissen in unserem Leben geschuldet. Ungeachtet der Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen freuen wir uns aber um so mehr auf das neue Leben, das Mitte Februar unserem Leben hoffentlich eine weitere tiefgreifende und freudige Wendung vermitteln wird!

Ludwigs Abschlussklassenfahrt nach Guilin

Auch für Ludwig neigt sich der Chinaaufenthalt nun rasant dem Ende entgegen und er ist bestrebt, noch möglichst viele Angelegenheiten zu einem guten Abschluss zu bringen. Eine dabei sehr erfreuliche Aufgabe ist ein gemeinsamer Ausflug aller drei Entwicklungsgruppen, für die er seit beinahe 2-1/2 Jahren in Shenzhen verantwortlich war. Im Februar konnte eine seiner drei Gruppen den firmeninternen Preis für die "besten kundenorientierten Innovationen" gewinnen. Schon damals beschlossen wir, von dem Preisgeld einen gemeinsamen Ausflug zu finanzieren und auch die beiden anderen Gruppen mit einzuladen, um so den Zusammenhalt der Abteilungen zu stärken. Allerdings dauerte es doch lange, bis wir uns auf einen geeigneten Termin und ein gemeinsames Ziel einigen konnten. Nun war es aber doch soweit und einer von Ludwigs Mitarbeitern hatte dankenswerterweise die Organisation der gesamten Reise übernommen.

Da unser Preisgeld für die lokalen Verhältnisse üppig bemessen war, konnten wir auch eine etwas aufwändigere Reise planen, die uns über insgesamt 3 Tage nach Guilin und die nahegelegene Stadt Yangshuo in der Nachbarprovinz Guangxi führen sollte. Um ausreichend Zeit am Zielort zu haben, beschlossen alle Teilnehmer, am Freitag einen Tag Urlaub zu nehmen. Los ging es am Donnerstagabend mit einem gecharterten Bus von der Firma zum Bahnhof in Luohu, welcher im Stadtzentrum von Shenzhen direkt an einem Nachtzug Shenzhen-GuilinGrenzübergang nach Hong Kong liegt. In chinesischen Bahnhöfen kann man nicht einfach auf den Bahnsteig gehen, sondern es gibt Wartehallen, in denen man bis etwa 20 Minuten vor Abfahrt des Zugs warten muss, nachdem man eine erneute Ticketkontrolle passiert hat. Wir hatten etwa noch 2 Stunden bis zur Abfahrt des Nachtzugs nach Guilin und alle nutzten diese Zeit, um die Essensvorräte noch kräftig aufzustocken. Es gab in der Wartehalle auch eine McDonald's Filiale, in der beinahe die ganze Truppe ein Abendessen zu sich nahm. Auch Ludwig wollte da nicht ausscheren, zumal er es aufgrund der hohen Arbeitsbelastung nicht geschafft hatte, sich vorher für die Reise zu verpflegen und ihm bei weitem nicht alle der in der Wartehalle verkauften Snacks zusagten. Gestärkt ging es dann also in den Schlafwagen, der innen genauso aussah, wie der Nachtzug, mit dem wir im Mai nach Sanya gefahren waren (siehe Eintrag vom 23.05.2010). Ludwig hatte Glück, denn er hatte beim verdeckten Ziehen der Zugfahrkarten ein unten liegendes Bett ergattert, welches den einfachsten Zugang ermöglicht und daher am beliebtesten ist. Auch in diesem Zug waren die Betten in Sechserabteilen mit je drei Betten auf jeder Seite und ohne Tür zum Gang angeordnet. Nachdem jeder sein Gepäck verstaut hatte, wurden sofort die Spielkarten ausgepackt und in drei Abteilen wurde mit großer Begeisterung gespielt. Die Kollegen brachten Ludwig auch zwei der Spiele bei und so konnte er sich auch mit vergnügen. Gegen halbelf wurden dann die Lichter im Zug gelöscht und kurz vor Mitternacht verstummten dann auch die letzten Gespräche. Ludwig konnte wie schon im Zug nach Sanya erstaunlich gut schlafen, bis eine andere Gruppe Reisender dann gegen 6 Uhr morgens mit großem Krach und landestypisch rauchend die Nachtruhe vorzeitig beendete - gute 2 Stunden bevor der Zug in Guilin ankam...

Als wir in Guilin angekommen waren, fanden wir uns auf dem Bahnhofsvorplatz sofort in einer riesigen Menge vorwiegend junger Leute. Aufgrund des bald bevorstehenden Semesterbeginns waren angeblich viele Studenten auf dem Weg in die Stadt und wurden dort von Kommilitonen erwartet. Irgendwann hatten wir dann nach einigen Handytelefonaten auch zwei weitere Kollegen, die normalerweise in Beijing stationiert sind, und unsere Reiseführerin getroffen, die uns zu Fuß und mit geschultertem Gepäck erst mal über eine sechsspurige Straße in ein nahegelegenes Restaurant dirigierte, wo wir ein Frühstück serviert bekamen. Das Frühstück bestand aus einer Art Porridge, gekochten Eiern, einem sehr salzigen kalten Gemüse und baozi, gedämpfte chinesische Hefeteigbrötchen. Danach ging es dann per Bus zum eigentlichen Ziel unserer Reise, dem etwa 2-1/2 Fahrstunden entfernt liegenden Yangshuo. Yangshuo ist für chinesische Verhältnisse ein winziges Städtchen mit gerade mal 100000 Einwohnern und reizvoll an den charakteristischen Kalkhügeln entlang des Li Flusses gelegen. Die Gegend ist bei der chinesischen Bevölkerung wie auch bei ausländischen Touristen gleichermaßen als Reiseziel sehr beliebt und entsprechend gibt es viel touristische Infrastruktur, die natürlich auch wir nutzten.

Ambitionierter FotografGegen Mittag waren wir an einem Anlegeplatz für Ausflugsboote angekommen, von denen wir eines gechartert hatten, und das uns etwa 2 Stunden lang ein Stück den sehr flachen Li Fluss aufwärts schipperte, dort umdrehte um dann wieder an den Ausgangspunkt zurückzukehren. Wir hatten während der ganzen Reise bestes Wetter und konnten so bei strahlendem Sonnenschein vom Oberdeck aus die wirklich faszinierende Landschaft mit ihren ganz charakteristischen, bewaldeten Kalkhügeln genießen. Die Flusslandschaft ist auch auf der chinesischen 20 RMB Banknote abgebildet und wir konnten viele schöne Panoramaaufnahmen mit Li Flusslandschaft mit 20 RMB Banknotediesem und anderen beeindruckenden Hintergründen machen. In Ludwigs Teams gibt es mehrere ambitionierte Hobbyfotografen und so war nicht nur er, sondern auch die interessierten Kollegen permanent mit der Kamera am Auge auf Deck. Als nette Erinnerung ließen wir dann von den Betreibern des Ausflugsbootes auch noch ein Gruppenfoto aller Mitgereisten vor der eindrucksvollen Kulisse schießen - auch wenn uns das einen der besagten 20 RMB Scheine kosten sollte... ;-) Auf dem Rückweg zum Ausgangspunkt der BootsreisZhang Bida und Boae legte das Boot dann noch an einer flachen Kiesinsel inmitten des Flusses an, auf der viele Einheimische versuchten, Fotos mit ihren mitgebrachten Tieren - natürlich gegen Bezahlung - zu verkaufen. Zur ausgestellten Fauna gehörten neben Eseln, Pferden und einer großen Würgeschlange (die wohl kaum in dieser Region heimisch sein dürfte) auch Kormorane, die von den einheimischen Fischern über Jahrhunderte speziell zum Fischfang abgerichtet waren. Diesen Wasservögeln mit einer durchaus beeindruckenden Spannweite wurden zu diesem Zweck enge Metallringe um den Hals gelegt, die verhindern, dass der Kormoran einen gefangenen Fisch in seinen Magen Komoranfischerin am Li Flussschlucken kann. Die Fischer schicken die Vögel zum Fischfang los und greifen die Tiere dann nach einem erfolgreichen Fang mit einer langen Stange, an deren Spitze ein Fanghaken befestigt ist, an einer Schnur, mit der sie die beiden Beine der Vögel mit ausreichendem Abstand zusammengebunden haben. So kann der Vogel unbeeinträchtigt nach Fischen jagen, ist dann aber auch leicht wieder zurück aufs Fischerboot zu holen. Dort wird dem Tier dann seine Beute wieder ausgewürgt, die er ja nur ein Stückchen weit in seinen Schlund schlucken konnte - eben so weit, dass der Fisch nicht mehr auskommt, aber eben noch nicht, dass er dem Kormoran als verdientes Futter dient. Dadurch bleiben die armen Vögel auch hungrig und motiviert, weiter nach Fischen zu jagen. Ich gehe aber davon aus, dass sie abends nach Ende des Fischzugs dann die blockierende Halskrause entfernt bekommen, um auch einen Teil ihrer Beute vertilgen zu können. Heutzutage dient diese Art der Fischerei wohl zum großen Teil als Showeinlage für die vielen Touristen und von der Vergütung durch die Fotografen scheinen die Fischer besser leben zu können, als von ihrem eigentlichen Kerngeschäft. Nichtsdestotrotz wird diese ursprüngliche Art der Fischerei wohl auch heute noch nicht nur zu Showzwecken betrieben.

Nachdem wir wieder zurück am Anleger waren und uns an vielen Ständen, an denen kitschige Souvenirs feilgeboten wurden, vorbei gekämpft hatten, ging es mit dem Bus weiter zu einer riesigen Höhle, die im Inneren einer der unzähligen Hügel lag, von denen es angeblich dort mehr als 10000 geben soll. Natürlich gab es vorher mal einen Kalksteinhöhle nahe YangshuoZwischenstopp in einem Restaurant zum Mittagessen, denn ohne regelmäßige Mahlzeiten verdirbt die Moral einer chinesischen Reisegruppe äußerst schnell... An der Höhle waren neben uns natürlich weitere Massen von chinesischen Touristen unterwegs. Dennoch verlief es sich in der Höhle überraschend gut, denn diese Höhle war in der Tat gigantisch. Ein etwa 4 Kilometer langer Weg führte uns auf zwei Ebenen durch diese sehr beeindruckende Höhle, in der es sehr angenehm temperiert war im Gegensatz zu den mehr als 35 Grad außerhalb. In der Höhle gab es viele gigantische Stalagmiten (wachsen vom Boden nach oben) und Stalaktiten (hängen von der Decke herab - eine etwas anzügliche Eselsbrücke mag dem einen oder anderen hier ins Auge springen), die über Jahrtausende gewachsen sind und an vielen Stellen durchaus sehr stimmungsvoll beleuchtet waren. Ludwig war von der Höhle sehr positiv angetan; er hatte angesichts der Menschenmassen auf dem Parkplatz und den vollmundigen Ankündigungen Schlimmes befürchtet, aber dieser Besuch war nicht nur wegen der willkommenen Abkühlung ein sehr schöner Programmpunkt.

Nach dem Besuch in der Höhle stand als weiterer Programmpunkt noch eine Floßfahrt auf einem Seitenarm des Li Flusses auf dem Programm. Fairerweise wurden wir bei der Ankunft darauf hingewiesen, dass es dabei sehr nass werden kann und wir alle wasserempfindlichen Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände besser im Bus lassen sollten. Ludwig stieg also auf Beachshorts und Flip Flops um, was sich als sehr vorteilhaft erweisen sollte. Wir hatten insgesamt drei Flöße für uns, die mit je 7 bis 8 Kollegen besetzt wurden. Auf jedem Floß gab es einen Baldachin aus Bambus, ein kleines Tischchen, auf dem Tee für alle Mitfahrer bereitstand, sowie einen großen Eimer und mehrere Wasserpumpen. Kaum waren wir auf dem Wasser setzten heftige, aber auch sehr amüsante Wasserschlachten zwischen den verschiedenen Flößen ein. Eines der drei Flöße war mit den hydrophoben Kollegen besetzt und wurde weitgehend verschont. Ludwig war glücklicherweise auf einer der beiden anderen Bambusplattformen und binnen Sekunden bis auf die Unterhose nass. Im Laufe der heftigen Wasserschlachten haben wir mehrere der billigen Wasserspritzpumpen zerstört, Ludwig nasssodass wir irgendwann dazu übergingen, auf Enterdistanz an das andere Floß heranzutreideln und gleich ganze Ladungen aus dem Eimer auf die "Gegner" kippten. Angesichts der hohen Temperaturen und des ebenfalls angenehm warmen Wassers war das ein großes Vergnügen und Ludwig fühlte sich sehr wohl bei diesem Rücksturz in die infantile Unterhaltung. Nach etwa einer Stunde war die Planscherei vorbei und wir kamen tropfnass zurück zum Bus. In Deutschland wäre jeder Chauffeur wahrscheinlich ausgerastet und hätte uns von der Weiterfahrt ausgeschlossen. Nicht aber so in China: Der Fahrer war ganz gelassen und mir wurde übersetzt, dass das den Kunstledersitzen nichts ausmache und wir uns einfach so klatschnass wie wir waren in der Bus setzen können, der uns dann endlich zu unserem Hotel nahe des Zentrums von Yangshuo brachte. Dort checkten wir ein und ich hatte aufgrund meiner Sonderrolle als Chef natürlich ein Einzelzimmer bekommen. Alle anderen Kollegen mussten sich ein Doppelzimmer teilen. Ich war für diese Sonderbehandlung durchaus dankbar und nahm erst mal eine ausgiebige Dusche und zog mir frische, trockene Kleidung an.

Nach dem Abendessen stand für den größeren Teil der Truppe ein abendfüllender Besuch in der "West Street" an, einer sehr beliebten Ausgehmeile mit unzähligen Verkaufsständen für mit mehr oder weniger originellen Sprüchen bedruckten T-Shirts, billigem Plastikspielzeug oder Fächern, Seidentüchern und so weiter. Daneben gab es in und um die West Street noch einige Kneipen und Restaurants, in denen auffallend viele junge Damen in Hot Pants auf hoffentlich zahlungskräftige Besucher warteten. Und natürlich war die Straße proppenvoll, bunt und laut - China eben. Ludwig ging mit 6 Kolleginnen und Kollegen aber nur mal kurz über diese touristische Hauptattraktion, denn wir hatten für den Abend Karten für eine Aufführung des Open Air Musicals "Impression Liu Sanjie" des Regisseurs Zhang Yimou. Genauso wie auch die "Impression West Lake", die wir bei unserem Besuch in Hangzhou Anfang April gesehen haben (siehe Eintrag vom 18.04.2010), findet auch diese Aufführung mit vielen Hunderten Mitwirkenden zum großen Teil auf Bühnen statt, die sich knapp unter der Wasseroberfläche im Flusswasser befinden Impression Liu Sanjieund bei der großartige Lichteffekte zusammen mit der eindrucksvollen Natur als Kulisse eine phantastische Stimmung erzeugen. Die Handlung ist in diesem Zusammenhang nicht ganz so wichtig, und Ludwig verstand trotz gutgemeinter Erklärungsversuche seiner chinesischen Kollegen nicht alles, aber es ging wohl mal wieder um eine tragische Liebe im Milieu der ethnischen Minderheit der Zhuang, die dort heimisch sind. Wir hatten sehr gute Sitzplätze in der 3. Reihe und konnten so die etwas über einstündige Vorführung aus vollen Zügen genießen, obwohl es auch abends noch immer so heiß war, dass Ludwig sein frisches Hemd bald wieder durchgeschwitzt hatte. Nach der Vorführung ging es mit einem kleinen Dreiradtaxi, ähnlich den Tuk-Tuks in Bangkok, zurück zum Hotel, wo wir gegen 23:15 Uhr dann nach diesem langen und erlebnisreichen Tag alle schnell ins Bett gingen und zumindest Ludwig in seinem Einzelzimmer auch gut schlief.

Am Samstagmorgen hatten wir einen frühen Start mit Frühstück um 7 Uhr vereinbart, um möglichst früh am Morgen vor Einsetzen der großen Hitze des Tages zu einem Ausflug mit Fahrrädern in die Gegend rund um Yangshuo aufzubrechen. Bis auf einige wenige Damen, die es vorzogen, stattdessen lieber ein paar Stunden länger zu schlafen, waren wir gegen 8 Uhr mit ziemlich kunterbunt zusammengestellten Leihrädern am Start, um unserer geschätzt 65-jährigen lokalen Führerin in einer langgezogenen Kette entlang der bereits morgens recht dicht befahrenen Hauptverkehrsstraßen zu folgen und nach einiger Zeit endlich auf eine wenig befahrene Nebenstraße einzubiegen, die sich landschaftlich sehr reizvoll entlang der runden Kalkhügel und einiger Flussnebenarme schlängelte. Natürlich war das Rad für Ludwig viel zu klein und der Sattel ließ keine Einstellung zu, die auch Radfahren bei Yangshuonur einigermaßen ergonomisch gewesen wäre. Da chinesische Radfahrer aber anscheinend eh viel zu niedrige Sattelpositionen schätzen, fiel er gar nicht so sehr auf, auch wenn wir um diese Uhrzeit keine weiteren Langnasen auf Rädern entdecken konnten. Auf der Nebenstraße kamen wir bald an einem Lotusanbau vorbei, in der Hunderte der ziemlich großen Pflanzen im hüfthohen Wasser kultiviert wurden, zwischen denen man auf Dämmen umherwandern konnte. Natürlich konnte man auch Lotuspflanzen sowie deren essbare Samen kaufen. Ludwig durfte mal bei seinen Kollegen einige Lotussamen probieren, die sich als durchaus schmackhaft erwiesen. Danach ging es per Rad weiter entlang eines Seitenarms des Li Flusses und wir kamen auch am "Giggling Tree" vorbei, einem alten Bauernhaus, das von holländischen Besitzern renoviert wurde und jetzt ein Hostel ist. Freunde von uns hatten im Frühsommer dort ein paar Tage verbracht und waren voll des Lobes ob der originellen Atmosphäre, in der man dennoch keine Abstriche am Komfort machen muss. Ludwig hatte auch angeregt, dass wir uns alle dort einquartieren würden, aber die Mehrheit wollte lieber in Laufentfernung der West Street wohnen und nicht etwas abseits, aber dafür ruhiger und origineller. Na ja, immerhin haben wir die Herberge ja gesehen und von außen schien sie alles zu halten, was unsere Freunde versprochen hatten. Mit ein paar weiteren Zwischenstopps ging es über die wellige Nebenstraße weiter und auf einer kleinen Abfahrt konnte Ludwig auch auf seinem viel zu kleinen Rad mal endlich wieder eine etwas rauschendere Fahrt auf dem Velo genießen - nach 2 Jahren Abstinenz, seitdem er seinem Rennrad zuhause in Deutschland temporär den Rücken gekehrt hatte. Nachdem wir etwa 2 Stunden lang auf der kleinen Nebenstraße unterwegs waren, kamen wir zurück an eine vielbefahrene Landstraße, die wir auch am Tag zuvor auf dem Rückweg von der Floßfahrt mit dem Bus passiert hatten. Leider war es dann bei weitem nicht mehr so schön, auf dem Seitenstreifen dieser großen Straße zu radeln. Dennoch ließen sich die Kollegen nicht davon abhalten, auch an dieser stark befahrenen Straße nochmal eine Rast an einem Verkaufsstand für Melonen und Getränken anzuhalten, der direkt an der Straße lag. Nach insgesamt etwa 3 Stunden waren wir wieder zurück an unserem Hotel und trafen dort auch unsere ausgeschlafenen Mädels wieder.

Wir konnten uns im Hotel nach der Radtour noch mal frisch machen, bevor wir dort noch ein Mittagessen zu uns nahmen und nach dem Auschecken wieder in den Bus stiegen, der uns zurück nach Guilin bringen sollte. Auf dem Weg dorthin legten wir noch einen weiteren Zwischenstopp am Li Fluss ein und nahmen an noch einer Floßfahrt auf schmalen Bambusflößen teil, auf der je zwei Personen Platz hatten und die alle von einem "Bambus-Gondoliere" mit langen Bambusstangen durch das flache Flusswasser gestakt wurden. Dabei wurde auch eine flache Staustufe überwunden, über die wir auf der Rückfahrt dann mit viel Hallo wieder herunterrutschten. Entlang des an dieser Stelle flachen Flussufers nutzten einheimische Jungen große Bäume mit ausladenden Ästen als Sprungtürme und sprangen aus gut 5 Metern Höhe mit großer Freude in den Fluss. Zwar versuchten ein paar augenscheinlich elterliche Verwandte, Obuli fürs Fotografieren der munteren Jugend einzutreiben, aber weder war irgendjemand von uns geneigt, dafür etwas zu zahlen, noch schien es den Jungs um das Geld zu gehen - sie hatten einfach Spaß am Baden. Im Gegensatz zum Vortag waren wir dieses mal sehr diszipliniert und stiegen in keine Wasserschlachten ein und ließen uns auch nicht von ein paar anderen Parteien provozieren, die uns einige Spritzer aus ihren Spritzen angedeihen ließen. Ludwig war eh bedacht, seine Kamera trocken zu halten, die er bei diesem Ausflug mit an Bord hatte. Beim Überqueren der kleinen Staustufe wurden wir von Fotografen ins Visier genommen, auf deren Pontons wir gleich danach anlegen mussten und die uns ihre Meisterwerke verkaufen wollten. Ludwig wollte eigentlich keines der Bilder kaufen, aber sein Mitfahrer auf dem Floß wollte etwas Gutes tun und kaufte für ihn und Ludwig je einen laminierten Abzug der Zahmwasserfahrt.

Sonne- und Mondpagode in GuilinZurück an Land ging es dann mit dem Bus zurück nach Guilin, wo wir am späten Nachmittag ankamen. Bis zur Abfahrt des Nachtzugs zurück nach Shenzhen waren noch ein paar Stunden Zeit und natürlich mussten wir auch noch ein großes gemeinsames Abendessen zu uns nehmen! Nach dem Abendessen verabschiedeten sich die beiden in Beijing lebenden Kollegen und fuhren zum Flughafen, während wir noch etwas Zeit hatten und uns ein paar Sehenswürdigkeiten in Guilin ansahen. Unter anderem sahen wir zwei Pagoden, die in einem kleinen See standen und von denen die eine golden und die andere silbern angestrahlt war. Die beiden Türmchen sollen die Sonne und den Mond symbolisieren und wir konnten diese schöne Atmosphäre noch ein Weilchen genießen bevor auch wir zum Bahnhof mussten. Dort warteten wir dann wieder in einer riesigen und vollen Wartehalle bis wir unseren Zug besteigen konnten. Im Gegensatz zur Hinfahrt am Donnerstagabend war nun aber deutlich früher Ruhe in unseren Abteilen. Anscheinend waren wohl doch alle ein bisschen müde von den vielen und schönen Erlebnissen der vergangenen 2-1/2 Tage.

Am nächsten Morgen war Ludwigs Geburtstag. Obwohl er bereits in den Jahren zuvor seine Abteilung immer zu einem gemeinsamen Mittagessen eingeladen hatte und es am Tag der Abreise im Büro bereits Kuchen für alle gegeben hatte, ignorierten alle Mitreisenden seinen Geburtstag. Entweder ist das in China nicht so wichtig, oder aber keiner traute sich, dem Chef zu gratulieren. Aber das trübte den Tag für Ludwig nicht... Etwa eine Stunde vor Ankunft am Bahnhof in Shenzhen rief Hunter, der treue Immobilienagent bei Ludwig an, aber auch nicht, um zum Geburtstag zu gratulieren. Stattdessen wollte er einen Besichtigungstermin für potentielle Nachmieter der Wohnung in Shekou in 2 Stunden vereinbaren. :-) Nachdem Ludwig ihm glaubhaft versichert hatte, dass er gerade im Zug sitzt und unmöglich in 2 Stunden zurück in der Wohnung sein könnte, konnte er einen etwas späteren Besichtigungstermin vereinbaren. Um keine Zeit mehr zu verlieren, klinkte sich Ludwig aus der gemeinsamen Reisegruppe aus, nachdem wir am Bahnhof in Shenzhen angekommen waren. Der Rest fuhr mit einem Bus wieder zurück zur Firma, dem Endpunkt des Ausflugs. Ludwig nahm sich gleich am Bahnhof ein Taxi und hatte prompt einen motorsportbegnadeten Chauffeur erwischt. Selbst unter günstigen Verkehrsbedingungen hatte es Ludwig bis dato nie unter einer Stunde Fahrzeit vom Bahnhof in Luohu zur Wohnung im westlichen Stadtteil Shekou geschafft. Dieser Taxifahrer aber schaffte das vermeintlich Unmögliche und legte die Strecke in gerade einmal 35 Minuten zurück. Natürlich legte er zu diesem Zweck eine recht dynamische Fahrweise unter Ausnutzung sämtlicher Fahrspuren inklusive des Standstreifens und flotter Wechsel zwischen diesen an den Tag, aber Ludwig hatte sich bei anderen Fahrern schon wesentlich unsicherer gefühlt. Entweder hat er sich nach 2-1/2 Jahren China schon so weit an solche Fahrweisen gewöhnt oder der Fahrer hatte eben doch ein besonderes Talent. Jedenfalls kam Ludwig wohlbehalten und sehr zufrieden nach diesem tollen und erlebnisreichen Wochenende in seiner Wohnung an und hatte sogar noch richtig viel Zeit, um zu duschen und seine schmutzige Wäsche in die Waschmaschine zu werfen!

Zeit, dass sich was dreht

In einer Woche ist der errechnete Geburtstermin von MIC, weshalb ich die Zeit und Ruhe nutze, um endlich mal wieder einen Eintrag in unseren Blog zu schreiben. Bisher verlief die Schwangerschaft bis auf die üblichen Schwangerschaftsbeschwerden sehr gut. Allerdings hatte es sich die junge Dame schon seit vier Monaten in der Beckenendlage (BEL), also mit dem Kopf nach oben, gemütlich gemacht. Mein Frauenarzt sah die Sache die ganze Zeit sehr locker, während ich mich schon nach Möglichkeiten erkundigte, wie ich die Kleine zur Drehung überreden kann. Aber alles gute Zureden und Wegweisungen mit einer entlang der Bauchdecke nach unten gezogenen Taschenlampe halfen nichts. Nachdem auch mehrere, längere Aufenthalte in der ziemlich unbequemen Position der indischen Brücke, bei der Bauch und Becken höher als der Kopf gelagert werden müssen, nur Probleme mit dem Ischiasnerv aber keine Reaktionen von MIC auslösten, stand ich auch der Moxibustion skeptisch gegenüber.

US Bild von MICVier Wochen vor dem errechneten Termin, also in der 37. Schwangerschaftswoche, hat mich dann mein Frauenarzt doch darauf angesprochen, dass ich mich nun entscheiden müsste, ob ich das Kind per Kaiserschnitt holen lasse oder eine Spontangeburt möchte. Diese ist im Fall der BEL risikoreicher für das Kind und sollte nur von erfahrenen Geburtshelfern durchgeführt werden. Viele Kliniken bieten dies nicht mehr an, sondern führen in diesem Fall immer einen Kaiserschnitt durch. So auch die Uni-Klinik in Erlangen, bei der ich eigentlich entbinden möchte. Nur eine einzige Klinik in Nürnberg bietet hier in der Nähe die Spontangeburt bei BEL an. Als ich meinen Frauenarzt auf die Möglichkeit einer äußeren Wendung angesprochen hatte, von der ich von Bekannten und auch in meinem Geburtsvorbereitungskurs gehört hatte, hat er mich dann an die Uni-Klinik zur Untersuchung überwiesen. Bei der äußeren Wendung versucht ein Arzt, das Kind durch die Bauchdecke zu drehen, so dass der Kopf anschließend unten liegt. Dies ist nicht immer erfolgreich und kann auch zu Komplikationen führen, die einen sofortigen Kaiserschnitt erfordern. Da es dann aufgrund einer Unterversorgung des Kindes sehr schnell gehen muss, ist im Ernstfall keine Zeit mehr für eine lokale Anästhesie. Es wird stattdessen eine Vollnarkose angewendet, so dass die Mutter von der Geburt nichts mitbekäme. Weiterhin können durch die Wendung auch ein vorzeitiger Blasensprung oder Wehen ausgelöst werden, die dann bei missglückter Wendung auch einen Kaiserschnitt - aber zumindest mit lokaler Betäubung - zur Folge hätten.

Eine Woche später, am Anfang der 38. Schwangerschaftswoche, hatte ich dann meinen Termin in der Uni-Klinik, zu dem mich Ludwig begleitete. Dort wurde ich bzw. MIC erst einmal gründlich untersucht. Dabei wurden mehrere Werte ermittelt, u.a. das geschätzte Gewicht des Kindes und der Fruchtwasserstand, aus denen dann ein Index berechnet wurde, der den möglichen Erfolg einer äußeren Wendung angibt. Die Wahrscheinlichkeit lag in unserem Fall bei 60%, was relativ hoch ist. MIC war noch leicht genug, es gab eine ausreichende Fruchtwassermenge und die Plazenta liegt günstig, da sie sich nicht an der Vorderwand befindet, durch die der Arzt das Baby packen muss. Das senkte das Risiko einer Plazentaablösung, die zu einer Unterversorgung und einem Notfallkaiserschnitt führen würde. Am Ende hat sich erst noch der Oberarzt, der für die äußeren Wendungen zuständig ist, ein Bild von uns gemacht. Nachdem sein Urteil war, dass man es bei unseren Umständen auf jeden Fall versuchen sollte, haben wir uns dann entschlossen, eine Wendung zu probieren. Diese wurde direkt für den folgenden Mittwoch, den 26.01., festgelegt. Mittwochs ist an der Uni-Klinik der Tag, an dem die geplanten Kaiserschnitte durchgeführt werden, und die Wendung sollte wegen des zwar kleinen, aber vorhandenen Risikos eines Notkaiserschnitts im Vorbereitungsraums des OPs unter Anwesenheit des OP-Teams durchgeführt werden. Deshalb musste ich am nächsten Tag erst einmal zu den Anästhesisten, um mich über die verschiedenen Narkosearten informieren zu lassen. Dort erfuhr ich auch, dass ich an dem Tag der Wendung vorher nüchtern bleiben musste. Die Aussicht war nicht so angenehm, da die Wendung erst am Nachmittag nach den ganzen geplanten Kaiserschnitten versucht werden sollte.

Am Dienstag Abend erhielt ich dann den Bescheid, dass ich am nächsten Tag um 12:00 für den Versuch der Wendung in der Klinik sein sollte. Deshalb habe ich erst einmal lange geschlafen, um den Frühstückshunger so lange wie möglich herauszuzögern. Dann habe ich meine Tasche gepackt, da ich zur Beobachtung einen Tag stationär in der Klinik aufgenommen wurde, und bin zur Klinik gelaufen. Wir hatten uns dazu entschlossen, dass Ludwig nicht dabei sein sollte, um ihm einerseits die langen Wartezeiten zu ersparen und andererseits seine Urlaubstage für die Zeit nach der Entbindung aufzuheben, da das Risiko eines Notfallkaiserschnitts sehr gering war. Außerdem hätte er in diesem Falle sowieso den OP verlassen müssen. Bei allen weiteren Problemen blieb genug Zeit, ihn zu verständigen, so dass er nach wenigen Minuten in der Klinik hätte sein können.

In der Klinik angekommen wurde ich erst noch einmal untersucht, aber MIC hatte sich immer noch nicht von selbst gedreht. Ich dachte, dass ich danach erst einmal in ein Stationszimmer gebracht werde, um auf das Ende der geplanten Kaiserschnitte zu warten. Aber man führte mich stattdessen direkt in einen der Kreißsäle und ich musste ein schickes OP-Hemd und Kompressionsstrümpfe anziehen und bekam eine schicke Teilrasur. Zusätzlich wurde mir ein Zugang gelegt, über den ich erst einmal nur Flüssigkeit bekam. Kurz vor dem Wendungsversuch wurde mir dann ein Wehenblocker gegeben, damit meine Bauchdecke weich genug wurde und auch so blieb. Während der folgenden Wartezeit wurden MICs Herztöne kontinuierlich mit einem CTG überwacht, das auch den weiteren Nachmittag nicht von meiner Seite weichen sollte. Ich werde dabei bestimmt mehrere Meter Papier produziert haben...

Gegen halbzwei wurde ich dann in den Vorbereitungsraum des OPs geschoben und auf einen OP Tisch umgelagert, wo ich auch noch einen Keil unters Becken geschoben bekam. Der Andrang in dem kleinen Vorbereitungsraum war recht groß. Neben einer Hebamme waren auch drei Hebammenschülerinnen anwesend, um dem offensichtlich seltenen Ereignis beizuwohnen. Diese Schülerinnen bekamen dann die wichtige Aufgabe, Ludwig sofort zu verständigen, falls irgendein Problem auftauchte. Auch der Oberarzt brachte eine weitere Ärztin mit, die die Wendung durchführen sollte. Er selbst stand an meinem Kopfende und hat den Ultraschallkopf des CTGs gehalten, mit dem MICs Herztöne kontinuierlich überwacht wurden. Die Ärztin hat dann als erstes meinen gesamten Bauch und ihre Hände mit Olivenöl eingeschmiert. Dann hat sie durch die Bauchdecke MICs Kopf und Po gepackt und angefangen, sie langsam mit dem Kopf voran um 180 Grad zu drehen. Zur gleichen Zeit hat die Hebamme versucht, durch die Scheide MICs Po nach oben zu drücken. Aber der war noch gar nicht so tief im Becken und sie kam nicht an ihn heran. Die ganze Prozedur war nicht gerade angenehm, da die Ärztin vor allem ihre Daumen tief in meine Bauchdecke drücken musste, um MIC nicht loszulassen. Nach der Hälfte der Drehung hat sie kurz gewartet, um mir eine Verschnaufpause zu gönnen. Gerade oben in der Nähe des Zwerchfells war mir dann doch ein wenig die Luft weggeblieben. Danach hat sich MIC aber dann fast von alleine das letzte Stück gedreht. Insgesamt war es also unangenehm, aber nur eine Sache von ein paar Minuten, die man gut überstehen konnte.

Bevor wir uns alle freuen konnten, gab es aber erst einmal eine Schrecksekunde, als der Oberarzt feststellte, dass ich aus der Scheide blutete. Schnell wurde überprüft, ob sich die Plazenta abgelöst hatte, aber das war Gott sei Dank nicht der Fall. Die weiterhin guten Herztöne von MIC deuteten auch nicht darauf hin. Es stellte sich heraus, dass das Blut von meinem Gebärmutterhals kam, der durch die Hebamme leicht verletzt worden war. Da das Gewebe aufgrund der Schwangerschaft sehr gut durchblutet ist, führt eine kleine Verletzung direkt zu größeren Blutungen. Aber eine genauere Untersuchung hat dann gezeigt, dass die Wunde nicht direkt am Gebärmutterausgang lag und auch kein weiteres Blut mehr austrat. Nach der ganzen Aufregung konnte ich mich dann noch drei Stunden lang im Kreißsaal ausruhen, während MIC per CTG weiter beobachtet wurde. Nach einiger Zeit deuteten dann ihre eher langsamen Herztöne und kaum vorhandenen Bewegungen darauf hin, dass sie nach der Aufregung wohl eingeschlafen war :-)

Nach der langen Überwachungszeit wurde ich dann auf ein Stationszimmer gebracht und konnte endlich wieder angenehmere Kleidung anziehen. Es war dann auch schon so spät,Lulu schwanger dass ich direkt Abendessen bekam, auf das ich mich nach dem durchhungerten, aufregenden Tag auch gierig stürzte. Später bekam ich Besuch von Ludwig, der mich zur letzten CTG Untersuchung des Tages begleitete. Auch am nächsten Vormittag wurde ich noch einmal untersucht. Per Ultraschall wurde überprüft, dass MICs Kopf immer noch unten lag, und es wurde noch einmal ein CTG aufgenommen. Danach durfte ich wieder nach Hause gehen. Zurück blieben nur muskelkaterähnliche, leichte Schmerzen in meiner Bauchdecke, die nach ein paar Tagen zusammen mit den durch die Heilung der Verletzung verursachten Schmierblutungen wieder verschwanden.

Seither hat MIC nur noch eine Drehung um die Längsachse durchgeführt; anscheinend kuschelt sie ihren Rücken lieber an meine linke Seite. Der Kopf liegt aber weiterhin unten, so dass uns ein Kaiserschnitt wohl erspart bleibt. Sie hat seit der Wendung auch noch kräftig zugelegt und mein Bauch hat dementsprechend auch noch an Größe und Umfang zugenommen. Trotz Körperfülle genieße ich die letzten ruhigen Tage, aber wir freuen uns auch schon sehr, unsere Tochter endlich in den Armen halten zu können!

Emma ist da!

Am vergangenen Mittwoch, dem 23.02., war es früh morgens um 4:38 Uhr endlich so weit und unsere MIC kam in der Universitätsklinik Erlangen auf die Welt! Damit konnten wir nun auch endlich das Geheimnis um den Namen der jungen Dame lüften: Ab sofort heißt MIC Emma. Sowohl Lulu, als auch Emma sind wohlauf und bereits am Freitagabend, also nur 2-1/2 Tage nach der Geburt, konnten beide Damen die Klinik verlassen. Jetzt sind wir schon einige Tage zu dritt zuhause und auch des nachts fordert uns Emma nicht so sehr wie wir es befürchtet haben. Natürlich sind alle Beteiligten noch dabei, sich aneinander zu gewöhnen - auch Emma muss sich erst mal auf uns und unsere Lebensrhythmen einstellen. Aber wenn das alles weiter so gut geht wie bisher, dann können wir sehr zufrieden sein!

Erstes Foto von EmmaAllerdings hatte Emma bis zur Geburt schon noch ein bisschen unsere Geduld getestet, denn sie ließ den errechneten Geburtstermin am 14.02. um mehr als eine Woche verstreichen, ohne dass sie erkennbare Anstalten gemacht hätte, ihr angestammtes warmes Domizil in Lulus Bauch zu verlassen. So hatte sie dann schließlich am 22.02. die Räumungsklage in Form einer Geburtseinleitung erhalten. Lulu begab sich an diesem Tag früh in die Klinik und bekam ein Hormonpräparat verabreicht. Während des Tages musste sie alle 3 Stunden an den Wehenschreiber, zunächst tat sich aber nicht allzu viel. Als Ludwig abends Lulu im Krankenhaus besuchte, wohnte er der letzten Aufzeichnung des Wehenschreibers um 21:30 Uhr bei. Auch diese Kurven waren noch nicht besonders intensiv und so schickten die Hebammen Lulu ins Bett und empfahlen mir, auch nach Hause schlafen zu gehen. Ich richtete mich darauf ein, am nächsten Morgen wieder in die Klinik zu kommen in der Hoffnung, dass sich dann schon ein Fortschritt zeige. Aber bereits um 1:00 Uhr morgens klingelte das Telefon und Lulu bat mich, zu ihr in die Klinik zu kommen, da sie starke Wehen habe und vor Schmerzen gar nicht schlafen kann. In der Klinik angekommen beschlossen wir, dass es jetzt wohl doch mal an der Zeit wäre, im Kreißsaal vorstellig zu werden.

Der Zugang zum Kreißsaal in dieser Klinik ist durch eine Tür geregelt, an der man klingeln muss und die dann von innen geöffnet wird. Bereits in der Geburtsvorbereitung bat man uns, nur einmal zu klingeln, da es manchmal ein paar Minuten dauern kann, bis jemand die Tür öffnen kann. So warteten wir zunächst auch geduldig vor der verschlossenen Tür fast 10 Minuten, bevor Ludwig es wagte, ein zweites Mal zu klingeln. Lulu plagte sich währenddessen schon mit immer heftigeren Wehen. Auch unsere zweites Klingeln wurde nicht erhört und erst nach dem dritten Anlauf nach fast einer Viertelstunde erhielten wir Zutritt zum Kreißsaalbereich. Offensichtlich war zu diesem Zeitpunkt in allen 4 Sälen gleichzeitig Hochbetrieb und niemand war abkömmlich, weitere Gebärende einzulassen. Lulu musste zunächst erneut an den Wehenschreiber. Ihre Wehen waren aber in der Zwischenzeit so stark geworden, dass sie nicht mehr liegen konnte und auch sie sich auch akustisch Erleichterung verschaffen musste. Als gegen 3 Uhr endlich eine Ärztin kam und sie untersuchte, stellte sich heraus, dass der Muttermund bereits fast vollständig geöffnet war und es nicht mehr lange dauern würde! Dann wurden wir in einen der 4 Kreißsäle geleitet, in dem das gerade zuvor geborene Kind noch untersucht wurde - es war also quasi ein fliegender Wechsel. Aufgrund des außergewöhnlich hohen Aufkommens an Geburten in dieser Schicht musste für uns auch noch extra eine Hebamme aus der Bereitschaft in die Klinik gerufen werden. Als diese endlich da war, war Lulu schon voll in der Geburt. Gerade einmal 1-1/2 Stunden nachdem wir in den Kreißsaal gekommen waren, war es dann soweit und Emmas Köpfchen hatte sich ins Freie vorgearbeitet. Nach zwei weiteren Presswehen war sie dann komplett auf der Welt. Emma hatte bei ihrer Geburt eine Größe von 51 cm und wog 3080 Gramm.

Da Emma schon deutlich über dem Geburtstermin war und sie auch etwas Fruchtwasser geschluckt hatte, wurde ihre Lunge sofort abgesaugt und Emma wurde von einer Kinderärztin behandelt. Unmittelbar nach der Geburt war sie noch etwas schlapp, aber sie erholte sich sehr schnell und schon nach wenigen Minuten konnte die erschöpfte, aber überglückliche Lulu unsere Tochter in die Arme nehmen und an die Brust anlegen. Dort ging Emma ohne weitere Umschweife sofort zur Sache und begann vorbildlich zu saugen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war uns klar, dass Emma bester Gesundheit ist.

Nachdem Lulu zusammen mit uns auf ihr Einzelzimmer verlegt war, konnten wir uns dort ein wenig von den Strapazen der Geburt erholen. Ludwig hatte zwar in dieser Nacht mit Abstand am wenigsten beigetragen, aber irgendwie war auch er geschafft von den Ereignissen und ging am Nachmittag mal für ein paar Stunden nach Hause zum Schlafen.

Emma beim SchlafenInzwischen sind wir alle wohlbehalten zuhause und genießen unser junges Familienleben! In der Tat schaffen es die Babys, bei den Eltern so eine starke Zuneigung auszulösen, dass man über die gelegentlichen Schlafstörungen, vollgeballerte Windeln und verspuckte Kleidung, die man erst vor wenigen Minuten frisch angezogen hatte, mit einem milden Lächeln hinwegsieht und die Kleine einfach nur süß findet... :-)

In den kommenden Wochen werden wir sicherlich viele Bilder von MIC alias Emma schießen und eine Auswahl davon auch unter "Fotos" hier zur Verfügung stellen!

Urlaubszeit

Nachdem wir bisher Emmas Entwicklung hauptsächlich in Bildern dokumentiert haben, gibt es nun nach längerer Pause auch mal wieder etwas Schriftliches. Die Urlaubszeit nähert sich mit großen Schritten und damit auch Emmas erste Fahrt ins Ausland. Wir waren schon öfters innerhalb Deutschlands mit ihr unterwegs, aber für unseren Sommerurlaub werden wir unser Nachbarland Österreich besuchen und sind dadurch verpflichtet, Reisepasseinen Ausweis für Emma mit uns zu führen. Also haben wir einen Kinderreisepass für Emma besorgt. Dafür mussten wir erst einmal an ein biometrisches Passfoto kommen, was bei Säuglingen, die weder sitzen, noch Anweisungen verstehen können, nicht so einfach ist. Aber netterweise sind die Anforderungen an Säuglingsbilder auch etwas wenig strikt als bei Erwachsenen. Wir haben Emma kurzerhand in einer sitzenden Position auf einem Kissen festgehalten und mehrmals abgedrückt, bis sie einigermaßen in die richtige Richtung geschaut hat. Der restliche Zuschnitt konnte ohne Probleme auf dem Rechner erfolgen. Mit den im Drogeriemarkt ausgedruckten Fotos ging es dann ins Bürgeramt. Dort wurde der Reisepass ganz ähnlich wie bei Erwachsenen beantragt. Nur musste sie als Passinhaberin nicht unterschreiben. Ausserdem bekommt man die Unterlagen direkt ausgehändigt, um sie zur Ausweisabgabestelle zu bringen. Dort wurde Lulu mitgeteilt, dass sie den Pass bereits nach etwa 1,5 Stunden wieder abholen kann. Der Kinderreisepass wird nämlich nicht in der Bundesdruckerei in Berlin hergestellt, sondern direkt in den lokalen Ämtern.

Jetzt sind wir also im Besitz eines SonnenbrilleKinderreisepasses mit biometrischem Foto und Größenangabe, und einer Gültigkeitsdauer von sage und schreibe 6 Jahren! Da sind wir aber gespannt, ob gewisse Länder ihn nach einigen Jahren so noch akzeptieren werden. Die im Pass angegebene Größe stimmt übrigens jetzt schon nicht mehr :-)

Da wir in der Zeitung gelesen hatten, dass auch schon Babys in den Bergen Sonnenbrillen zum Schutz gegen UV-Strahlung tragen sollten, haben wir neben dem Reisepass für Emmas Reisegepäck auch eine kleine Sonnenbrille gekauft. Zusammen mit ihrem Sonnenhütchen macht sie damit doch eine gute Figur. Mit dieser Aufmachung ist sie völlig unauffällig unterwegs und könnte problemlos auch als (Stasi-)Agentin - wie in diesem Spiegel-Online Artikel beschrieben - durchgehen.

Also seid gespannt auf unsere Erlebnisse mit Reisepass und Sonnenbrille in Österreich!

Der erste Familienurlaub

Wider Erwarten können wir an dieser Stelle gar keine lustigen Geschichten über Emmas Reisepass oder Sonnenbrille erzählen, da beide Utensilien in unserem ersten Familienurlaub praktisch nicht zum Einsatz kamen. An der Grenze sind wir nicht kontrolliert worden und Emma schien wenig Gefallen an ihrer coolen Sonnenbrille zu haben, zumindest hatte sie sich sie immer gleich wieder von der Nase gezogen und in den Mund gesteckt...

Unabhängig davon haben wir aber einen sehr schönen und entspannten Urlaub zusammen mit Ludwigs Bruder (genannt Ludwig II.), seiner Frau und seinen beiden Kindern (5 und 8 Jahre alt) im kleinen Örtchen Afritz in Kärnten verbracht. Während der zwei Wochen hatten wir fast ausnahmslos schönes und warmes Wetter, welches wir zum Baden in einem der Bergseen, zum Wandern auf den Bergen und in den Schluchten und auch einmal zu einer kleinen Mountainbiketour ausgenutzt haben.

Emma im BootGewohnt haben wir in einem Nurdachhaus, welches - wie der Name nahelegt - von einem Dach gekrönt wurde, das an den Seiten bis zum Boden herabreichte. Durch die Dachschrägen im Inneren des Hauses wirkte es sehr gemütlich, und es war geräumig genug für uns vier Erwachsene, zwei Kinder und Emma als Vertreterin der Fraktion "Baby". Allerdings war das Haus sehr hellhörig und die Böden knarzten laut bei jedem Schritt, aber daran hatten wir uns während der zwei Wochen auch gewöhnt. In der Nähe des Hauses befand sich der Afritzer See, der dann auch mit relativ angenehmen 22 Grad Wassertemperatur unser Stammsee zum Baden wurde. Für Emma war diese Temperatur doch etwas frisch, sodass wir uns bei ihr auf das Wässern der Beine beschränkt und sie stattdessen in einem Schlauchbötchen herumgefahren haben. Dieses Bötchen haben wir auch ab und zu mit Wasser Sänftegefüllt, das sich dann in der Sonne aufwärmen konnte, sodass Emma in ihrem feschen Surfanzug auch Vollbäder nehmen konnte.

Der kürzeste Weg von unserem Haus zum See führte über mehrere Weiden, die durch Zäune abgetrennt waren. In den Zäunen gab es Schleusen für Fußgänger, die so eng waren, dass Kühe oder Pferde nicht hindurch kamen. Allerdings passte auch unser Fahrradanhänger, den wir als Kinderwagen dabei hatten, nicht durch. Aber zu Viert war es kein Problem, Emma wie eine Prinzessin in ihrem Anhänger sänftengleich über die Zäune hinüberzuheben.

Während die wohltemperierten Badeseen uns alle erfreuten, sah die Situation bei anderen Gewässern, die wir besuchten, doch etwas anders aus: Ludwig II. und seine Tochter nutzten jeden auch noch so kalten Bergbach zur Abkühlung - am liebsten als Dusche unter Wasserfällen unterschiedlicher Skalen von 2 bis etwa 25 Metern Fallhöhe. Der Rest der Reisegesellschaft war nicht ganz so hitzegeplagt und beschränkte Felsenduschesich darauf, solidarisch ebenfalls eine Gänsehaut aufzulegen und das Ganze fotografisch zu dokumentieren, wie zum Beispiel auf dem Bild rechts, das Ludwig II. in der Felsendusche zeigt. Diese befand sich an einem wunderbaren und wenig frequentierten Mühlenwanderweg, der glücklicherweise auch nicht zu lang war, sodass wir Emma die ganze Zeit ohne Tragehilfe tragen konnten. An diesem Tag hatte nämlich Ludwig unser Tragesystem, in das wir Emma ansonsten bei unseren Wanderungen vor den Bauch geschnallt haben, vor dem Haus liegen lassen und dies erst kurz vor dem Ziel nach etwa einer halben Stunde Autofahrt bemerkt. Kurzfristig hatten wir überlegt umzukehren, waren dann aber sehr froh, damit keine Stunde verschwendet zu haben. Dieser interessante Wanderweg führte an einem Bach vorbei, an dem es immer wieder kleinere und größere alte, mit Wasserkraft betriebene Mühlen oder auch einfach nur Wasserräder gab. Entlang des Weges gab es auch einige Spielplätze oder andere Möglichkeiten, um Pausen einzulegen und unseren Proviant als Picknick zu verspeisen. Dadurch, dass Emma nicht im Tragesystem saß, sondern immer wieder herumgereicht wurde, hat sie viel mehr mitbekommen und konnte auch mal eine Hand ins Wasser tauchen, an Baumrinde fühlen oder an der Haaren des Trägers zupfen.

Einen anderen tollen Wanderweg haben wir in der Tscheppaschlucht nahe des Loiblpasses an der Grenze zu Slowenien gefunden. Dieser Weg wurde, je tiefer man in die Schlucht vordrang, immer enger und steiler und offenbarte grandiose Blicke nach unten in die Klamm. Daneben gab es entlang des Weges auch genug Höhlen und andere interessante Stationen wie einen Barfußpfad, sodass es keinem von uns langweilig wurde. Auch hier nahmen Ludwig II. und seine Tochter natürlich das obligatorische Bad im Tscheppaschluchteiskalten Bergbach, während der Rest der Truppe auf den Felsbrocken am Rand des Baches lieber die Brotzeitpause ausdehnte. Während dieser Pause überkam den Sohn Ludwig II. das Bedürfnis, ein großes Geschäft zu verrichten. Da die lokalen Gegebenheiten ein Vergraben des Produktes nicht praktikabel erscheinen ließen kamen wir auf die Idee, eine von Emmas Reservewindeln als mobile Minatur-Outdoor-Toilette umzuwidmen. Die Ladung wurde punktgenau in die kleine Windel platziert und wir Gipfelkonnten das Paket, welches auch an der frischen Luft ein bemerkenswert intensives Aroma entfaltete, bis zum Ende des Wanderweges mitnehmen und am Ausgang der Schlucht in einem Mülleimer sicher entsorgen. Von dort aus konnten wir uns dann auch von einem Bus wieder zum Ausgangspunkt der Wanderung zurückbringen lassen. In der Schlucht durfte man nämlich nur in einer Richtung laufen, da die vielen Engpässe bei erhöhtem Wandereraufkommen im Gegenverkehr sonst zu Staus geführt hätten.

Im Gegensatz zur Enge der Schlucht konnten wir auf den Berggipfeln unsere Blicke weit schweifen lassen. Mehrere Gipfel haben wir mit Hilfe von Gondeln und Sesselliften erreicht, um dann oben die Aussicht zu genießen und kleinere Wanderungen zu unternehmen, die meist zu einer Hütte für eine leckere Brotzeit führten. Die Gondel- und Sesselliftfahrten haben mit Emma im Tragesystem ohne Probleme geklappt. Sie hat sich dabei so wohl gefühlt, dass sie die meisten Fahrten sogar verschlafen hat. Oben auf den Bergen trafen wir nicht nur andere Wanderer, sondern auch Kühe - oft auch ohne trennenden Zaun. Diese waren aber immer friedlich und ließen sich durch uns nicht vom Grasen ablenken.

GurkeIn der Hoffnung, dass Emma in der entspannten Urlaubssituation mehr Geschmack am Essen findet, hatten wir einige Breigläschen dabei. Aber welches Gemüse bzw. Obst wir auch probierten, wir ernteten immer nur Würgen und Schütteln. Einzig Essen in Form von Stücken, an denen Emma herumlutschen konnte, fand Anklang. Neben Brotkanten waren dies auch Gurkenscheiben, die Emma ausgiebig bearbeitete, sodass man danach Gurke an fast allen Stellen ihres Körpers fand. Wie gut, dass meistens der Badesee nicht weit entfernt war :-)

Schade, dass die zwei Wochen so schnell vorbei waren. Unseren ersten Familienurlaub haben wir alle sehr genossen!

Unser Projekt für 2013

Nach eineinviertel Jahren Blogabstinenz ist es höchste Zeit, mal wieder von uns hören bzw. lesen zu lassen! Ein sehr schönes und turbulentes Jahr liegt hinter uns, in dem uns Emma viel Freude bereitet, aber auch wenig Zeit gelassen hat, unsere Erlebnisse in Blogeinträge niederzuschreiben :-) Wir hoffen aber, dass Ihr Gefallen an unseren Fotos des letzten Jahres gefunden habt.

HausEin wichtiges Ereignis des letzten Jahres war der Kauf eines Grundstücks nahe der Stadtgrenze Erlangens. Wir waren schon länger nach einem geeigneten Grundstück oder Haus auf der Suche, die sich in unserer Umgebung als äußerst zäh erwiesen hat. Aber wir hatten den Vorteil, dass wir zusammen mit einer befreundeten Familie gesucht haben, und so auch nach größeren Flurstücken suchen konnten und jetzt auch das Grundstück kaufen konnten. Wir kannten das Grundstück schon seit Ende 2011, allerdings hatte der Vorbesitzer damals noch eine Kaufoption mit einem Bauträger abgeschlossen, der ein großes Mehrparteienhaus mit sehr dichter Besiedlung bauen wollte. Diese Bebauung wurde vom Landratsamt aber nicht bewilligt, dennoch musste der Vorbesitzer den Ablauf der Kaufoption abwarten, bevor er mit uns in Verhandlungen treten konnte. Der Quadratmeterpreis des Grundstücks war für die Lage zwar sehr günstig, allerdings liegt das Grundstück in zweiter Reihe und wir brauchen eine längere Zufahrt und damit auch teurere Erschließung. Wir haben lange hin- und hergerechnet, mussten dann aber doch einsehen, dass wir das Grundstück zu zweit einfach nicht finanzieren können, wenn unsere Finanzmittel auch noch für ein nettes Haus reichen sollen und wir nicht nur auf dem riesigen Grundstück ab und zu mal zelten wollen. Das Grundstück ist aber wirklich groß und es ist auch genug Platz für drei freistehende Einfamilienhäuser auf noch immer recht stattlichen Teilgrundstücken. Da der Bebauungsplan nur eine Bebauung mit zwei Objekten vorsah, haben wir zunächst eine Bauvoranfrage eingereicht, um zu klären, ob wir auch drei Häuser errichten dürfen. Nach drei Monaten kam endlich die positive Antwort vom Landratamt und wir konnten guten Gewissens Ende Juli beim Notar den Kaufvertrag unterschreiben. Nach Überweisung der Kaufsumme, sind wir nun seit September 2012 die offiziellen Eigentümer des Grundstücks, das inzwischen in drei Baugrundstücke und eine Gemeinschaftsfläche für Zufahrt und Stellplätze aufgeteilt wurde.

Für den Kauf des dritten Grundstücks haben wir mit unseren Freunden eine Gesellschaft bürgerlichen Recht (GbR) gegründet. Wir haben lange überlegt, ob wir das Grundstück direkt weiterverkaufen und hatten auch schon einige Interessenten getroffen. Nun haben wir uns aber doch dazu entschieden, alle drei Häuser zeitgleich selbst zu bauen, und das dritte Haus erst zu verkaufen, wenn es weitestgehend fertig ist.

Und dann ging es richtig los!

Grundstück mit HahnVon September bis November waren wir nicht nur mit der Planung der Häuser beschäftigt. Auf dem Grundstück ist ein schöner alter Baum-bestand vorhanden - hauptsächlich Eichen - und im Süden grenzt es an ein Landschafts-schutzgebiet, welches uns freie Sicht nach Süden garantiert! Deshalb mussten wir für den Bauantrag nicht nur ein Baumgutachten besorgen, in dem der mögliche Erhalt der Eichen untersucht wurde, die dem Grundstück eine schöne Atmosphäre geben. Zusätzlich benötigten wir eine saP (spezielle artenschutz-rechtliche Prüfung), in der ermittelt wurde, ob der Lebensraum für bestimmte Eidechsen und Fledermäuse beeinträchtigt wird, wenn wir den Bewuchs auf dem Grundstück teilweise entfernen, um die Bebauung zu ermöglichen. Glücklicherweise ergab die saP, dass weder Fledermäuse in den Bäumen brüten können, noch dass Zauneidechsen (lacerta agilis) auf dem Grundstück leben. Erstere wären schon längst Räubern wie Katzen zum Opfer gefallen, da die meisten Bäume mit Efeu bewachsen sind und so eine gute Klettermöglichkeit bieten, und die freilaufenden Hühner des Nachbarn hätten sich um die Zauneidechsen gekümmert... :-)

Anfang Dezember konnten wir dann endlich die Bauanträge für die drei Häuser einreichen, da uns die Planung doch länger beschäftigt hatte als gedacht. Wir mussten uns erst einmal unserer Anforderungen bewusst werden, um dann zu erkennen, dass es trotz großzügig bemessener bebauter Fläche immer einschränkende Randbedingungen gibt. Mit den eingereichten Plänen sind wir aber nun sehr zufrieden und freuen uns auf unsere neuen Wohnträume!

BaumfällarbeitenSeit dem Einreichen der Bauanträge ist nun auch auf dem Grundstück einiges passiert. Ludwig hat mit Hilfe seines Vaters, dem wahren Ludwig (der Mann seiner Cousine) und mehreren Motorsägen schon die meisten der zu fällenden Bäume gefällt und zerteilt. Beim Zusammentragen des Astwerks und beim Aufschichten der Baumstämme und des dürren Gestrüpps, wie Äste, haben dann auch zeitweise unsere Mitbesitzer und Lulu geholfen. Der größte Teil des Grundstücks ist nun geräumt, allerdings gibt es immer noch einiges zu tun, da das Astwerk noch gehäckselt und abtransportiert werden muss. Dazu müssen wir aber erst auch noch die Zufahrt räumen und zur Straße hin öffnen und nivellieren, bevor die ersten Baustellenfahrzeuge das Grundstück befahren können. Dies darf aber sowieso erst passieren, wenn die Bauanträge im Landratsamt bearbeitet wurden und wir grünes Licht für den Bau unserer Häuser bekommen.

Wir hoffen, dass wir dieses Jahr auch weiterhin ab und zu Zeit haben werden, um Euch über unser Projekt auf dem Laufenden zu halten, und wir freuen uns auf viele Besucher in unserem neuen Haus!

Baggerstich!

Lulu und Emma vor der GrundstückseinfahrtHeute waren die Bagger zum ersten Mal auf unserem Grundstück aktiv - jetzt geht es also endlich los mit unserem Bauvorhaben!

Seit dem letzten Eintrag ist ja schon wieder einige Zeit vergangen und natürlich ist auch bei unserem Bauvorhaben einiges passiert. Zunächst hatte sich die Erteilung des Bauantrags doch länger hingezogen als wir uns das vorgestellt hatten und es dauerte trotz der Bauvoranfrage noch einmal weitere drei Monate, bis wir Anfang März endlich die ersehnte Baugenehmigung bekamen. In dieser Zeit hatten wir das Grundstück weiter aufgeräumt und noch viel Holz gesägt, aufgestapelt und einen riesigen Haufen mit Gestrüpp zum Häckseln angehäuft. Nachdem wir einigermaßen fertig waren, kamen die Baumpflegerin mit ihren Mitarbeitern, die sich in den großen Eichen, die auf unserem Grundstück stehen, aus der Krone abgeseilt haben und die abgestorbenen Äste abgesägt haben und auch die vitalen Äste deutlich zurückgeschnitten haben. Außerdem haben wir den Profis auch eine Birke überlassen, die so stark in Richtung des Nachbarhauses geneigt war, dass wir sie nicht fällen wollten. Danach waren wir wieder mehrere Tage lang beschäftigt, die teilweise beindicken Äste zu zerkleinern und die gefällte Birke zu zerteilen und aufzustapeln.

Auch bei der Planung gab es natürlich noch einiges zu tun und so haben wir auch viel Zeit damit verbracht, die Grundrisse unseres Hauses noch mehrfach zu überdenken, uns auf ein Heizungssystem festzulegen, die Finanzierung zu regeln, die Aufträge für die Erdarbeiten und den Rohbau zu vergeben und sogar schon zu planen, wo wir wieviele Steckdosen, Schalter, Lichtauslässe und sonstige Elektroinstallationen platzieren wollen, damit dann im Rohbau in den Betondecken die entsprechenden Leerrohre und Töpfe für Deckenleuchten eingegossen werden können.

Zu guter Letzt haben wir am letzten Wochenende noch einen provisorischen Bauzaun zu den Nachbargrundstücken errichtet, damit die dort ansässigen Kinder nicht ihrer Neugier nach Baumaschinen zum Opfer fallen und auf der Baustelle zu Schaden kommen. Um Kosten zu sparen, haben wir die Einzäunung selbst gebaut. Im Abstand von jeweils drei Metern haben wir Holzpfosten in den Boden gerammt und dann daran einen Weidezaun befestigt. Da Ludwig die meisten der Pfosten mit dem Vorschlaghammer in den Boden getrieben hatte, hatte er am Abend und den darauffolgenden Tagen einen ordentlichen Muskelkater und konnte beinahe nicht mehr das Weißweinglas halten, das er am Abend nach der Arbeit zu einem sehr leckeren Spargelessen serviert bekommen hatte.

Emma begeistertHeute Abend haben wir nach dem Abendessen Emma nochmal eingepackt und sind zu unserem Grundstück aufgebrochen. Dort angekommen waren wir sofort begeistert zu sehen, dass die Arbeiter wie versprochen ganze und offensichtlich auch sehr saubere Arbeit geleistet haben! An der Einfahrt von der Straße zu unserem Grundstück wurde eine etwa 40cm hohe Betonmauer durchtrennt und entfernt und dahinter die Einfahrt nivelliert, sodass man das Grundstück nun zum ersten Mal mit Fahrzeugen von der Straße erreichen kann ohne über den Grund unserer Nachbarn fahren zu müssen. Außerdem haben die Arbeiter die meisten Wurzelstöcke mit dem Bagger entfernt und Wurzelstöcke und Häckselgutzu den großen Haufen gelegt, die dann morgen von einem Landwirt mit einem großen Häcksler geschreddert werden sollen. Schließlich hat die Erdbaufirma auch noch einen Schutzzaun um die großen Bäume gezogen, die wir ja erhalten wollen - nicht erst seitdem wir schon so viel in die Gutachten und die Baumpflege investiert haben - und die während der Bauphase nicht beschädigt werden dürfen. Die Arbeiter haben auch den Gehsteig vor der Zufahrt blitzsauber gekehrt, alles in allem machte dieser Auftakt zu unserem Bauvorhaben heute einen sehr guten Eindruck und wir sind glücklich, dass es nun endlich los geht!

Erdarbeiten!

Nachdem vor 3 Wochen eine Zufahrtsmöglichkeit von Radladerder öffentlichen Straße auf unser Grundstück gelegt wurde, konnten nun endlich auch richtig große Maschinen zum Einsatz kommen. Bisher waren wir ja ausschließlich mit vergleichsweise kleinem Gerät zugange und auch die Motorsägen und Vorschlaghämmer zum Zaunbau waren nur Spielzeuge im Vergleich zu den Maschinen, die nun ihr Werk verrichtet haben. So gibt es nun schon sehr deutliche Fortschritte zu vermelden. Es ist schon fast ein bisschen frustrierend, wie wenig wir selbst trotz hohen körperlichen Einsatzes mit intensiver Hilfe aus der Familie bewegen konnten...

Als erstes kam ein sehr großer Häcksler zum Einsatz, um das gesamte Astgut und Gestrüpp zu zerkleinern und abzutransportieren, das wir bei unseren Forstarbeiten auf dem Grundstück angesammelt hatten. Wir hatten einen wirklich respektablen großen Haufen an Häckselgut aufgeschichtet. Umso Sehr großer Häckslermehr waren wir zunächst besorgt, als der Häcksel-Unternehmer erst am späten Nachmittag gegen halbsechs mit seinen gigantischen Maschinen anrückte. Aber binnen einer einzigen Stunde hatte das Ungetüm nicht nur die großen Haufen mit Häckselgut vertilgt, sondern auch noch einen Stapel dicker Baumstücke von etwa 40cm Durchmesser "verdaut", die wohl schon vor vielen Jahren mal gefällt und aufgestapelt wurden, inzwischen aber ziemlich verfault waren. Und 1 Kubikmeter an Wurzelstöcken haben die Schredderer auch noch mitgenommen. Danach wirkte das Grundstück auf einmal schon viel größer, da die großen Haufen an Astmaterial weg waren.

Als nächstes waren die Zuleitungen der Versorgungsleitungen (Kanal, Wasser, Strom und Telefon) von der öffentlichen Straße auf unser Grundstück dran. Arbeiter der Gemeinde und der Versorgungsunternehmen haben diese teilweise unter der öffentlichen Straße hindurchgeschossen und inzwischen liegen alle Leitungen schon auf unserem Grundstück bereit zur weiteren Verlegung.

In der vergangenen Woche begannen dann schließlich die Erdarbeiten durch die Firma Otzmann, die einen hervorragenden Eindruck hinterlässt und bisher eine blitzsaubere Arbeit abliefert. Mit einem großen, augenscheinlich nagelneuen und ebenfalls extrem sauberen Radlader haben die Arbeiter inzwischen den Oberboden auf beinahe dem gesamten Grundstück abgeschoben und am Südende des Erdarbeiten RevisionsschachtGrundstücks zu einem etwa 5 Meter hohen Haufen zusammengeschoben. Dann haben sie den Boden planiert und auch die restlichen Sträucher, die noch im Weg standen gerodet und zusammen mit den vorher noch im Boden verbliebenen großen Wurzelstöcken abtransportiert. Dabei haben die Herren aber extrem akkurat gearbeitet und mit ihren Riesenmaschinen ganz sauber um die "Waldschänke", das kleine Holzhüttchen herum planiert, das wir seit Beginn unserer Forstarbeitertätigkeiten immer als Pausenhäuschen und bei Regenschauern genutzt haben. Leider kann dieses Holzhäuschen nicht an dieser Stelle stehen bleiben, da es mit unserem Haus kollidieren würde. Mal sehen, ob wir einen Weg finden, es zu retten. Obwohl das Häuschen schon recht alt ist, ist es doch charmant und durchaus aufwändig gearbeitet. Unser Architekt hatte schon eine Idee - mal sehen...

Aktuell sind die Erdbauer gerade dabei, die Revisionsschächte und den Kanal zu den Häusern zu verlegen. Auch hier hinterlässt die Firma einen sehr guten Eindruck und die Arbeiten wirken für uns sehr gut und sehr sauber ausgeführt. Bisher also ein sehr guter Start in unser Bauvorhaben!