Wegweiser

 

 

Das sind wir:

Maid: Lulu

Bursch: Ludwig

Orte: Erlangen & Shenzhen

Vorlieben: Welterkunden, Radfahren, Skifahren, Wandern

 

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Lufthansabrief

Endlich zu zweit in Shenzhen

Lulu ist da! Ludwig ist nicht mehr alleine in Shenzhen!

Am ersten Oktober ging es für uns zusammen los nach China. Ludwig war für ein paar Tage dienstlich in Erlangen und ist mit zurückgeflogen. Es war nicht nur sehr angenehm, zu zweit zu reisen, sondern es hatte auch den Vorteil, dass wir insgesamt 50kg mitnehmen durften. Wir hatten zwar noch kiloweise Süßigkeiten dabei, aber die 50kg haben wir dann doch nicht vollbekommen. In Nürnberg mussten wir fast eine Stunde auf den Flug nach Frankfurt warten, da es in Frankfurt sehr windig war. Dadurch wurde dort unsere Zeit knapp und wir mussten direkt zum Gate anstatt noch einmal Tine und Philipp am Flughafen treffen zu können. Dort ließ das Boarding eine Weile auf sich warten, bis man uns dann mitteilte, dass man bei der Maschine ein technisches Problem festgestellt hatte. Neue Informationen sollte es nach einer Stunde geben, netterweise war die Maschine aber dann doch schon nach 20min zum Boarding fertig. In der Maschine saßen wir dann recht lange, was daran lag, dass ein Passagier dann wohl doch nicht auf die Behebung des technischen Problems warten konnte, wir aber nicht mit seinem herrenlosen Gepäck losfliegen durften. Als Lulu dann auch noch per Durchsage zum Kabinenpersonal gebeten wurde, befürchteten wir schon weitere Probleme. Da schaute sie nicht schlecht, als sie einen Dienstpostumschlag der Lufthansa in die Hand gedrückt bekam. Dort drin befand sich ein lieber Brief von Tine und Philipp (siehe Foto). Eine nette Überraschung nach dem etwas holperigen Start der Reise! Letztere verlief dann auch weiter problemlos. Einen Teil der Verspätung hatte der lustige Kapitän („ ... Um Verständnis bitte ich Sie jetzt nicht. Ich habe dafür nämlich auch keines! ... “) wieder aufgeholt, so dass wir die geplante Fähre in Hong Kong erreichen konnten und am frühen Nachmittag wohlbehalten mit Gepäck in Shekou - dem Stadtteil von Shenzhen, in dem wir leben - ankamen.

Nach einer erfrischenden Dusche sind wir mit den Rädern zur Sea World Anlage gefahren. Dort steht eine große ehemalige Staatsyacht, die zu einem Hotel mit mehreren Bars und Restaurants umgebaut wurde. Davor gibt es einen größeren Platz, der auch von Bars und Restaurants flankiert wird. Dort gibt es u.a. eine französische Bäckerei, bei der wir uns einen Nachmittagssnack gegönnt haben, und einen Starbucks, der uns danach mit leckerem Cappuccino versorgt hat. Das war ein entspannter Start in unsere gemeinsame Zeit in Shenzhen und wir erwarten gespannt was uns die Zukunft bringen wird! Wir werden hoffentlich immer wieder mal etwas Zeit haben, um diesen endlich gestarteten Blog weiter zu füllen :-)

Fußmassage und Peking-EnteFrosch auf dem Seil

Das schöne Wetter des letzten Samstags musste unbedingt ausgenutzt werden. Deshalb haben wir nach einem gemütlichen Frühstück zuhause den Nanshan Berg erklommen. Der bestand aus mindestens 800 Treppenstufen und bescherte uns einen schönen Ausblick über Shekou - wenn wir diesen auch mit vielen Chinesen geteilt haben. Unsere Ausrüstung, die nur aus Kamera und Wasser bestand, war ein bisschen spärlich gegenüber den Essensvorräten und den Radios bzw. dudelnden Handys, die die Chinesen dabei hatten. Aber wir hatten uns den Hunger wohlweislich für abends aufgehoben, da Ludwig die Idee hatte, an diesem Abend Lulu in die Kunst des Peking-Enten-Essens einzuweisen.

Dazu hatten wir uns mit den beiden Siemens-Praktikanten in Shekou verabredet. Auf dem Weg dorthin sind wir durch den Park unserer Wohnanlage gegangen, wo im Schutz der Dunkelheit zu dieser Jahreszeit gerne Frösche herumhüpfen. So haben wir auch an diesem Abend einen Frosch erschreckt, der auf einer Mauer saß, die wir passierten. Er flüchtete mit einem gewagten Satz auf ein Drahtseil einer Absperrung und ließ sich in seinem Balanceakt auch nicht durch unser Fotografieren stören.

Bevor wir zu viert die Peking-Ente in Angriff nahmen, haben wir aber dann erst unsere müden Knochen bei einer Fußmassage enspannt. Da Ludwig schon ein erfahrener Bewohner einer chinesischen Großstadt ist, wussten wir, dass es nicht alleine bei den Füßen bleiben wird. Bei einem angenehm wohligen Fußbad wurde zuerst die Nacken- und Rückenmuskulator gelockert. Dann ging es über die Arme bis zu den Fingerspitzen. Danach kamen dann erst die Füße und vor allem die Fußsohlen dran. Die fast 80 minütige "Fuß"-Massage wurde dann mit den Unter- und Oberschenkeln beendet. So ganz entspannend war die Massage nicht immer, da die Muskeln zum Teil doch ordentlich durchgeknetet wurden :-) Aber wir haben uns alle sehr gelockert gefühlt, als wir aus dem Massagesalon herausschwebten.

Den schönen Effekt haben wir dann gar nicht lange genießen können, da das Peking-Enten-Restaurant direkt um die Ecke lag. Dort haben wir auch viele andere lecker Dinge gegessen, aber die Peking-Ente war am besten und ganz anders als man sie aus Deutschland kennt. Es handelt sich dabei um ganz dünne Scheiben mit viel gerösteter Entenhaut, die vorher in irgendeiner Marinade mit Honig eingelegt wurde. So eine Scheibe packt man dann mit einer dicken süßlichen Soße und mit ein wenig Gemüse in einen dünnen Fladen ein und isst es so ähnlich wie eine kleine Tortilla. Das war sehr lecker und ist jedem zukünftigen Chinareisenden nur zu empfehlen. Wir hätten da bei Interesse eine Adresse...

Ein Spiel der EhreMulan

Durch eine Arbeitskollegin hatte Lulu Kontakt zu einer Gruppe Chinesinnen bekommen, die sich ab und zu zum Fußballspielen treffen. So auch letzten Sonntag Abend. Man traf sich aber schon am frühen Nachmittag, da die Frauen von irgendeiner Altherrenmannschaft, gegen die anscheinend ab und zu ein Spielchen ansteht, zu einem zeremoniellen Festmahl eingeladen worden waren. Da Ludwig auf einer Dienstreise in Deutschland war, nutzte Lulu die Gelegenheit, ein paar tiefere Einblicke in die chinesische Kultur zu bekommen, und ließ sich schon nachmittags einsammeln.

Das Essen fand in einem chinesischen Restaurant irgendwo im Osten Shenzhens statt. In dem Restaurant befand sich außer Lulu kein anderer Ausländer und es stand in keinem Vergleich zu den chinesischen Restaurants, die man aus Deutschland kennt. Es war brechend voll und es wurde jeder noch so kleine Platz ausgenutzt, um einen Tisch mit so vielen Stühlen wie möglich aufzustellen - und sei es neben der Treppe zwischen alten Kartons. Durch die vielen Menschen auf engstem Raum gab es eine hohe Geräuschkulisse. Dadurch, dass wir in einem Extraraum mit nur drei Tischen saßen, war es hier aber nicht ganz so laut.

Das zeremonielle Mahl bestand aus einer Riesenschüssel in der Mitte des Tisches, die gehäuft voll mit Fleisch- und Fischstücken war. Ein paar Pilze konnte man auch noch darin finden. Das Essen war sehr lecker, auch wenn natürlich noch Knochen und Gräten in den Stücken waren. Nachdem der Topf schon ein Drittel geleert war, kam dann auch noch eine Schüssel Reis dazu. Der Inhalt war äußerst reichlich, auch für die 14 Frauen am Tisch. Aber für die Reste wurden dann nachher Styroporschachteln und Tüten gereicht, so dass sich alle noch ein Mittagessen für den nächsten Tag sichern konnten. Lulu hat da aber doch ganz auf die Firmenkantine vertraut. Leider konnten nur wenige der Fußballerinnen Englisch, so dass Lulu nicht wirklich an den Tischgesprächen teilnehmen konnte. Aber teilweise bekam sie Ausschnitte übersetzt. Unter anderem erfuhr sie den Namen der Truppe: "Mulan" nach der chinesischen Frau im gleichnamigen Disneyfilm ©, die als Mann verkleidet in den Krieg zieht, um die Ehre ihrer Familie zu retten.

Nach dem Essen ging es dann zu einem Kleinfeld mit Kunstrasen auf dem Dach eines Hauses zum Fußballspielen. Der Platz war sehr gut, leider fehlte es dafür den Chinesinnen an Erfahrung. Eine nichtfunktionierende nichtenglischsprechende Abwehr zu organisieren übertraf dann doch Lulus Vermögen, so dass sie sich nach der Hälfte des Spiels selber auf die Außenbahn gestellt hat, um wenigstens etwas für den Spielaufbau machen zu können. Vielleicht ist Lulus Chinesisch irgendwann mal so gut, dass sie den Mädels ein paar grundlegende Abwehrregeln beibringen kann :-)

Die Rechnung bitteqing

Montag Abend kam dann Ludwig von seiner Dienstreise zurück und wir haben uns ein Abendessen beim Japaner gegönnt. Dort kann man ein sehr günstiges All-You-Can-Eat Angebot nutzen. Dann kann man von den vielen Kleinigkeiten, z.B. ein bisschen Sushi oder ein paar Fleischstücke, so viel bestellen wie man möchte. Der Festpreis erleichtert auch die Abrechnung am Ende, da man nicht berücksichtigen muss, was im Endeffekt von den bestellten Dingen tatsächlich gekommen ist. Unsere noch nicht bewiesene Theorie ist, dass man auch alles gebracht bekommt, wenn man nur lange genug wartet :-)

Da wir beim Abendessen u.a. über unser Vorhaben Chinesisch zu lernen gesprochen haben, wollten wir hochmotiviert die Rechnung auf Chinesisch erbitten. Also haben wir in unserem Taschenbüchlein nachgeschaut und es dann mit qing mai dan (bitte kaufen Rechnung) probiert. Die Serviererin hat sehr gelacht und uns dann die Rechnung gebracht. Wir waren hocherfreut, dass man uns verstanden hat, und sind zufrieden nach Hause gegangen.

Heute hat dann Lulu von Kollegen erfahren, dass das Wörtchen qing einen feinen Unterschied macht: Wenn man von der Kellnerin die Rechnung verlangt, sagt man mai dan. Das ist nicht etwa unhöflich, im Gegenteil, wenn man qing mai dan sagt, fordert man den Angesprochenen nämlich auf, die Rechnung zu übernehmen :-) Deshalb hatte die Kellnerin wohl so gelacht. Die Rechnung mussten wir dann trotzdem selbst bezahlen. Vielleicht war das aber der Grund, dass wir ein paar Rabattscheine für unseren nächsten Besuch bekommen haben :-)

Mit dem Rolls Royce durch Shenzhenim Bus

Letzten Samstag haben wir es uns richtig gut gehen lassen. Nach unserem üblichen Frühstück bei Croissant de France und Starbucks haben wir kurz ein paar Dinge erledigt, bevor wir uns dann uns dann gegen 12:30 mit einem der beiden deutschen Praktikanten an der Bushaltestelle bei Sea World getroffen haben. Dort sind wir dann das erste Mal in einen chinesischen Bus gestiegen. Da wir bis zur Endhaltestelle am Hauptbahnhof Shenzhen im Stadtteil Luohu fahren wollten, war es auch gar nicht so schwierig, im Bus dann das richtige Ticket zu erwerben. Nach einer eineinviertelstündigen Fahrt quer durch Shenzhen (siehe oberes Foto) haben wir dann dort den zweiten Praktikanten getroffen, um zu viert ins Queens Spa and Dining zu gehen, der größten Wellness- und Restaurantoase Shenzhens, die sich über 5 Stockwerke erstreckt.

im Rolls RoyceDort kann man für umgerechnet ca. 10 Euro 24 Stunden verbringen. In dieser Zeit kann man dort Sauna und Pool benutzen. Natürlich wird dort alles gestellt, von Badehose und -schlappen über Handtuch, Bademantel und Einmalbaumwollunterhose bis zu einer lustigen, gemusterten Kombination aus Hose und Oberteil, die ein wenig an einen Schlafanzug erinnert hat. Außerdem gibt es eine große Früchtebar und eine Safttheke, bei denen man sich bedienen darf. In der gleichen Etage stehen auch jede Menge gemütlicher Sessel mit eigenem Fernseher und ein Billardtisch und eine Tischtennisplatte herum. Überall laufen die Besucher alle in den gleichen lustigen Anzügen herum. Der einzige Unterschied ist, außer der unterschiedlichen Farbgebung von Männer- und Frauenanzügen, dass manche noch einen Bademantel zusätzlich tragen. Man kann dann auch aus einem reichen Angebot an Massagen auswählen, für die man dann aber zusätzlich bezahlen muss. Nimmt man allerdings Massagen für mehr als ca. 17 Euro in Anspruch, entfallen die 10 Euro Eintritt. Also haben wir uns alle eine chinesische Ganzkörpermassage gegönnt, bei der wir ca. 90 Minuten lang mehr oder weniger angenehm durchgeknetet wurden. Danach haben wir in einem der vielen Restaurants im gleichen Gebäude zu Abend gegessen. Während des Studiums des reichhaltigen Angebots ist Ludwig darauf gestoßen, dass das Queens Spa auch einen Limousinenservice anbietet, mit dem man sich abholen oder auch nach Hause fahren lassen kann. Wir konnten erst nicht glauben, dass die Fahrt nach Shekou in einem Rolls Royce nur ca. 12 Euro kosten sollte, was ungefähr dem Preis der geplanten Heimfahrt mit einem Taxi entsprach. Aber nachdem wir den Preis bestätigt bekamen, haben wir natürlich sofort die Rückfahrt gebucht! Und tatsächlich stand um 22:00 ein cremefarbener Rolls Royce mit offenen Türen vor dem Eingang und erwartete uns - so müssen sich auch Promis fühlen, jedenfalls solange so etwas noch nicht zu einer Selbstverständlichkeit für sie geworden ist (siehe unteres Foto). Leider war der Rolls Royce schneller als der Bus auf der Hinfahrt, so dass wir schon nach ca. 50 Minuten wieder bei Sea World ankamen. Aber diese 50 Minuten haben wir alle sehr genossen :-)


Essenstürme und Reiswein

EssenstürmeAm Sonntag haben wir dann unsere erste chinesische Hochzeit mitgemacht. Das war allerdings nicht die Hochzeitszeremonie, sondern eines der vielen Hochzeitsdinner, die man da so veranstaltet. Bei der anscheinend ziemlich unspektakulären Zeremonie wird nur von den beiden Ehepartnern ein Dokument unterschrieben. Tage später fängt man dann an, an den verschiedensten Orten Hochzeitsdinner zu veranstalten: u.a. in den Städten oder Dörfern, in denen die beiden Elternpaare wohnen, und am Ort, wo man arbeitet. Dann gibt es ohne Ende Essen und Getränke. Bei uns haben die Bedienungen später die verschiedenen Essensteller einfach übereinander gestapelt, weil der Platz nicht mehr reichte. In China ist es ja so, dass ganz viele verschiedene Speisen in die Mitte des Tisches auf eine Drehplatte gestellt werden und alle sich überall bedienen können. Dazu gab es annehmbares Bier und weniger annehmbaren Rotwein, der eher nach Sangria oder kaltem Glühwein geschmeckt hat. Als wichtigstes Getränk wurde dann später chinesischer "Weißwein" ausgeschenkt, der in Wirklichkeit ein ca. 30-prozentiger Reisschnaps ist. Nachdem der erste Hunger gestillt ist, läuft das Brautpaar dann herum und stößt mit allen Gästen an - gerne auch mehrmals :-) Das greifen dann auch viele der Gäste auf, so dass man eigentlich die ganze Zeit nur zum Trinken aufgefordert wird. Am liebsten wird dann natürlich gesehen, wenn man sein Glas mit Alkohol dann auf einmal komplett leert, aber man darf auch mit Wasser anstoßen oder nur maßvolle Schlücke nehmen :-)
Damit ist so eine Feier dann auch nach ca. zweieinhalb Stunden relativ schnell zu Ende und alle verdünnisieren sich so nach und nach. Nur
das sehr angeheiterte Brautpaar bleibt zurück, muss den Schaden aber nicht ganz alleine ausbaden, da es üblich ist, einen mit Geld gefüllten roten Umschlag als Hochzeitsgeschenk mitzubringen.

Abends mussten wir dann leider ins Hotel umziehen, da bei uns in der Wohnung ein Wasserrohr unter den Bodendielen anscheinend von Anfang an leck ist. Nachdem erst nur die Fußbodensockelleisten ein wenig schwarz wurden, hatten sich in den letzten Tagen dann auch die Bodendielen gewölbt und die Wände wurden schwarz und fingen sogar an einigen Stellen an zu schimmeln. Jetzt werden wir wohl einige Tage/Wochen im Hotel verbringen und unsere Webpage nicht mehr so regelmäßig aktualisieren können.

Alles geschnallt

Um in der Nähe des Kempinski Hotels mit ein paar Kollegen aus Erlangen noch etwas trinken zu gehen, haben wir uns gestern Abend von einem Taxi dorthin bringen lassen. Der Taxifahrer muss allerdings in seinem früheren Leben Formel-1-Fahrer gewesen sein. Denn er hat mit uns ein kleines Rennen durch Shenzhen veranstaltet. Um die Kurven ging es mit quietschenden Reifen und über die größeren mehrspurigen Straßen ist er mit 80 Sachen gerast; die anderen Autos wurden dabei gekonnt umkurvt. Sich an den roten Ampeln hinter den anderen wartenden Autos aufzustellen, hätte uns wertvolle Sekunden gekostet. Also ist er lieber auf der Gegenfahrbahn an den anderen Wartenden vorbei, um sich dann schräg vor diesen wieder einzureihen. Damit konnte er als erster wieder starten, sobald niemand mehr von der Seite kam. Auf Grün warten in China nicht alle...

wartende Taxis in ShekouDas Unangenehme an der Fahrt war, dass man sich hinten im Font nicht anschnallen konnte, so dass Lulu doch etwas verkrampft und sich mit den Füßen am Vordersitz abstützend im Auto saß.

Auf der Rückfahrt haben wir dann einen sehr angenehmen Fahrer erwischt, der uns in einem vernünftigen Tempo zurück zum Hotel gebracht hat. Außerdem besaß sein Auto sogar Gurte auf der Rückbank, die wir nach der rasanten Hinfahrt dankbar angelegt haben. Vor dem Hotel mussten wir dann leider feststellen, dass Ludwigs Gurt zwar einwandfrei zu schließen war, sich aber nicht mehr öffnen ließ. Nach einigen gymnastischen Verrenkungen hat er es aber doch geschafft, erst seine Geldbörse zum Bezahlen aus seiner Gesäßtasche und danach auch sich selbst aus dem Autositz zu befreien :-)

Kaufrausch

BusticketsBisher hatten wir uns bei nennenswerten Anschaffungen eigentlich immer auf Hong Kong konzentriert. Es war also mal an der Zeit, das zu ändern und so haben wir einen Besuch bei Walmart und Decathlon angesetzt. Decathlon ist eine französische Sportartikelkette, die auch hier in Shenzhen eine Filiale hat, die nicht allzu weit von unserem Wohnort entfernt is.

Wir haben die Gelegenheit genutzt und unsere Kenntnisse in der Benutzung des öffentlichen Bussystems ausgebaut. Bei dem von uns benutzten Bus fährt eine Schaffnerin mit, der man dann klarmachen muss, wohin man fahren will. Der Fahrpreis ist abhängig von der Distanz. Wir haben uns für die ca. 8 Stationen auf dem Hinweg mit Tickets für 2 RMB versorgt, das sind umgerechnet ca. 23 Cent. Erstaunlicherweise war der Rückweg dann nur noch halb so teuer - selbst bis zur Endstation kostete die Fahrt pro Person nur noch 1 RMB. Ganz verstehen wir das lokale Bussystem wohl immer noch nicht, aber wir verbuchen das mal unter Lehrgeld.

Zunächst haben wir bei Walmart schön amerikanisch-kitschiges Lametta als Minimalweihnachtsschmuck gekauft und ein paar Geschenke erstanden (Details ab dem 25.12. ...). Danach sind wir durch die angegliederte Mall geschlendert, wo Lulu neue "Life-Style" Schuhe von Puma erstanden hat - Originalware, zu gut 50% des in Deutschland üblichen Preises. Durch diesen kaufmännischen Erfolg beflügelt und in einer konsumfreudigen Laune ging es weiter zu Decathlon. Dort sind wir dann schnell in einen Modus geraten, der durchaus mit dem Begriff Kaufrausch zu charakterisieren ist. Die an den Waren ausgezeichneten Preise kamen einem aus Europa vertraut vor, nur handelt es sich bei der Währung eben nicht um Euro, sondern um Renminbi. Momentan steht der Wechselkurs bei 1 EUR = 8,60 RMB. Nur ein später Anflug von Selbstbeschränkung limitierte unser Konsumwüten. Dennoch trugen wir zwei prall gefüllte große Einkaufstüten aus dem Laden heraus. Unter anderem hat sich Ludwig mit einer neuen Skijacke versorgt - das hätten wir uns vorher auch nicht träumen lassen, dass wir uns mal in den Tropen neue Skibekleidung kaufen werden.

Altes Metall & Alte Meister

In Shenzhen gibt es als besonderes Spektakel einen ausgemusterten sowjetischen Flugzeugträger zu besichtigen. Zumal wir schon vor einigen Wochen vergünstigte Eintrittskarten bekommen hatten, deren Gültigkeitsdatum nun abzulaufen drohte, haben wir uns also entschieden, der "Minsk" einen Besuch abzustatten. Da das Schiff auf der anderen Seite des Stadtzentrums von Shenzhen liegt, galt es zunächst einmal, unsere neu erworbenen Busfahrkenntnisse auf eine weitere Probe zu stellen. Insgesamt waren wir fast 2 Stunden lang unterwegs und mussten am Hauptbahnhof in Shenzhen auch in eine andere Buslinie umsteigen. Beinahe hätten wir den Ausstieg am Schiff verpasst, da der Bus entgegen unserer Erwartungen nicht direkt am Schiff vorbeifuhr, sondern etwas weiter landeinwärts, sodass wir den Träger kaum sehen konnten. So mussten wir dann eine Station weit zurück laufen und auch danach haben wir das Areal zunächst einmal komplett umkreist, bevor wir den Eingang gefunden haben. Klare Beschilderung ist nicht unbedingt eine Stärke hier...

Eintrittskarte MinskAber nun waren wir ja endlich da und voller Erwartungen. Zunächst einmal eine Überraschung: Die "Minsk World", so der offizielle Name der Anlage, ist eigentlich eine ganz Sammlung von Militaria die zur Schau gestellt werden und nicht nur der namensgebende Flugzeugträger. Allerdings kommt man sich wie auf einem militärischen Schrottplatz vor. Ausgestellt sind alte verrostete Artilleriegeschütze, vollkommen verrottete Lastwagen und sowjetische und chinesische Kampfflugzeuge aus der 60er Jahren. Dazu wenig Information und das Material war insgesamt in einem solch erbärmlichen Zustand, dass der Begriff "Exponat" ein Euphemismus wäre. Also ab aufs Schiff. Dieses war immerhin noch schwimmfähig - damit ist der Zustand aber auch schon recht gut beschrieben. Unter Deck gab es ein paar verrostete Torpedos vor Tafeln zu sehen, die der Information dienen sollten. Zumindest die englischen Textpassagen dienten aber nur dem Amüsement und waren anscheinend von jemandem erstellt, der dieser Sprache absolut nicht mächtig ist. Auf Deck standen weitere schrottreife Hubschrauber und Kampfjets sowjetischer Bauart herum. Auch diese waren in einem Zustand, dass man Bedenken hatte, zu nahe an die Objekte heranzutreten, um nicht von einem gerade abfaulenden Rotorblatt gescheitelt zu werden.

Zu allem Überfluss haben wir uns dann auch noch einer Führung durch das Schiffsinnere angeschlossen, wo die alten Leitstände zu besichtigen waren. Dass wir von den chinesischen Ausführungen nichts verstehen, war zu erwarten. Dass hingegen die alten Innereien auch nur noch aus ausgeschlachteten Schalttafeln mit ein paar wirr aufblitzenden Lampen bestehen, überraschte doch. Am "beeindruckendsten" war dann aber die Show, die in der Kommandozentrale geboten wurde. Auf großen Projektionsschirmen wurden zusammenhangslos Fetzen aus antiken Filmaufnahmen von Seeschlachten dargeboten und Torpedotreffer wurden mit einer wilden Lightshow und dröhnenden Bässen untermalt. So ganz haben wir die Handlung nicht verstanden, aber am Ende waren wohl die westlichen Agressoren vernichtend geschlagen und die sowjetischen Helden strahlten. Nachdem wir diese wirren und abgedunkelten Katakomben endlich verlassen konnten, ging es vorbei an endlosen Verkaufsständen, an denen unsäglich kitschige Militaria für den Schreibtisch oder die Vitrine feilgeboten wurden. Zum Abschluss des Rundgangs trat in einem alten Hangar eine russisch-chinesische Folkloretanzgruppe auf, die in militärähnlichen Uniformen zu schnittiger Musik Heldentänze aufführte.

Wir waren froh, als wir endlich wieder den Schiffsrumpf verlassen konnten und haben auf dem Rückweg auch die Schießbuden rechts liegen lassen, an denen man aus imitierten Maschinenkanonen mit luftdruckgetriebenen Projektilen auf ein paar Zielscheiben ballern konnte.

Die zweite Station dieses langen Tages war das Kopistendorf Dafen. Dort leben angeblich bis zu 10000 Maler, die im Akkord beinahe alles, was über die Jahrhunderte an bildender Kunst geschaffen wurde, in Öl und Wasserfarben kopieren. Viele der Kopien sind durchaus von erstaunlicher Qualität und für den Hausgebrauch sowohl sehr attraktiv als auch sehr erschwinglich. Man kann nicht nur aus den abertausenden fertigen Bildern auswählen, sondern auch Kopien von eigenen Vorlagen anfertigen lassen. So haben wir für Ludwigs Bruder eine Kopie eines Aquarells von Oskar Koller in Auftrag gegeben und sind schon sehr gespannt, wie das fertige Opus dann aussehen wird.

Von Dafen aus fuhren wir dann fast 2 Stunden lang mit Bussen zurück in unsere temporäre Unterkunft. Dort waren wir dann ziemlich müde nach so einem langen und erlebnisreichen Tag...

P.S.: Die Fotos von Ludwigs Kamera können aus technischen Gründen nicht mit Lulus Laptop ausgelesen werden. Die optischen Impressionen dieser und einiger anderer Stationen werden nachgereicht, sobald wir wieder in unserer Wohnung sind und dort an Ludwigs Rechner arbeiten können.

Das Land der 1000 Namen

NamensvariationenSeit ein paar Tagen ist Lulu nun stolze Besitzerin einer chinesischen Aufenthaltsgenehmigung, die neben den vorherigen Visa in ihren Reisepass geklebt wurde. Nach chinesischen Regeln muss der volle Nachname, der im Reisepass steht, auch auf der Aufenthaltsgenehmigung abgedruckt sein. Der ist allerdings bei Lulu inzwischen ziemlich lang, da nicht nur der neue Nachname sondern auch "geb. Geburtsname" aufgelistet ist. Die Chinesen ändern bei Heirat ihren Namen nicht und kennen so die Gepflogenheiten natürlich nicht. Um den überlangen Namen nun auf die Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen, haben sie ihn kurzer Hand einfach abgekürzt, so dass Lulu nun den netten Nachnamen "DR B. GEB. E." besitzt :-) Sie hätten den Nachnamen natürlich auch bei den schon vorhandenen Visa nachschauen können, aber das wäre ja nicht regelkonform gewesen.

Dies ist nun die dritte Version ihres Namens. Bei der Einrichtung ihres Kontos wurden einfach sämtliche Vor- und Nachnamen inklusive Titel und "GEB" ohne Leerzeichen aneinandergehängt. Das gab eine beeindruckend lange Zeichenkette mit 36 Zeichen, welche dann natürlich das Bankformular gesprengt hat. Nachdem Lulu irgendetwas unterschrieben hat, hat man den Namen anscheinend auf zwei Zeilen aufgeteilt, was aber leider dazu geführt hat, dass man nun elektronisch nichts auf dieses Konto überweisen kann. Deshalb muss Siemens anfallende Reisekosten jetzt auf Ludwigs Konto überweisen, was wir sowieso von Anfang an so haben wollten :-) Nur die Mitarbeiter des Krankenhauses, bei dem Lulu den Gesundheitscheck gemacht hat, haben den aktuellen Nachnamen als solchen erkannt. Dort wurde allerdings "geb. Geburtsname" zum Vornamen erklärt...

Auch Ludwig hat schon einen neuen Namen bekommen. Bei seiner chinesischen Kreditkartengesellschaft scheint man nur auf chinesische Kunden eingestellt zu sein, die einen maximal 4-5 (chinesische) Zeichen langen Namen haben. Da war dann unser Nachname nebst Titel zu lang, so dass sie ihn stark verkürzt und verunstaltet haben. Das führte dazu, dass man die Post von der Kreditkartengesellschaft lange an der Siemensrezeption liegen gelassen hatte, weil man sie Ludwig nicht zuordnen konnte. Inzwischen ist er aber auch dort als DRBEX bekannt und bekommt die Post nun ins Büro gebracht :-)

Kreatives China

Trikot MulanChina ist vor allem für seine Kopierfreudigkeit berühmt, was einem auch überall im Alltag begegnet. Man ist dabei nicht so penibel genau wie die Deutschen, nein, Hauptsache es sieht gut oder professionell oder westlich aus. Wenn dann mal auf den Nike Socken "Niek" steht oder ein Boss Hemd zu einem unausprechbaren "BBOS" Hemd wird, dann ist das für einen Chinesen nicht so schlimm. Auch auf dem Fußballplatz muss alles professionell aussehen. Da spielt dann Brasilien gegen Portugal und Schiedsrichter mit offiziellen FIFA-Aufnähern leiten das Spiel. Diese weisen auch ganz professionell am Anfang des Spieles die Spieler darauf hin, ihr Trikot in die Hose zu stecken. Dass niemand Schienbeinschoner trägt, findet allerdings keine Beachtung. Das ist für Chinesen eines der vielen unwichtigeren Details. Selbst die gefoulten Spieler, die mit blauen Flecken an den Schienbeinen den Platz verlassen, erkennen den Zusammenhang nicht...

Natürlich hat auch die Mannschaft unserer Firma ihre eigenen Trikots, eine Kopie der schwedischen Nationaltrikots der Firma Umbro. Leider wurde die Qualität der Trikots nicht kopiert, so dass es schon offene Nähte gibt, ohne dass das Trikot einmal getragen wurde. Aber vielleicht ändert sich dieses Verhalten irgendwann mal. Erste Ansätze sind zu entdecken, z.B. hat sich die Frauenmannschaft Mulan (siehe Eintrag vom 20.10.2008) nach Trikots von Holland und Bayern München (inzwischen habe ich einigen beigebracht, dass das in Deutschland ist) nun selbstdesignte Trikots zugelegt! An der Farbauswahl könnte noch gearbeitet werden, aber andererseits ist sie auch sehr individuell und damit total unchinesisch :-)

Wie alt bist Du wirklich?

Im Vorfeld der olympischen Sommerspiele in Peking wurden ja Zweifel am offiziell verlautbarten Alter einiger chinesischer Geräteturnerinnen publik, welche augenscheinlich noch nicht das erforderliche Mindestalter zur Teilnahme an den Spielen hatten. In der Weltpresse wurde in diesem Zusammenhang die Vermutung geäussert, es handele sich um bewusste Manipulationen seitens der Offiziellen. Natürlich ist diese Hypothese nicht auszuschließen, aber das Phänomen falscher Geburtstage in den offiziellen Dokumenten scheint in China weit verbreitet zu sein und muss nicht immer auf das Betreiben von Funktionären zurückgehen, die Spitzensportler an Altersgrenzen vorbei mogeln wollen.

Happy Birthday auf ChinesischSo musste Ludwig bereits zum zweiten Mal erfahren, dass auch die offiziell dokumentierten Geburtsdaten seiner Mitarbeiter nicht unbedingt für bare Münze zu nehmen sind. Ludwig bemüht sich, allen Mitarbeitern zum Geburtstag persönlich zu gratulieren und ihnen ein Grußblatt der Firma zu überreichen, welches zu einem kleinem Häuschen zusammengefaltet und dann als Stifthalter auf dem Schreibtisch genutzt werden kann.

Letzte Woche war Ludwig auf einer Dienstreise in Deutschland und wurde von einer Email überrascht, in der einer Mitarbeiterin von ihren Kollegen zum Geburtstag gratuliert wurde. Nach Ludwigs Unterlagen hätte die junge Dame erst neun Tage später am 2. Dezember 1979 Geburtstag. So fragte er einfach mal bei ihr nach. Nach ihrer Auskunft ist ihr wahres Geburtsdatum in der Tat 11 Monate und 3 Wochen später als das offiziell dokumentierte Datum. Angeblich hat sich der Standesbeamte bei der Eintragung in die Dokumente vertan und es wäre zu aufwändig, das korrigieren zu lassen...

Bereits im Sommer hatte Ludwig einen ähnlichen Fall, als er einem Mitarbeiter vermeintlich pünktlich zum Geburtstag gratulieren wollte. Dieser bedankte sich artig, erwähnte dann aber doch, dass an jenem Augusttag eigentlich gar nicht sein richtiger Geburtstag wäre - dieser sei im Frühjahr. Für Chinesen hat die Zahl Acht eine besondere Bedeutung und gilt als Glücksbringer. Und so haben seine Eltern wohl einfach beschlossen, seinen offiziellen Geburtstermin in den achten Monat verschieben zu lassen.

In diesem Land scheint in der Tat alles möglich zu sein. Nur sollte man eben auch nicht alles glauben, was einem so vorgegaukelt wird - egal ob es behördlich "beglaubigt" ist oder nicht!

Asiatische Eigenheiten

Der chinesische Asiate an sich hat einige Angewohnheiten, die uns Europäern durchaus verwunderlich erscheinen. Umgekehrt wird es bestimmt ebensolch verwunderliche Charakterzüge geben, aber wir beobachten und schreiben nun mal aus der Sicht von Europäern...

I: Im Aufzug

Tasten im AufzugWenn ein Asiate einen Aufzug betritt, vermeidet er meist den Blickkontakt und etwaige Grußformeln an bereits Anwesende. Stattdessen beeilt er sich, schnell einzusteigen und die Taste für das gewünschte Stockwerk zu drücken. Bis hierher könnte man diese Situation sicherlich auch vielfach in Europa erleben. Aber jetzt kommt die asiatische Besonderheit: Reflexartig drücken die Einheimischen auch immer hastig und mehrfach die Taste zum Schließen der Aufzugtüren - immer! Alle bislang von uns benutzten Aufzüge verfügten zwar über eine Automatik, um die Türen nach wenigen Sekunden zu schließen und die Fahrt zu starten. Aber das ficht asiatische Aufzugbenutzer nicht an. Ob man hier der Auffassung ist, dass dieser hektische Tastendruck die entscheidende Sekunde einsparen wird? Das Leben in Asien ist eben doch viel schneller und dynamischer als in Europa...

II: Vordrängeln und Schleichen

Eine weitere Eigenschaft, die uns hier immer wieder ins Auge fällt, ist für den Europäer ebenfalls verwunderlich. Beinahe alle Chinesen haben es besonders eilig und lassen auch keinerlei vornehme Zurückhaltung walten, wenn es darum geht, vor allen anderen durch eine Tür zu gehen oder in ein öffentliches Verkehrsmittel einzusteigen. Sogar im Straßenverkehr scheint es nur die Regel "Erster" zu geben: Unter Missachtung sämtlicher Vorfahrtsregeln drängelt man sich in jede noch so kleine oder nicht einmal existierende Lücke, nur um vor den anderen dort zu sein.

Doch sobald diese vordere Position rücksichtsfrei erst einmal erobert ist, ändert sich das Verhalten schlagartig. Plötzlich sind die Eile und die Dynamik wie weggeblasen und auf einmal gilt: "In der Ruhe liegt die Kraft". Hat man erst einmal die vordere Position auf der linken Fahrspur erobert, ist nun der richtige Zeitpunkt gekommen für ein Telefonat über das Handy, für eine sehr spritsparende, da mit minimalen Beschleunigungswerten auskommende Fahrweise, oder um eine sehr gelassene Gangart anzuschlagen. Als Fußgängergruppe geht man zusätzlich sofort in eine Formation über, in der alle Gruppenmitglieder die komplette zur Verfügung stehende Breite des Weges oder Ganges ausnutzen. In dieser Situation sind die Einheimischen zudem Meister der Verdrängung, denn dicht auflaufende oder auffahrende Hintermänner und -frauen können die Ruhe absolut nicht stören. Nun ist es an den neuen Hinterleuten, sich selbst durch eine noch so kleine bietende Lücke vorbei zu drängeln...

Silvester auf chinesisch

Nachdem Lulu eine sehr entspannte Woche bei ihrer Familie und Lulu und Ludwig danach gemeinsam sehr erholsame Weihnachtsfeiertage in Erlangen verbracht hatten, ging es am 27.12. wieder zurück nach Shenzhen. Die letzten Arbeitstage des Jahres verbrachten beide im Büro, sodass sie sich am 31.12. dann auf einen gemütlichen Rutsch ins neue Jahr freuten.

Aber erst mal kam es ganz anders. Gegen 18:30 zuhause angekommen bemerkte Lulu verwundert, dass die Steckdose, an der sie ihr Handy aufladen wollte (ja, sie hatte ganz eigenständig mal dran gedacht!), nicht funktionierte. Schnell hatten wir festgestellt, dass alle Steckdosen ohne Strom waren und dass im Sicherungskasten in der Küche eine Sicherung herausgesprungen war. Ludwig drückte diese schwungvoll wieder hinein, was zur Folge hatte, dass die Hauptsicherung der Wohnung heraussprang und wir erst mal im Dunkeln saßen. Im Schein der Straßenlaterne ging es auf die Suche nach einem Batterielicht, mit dessen Hilfe die Sicherung wieder herein gedrückt werden konnte. Nun hatten wir wenigstens wieder normale Beleuchtung und konnten jetzt auch feststellen, dass der Warmwasserboiler nun seinen Dienst verweigerte.

Wir trennten alle Geräte in der Wohnung von den Steckdosen und starteten einen zweiten Versuch, die Sicherung für die Steckdosen einzuschalten. Erneut ein kurzer Lichtbogen und Knall im Sicherungskasten und wir saßen wieder im Dunkeln. Aber dieses mal war nicht die Hauptsicherung der Wohnung herausgeflogen, sondern eine vorgeschaltete Sicherung im Verteilerkasten des Apartmentblocks. Also blieb uns nichts anderes übrig, als die Vermieterin zu kontaktieren und um Unterstützung zu ersuchen. Nach einiger Zeit ward es plötzlich wieder Licht in der Wohnung, aber damit schien das Problem für die Leute der Apartmentverwaltung erledigt zu sein. Also mussten wir wiederum telefonisch um die Lösung unseres eigentlichen Problemes bitten: Wir waren strom- und heizungslos. Angesichts des Datums und Uhrzeit (abends gegen 19:30 Uhr am Silvesterabend) kam doch relativ rasch ein junger Bursche mit der Mission, das Problem in Ordnung zu bringen. Nachdem wir dem Burschen eine Weile lang zugeschaut hatten und mit Hilfe eines Wörterbuches ein paar rudimentäre Informationen ausgetauscht hatten, war klar, dass der junge Mann nicht in der Lage war, das Problem zu lösen. Lulus und Ludwigs Theorie, dass der Boiler einfach eine Zeit lang in Ruhe gelassen will, nachdem man ihn abrupt vom Stromnetz getrennt hatte, stand er auch skeptisch gegenüber. Da er ständig auch den Boiler wieder ein- und ausgeschaltet hat, gab es auch keine Gelegenheit, ihm die Theorie zu beweisen. Also wurde mit der Vermittlung eines englisch und chinesisch sprechenden Bekannten via Handy der junge Mann aus der Wohnung geschickt und vereinbart, dass am nächsten Tag (am Neujahrstag!) ein professioneller Elektriker kommen sollte, der das ganze dann in Ordnung bringen sollte. Ab dem nächsten Tag wollten wir uns sowieso ein paar Tage auf Macau aufhalten und die "Experten" konnten sich mit dem Problem in unserer Elektrik beschäftigen. Nachdem man ihn eine halbe Stunde lang in Ruhe gelassen hatte, ließ sich der Boiler dann auch wieder anschalten...

Marc mit KonfettikanonenNachdem also wenigstens die Verfügbarkeit von elektrischem Licht und Warmwasser für diesen Abend gesichert waren, konnten wir uns mit knurrendem Magen endlich zum entspannteren Teil des Abends aufmachen. Gegen 21:30 Uhr waren wir dann endlich beim Lieblingsitaliener um die Ecke. Dort haben wir uns bei einem sehr leckeren Essen mit schmackhaftem Wein entspannt. Danach ging es dann weiter auf das zum Hotel umgebaute Schiff von Sea World. Dort machten wir es uns auf dem Schiff in dem deutschen Biergarten nahe an der Reeling gemütlich, von wo wir einen guten Blick auf den zentralen Platz vor dem Schiff hatten, und warteten auf den Jahreswechsel. An die Schiffswand war ein großes Ziffernblatt projeziert und ein Countdown zum Jahreswechsel tickte kontinuierlich vor sich hin. Auf dem Platz wurde über Lautsprecher klassische Musik abgespielt wurde, während im Schiff auf der Bühne eine Band live dagegen hielt und wir von der klassischen Musik fast nichts hörten. Je näher der Zeiger auf Mitternacht vorrückte, desto voller wurde der Platz. Kurz vor zwölf verteilten Bedienungen lange Röhren, die mit einem Knopf am Ende versehen waren und sich als Konfettikanonen entpuppten. Da dieser Knopf sehr leicht auszulösen war, gingen einige davon schon beim Verteilen aus Versehen los.

Auch wir bekamen je einen Konfettiwerfer in die Hand gedrückt und stellten uns dann erwartungsvoll an der Reling auf. Die letzten Sekunden des alten Jahres wurden von der versammelten Masse heruntergezählt, Punkt 0 Uhr brach Jubel aus und die Konfettikanonen wurden gezündet. Nachdem man sich gegenseitig ein glückliches neues Jahr gewünscht hatte (新年快乐), leerte sich der Platz blitzartig und war nach einer Viertelstunde fast wieder vollständig leer! Das war der schnellste Jahreswechsel, den wir je erlebt hatten! Man muss aber dazu sagen, dass das chinesische neue Jahr, welches sich am Mond orientiert, 2009 erst Ende Januar anbricht und erst dann die eigentliche Feier in China stattfindet. Allerdings ist dieses abrupte Ende einer Feier auch sehr typisch für China, sodass wir annehmen, dass auch die Feier zum Ende des chinesischen Jahres ähnlich schnell über die Bühne gehen wird.Silvester in Sea World, Shekou

Macao

Am Neujahrstag ging es also nach Macao. Allerdings wurde vorher erst mal der Elektriker weggeschickt, der eine Stunde vor dem vereinbarten Termin ankam, als wir noch nicht mit dem Packen fertig waren. Eine halbe Stunde später kam dann auch die Vermieterin, um die Reparatur zu überwachen. Sie war sehr darum bemüht, dass alles in Ordnung kam, und hat uns netterweise auch noch zur Fähre gebracht und mit einer "VIP Karte" um 50% ermäßigte Fährtickets besorgt. So konnten drei sehr erholsame Tage auf Macao beginnen.

Statue der A-MaWir kamen mittags dort an und mussten - wie auch schon auf der fast komplett besetzten Fähre - feststellen, dass Macao ein begehrtes Reiseziel ist. In den nächsten Tagen verstanden wir dann auch warum. Macao war Jahrhunderte lang portugiesisch besetzt gewesen und wurde erst 1999 an die Volksrepublik China zurückgegeben (siehe auch hier). Die portugiesisch-chinesische Mischung in der Architektur und Kultur fanden wir beide sehr interessant. Zuerst sind wir auf der Insel Taipa/Coloane, auf der sich unser Hotel befand und die neben einem Gebiet auf dem chinesischen Festland (Halbinsel Macao genannt) die Sonderwirtschaftszone Macao bildet, zu einem Hügel gelaufen. Da wir keinen Einstieg in einen Fußweg finden konnten, mussten wir uns mit einem Shuttlebus hoch bringen lassen. Oben befand sich eine Tempelanlage und eine 20 Meter hohe Statue der Göttin A-Ma, welche auch Namesgeber für Aomen ist, dem chinesischen Namen von Macao. Ausserdem fanden wir dort oben auch Tafeln, auf denen Wanderwege eingezeichnet waren, sodass wir eine nette kleine Wanderung hinunter in ein noch recht ursprüngliches Fischerdorf machen konnten. Von dort sind wir dann zurück ins Hotel gelaufen und hatten am Nachmittag so doch noch ca. 10 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Abends im Hotel haben wir uns dann ein äusserst leckeres asiatisches Neujahrsbuffet in einem der vielen Restaurants gegönnt.

Am nächsten Tag haben wir uns die auf der Halbinsel Macao gelegene Innenstadt mit ihren vielen kleinen Gassen und alten, kirchlichen und administrativen, portugiesischen Gebäuden angeschaut. Besonders aufgefallen sind uns die Unmengen an Motorrollern, die in der Stadt unterwegs sind. Diese haben den südeuropäischen Eindruck in der Stadt noch verstärkt. Insgesamt hat uns die Stadt sehr gut gefallen! Abends sind wir in die Show des Cirque du Soleil gegangen, die in unserem Hotel gegeben wurde. Am nächsten Tag blieb dann vor der Rückfahrt noch Zeit für einen Besuch in dem Dörfchen Taipa, wo sich auch ein paar alte portugiesisch beeinflusste Gebäude befanden. Die sahen nicht nur in europäischen Augen sehr schön aus, sondern bildeten anscheinend auch eine beliebte Kulisse für chinesische Hochzeitsgesellschaften, die sich dort in Mengen photographieren ließen. Das erschien wie am Fließband zu geschehen. Zurück beim Hotel angekommen, stellten wir fest, dass auch dieses Hotel als Hintergrund für chinesische Hochzeitsfotos sehr begehrt war und die Hochzeitsgesellschaften Schlange standen, um zu posieren.

Dieses Hotel - The Venitian Macao - hat auch uns sehr beeindruckt: Es besteht aus Nachbildungen venezianischer Häuserfronten mit einem gigantischen Casino und einer weiteren Etage, die nur aus teuren Geschäften bestand. In dieser Etage gab es nicht nur einen künstlichen Himmel, so dass man sich fast wie im Freien vorkam, sondern auch künstliche mit Wasser gefüllte Kanäle, auf denen Gondoliere (zahlende) Gäste in echten Gondeln herumfuhren und dabei natürlich auch stilecht sangen. Diese Hotelanlage war aber nur eine von vielen, die gerade auf der Insel Taipa hochgezogen wurden. Die anderen Hotel-Casino-Anlagen auf der Halbinsel sind zwar zum Teil älter und kleiner, aber ähnlich gigantisch und machen beeindruckend deutlich, warum Macao als das zweite Las Vegas gilt. Als vorsichtige Europäer haben wir aber statt der Casinos lieber öfters die kostenlosen Shuttlebusse zwischen den einzelnen Casinos und dem Fähranleger nahe des Stadtzentrums auf Macao genutzt.

In unserer Hotelanlage, in der es natürlich auch viele Restaurants für die unterschiedlichsten Geschmäcker gibt, ist uns dann am zweiten Abend eine lustige Geschichte passiert: Nach der tollen Cirque du Soleil Vorstellung wollten wir chinesische Dumplings essen gehen, aber unsere knurrenden Mägen und die lange Schlange vor dem Dumpling-Restaurant haben uns dann dazu veranlasst, in den blue frog essen zu gehen. Das war ein Restaurant eher im Stil einer Kneipe oder einer Bar mit einer lange Theke. Außerdem konnte man an einem großen Grill mit einem gewaltigen Dunstabzug vorbei in die teilweise offene Küche schauen. Ludwig hatte sich einen Burger bestellt, Lulu entschied sich für drei Miniburger. Ein Blick auf die Teller der Nachbartische ließ Gutes ahnen. Also schwenkte der Blick nach einer Weile immer mal wieder in die Küche und wir haben uns interessiert über die Arbeitsabläufe der Köche unterhalten. Außerdem hatten wir mehrere Burger im Blick, in der Hoffnung, dass diese auf unseren Tellern landen würden. Nachdem Lulu längere Zeit den Kopf verdreht hatte, um einen besseren Blick in die Küche zu bekommen, kam eine Bedienung und fing an, sich ausführlich zu entschuldigen und uns zu versichern, dass unser Essen nun auch bald käme. Wir versuchten sie zu beschwichtigen und aufzuklären, dass wir nur aus Neugierde den Betrieb in der Küche so ausführlich beäugten und nicht, um das Ende unserer Geduld zum Ausdruck zu bringen. Irgendwie konnten wir diesen Punkt aber wohl nicht so richtig kommunizieren. Dann kamen die Burger. Der Geschmack konnte mit dem guten optischen Eindruck voll mithalten. Während des Essens wurden wir dann nicht nur von der Bedienung gefragt, ob das Essen mundet, sondern sogar der Manager des Restaurants kam vorbei und meinte sich noch einmal entschuldigen zu müssen. So langsam fragten wir uns, ob wir jetzt einen kulturellen Faux-Pas begangen hätten, als wir so interessiert den Köchen bei ihrer Arbeit zugeschaut hatten. Aber wir blieben asiatisch freundlich und lächtelten alle Bediensteten an. Nachdem wir mit den Burgern fertig waren, wurden uns direkt neue Servietten und Gabeln hingelegt. Wir konnten uns gar nicht lange wundern, warum man uns das neue Besteck bringt, bevor wir überhaupt nach unseren (nicht existenten) Nachtischwünschen gefragt wurden. Da wurden dann auch schon zwei Stücke Kuchen mit den besten Wünschen des Hauses angebracht, als Entschuldigung dafür, dass wir so lange auf unser Essen hatten warten müssen! Eigentlich hätten wir lieber noch ein weiteres Bier nach dem großen Burger gewollt, aber um nicht auch noch den Eindruck zu erwecken, dass wir die (völlig unnötige) Entschuldigung nicht annehmen würden, haben wir den leckeren Kuchen lieber schnell gegessen. Am Ende kam dann noch einmal der Manager an und wir konnten endlich das Missverständnis aus der Welt räumen. Der gab uns dann seine Visitenkarte und meinte, falls wir in Shanghai oder Beijing mal in die dortigen Filialen des blue frog kämen, sollten wir dort erzählen, dass wir ihn kennen, dann bekämen wir einen Sonderpreis.

Also, Leute, immer schön in die Küchen der Restaurants schauen, dann gibt es für Euch vielleicht auch mal einen Nachtisch auf Kosten des Hauses :-) Und falls Ihr mal in Shanghai, Beijing oder auf Macao seid, dann geht doch mal einen Burger im blue frog essen. (Nach so viel Werbung für den Schuppen haben sich die beiden Stückchen Kuchen jetzt aber auch wirklich rentiert!)

Der Frost hat uns fest im Griff...

Es ist Winter. Nicht nur zuhause in Deutschland, sondern auch hier hat uns das eisige Wetter fest im Griff. Während in unserer alten Heimat derzeit Temperaturen bis -20 Grad herrschen, wurde nun auch hier eine "Cold Weather Warning" ausgegeben. Wir bitten um Beachtung des folgenden Hinweises des Hong Kong Observatory und angepasste Kleidung:Cold Weather Warning Hong Kong

In der Tat ist es aber in den vergangenen Wochen doch unangenehm kühl geworden, insbesondere nachts. Aufgrund der hier praktizierten Bauweise ohne jegliche Isolation und mit mehreren Millimeter weit klaffenden Spalten bei Fenstern und Türen gibt es beinahe keine Unterschiede zwischen Innen- und Aussentemperaturen. Im Sommer führt das dazu, dass die Klimaanlage ununterbrochen laufen muss, um für Mitteleuropäer einigermaßen erträgliche Bedingungen zu erreichen. Jetzt ist es insbesondere morgens in unserer Wohnung sehr kalt, eben fast so kalt wie die Außenlufttemperatur, welche momentan nachts um die 9 Grad beträgt. Das ist dann schon eine ziemliche Überwindung, das einigermaßen warme Bett zu verlassen und den frischen Tag im gut gekühlten Bad zu begrüßen, zumal dieses mit einem schönen Steinboden ausgestattet ist, welcher für weitere Frische von unten sorgt.

Auch in den Büroräumen unserer Firma ist die Situation dieselbe und momentan ist warme bis sehr warme Bürokleidung angeraten. Es ist nicht besonders gemütlich, bei 15 Grad mehrere Stunden am Schreibtisch zu sitzen.

Schuld an den momentan hier vorherrschenden Temperaturen ist der sogenannte Wintermonsun, welcher beständig aus Nord bis Nordosten weht und kalte Festlandsluft zu uns bringt. Im Landesinneren Chinas herrschen derzeit auch sehr niedrige Temperaturen um -20 Grad. Dank der südlichen Lage Shenzhens steht die Sonne aber auch in diesen Wintermonaten vergleichsweise hoch und wärmt stark, sodass tagsüber die Temperaturen nicht zu tief sinken und es in der Sonne sehr angenehm ist. Schön, dass sie heute wieder von einem wolkenlosen Himmel strahlt!

Bullenjahr

BullenjahrHeute Nacht beginnt das chinesische neue Jahr, das Jahr des Bullen. Also wie die Chinesen so schön sagen:

 

牛年大吉! 恭喜发财!


niú nián dà jí! gōng xĭ fā cái!


Viel Glück im Jahr des Bullen! Gratulation und mögest Du reich werden!

Schlechtes Timing zum chinesischen neuen Jahr

Nachdem wir das kalendarische neue Jahr ohne Feuerwerk in Shenzhen verbracht hatten (siehe Blogeintrag zum 01.01.2009) und im Nachhinein erfahren hatten, dass es in Hong Kong ein grandioses Feuerwerk gegeben hätte, welches anscheinend weltweit im Fernsehen übertragen wurde, wollten wir den Jahreswechsel nach dem chinesischen Kalender in Hong Kong und nicht in Shenzhen verbringen, um eben mal ein chinesisches Feuerwerk live mitzuerleben. Während unserer Hamburger Zeit waren wir mal Zeuge der beeindruckenden Performanz einer mehrerer Meter langen Kette echter Chinaböller vor einem chinesischen Schnellrestaurant. Dementsprechend hatten wir große Erwartungen an die Skalierung des Wow-Effekts von einer Imbissbude im fernen Ausland zu einer kantonesischen Weltmetropole. Weiterhin wurde unsere Entscheidung auch dadurch stark beeinflusst, dass wir uns erst arg zeitnah um unsere Reisepläne während des chinesischen Neujahrsfestes gekümmert hatten. Ursprünglich wollten wir zunächst ein paar Tage in Singapur verbringen und danach weiter nach Malaysia. Zum chinesischen Neujahrsfest haben über 1 Milliarde Chinesen frei und fahren entweder traditionell in ihre Heimatstadt oder verreisen inzwischen auch vermehrt zu näheren und ferneren touristischen Zielen. Mangels erschwinglich verfügbarer Flüge und Hotels auf dieser Route hatten wir dann stattdessen eine dreitägige Reise nach Singapur zusammengestellt, zu deren Beginn wir die Neujahrsnacht in Hong Kong verbrachten und am Nachmittag des Neujahrstages dann nach Singapur flogen.

Kurz vor Beginn der Neujahrsferien fand Lulu heraus, dass das Feuerwerk in Hong Kong erst am zweiten Tag des neuen Jahres stattfinden würde, wenn wir also schon längst in Singapur sein würden. In Hong Kong angekommen haben wir weiterhin erfahren, dass es eine große Parade zum neuen Jahr gibt. Dummerweise war diese aber auf den Abend des 26.1. terminiert, dem Zeitpunkt also, zu dem wir bereits in Singapur gelandet waren. Also haben wir auch die Parade verpasst...

New Year's Market in Hong KongImmerhin sollte es einen Neujahrsmarkt geben, der auch am Abend des Jahreswechsels geöffnet sein sollte. In Erwartung, dass wir zumindest dort Chinesen treffen, die das neue Jahr begrüßen, fuhren wir also mit der U-Bahn zum Bahnhof Causeway Bay in der Nähe des Marktes. Und wir wurden nicht enttäuscht, zumindest was das Zusammentreffen mit der einheimischen Bevölkerung angeht. Die U-Bahn war schon sehr gut gefüllt und am Zielbahnhof trafen wir auf weitere Menschenmassen, die sich alle in eine Richtung bewegten. Also ließen wir uns mitbewegen und kamen so zu dem Areal, auf dem der Markt aufgebaut war. Dort gab es viele Stände, an denen kitschiger Tand aus Plastik und Plüsch, der in irgendeiner Weise mit dem neuen Jahr des Ochsen in Verbindung zu bringen war, von jungen Verkäufern lauthals feilgeboten wurde. Dazwischen gab es sehr breite Gassen - eher Straßen -, die überfüllt mit Menschen waren. Es war sehr laut und so voll, dass die Massen nur in einer Richtung durch die Gassen geleitet wurden. Über den Köpfen waren große Transparente mit Einbahnstraßenbezeichnungen angebracht, die Benutzung von Blinkern beim Abbiegen war glücklicherweise nicht vorgeschrieben.

Von der Menge der Chinesen wurden wir also nicht enttäuscht, allerdings von der Art des Jahreswechsels, der im Geschrei der Verkäufer völlig unterging. Da jeder Stand auch seine eigene Uhrzeit hatte, wurde es gegen Mitternacht einfach ein wenig lauter, was aber in dem Lärm kaum zu bemerken war, und an einer Stelle wurde eine Konfettikanone abgefeuert. In den Tagen vor den Ferien hatte Lulu in Shenzhen öfters tagsüber abgefeuerte Böller gehört. Ebenso haben wir nach unserer Rückkehr aus Singapur nach Shenzhen in den letzten drei Abenden der Ferien vereinzelte Feuerwerkskörper gehört und gesehen, sodass wir vermuten, dass der Jahreswechsel in Shenzhen pyrotechnisch wesentlich interessanter war.

Drachentanz in Hong KongAber wir wurden am Neujahrsmorgen mit einem tollen Drachentanz im Foyer unseres Hotels entschädigt, den wir gerade noch vor Abfahrt zum Flughafen mitbekommen haben. Dabei steckten jeweils zwei artistische Chinesen in drei Drachenkostümen, die sich erst vom Hotelmanager mit kleinen traditionellen Geschenken versorgen ließen (rote Umschläge und Mandarinen), bevor sie später zu einem dynamischen Tanz ansetzten, den sie sogar auf mehreren hohen Säulen fortführten. Dazu sorgten Musiker mit Trommeln und Becken für Stimmung. Diese Drachentänze konnten wir dann auch in Singapur in einem Shoppingcenter beobachten, allerdings waren diese Drachen nicht so akrobatisch und haben sich neben dem Einsammeln von Geschenken auf einen Tanz auf dem festen Boden beschränkt.

In Singapur angekommen mussten wir dann feststellen, dass sich die chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten dort auf die Tage vor dem Jahreswechsel und die Neujahrsnacht beschränken und die Stadt an den Tagen danach sehr leer ist. In diesem Jahr haben wir also gelernt, wo man im südchinesischen Raum zu den diversen Jahreswechseln wann nicht sein sollte... Aber da es genug andere Dinge in Singapur zu erleben gibt und wir es auch nicht unangenehm finden, wenn die Straßen mal nicht mit Menschen und Autos überflutet sind, konnten wir die Tage in Singapur dennoch sehr genießen.

Merke: Das kalendarische Neujahr kann man offensichtlich am besten in Hong Kong erleben. Für das chinesische Neujahrsfest bleibt man aber wohl besser auf dem chinesischen Festland, während man die ersten Tage des neuen Jahres wieder in Hong Kong feiern kann. Die sollte man allerdings nicht in Singapur verbringen, wenn man Neujahrsfeuerwerk und -paraden erleben will. Also genau entgegengesetzt zu dem was wir gemacht haben :-)

Ungeachtet dessen, haben wir trotzdem einen tollen Urlaub verbracht - mehr davon in einem der nächsten Einträge!

Singapur

In Singapur hat es uns beiden sehr gut gefallen. Dadurch dass dort Chinesen, Inder, Malaysier, Araber und einige andere Volksstämme zusammen leben, ist die Stadt sehr vielfältig. Von allen ethnischen Gruppen sind kleine Stadtviertel erhalten geblieben, die ganz unterschiedlich sind. Wenn man ein paar Straßen weitergeht, kann sich das Erscheinungsbild komplett ändern. Zusätzlich gibt es auch ein sehr modernes Stadtzentrum - natürlich mit riesigen Shopping Malls - und einen Geschäfts- und Finanzdistrikt mit den üblichen postmodernen Hochhäusern. Dazu kommen noch einige schöne alte große Häuser im Kolonialstil, die zum Teil in exquisite Hotels umgebaut wurden. Unser Hotel war leider nicht aus der Kolonialzeit, aber auch sehr gut und nicht so exquisit teuer. Außerdem lag es sehr günstig an einer U-Bahnstation, von der aus wir zu unseren Erkundungen aufbrechen konnten.

Orang Utan in den BäumenNeben Besuchen in Chinatown, Little India, Arab Street und der modernen Stadtviertel haben wir auch eine Fahrt im größten Riesenrad der Welt, dem Singapore Flyer, unternommen und dabei einen wunderbaren Blick über die Stadt genossen. Glücklicherweise hatten wir vor Ort auch zwei kompetente Führer. Ein Kollege, der seit 1-1/2 Jahren für unsere Firma in Singapur arbeitet, und seine Frau haben uns viele Highlights gezeigt. Mit den beiden haben wir bei ca. 28 Grad einen äußerst netten Abend auf der Terrasse des vorzüglichen Restaurants Indochine mit Blick über den Singapore River auf den Boat Quay verbracht.

Eine weitere Attraktion Singapurs ist der Zoo und die benachbarte Night Safari. Der Zoo überzeugt durch seine wunderbar angelegten Gehege, bei denen man den Tieren sehr nahe kommt und manchmal vergessen kann, dass man den Tieren nicht in freier Wildbahn begegnet. Die Orang Utans können zum Beispiel in den Bäumen über den Köpfen der Besucher herumklettern, was einer dazu nutze, sich direkt über dem Weg zu erleichtern (siehe Fotos). So wie er dabei auf die Besucher nach unten schaute, kann die Aktion nicht ganz unbeabsichtigt passiert sein :-)

Die Night Safari öffnet ihre Türen erst abends, wenn es dunkel ist. Dann kann man auf mehreren Routen entlanglaufen und nachtaktive Tiere beobachten. Außerdem kann man sich mit einer Bahn eine dreiviertel Stunde lang durch das Gebiet fahren lassen. Diese fährt zum Teil direkt neben den Tieren vorbei, so dass man auch hier das Gefühl bekommt, den Tieren in der freien Natur zu begegnen. Der einzige Nachteil daran war, dass man im Dunkeln keine Fotos machen konnte, da man die Tiere nicht mit Blitzlicht blenden durfte. Alle Fotos aus Singapur können hier bestaunt werden.

Insgesamt muss man Singapur aber schon als Asien für absolute Einsteiger betrachten. Da praktisch jeder sehr gut Englisch spricht und auch immer alles mehrsprachig und auch in Englisch beschildert ist, ist die Orientierung ein Kinderspiel. Des Weiteren muss man die Sauberkeit in der Stadt schon fast als aseptisch bezeichnen. Es stimmt, dass in Singapur das Kauen von Kaugummi bei Strafe verboten ist, es sei denn, man kann ein ärztliches Rezept vorweisen... Damit ist Singapur schon fast das genaue Gegenteil von Shenzhen und wir vergeben das Rating:

"Asien ultraleicht"

Frühlingsfest

Durch einen Kollegen aus Nordchina hat Lulu ein paar Details über das Frühlingsfest (chūn jié 春节), also das Fest zum chinesischen Neujahr, erfahren. Am letzten Tag des alten Jahres, dem chú xí (除夕), schlafen die Leute nicht, sondern sitzen im Familienkreis zusammen um zu feiern. Traditionell wird zweimal am Abend gegessen, einmal abends und einmal um Mitternacht. Im Norden von China, wo der Weizen und nicht der Reis dominiert, werden Dumplings (jiăo zi 饺子) gegessen. Dazu gibt es meistens Fisch, da das chinesische Zeichen für Fisch (鱼 yú) genauso ausgesprochen wird wie das Zeichen 余, welches bedeutet, etwas übrig zu haben. In diesem Fall soll es bedeuten, dass die Familie am Ende des Jahres Lebensmittel, Geld usw. übrig hat, was natürlich ein gutes Zeichen ist. Man wünscht sich wohl auch gerne nián nián yŏu yú (年年有余): Habe jedes Jahr etwas übrig!

Die Wohnung schmückt man für das Fest mit roten Bannern an den beiden Türstöcken, auf denen Sprüche stehen (duì lián 对联) und anderen roten Dingen, auf denen das Zeichen für Frühling (chūn 春) und auch das Tier des kommenden Jahres zu finden ist (heuer also der Bulle niú 牛). Nicht nur die Wohnung, sondern die ganze Stadt wird außerdem mit roten Laternen (dēng lóng 灯笼) ausstaffiert. Das neue Jahr wird traditionell mit einem Feuerwerk aus Böllern (biān pào 鞭炮) und Raketen (yān huā 烟花) begrüßt, nachdem ein Countdown heruntergezählt wurde.

rote UmschlägeDie Kinder bekommen von den Eltern neue Kleidung, die sie am chú xí (除夕) tragen, und einen roten Umschlag (hóng bāo 红包), der mit Geld gefüllt ist, welches die Kinder dazu bringen soll, nicht so schnell alt zu werden (yā suì qián 压岁钱 = unterdrücken - Alter - Geld).

In den nächsten Tagen besucht man dann erst die näheren Verwandten und danach die Freunde, um allen ein frohes neues Jahr zu wünschen (bài nián 拜年 = verbeugen - Jahr). Allerdings verbeugt man sich heutezutage dabei nicht mehr :-)

Die roten Umschläge 红包 werden allgemein benutzt, um Geld zu verschenken, wie wir auch schon bei zwei chinesischen Hochzeiten ausprobieren durften (siehe Blogeintrag vom 30.10.2008). In Hong Kong hatten wir dann beobachtet, wie der Hotelmanager seinen Angestellten am Neujahrstag rote Umschläge überreichte (siehe vorheriger Blogeintrag) und auch wir haben von unserer Firma am ersten Arbeitstag als Neujahrsgeschenk einen roten Umschlag mit Geld überreicht bekommen. Im Süden Chinas ist es anscheinend auch Tradition - da kannte sich der nordchinesische Kollege nicht so aus -, dass verheiratete Leute den unverheirateten Leuten zu Neujahr rote Umschläge mit einem kleinen Betrag - 10-20 Yuan - überreichen. Lulu hatte im Januar davon gehört, dass auch in der Firma die unverheirateten Frauen auf die verheirateten Männer zugehen und nach roten Umschlägen fragen. Sie hatte daraufhin Ludwig davon gezählt, damit er sich darauf vorbereiten konnte. Der wiederum hat sich dann bei seiner Sekretärin danach erkundigt, die aber meinte, dass da sicher kaum einer kommen wird - maximal drei. Als Ludwig am ersten Tag nach den Neujahrsferien dann in seinem Büro saß, musste er feststellen, dass er einer Fehlinformation aufgesessen war und dass ihn stattdessen mehr oder weniger sämtliche junge, unverheiratete Frauen der Firma bestürmten und nach roten Umschlägen fragten. Nachdem er seine drei vorbereiteten Umschläge verteilt hatte, blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als die anderen Frauen auf den nächsten Tag zu vertrösten. Dort saß er dann mit einem Stapel von Umschlägen im Büro, aber keine Frau ließ sich mehr blicken.

Nächstes Jahr wird er besser vorbereitet sein. Außerdem wird er sich sicher bei der nächsten Angelegenheiten dieser Art noch eine weitere chinesische Meinung neben der seiner Sekretärin einholen :-)

Shanghai - Freilufttoilette und MP7-Player

Am vergangenen Donnerstag und Freitag hatte Ludwig dienstlich in Shanghai zu tun. Wir ließen uns die Gelegenheit natürlich nicht entgehen, Lulu kam am Freitagabend nach und wir haben zusammen ein Wochenende in Shanghai verbracht. Wir waren von Ludwigs Sekretärin, welche in Shanghai studiert hat, auch bestens mit vielen Empfehlungen versorgt worden und hatten zudem eine sehr günstige Rate in einem prima 5-Sterne Hotel bekommen, sodass einem erlebnisreichen Wochenende nichts mehr im Wege stand.

Lulu hatte am Freitagabend bereits die Anreise vom Flughafen Pudong in die Stadt mit der dort "Maglev" getauften Magnetschwebebahn zurückgelegt und war fast ein wenig enttäsucht, dass diese "nur" mit 300 km/h unterwegs war. Dennoch braucht diese gerade mal 8 Minuten, um die 30km vom weit ausserhalb gelegenen Flughafen in die Stadt zu überbrücken. Also waren wir am Freitagabend glücklich in Shanghai vereint, unternehmungslustig und hungrig. Wir beschlossen, unser Abendessen in einem Restaurant im 91. Stock des Shanghai World Financial Centers einzunehmen, dem mit 492 Metern momentan dritthöchsten Gebäude der Welt, welches erst im August 2008 eröffnet wurde. Die sehr beeindruckende Architektur trifft bei der Shanghaier Bevölkerung wohl nicht auf einhellige Begeisterung und das Gebäude wird ob seiner charakterischen Form auch etwas verächtlich als "Flaschenöffner" tituliert. Uns hat es jedenfalls schwer beeindruckt.

Shanghai World Financial TowerZwar hatten wir nicht unerhebliche Schwierigkeiten, den richtigen Eingang in das gigantische Gebäude zu finden und es gelang uns erst im dritten Anlauf, endlich den Aufzug finden, der uns in weniger als einer Minute bis über 400 Meter über dem Boden in ein äusserst stilvolles und vornehmes Restaurant brachte. Die Preise lagen auf einer ähnlichen Höhe wie das Restaurant, aber glücklicherweise ist auch die Küche exzellent und der Abend wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis. Während des Essens zogen vorübergehend mal Wolken auf, aber als wir gingen, konnten wir wieder einen ungestörten Blick in die Tiefe werfen, so wie man ihn sonst nur aus dem Flugzeug kennt. Sogar der 468 Meter hohe Oriental Pearl TV Tower, der in der Nähe steht, wirkt gar nicht mehr so beeindruckend aus dieser Perspektive.

Am Samstagmorgen sind wir dann zunächst mal zu Fuß aufgebrochen und haben uns bis an die Uferpromenade des Flusses Huangpu durchgeschlagen. Das war weniger einfach als gedacht, da im Innenstadtbereich von Shanghai derzeit unzählige Großbaustellen die Passage verhindern. Im kommenden Jahr 2010 wird Shanghai Gastgeber der Expo sein und in Vorbereitung darauf werden neue U-Bahnlinien, neue Straßentunnel unter dem Huangpu und viele neue Gebäude gebaut. Dabei werden ganze Straßenzüge planiert und binnen kürzester Zeit mit riesigen Bauwerken neu gestaltet - die Geschwindigkeit von Veränderungen hier in China ist wirklich atemberaubend.

Dennoch ist es uns irgendwann gelungen, die Uferpromenade auf der östlichen Flussseite zu erreichen. Diese ist mit einem breiten, holzbeplankten Fussgängerweg sehr schön gestaltet und im Altstadt in ShanghaiSommer kann man in einigen Restaurants und Bars von dort wohl einen tollen Blick auf den "Bund" werfen. Der "Bund" liegt im alten Stadtzentrum von Shanghai am westlichen Ufer des Huangpu Flusses in Puxi (Pu = Kurzname des Flusses, Xi = Westen) und ist eine Ansammlung recht ansehnlicher und einigermaßen prachtvoll gestalteter Gebäude im europäischen Stil aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als viele europäische Mächte Konzessionsgebiete in Shanghai als Handelsposten hatten. Wir wohnten im Stadtteil Pudong (Dong = Osten), womit dessen geografische Lage auch erklärt wäre. Von Pudong setzten wir nach Puxi mit einer recht rustikalen Personenfähre über, wobei die Fahrt für zwei Personen gerade mal einen Yuan kostete, umgerechnet etwa 11 Euro-Cent. In Puxi haben wir uns dann in einen "Altstadt" genannten Teil aufgemacht, in dem es augenscheinlich noch recht ursprüngliche Gebäude zu sehen gab, die sich an enge Gassen gliederten. Im Erdgeschoss all dieser Gebäude waren jeweils kleine Geschäfte untergebracht, in denen es alles von Kleidung über billigstes Plastikspielzeug bis hin zu bestimmt 100% originalen Unterhaltungselektronikartikeln gab. Davor und dazwischen gab es unzählige fliegende Mini-"Küchen" an denen man sich mit jedem erdenklichen Getier und verschiedensten Gemüsen stärken konnte. Wir haben uns auf die fleischlose Variante beschränkt und eine Art Esspapier degustiert, das auf einer rotierenden heissen Eisenscheibe frisch zubereitet wurde und sehr gut schmeckte. Die hygenischen Verhältnisse durfte man nicht allzu kritisch hinterfragen, aber wir haben unser Essen bestens vertragen.

Danach sind wir weiter in die Shanxi Road, deren Gebäude vorwiegend aus der französischen Konzession stammen und die ebenfalls von vielen kleinen Geschäften gesäumt ist. Dort ging es weniger rustikal zu als in der "Altstadt", zumindest wurden keine Hühner oder Enten auf offener Straße geschlachtet und zubereitet. Von dort aus sind wir dann noch weiter gegangen und haben in einer Nebenstraße der Nanjing Road in einer Art Hinterhofsiedlung zufällig eine winzige Kunstgalerie entdeckt, welche sich sehr wohltuend vom Lärm und den allerorten angebotenen Billigstwaren abhob. In einem Haus, das wohl auch um die 100 Jahre alt gewesen sein musste, waren im Erdgeschoss zwei Räume einer Wohnung hell geweisst und es gab einige wirklich originelle Kunstwerke von chinesischen Künstlern zu sehen, die allesamt einige Jahre im Ausland studiert oder gelebt haben. Auch wenn nichts so sehr unseren Geschmack getroffen hatte, dass wir etwas gekauft hätten, so war es doch äusserst wohltuend, mal anderes als den üblichen und unsäglichen Kitsch zu sehen, der einen sonst auf Schritt und Tritt verfolgt.

Am Abend haben wir uns dann mit ein paar europäischen Kollegen zum Essen in einem sehr typischen kleinen einheimischen Restaurant getroffen, in dem es unter anderem ganz frischen Fisch gab. Einer der Kollegen lebt seit 3-1/2 Jahren in Shanghai und hat uns sowohl mit fließenden Chinesischkenntnissen, als auch mit einer sehr guten Auswahl von Speisen beeindruckt. Danach wollten wir weiter in eine Cocktailbar, nicht ohne vorher noch die Örtlichkeiten des Restaurants aufzusuchen. So sind Lulu, Ludwig und ein Kollege der Beschilderung "Toilet" gefolgt, die uns zunächst in eine hintere Ecke des Restaurants dirigierte. Dort ging es dann allerdings in einen sehr schmalen Gang, vorbei an einem Raum, in dem die Köche auf ihren Feierabend warteten, und der wohl auch als Küche diente. Der Gang wurde immer dunkler und wir kamen an einem einsamen Waschbecken vorbei, bis wir um eine letzte Ecke bogen und plötzlich auf der Rückseite des Gebäudes in einem kleinen Gärtchen standen! Von einer für uns erkennbaren Toilette war weit und breit keine Spur, nur ein recht großer, auffällig dunkler Fleck an der Wand direkt neben dem Hinterausgang kam uns etwas verdächtig vor... Nachdem es ja bereits 21 Uhr und stockdunkel war, konnten wir diese Lokalität jedoch nicht genauer inspizieren. Wir zogen es dann auch vor, mit der Verrichtung unseres Geschäftes doch noch bis zum Erreichen der Bar zu warten, in der wir den Rest des Abends in lustiger Runde verbrachten. Diese Bar war im 36. Stock eines Hotels sehr nahe an der Uferpromenade gelegen und man hatte einen fantastischen Blick über das Zentrum von Pudong und den Oriental Pearl TV Tower. Diesen Blick genossen wir dann auch bis zum Schließen der Bar gegen 1 Uhr.

Am Sonntagmorgen wollten wir uns den "Bund" als Haupttouristenattraktion anschauen. Unsere Fahrt mit der U-Bahn führte uns zunächst einmal in eine große, als Fußgängerzone deklarierte Einkaufsstraße in der Nähe des "Bund". Allerdings entpuppte sich der Gang durch diese Straße bald als eine Art Spießrutenlauf. Im Abstand weniger Meter wurden wir von Lockvögeln angesprochen, die uns "Watches, Bags, DVDs, T-Shirts, MP3" anpriesen. Nach einigen Begegnungen dieser lästigen Art wollte Ludwig mal ausprobieren, ob man die Nepper auch verulken kann. Den nächsten Werber, der uns sein Warensortiment inklusive "MP3, MP4" anbot, fragte Ludwig, ob er denn auch MP5 feilzubieten hätte. Natürlich war das kein Problem und auch die Frage nach MP6-Spielern wurde wie selbstverständlich bejaht. Erst als Ludwig weiterbohrte, ob denn auch MP7-Player zu haben wären, stockte der beflissene Verkäufer für den Bruchteil einer Sekunde, um gleich danach wie selbstverständlich auch MP7-Spieler anzupreisen - alles ist zu besten Preisen in seinem Geschäft verfügbar und er versuchte, uns dort hin zu schleusen. Nun wussten wir ja, dass es nur die Formate MP3 (für Musik) und MP4 (für Videos) gibt, und hielten lieber doch Abstand von dieser Art Fachgeschäft...

Leider war auch der weitere Weg entlang der Uferpromenade des "Bund" von Horden dieser zweifelhaften Händler und Unmengen von Bettlern gepflastert, für die wir als Langnasen natürlich ganz klar die bevorzugt anvisierte Zielgruppe waren. Ausserdem wurde auch dort großflächig gebaut und riesige Bauzäune, Bettler und Händler enttäuschten uns doch eher, als dass wir beeindruckt gewesen wären. So beschlossen wir, diesen Ort schnell zu verlassen und wir unternahmen einen zweiten Anlauf, den Yu Yuan Garten zu finden, den wir bei unserer Suche am Vortag nicht gefunden hatten. Doch auch dieses mal fanden wir den gesuchten Garten nicht und gerieten stattdessen wieder schnell inmitten von unzähligen Verkäufern von "Watches, bags, DVDs, MP3". Nun ist auch dieses Gebiet ein touristischer Brennpunkt und wir waren von den aufdringlichen Händlern bald so genervt, dass wir uns in ein Starbucks Café flüchteten, welches uns wie eine Insel der Ruhe inmitten der hektischen und aufdringlichen Billigstwarenhändler vorkam. Zumal das Wetter auch eher unfreundlich war, beschlossen wir, unsere Besichtigung für dieses Wochenende zu beenden und machten uns auf den Rückweg zum Flughafen.

Natürlich nahmen wir die Magnetschwebebahn, damit auch Ludwig dieses einzigartige Verkehrsmittel erleben konnte. Und dieses mal war die Fahrt auch beieindruckender als bei Lulus Anreise, denn während des höheren Verkehrsaufkommens tagsüber fährt die Bahn auch mit der Höchstgeschwindigkeit von 430 km/h. Im Transrapid bei 431 km/hEs ist schon wirklich einzigartig, mit dieser Geschwindigkeit ca. 10 Meter über dem Boden dahin zu schießen. Ein Flugzeug im Landeanflug scheint dagegen zu schleichen. Auf halber Strecke begegnet man dem Gegenzug, welcher ebenfalls mit dieser Geschwindigkeit unterwegs ist, und es gibt nur einen kurzen Knall wenn sich beide Züge im Abstand von wenigen Metern mit über 850 km/h Relativgeschwindigkeit begegnen, dann ist der andere Zug schon wieder ausser Sicht. Die Reise dauert weniger als 7 Minuten, ist aber mit umgerechnet etwas über 4 Euro pro Person auch erschwinglich. Dieses Erlebnis können wir jedem Shanghai Reisenden sehr empfehlen, auch oder da einem dort keine Uhren oder Taschen angeboten werden!

Die Fotos dieses Wochenendes findet Ihr auf unserer Seite "Fotos Asien".

Das erste selbstgebackene Brot

BrotNachdem die letzten Brotvorräte aus Deutschland aufgebraucht waren und keine größeren Aktivitäten fürs Wochenende anstanden, hat Lulu zum ersten Mal unsere Brotbackform und eine der Brotbackmischungen ausprobiert, die wir zu Weihnachten bekommen hatten. Diese Mischungen sind eigentlich ganz einfach zu verarbeiten, da man nur Wasser hinzugeben muss und nach mehreren Warteschleifen den geformten Brotteig in den Ofen schieben kann. Allerdings gab es das kleine Problem, dass in unserem chinesischen Apartment kein Messbecher vorhanden war, so dass Lulu die 340ml Wasser (warum kann es auch keine praktischere Menge sein?) mit Augenmaß abmessen musste. Während der ersten halbstündigen Wartepause ist Lulu dann Mehl kaufen gegangen, da der Teig einerseits ziemlich klebrig war und andererseits das Brot auch vor dem Einfüllen in die Backform mit Mehl bestreut werden sollte.

Im Supermarkt offenbarte sich eine Herausforderung: In welcher der vielen angebotenen Mehlverpackungen befand sich Weizenmehl und in welchen das vorwiegend angebotene Reismehl? Dank ihrer bereits guten Kenntnisse vieler chinesischer Schriftzeichen konnte Lulu das Problem aber souverän lösen und in der Tat enthielt die gewählte Packung wirklich Weizenmehl, wie die erste Geschmacksprobe zuhause ergab. So konnte der zweite Knetgang mit Zugabe einer ziemlich ansehnlichen Portion Mehl nun beginnen. Das Kneten des Teigs ging recht gut, auch wenn die in unserem Haushalt vorhandene Schüssel eher als Babywanne als für Brotteig geeignet ist... Danach wurde der Teig in die Form eingefüllt und es folgte eine weitere Wartepause bevor das Brot in den Ofen kam.

So richtig ist der Teig nicht aufgegangen und das Brot lag ein wenig verloren in der großen Form, aber das hat dem Ergebnis geschmacklich in keinster Weise geschadet. Nach ein paar Minuten Abkühlung wurde der Laib angeschnitten und mit (noch aus Deutschland mitgebrachtem) Schmalz und Leberwurst verzehrt. Es war ein Hochgenuss und sicher nicht unser letztes selbstgebackenes Brot! Alle zukünftigen Besucher werden wir nun um Lieferungen von Brotbackmischungen bitten :-)!

Achtung - Kinder!

Achtung, Kinder!Nein, nein, es geht hier nicht um unsere eigenen Kinder, denn die gibt es noch nicht. Aber hier in China brauchen wir die eigentlich auch nicht, denn wir leben ja in einem Land mit ungefähr 1300000000 Menschen, auf die die Charakterisierung "Kinder" doch gut zutrifft. In Ermangelung eigener Sprösslinge reden wir ein bisschen wie die Blinden von der Farbe, aber von Eltern unseres Vertrauens hören wir doch bisweilen Äusserungen wie: "Manchmal hat man sie einfach nur lieb und manchmal könnte man sie auf den Mond schießen".

Genau so geht es uns mit unseren chinesischen Gastgebern und Mitarbeitern auch. Vielleicht hat Ludwig gerade seinen zweiten Kulturschock, aber in der vergangenen Woche hatte er doch einige recht frustrierende Erlebnisse, welche in ihm den "Mondfahrtwunsch" auslösten - nur ist das eben bei der genannten Menge an Menschen technisch wie finanziell schwerlich umzusetzen...

Unsere lokalen Mitarbeiter haben recht ambivalente Verhaltensweisen im Umgang mit Managern, insbesondere auf der Senior Management Ebene (Abteilungsleiter). Einerseits scheint es für die überwältigende Mehrheit der Mitarbeiter unmöglich zu sein, Kritik - und seien es noch so kleine Petitessen - direkt vorzurtragen oder überhaupt nur Diskussionsbeiträge in Runden mit mehr als zwei Teilnehmern beizusteuern. Andererseits erschallt jedoch sofort der Ruf nach der helfenden Hand des Managers, wenn sie auf ein Problem stoßen, auch wenn dieses nach westlichen Maßstäben lächerlich klein ist oder gar nicht als solches zu erkennen ist. Dann erwartet die überwiegende Mehrheit der lokalen Mitarbeiter, dass sich der Chef persönlich des Problems annimmt und eine Lösung herbeiführt, auch wenn der Chef 30 Leute unter sich hat und folglich genau so vielen Mitarbeitern auch die Probleme lösen sollte. Wir sprechen hier übrigens von Mitarbeitern, die allesamt einen Hochschulabschluss haben. Dennoch bewegt sich deren Eigenständigkeit in vielen Aspekten auf dem Niveau westlicher Grundschulkinder.

In der vergangenen Woche kulminierten mal wieder beide Eigenarten in Ludwigs Abteilung. Zunächst mal zum Ruf nach der elterlichen Fürsorge:

Wir haben mehrere Entwicklungsprojekte parallel laufen. Diese werden immer von einem dedizierten Projektleiter betreut und haben im Allgemeinen eine Laufzeit von einigen Monaten bis Jahren. Ende März sollen nun zwei solche Projekte abgeschlossen sein. Der Projektleiter eines solchen - für westliche Verhältnisse kleinen - Projekts, der dieses seit 8 Monaten betreut, lud in der vergangenen Woche das Topmanagement (CEO, Entwicklungsleitung, Projektleitung, Leitung der Qualitätssicherung) unserer Firma mit einem halben Tag Vorlauf zu einem ganz wichtigen Treffen unter dem Titel "URGENT - Top Risk" ein. Zum diesem Treffen erschienen auch alle Eingeladenen, inklusive Ludwig. In unserer Erlanger Arbeitsumgebung wären solche Treffen vom Einladenden umfassend vorbereitet, auf wenigen Folien wird das Problem knapp und präzise beschrieben, die Auswirkungen auf das Projekt und verschiedene Optionen für das weitere Vorgehen werden dargelegt. Hier dagagen trat das obere Management zusammen und musste dem verwirrten Projektleiter erst mal mühsam die Hintergründe des Problems entlocken. Einen Lösungsvorschlag gab es natürlich nicht, geschweige denn mehrere Alternativen mit klar ausgearbeiteten Vor- und Nachteilen, obwohl Ludwig den Projektleiter instruiert hatte, genau dieses so vorzubereiten. Nicht, dass Ludwig zum ersten mal an solchen Runden teilnahm, aber die Tatsache, dass inzwischen 11 Monate Coaching offensichtlich keinen messbaren Erfolg zeigen, ist doch frustrierend. Das Treffen endete mit dem Auftrag an den Projektleiter, zunächst mal die Hintergründe des Problems mit Kollegen aus England zu klären, bevor das weitere Vorgehen besprochen werden kann. Offensichtlich hatten die für das Problem zuständigen Mitarbeiter die Lösung eines Problems, von dem sie nicht wussten, wie sie es lösen sollten, so lange vor sich hergeschoben, dass nun in der Tat die verbleibende Zeit zu knapp werden könnte.

Zwei Tage später kam dann die nächste kurzfristige Einladung in der höchsten Wichtigkeitsstufe an Ludwig - wieder ohne klare Beschreibung, was das Problem dieses mal sei. Daraufhin lehnte Ludwig die Teilnahme ab und schickte dem Projektleiter eine ganzseitige Email mit den Punkten, deren Klärung er vor einem solchen Treffen erwartete. Und siehe da, auf einmal konnte der Sachbearbeiter mit seinem Pendant in Erlangen Kontakt aufnehmen und die offenen Punkte selbst bei diesem anbringen. Inzwischen gibt es sogar eine Lösung des (wiederum kleinen) Problems, ganz ohne Eingriff des oberen Managements! Aber es ist eben so bequem, Probleme einfach nach oben abzuschieben mit dem Hinweis darauf, dass der Mitarbeiter ja noch so unerfahren ist und der Senior Manager doch so viel besser weiss, wie man das Problem löst.

Nun zum anderen Aspekt: Ludwig ist inzwischen seit 11 Monaten in der hiesigen Firma und bemüht sich sehr um eine offene und direkte Kommunikation mit den Mitarbeitern auf allen Ebenen, unabhängig von Rang und Erfahrung. Bei jeder Gelegenheit ermuntert er seine und andere Mitarbeiter dazu, Probleme offen anzusprechen und sich bei Bedarf direkt an ihn zu wenden. Natürlich kann er nicht alle angebrachten Probleme selbst lösen, aber soll von diesen wissen, um dann die richtigen Mitarbeiter mit der Lösung zu beauftragen oder diese bei der Suche nach der richtigen Vorgehensweise zu unterstützen.

Es gibt in Ludwigs Abteilung ein kleineres Problem mit einem internen Prozess, von dem er erst vor 14 Tagen erfuhr. Die Mitarbeiter legen derzeit aus ihrem Privatvermögen Bargeld aus, um Probanden für Testmessungen zu bezahlen, und bekommen die Auslagen dann erst mit einigen Wochen Verspätung von der Firma erstattet. Als Ludwig davon erfuhr, setzte er sich sofort mit der kaufmännischen Leitung in Verbindung und bat um die Ausarbeitung eines Konzepts, bei dem die Mitarbeiter nicht mit ihrem Privatvermögen einspringen müssen. Mitte der Woche konnte nun eine Zwischenlösung erzielt werden. Obwohl diese noch nicht ganz die gewünschten Kriterien erfüllt und eventuell nachgebessert werden muss, wollte Ludwig bereits diese Zwischenlösung mal in der Praxis ausprobieren und stellte diese mit einer Email an seine Abteilung vor. Ludwig erhielt keinerlei Feedback auf diese Ankündigung, aber das war er inzwischen ja schon gewohnt. Allerdings erfuhr er dann am Freitag von seiner Sekretärin, dass die Mitarbeiter mit der Zwischenlösung nicht zufrieden seien und stattdessen doch lieber ihr Privatvermögen einsetzen wollten, wenn es keine Änderungen gebe. Einer der direkt betroffenen Mitarbeiter - übrigens ein promovierter Radiologe - hatte sich an Ludwigs Sekretärin gewandt und sie beauftragt, diese "schlechte" Nachricht weiter zu reichen. Er selbst hatte sich nicht getraut, diese niederschmetternde Kunde direkt vorzubringen. Wahrscheinlich hätte er mich damit in den Augen der chinesischen Kollegen meines Gesichts beraubt, denn ich hatte ja die neue Lösung selbst propagiert.

Auch nach fast einem Jahr intensiver und engagierter Bemühungen um eine offene Kommunikations- und Diskussionskultur in der Firma und den Aufbau von Vertrauen bei den Mitarbeitern ist es Ludwig offensichtlich nicht gelungen, diese Einstellung nennenswert bei seinen Angestellten zu entwickeln.

Natürlich kann man die hier beschriebenen Verhaltensweisen in jedem Buch nachlesen, das sich mit chinesisch-westlich interkulturellen Fallstricken befasst und Ludwig hat diese nicht zum ersten mal erlebt. Es ist allerdings schon frustrierend, so deutlich vor Augen geführt zu bekommen, dass fast ein Jahr intensiver und engagierter persönlicher Bemühungen offensichtlich vollkommen ergebnisfrei verpuffen. Das ist Ludwigs zweiter Kulturschock.

Heute könnte er den größten Teil seiner Mitarbeiter auf die Spitze einer großen Trägerrakete schnallen auf den "langen Marsch" zum Erdtrabanten schicken...

Nachtrag 10.03.2009: Lulu hat sich mit dem Tag vertan. Der Weltfrauentag war erst am Sonntag, dem Tag des Blogeintrags. Das Management unseres Apartmentkomplexes war also doch pünktlich mit der Rosenübergabe :-)

Weltfrauentag

RoseGestern war Weltfrauentag, der Lulu in den letzten Jahren in Europa nie besonders aufgefallen war. In China schenkt man diesem Tag anscheinend jedoch mehr Bedeutung. Anlässlich dieses Tages wurden am Freitag in unserer Firma an alle Frauen Einkaufsgutscheine von Wal-Mart im Wert von 200RMB (ca. 23Euro) verteilt und heute - wenn auch mit einem Tag Verspätung - wurde Lulu von der Hausverwaltung mit einer roten Rose bedacht. Vermutlich haben die Chinesen diesen Tag ebenso wie den Valentinstag, Halloween u.a. Feiertage des westlichen Kulturkreises in ihren Kalender aufgenommen, da es eine weitere nette Gelegenheit zum Shoppen und Essengehen bzw. zum Geschäfte machen ist. Dessen ungeachtet hat sich Lulu über die Aufmerksamkeiten sehr gefreut.

Unterstützt durch zwei starke Männer - Ludwig und einen Arbeitskollegen - hat Lulu den Weltfrauentag dann auch auf angemessene Weise mit einer Großeinkaufstour zu IKEA und zu Metro verbracht. Dort haben wir den Vorrat an westlichen Lebensmitteln und Getränken wieder aufgestockt und Zutaten und Gerätschaften für ein erstes selbst herzustellendes Brot besorgt. Heute hat Lulu dann versucht, aus den Zutaten (Weizenmehl, Trockenhefe, Milch, Wasser, Salz und Sonnenblumenkerne) mithilfe der neuen Waage und des neuen Messbechers ein Brot zu backen und das Resultat ist äußerst zufriedenstellend. An den einzelnen Herstellungsschritten lassen sich noch ein paar Kleinigkeiten verbessern, aber es ist ja auch noch keine (Bäcker-)Meisterin vom Himmel gefallen. BrotLeider gibt es in China nur weißes Weizenmehl, sodass sich keine dunklen Brote selber herstellen lassen. Aber dafür haben wir bei der Metro Trockenhefe entdeckt. Unserer weiteren Eigenproduktion steht also nichts im Wege. Außerdem lassen sich die Brote mit Sonnenblumenkernen, Sesam, Walnüssen oder ähnlichem verfeinern. Da wird Lulu dann mal ein paar Dinge ausprobieren. Für dunkle Brote müssen wir eben aus Deutschland Backmischungen oder Vollkornmehl mitbringen.

Expatriate Frühstück

CDFNachdem wir gestern Nacht mit einem Kollegen etwas länger in das Nachtleben Shekous eingetaucht waren, haben wir den Tag heute Mittag wieder mit einem Frühstück nach Art der Expatriates (außerhalb der Heimat Lebende) begonnen. Dafür gehen wir immer zu Sea World, dem Platz vor dem zu Hotel und Biergärten umgebauten Schiff, und lassen uns erst einmal auf der Terasse von Croissants de France nieder. Dort gibt es leckere Backwaren im französischen Stil. Unsere Favoriten sind Blätterteigtaschen mit einer Curry-Hühnchen- oder Thunfisch-Pilz-Füllung. Dazu genehmigen wir uns immer einen Saft und schauen dem Treiben auf dem Platz zu. Viele Expatriates in Shenzhen leben nämlich in Shekou und kommen, ähnlich wie wir, oft am Wochenende in eines der Cafés von Sea World. Deshalb ist der Ausländeranteil dort besonders hoch, aber die Besucher sind dennoch überwiegend Chinesen.

StarbucksViele chinesische Familien kommen dort hin und lassen ihre Kinder auf motorisierten kitschigen Plüschtieren herumfahren, die selbstverständlich auch noch Musik von sich geben - ohne Geräuschentwicklung geht es einfach nicht in China. Dabei werden die lieben Kleinen auf den eigenartigen Gefährten dann in allen Positionen abgelichtet. Auch sonst lassen sich die Chinesen dort gerne fotografieren, am liebsten mit Westlern im Hintergrund. Wir schmücken sicher schon einige chinesische Fotoalben.

Von Croissant de France ziehen wir nach einiger Zeit immer in den 200m weiter ansässigen Starbucks um und genießen dort einen Cappuccino. Von dort hat man noch einen besseren Blick auf den Platz, an dem auch einige Stände ihre Waren anbieten. Dies sind vor allem unnütze Plastikspielzeuge wie Pistolen, die mit Seifenblasen schießen, billig kopierte Gemälde oder kitschige Souvenirs. Im Moment bei ca. 24 Grad und Sonnenschein kann man es besonders lange dort aushalten, so dass es passieren kann, dass man beim Verlassen des Frühstücksplatzes schon wieder über die Lokalität nachdenken kann, die man fürs Abendessen aufsuchen möchte...

Bastelanleitung für eine Peking-Ente

In den letzten Wochen hatten wir unseren ersten Besuch aus Deutschland! Zunächst kamen uns Ludwigs Cousine und ihr Mann besuchen und danach hat noch ein Freund aus Bremen auf dem Weg zu einer Konferenz für zwei Tage bei uns vorbei geschaut. Wir haben es sehr genossen, unsere bisherigen Chinaerfahrungen weitergeben zu können, und wir haben auch selbst wieder neue Dinge kennengelernt, wie beispielsweise den Zoo in Shenzhen. Dieser fällt allerdings weit hinter den guten Eindruck des Singapur Zoos zurück. Zum Teil haben die Tiere in viel zu kleinen Beton- und Drahtverhauen gelebt und haben erhebliche Verhaltensstörungen gezeigt. Deshalb haben wir den Zoo mit gemischten Gefühlen verlassen.

Aber wir haben auch viele bekannte Dinge weitergegeben, von denen wir wussten, dass sie sehr nett sind. Zum Beispiel waren wir mehrmals bei der Fußmassage und im Anschluss daran Peking-Ente essen (siehe Blogeintrag vom 13.10.2008). Das hat uns jetzt auch auf die Idee gebracht, mal eine ausführliche Bastelanleitung für eine Peking-Ente in unseren Blog aufzunehmen. Vielleicht können wir so noch mehr Freunde animieren, uns hier in Shenzhen besuchen zu kommen :-)

Also...

Eigentlich isst man bei der originalen Peking-Ente nur die geröstete Haut des Tieres mit ein wenig des darunterliegenden Fleisches. Die in Deutschland in beinahe sämtlichen Chinarestaurants auf zweitägige Vorbestellung erhältliche Speise hat mit dem Original kaum mehr als den Namen gemeinsam. Also zurück zum Original. Die Zutaten sind, neben der gerösteten Haut mit ein wenig subcutanem Fett und Fleisch, dünne runde Weizenmehlfladen, in etwa 5cm lange Stücke geschnittene Lauchzwiebeln und eine kräftige, würzige dunkle Sauce, die dem Gericht einen charakteristischen Geschmack verleiht, der ein bisschen an Sojasauce erinnert. Das Gericht wird übrigens vorwiegend mit den Händen gegessen, die Stäbchen dienen hierbei nur dazu, die Zutaten der Reihe nach zu greifen und aufzuschichten.

Zuerst nimmt man sich einen der Weizenmehlfladen und legt ihn auf einer Hand aus, sodass sich in der Mitte eine leichte Kuhle bildet, in die man dann die weitere Zutaten einlegt. Dann greift man sich ein Stück der Entenhaut und taucht diese ein wenig in die dunkle Sauce ein. Das so gewürzte Stück legt man dann in die Mitte des Fladens. Danach legt man je nach gewünschtem Schärfegrad noch ein oder mehrere Stückchen Lauchzwiebeln darauf und faltet dann die überstehenden Teile des Fladens so zusammen, dass sich ein kleines Paket bildet (auf neudeutsch: ein "Wrap"). Und dann nichts wie ab damit in den Mund und schnell die nächste Ladung vorbereiten bevor die Mitesser alles abgeräumt haben!

Lulu demonstriert hier mal alle Schritte zum perfekten Peking-Entengenuss, inklusive des genussvollen Verzehrs:

Peking Ente

Wir möchten jedoch auch auf zwei Nachteile dieses Gerichts hinweisen:

  1. Man hat danach fettige Finger.
  2. Das Gericht hat ein hohes Suchtpotential. Gibt man diesem zu sehr nach, werden auch andere Körperteile als nur die Finger fett und - im Gegensatz zum ersten Punkt - bieten warmes Wasser und Seife dort keine Abhilfe mehr...

Punkt 2. wird noch weiter dadurch verschärft, dass im Restaurant unseres Vertrauens ganz in der Nähe unserer Wohnung hervorragende Peking-Enten zu einem für unsere Verhältnisse sagenhaft günstigen Preis zu haben sind. Wir zahlen dort umgerechnet 5 Euro für eine große Portion, an der wir beide gut satt werden.

Lulu auf Klassenfahrt

Letztes Wochenende ist Lulu mit ihrer Abteilung für zwei Tage nach Heyuan gefahren. Das ist eine Stadt ca. 200km nordöstlich von Shenzhen, in deren Nähe es u.a. einen ziemlich großen Stausee, den immergrünen See, gibt. Das Wasser des Sees wird als Trinkwasser bis nach Shenzhen und sogar Hong Kong über Pipelines geleitet, weshalb der See und die Umgebung besonders geschützt sind. Das hat zur Folge, dass dort die Luft nicht so verdreckt wie in den Städten ist und dass es dort auch landschaftlich sehr schön ist.

Samstag früh ging es von der Firma aus los und die Atmosphäre im Bus erschien Lulu und ihrem deutschen Kollegen wie auf einer Klassenfahrt einer unteren Jahrgangsstufe. Alle rutschten nervös auf ihren Sitzen umher, direkt wurden sämtliche Essensvoräte geöffnet und herumgereicht und es wurde aufgeregt über die bevorstehenden Ereignisse diskutiert (soweit man das aus den Gebärden oder den englischen Teilen heraushören konnte). Die Tour wurde durch eine chinesische Reiseagentur organisiert und es gab zwei chinesische Reiseleiter an Bord. Die fingen auch sogleich an, für Stimmung zu sorgen, in dem sie versuchten, die Teilnehmer zur Karaoke zu animieren. Das hat auch eine Stunde lang geklappt, bis dann die Aufregung der Teilnehmer ein wenig abnahm und man sich auf die Beschallung durch Musikvideos per Bordfernseher beschränkte.

Gegen 11:30 kamen wir in einer kleinen Stadt in der Nähe des Sees an und das eigentliche Program sah einen Besuch des Sees vor, bevor es zum Mittagessen gehen sollte. Das kam bei den Kollegen aber gar nicht gut an, da die meisten trotz Verpflegung im Bus schon so viel Hunger hatten, dass sie direkt zum Mittagessen wollte. Also ging es erst mal zu einem Restaurant, in dem Lulu nach der zweieinhalbstündigen Busfahrt - wie einige andere auch - auf die Toilette ging. Als sie danach an den Tisch kam, hatten die Kollegen schon angefangen zu essen. In einer affenartigen Geschwindigkeit wurde das Essen vertilgt, so dass man nach einer halben Stunde wieder im Bus Richtung See saß. Dort angekommen, gab es dann eine Bootsfahrt, die ca. eine dreiviertel Stunde dauerte. immergrüner SeeLeider war der Himmel ziemlich grau und es nieselte, aber die Luft war herrlich. Außerdem war der Wasserstand um die 10 Meter niedriger als nach der Regenzeit, so dass sich zwischen dem türkisgrünen Wasser und den tiefgrün bewaldeten Hügeln eine größere Sandfläche befand, die den grünen Eindruck ein wenig störte. Nach einigen Monaten in der Großstadt hat Lulu trotzdem die Natur sehr genossen. Aber davon gabe es in den nächsten eineinhalb Tagen noch mehr.

während der FahrtVom See aus ist man dann noch ein ganz schönes Stück gefahren, bis man zur Höhle des gelben Drachens kam. Die Fahrt ging durch eine ländliche Gegend, so dass Lulu auch endlich einmal Reisfelder zu Gesicht bekam. In den Feldern haben vereinzelt Bauern mit den typischen großen geflochtenen Hüten gearbeitet und es stand immer mal wieder eine Kuh herum. Einige Bauernhäuser waren noch im alten Stil: ein eingeschossiges Backsteinhaus mit diesen kleinen chinesischen Dachschindeln gedeckt. Aber viele neue Häuser gab es auch schon, die leider nicht so schön sind. Es sind meist zweigeschossige Flachdachblöcke, die außen - vermutlich wegen der hohen Luftfeuchtigkeit - verkachelt sind. Da haben Lulu die alten Baurnhäuser besser gefallen.

HöhleUm in die Höhle hineinzukommen, mussten wir erst ein Stück bergauflaufen. In der Höhle selber ging es dann nämlich über eine Treppe wieder steil bergab. Früher haben die Chinesen die Höhle für einen Drachenschlund gehalten, wodurch sie ihren Namen bekommen hat. Innerhalb hatten man inzwischen nicht nur Treppen, sondern auch viele bunte Lichter installiert, die interessante Lichtspiele auf den Felsen produzierten. Wie auch schon am See war die Höhle gar nicht so überlaufen wie Lulu befürchtet hatte. Anscheinend war noch nicht Hauptreisesaison und man klärte uns auch auf, dass es inzwischen andere Gebiete in der Provinz Guangdong gab, die zum Reisen bevorzugt wurden.

Außerhalb der Höhle ging es dann noch durch ein kleines Wäldchen bergab, in dem Lulu zum ersten Mal einen chinesischen Pfefferbaum sah. Das ist ein Pfeffer, der angeblich eine Schärfe hat, die ein betäubendes Kribbeln zur Folge hat. Das kann Lulu aber nicht beurteilen, weil sie sich noch nicht getraut hat, den Pfeffer zu probieren :-) Nach dem kurzen Spaziergang gabe es noch eine Tanzvorstellung von einem einheimischen Volksstamm, die aber nicht besonders überzeugend war. Danach hat uns der Bus dann nach Heyuan gebracht, wo es erst mal wieder etwas zu Essen gab, bevor wir im Hotel eingecheckt haben.

Den Abend hat Lulu mit ihrem deutschen Chef und ein paar chinesischen Kollegen verbracht. Erst haben wir uns die höchste Fontäne Asiens angeschaut, dir mit ungefähr 170m schon recht beeindruckend war. Danach mussten wir natürlich erst mal wieder etwas essen und ein Bierchen trinken, bevor wir noch eine Runde Billard spielen waren. Am nächsten Morgen haben wir dann herum gefragt, was die anderen so gemacht haben, was uns wieder stark an eine Klassenfahrt erinnert hat. Und zwar hat eine Gruppe eine Zimmerparty gemacht und Spiel gespielt, bei dem die Leute Dinge machen musste wie an einer fremden Tür klopfen und dem Türöffnenden sagen, dass man in furchtbar liebt. Oder zwei Leute mussten händchenhaltend an eine andere Tür klopfen und erählen, dass sie schon viele Jahre zusammen sind. Im Gegensatz zu deutschen Klassenfahrten, sind die Kollegen allerdings schon gegen 23:00 Uhr ins Bett gegangen und anscheinend ist auch kein Alkohol im Spiel gewesen.

chinesische ReiseleitungDer nächste Tag stand ganz im Zeichen kleiner Bäche in Tälern, an denen man entlangwandern konnte. Das war ein sehr angenehmes Naturerlebnis und es hat allen Spaß gemacht, da es nicht nur schön angelegte Wanderwege gab, Bachsondern auch eine Art Niedrigseilparcours, bei dem man über schwankende Brücken, Drahtseile, Ketten u.ä. balancieren konnte, die bis zu einem Meter über dem Boden und auch über dem Bach angebracht waren. Vormittags sind wir am ersten Bach entlang gewandert und am Nachmittag dann an einem zweiten. Das hat die meisten dann doch so weit gefordert, dass die zweieinhalbstündige Rückfahrt nach Shenzhen äußerst ruhig verlief. Sogar die Musikvideos hatte man für chinesische Verhältnisse ungewöhnlich leise gedreht :-)

Alles in allem hat Lulu den Ausflug sehr genossen, da er nicht nur eine nette Abwechslung zur Großstadt, sondern auch viele neue chinesische Eindrücke brachte.

Fotos findet Ihr hier.

Ludwigs erste Klassenfahrt

Nachdem Lulu bereits bei zwei Ausflügen ihrer Abteilung dabei war, ist nun auch Ludwig in den Genuss eines chinesischen Abteilungsausflugs gekommen. Netterweise durfte auch Lulu mitfahren und konnte Vergleiche zwischen dem Verhalten der verschiedenen Abteilungen anstellen.

Treffpunkt war an einem Samstagmorgen um 7:50 Uhr an der Firma. Da zu spät Kommenden eine Strafe von umgerechnet 5,- Euro angedroht war, waren auch alle überpünktlich am vereinbarten Treffpunkt. Natürlich liefen im Bus wieder die üblichen chinesischen Schnulzpopsongs mit Musikvideo inklusive Liedtexten zum Mitsingen und es gab auch dieses Mal einen Reiseleiter, der alle Teilnehmer zu Karaoke aufforderte. Neben Gesangsdarbietungen durften die Leute auch lustige Geschichten oder Witze erzählen, um die anderen zu unterhalten. Auch Ludwig sollte etwas erzählen, musste aber passen, da ihm so spontan kein angemessener (nicht zu schlüpfriger...) Witz einfiel und Lulu ihm auch nicht weiterhelfen konnte. Im Zeitalter von Emails wird zwar viel Lustiges verschickt, aber davon bleibt selten etwas so detailliert hängen, dass man es nacherzählen kann, ohne die Pointe zu vermasseln. Das scheinen die Chinesen besser drauf zu haben. Wir haben zwar kaum etwas verstanden, aber es wurde viel gelacht und die Stimmung war vom Start weg gut.

FischenEs ging raus aus der dichtbesiedelten Stadt Richtung Osten in ein bewaldetes, hügeliges Gebiet, welches auch zur Stadt gehört, aber noch nicht von Shoppingmalls und Bürotürmen vollgepflastert wurde. Dort an der Küste stand als erstes das Absichern des Mittagessens auf dem Programm. Dazu fuhren wir in mehreren Gruppen auf kleinen Fischerbooten mit, um auf traditionelle Weise Fische zu fangen. Dabei wurde ein langes und nicht besonders breites Netz ausgeworfen und danach vom Boot umkreist. Beim Umkreisen wurde mit Hilfe von Holzscheiten und -stangen kontinuierlich Krach gemacht, um die Fische aufzuschrecken und ins Netz zu treiben. Unsere Beute durften wir dann in Plastiktüten verpackt im Bus mitnehmen, um sie in einem Restaurant frittieren zu lassen und neben anderen mehr oder weniger leckeren Sachen zu verspeisen. Es gab natürlich wieder reichlich zu Essen, sodass wir die Fische gar nicht komplett vertilgen konnten. So wanderten sie im frittierten Zustand wieder in Plastiktüten zurück in den Bus, um später als Nachmittagssnack herzuhalten. Das Essen selber ging wie üblich sehr zügig über die Bühne und man musste aufpassen, beim anschließenden Toilettengang nicht zurückgelassen zu werden.

StrandDer Höhepunkt des Ausflugs fand nach dem Mittagessen statt. Dafür wurden wir noch etwas weiter östlich an einen sehr schönen Strand gefahren, an dem im Schatten unter Bäumen bei einer angenehmen Brise Urlaubsgefühl aufkam. Viel Zeit zum Entspannen blieb aber erst mal nicht, da wir in zwei Gruppen aufgeteilt wurden, um an einer Art Paint-Ball-Spiel teilzunehmen. Allerdings haben wir nicht mit Farbpatronen, sondern mit Lasergewehren aufeinander geschossen. Das Ziel war, Photosensoren zu treffen, die an Westen und Helmen der Gegner befestigt waren. Wer dreimal getroffen wurde, konnte nicht mehr schießen und schied aus. Vor jeder der vier Partien in drei unterschiedlichen Geländen (Wald, freies Geländer und Bäume, zwischen denen schwarze Planen als Wände gespannt waren) hat der Anführer des Teams eine Ansprache gehalten und die Taktik ausgegeben. Das ist zumindest unsere Vermutung. Da alles auf Chinesisch erfolgte und die Kollegen viel zu aufgeregt und beschäftigt für ausführliche, strukturierte Übersetzungen waren, haben wir davon nicht viel mitbekommen. Irgendwann sind halt einfach alle losgestürmt und ballerten los was der Plastik-Laserschießprügel hergab. Ohne die Taktik zu wissen, war es auch nicht möglich, eine solche aus dem Verhalten der anderen Kollegen zu erschließen. Es sei denn, die Taktik war, unkoordiniert auf die anderen anzurennen. Aber gerade dieses typisch chinesische Chaos hat das Ganze auch sehr amüsant gemacht :-)

Paint-Ball-Spiel

Am Ende versammelten sich alle zufrieden, durstig, nassgeschwitzt und erschöpft. Man schälte sich aus den tarnfarbenen T-Shirts und Hosen und zog geschlossen ein Stück am Strand weiter, um dort zwei Stunden Strandleben zu genießen. Einige haben Fußball oder Volleyball gespielt - auch Ludwig hatte nach 15 Monaten Abstinenz wieder erste Ballkontakte -, andere spielten Karten, waren schwimmen oder haben einfach nur das überraschend gute Wetter genossen. Nachdem für diesen Tag schlechtes Wetter mit heftigen Niederschlägen angekündigt worden war und man sich erst morgens früh entschlossen hatte, den Ausflug nicht zu verschieben, wurden wir fast den ganzen Tag mit Sonnenschein und strahlend blauem Himmel belohnt. BBQErst zum Abend hin zog es sich etwas zu und wir bekamen ein paar vereinzelte Regentropfen ab, die uns aber nicht störten. Im Gegenteil, beim abendlichen Grillen am Strand hatten wir einen wunderbaren Ausblick auf Blitze eines Gewitter am Horizont. Das Grillen erfolgte für chinesische Verhältnisse ganz ungewöhnlich entspannt. Alle saßen für mehr als drei Stunden um die Grillfeuer herum, hielten ihre Fleisch- oder Gemüsespieße übers Feuer oder genossen einfach nur den Ausblick aufs Meer. Nur die geringe Biermenge war für uns Deutsche etwas ungewohnt. Aber auch dieses Problem konnte dank eines lokalen Verkäufers überwunden werden :-). Alles in allem ein wunderbarer Ausklang eines ereignisreichen und dennoch sehr erholsamen Tages.

 

Litschizeit

Es ist Litschizeit in Shenzhen und an jeder Straßenecke werden die leckeren Früchte in rauhen Mengen zum Verkauf angeboten. Da mussten wir natürlich auch zuschlagen. Je nach der gekauften Menge, bekommt man die Litschis in einer Plastiktüte oder auch in einem schicken Pappkarton. Von dieser Menge kann man allerdings schon eine ganze Siemensabteilung verköstigen oder man benötigt einige Tage privaten Verzehrs bis man den Boden des Pappkartons erblickt. Das ist allerdings kein Problem, da Obst bekanntlich gesund ist und insbesondere Litschis äußerst lecker sind. Außerdem liegen den Litschis noch viele Blätter und Äste bei, die die Gesamtmenge (leider) ein wenig schmälern. Und man braucht einen genügend großen Kühlschrank, um den Karton unterzubekommen :-)

Litschizeit

Litschi (荔枝 lìzhī) ist nicht gleich Litschi. Die Früchte, die im asiatischen Raum ihren Ursprung hatten, inzwischen aber auch in anderen wärmeren Gegenden der Erde kultiviert werden, gibt es in verschiedenen Sorten. So etwas bekommt man in Deutschland gar nicht mit, da dort, wenn überhaupt, immer nur eine Sorte Litschis angeboten wird. Wenn man eine der teureren Sorten hier in Shenzhen kauft, wird man mit viel Fruchtfleisch um einen sehr kleinen und schrumpeligen Kern verwöhnt. Die Früchte sind viel größer als die in Deutschland zum Verkauf angebotenen. Sie sind sehr saftig und geschmackvoll und auch nicht so süß. Da hat man zu zweit schon mal schnell einen gehäuften Teller verputzt :-)

Litschizeit

Im Schnee in den Subtropen

Lulu im subtropischen SchneeAm Samstag vor einer Woche waren wir mit Lulus Team und einem zweiten Team aus ihrer Abteilung bei einem Team Building Event. So etwas machen die Chinesen eigentlich sehr gerne. Trotzdem waren an dem Tag nur die Hälfte der Teammitglieder gekommen. Vielleicht lag es daran, dass das Ziel des Ausflugs den Chinesen nicht geheuer war. Wir haben nämlich einen Nachmittag bei Schnee und Eis im 30 Grad warmen und schwülen Shenzhen verbracht.

Marc im subtropischen SchneeAn den Themenpark Window of the World (siehe Fotos vom 21.03.2009) ist eine Ski- und Eislaufhalle angegliedert, in der man für ca. 9€ den ganzen Tag verbringen kann. Dort bekommt man dann warme Jacken und Gummistiefel gestellt und kann in der Skihalle am Rand der ca. 100m langen Piste auf Reifen rodeln gehen. Ludwig war seine Jacke natürlich zu klein und die immerhin in Größe 45 vorhandenen Gummistiefel waren kaputt, aber zum Rutschen auf Reifen hat das Material getaugt. Vor der Skihalle gibt es eine kleinere Halle, in der Eisskulpturen, -mauern und -türme stehen, die von innen mit bunten Neonröhren beleuchtet sind. Dort sind auch noch zwei kleinere Eisrutschen. Das alles befindet sich in einer Art großem Kühlschrank, in den man durch zwei dicke Kühltüren gelangt. Die Chinesen um uns herum, die zum Teil mit kurzen Hosen da waren, haben ganz schön gefroren. Wir fanden es sehr angenehm, nachdem wir vorher noch einen kurzen Spaziergang durch das angrenzende Gebiet der OCT (Overseas Chinese Town) gemacht hatten und danach mal wieder schweißgebadet waren.

EisturmNach dem Vergnügen im Schnee, konnte man dann Jacke und Gummistiefel gegen Schlittschuhe eintauschen und in der angenehm temperierten Eislaufhalle Schlittschuhfahren gehen. Durch ein großes Fenster konnte man die Palmen vor der Halle sehen, die einen interessanten Kontrast zu den verschneiten Tannen der Wandbemalung ergaben. Die Leihschlittschuhe war natürlich wie vieles in China in einem nicht besonders gepflegtem Zustand und das Eis war ein bisschen weich, aber bei Lulu hat es trotzdem recht gut geklappt, nachdem sie sich wieder an die Kufen unter den Füßen gewohnt hatte. Ludwig hatte dann doch zu viel Respekt vor den Eiskunstlaufschuhen mit den Stoppern vorne an der Kufe. Aus seiner Jugend an Eishockeyschuhe gewöhnt hat er befürchtet, mit den Stoppern hängen zu bleiben und das Eis zu küssen. Vielleicht bringen wir bei unserem nächsten Heimaturlaub unsere Schlittschuhe in die Subtropen mit ;-)

Die Tatsache, dass die meisten Chinesen in Shenzhen nicht so oft Kontakt mit Eis haben, hatte zur Folge, dass die meisten der Eisläufer in greifbarer Nähe der Bande blieben, so dass es in der Mitte der Eislauffläche trotz der üblichen Menschenmasse angenehm leer war. Am späten Nachmittag gab es dann eine Vorführung der ortsansässigen Eiskunstlauftalente gefolgt von dem Höhepunkt des Tages, einer Vorführung der ersten chinesischen Weltmeister Shēn Xǔe (申雪) und Zhào Hóngbó (赵宏博), die zufälligerweise gerade an jenem Wochenende stattfand. So eine perfekte Vorführung aus der Nähe zu erleben war schon sehr beeindruckend. Danach haben Ludwig und Lulu den Abend bei einem Weizen in Sea World ausklingen lassen. Fotos des Tages gibt es hier.

Eishalle

Ein Tag am Meer

Nach dem ungewöhnlich eisigen Erlebnis vor zwei Wochen haben wir den gestrigen Samstag den lokalen Klimabedingungen entsprechend verbracht. Wir haben uns nämlich einem kanadischen Kollegen angeschlossen, der in unserer Firma Englischunterricht gibt und der mit ein paar Freunden zusammen einen kleinen Bus gemietet hatte, um nach Xichong an den Strand zu fahren. Ein chinesischer Kollege und ein weiterer deutscher Kollege waren auch mit von der Partie. Zusammen waren wir eine sehr lustige, internationale Gruppe von 10 Leuten. Neben dem Kanadier, dem Chinesen und uns Deutschen gab es noch eine Japanerin, eine Spanierin, eine Amerikanerin, einen Iren und einen Engländer mit ausgeprägtem britischen Humor :-). Und nicht zu vergessen, einen aufgedrehten kleinen Chihuahua.

Wir mussten ziemlich früh raus, um den Rest der Reisegruppe morgens in Futian zu treffen, einem Bezirk von Shenzhen der näher an der Innenstadt liegt als Shekou. Den Auftakt bildete ein Frühstück bei Starbucks. Danach ging es dann mit dem gemieteten Bus in den äußersten östlichen Zipfel von Shenzhen auf die Halbinsel Dapeng. Von Xichong aus war Lulu bereits letztes Jahr im Dezember mit ihrer Abteilung zu einer Wanderung nach Dongchong aufgebrochen (siehe Fotos vom 06.12.2008). Allerdings war der Strand zum damaligen Zeitpunkt nicht bevölkert. Aber auch gestern war der Strand an der Stelle, anLulu und Ludwig mit Getränk der wir waren, angenehm leer. Dadurch, dass wir so früh aufgebrochen waren, waren wir früh genug dort, um drei Sonnenschirme zu ergattern. Aber auch später sind einem die anderen Strandgäste nicht unangenehm nah gekommen. Den exzellenten chinesischen Sprachkenntnissen unseres britischen Mitreisenden war es zu verdanken, dass wir die Miete der drei Schirme von den zunächst geforderten 150,- RMB auf 80,- RMB herunter verhandeln konnten. Wir versprachen den Vermietern, ihnen zur Kompensation ausreichend Bier abzukaufen und hielten uns im Lauf des Tages auch brav an unsere Abmachung...

Mittags war es zwar auch im Schatten sehr heiß - der Tag war mit 34 Grad der bislang wärmste Tag des Jahres 2009 -, aber man konnte sich ausgiebig im angenehm warmen Meer abkühlen. Das Wasser war circa 28 Grad warm, sodass man auch bei einem langen Aufenthalt im Meer nicht auskühlte. Unser kanadischer Kollege hatte uns motiviert, Alle am StrandBodysurfing auszuprobieren. Dabei versucht man auf einem etwa 1m kurzen schwimmenden Brett, auf welchem man mit dem Oberkörper liegt, auf den Wellen mitzureiten. Das hat uns allen enorm Spaß gemacht. Die Freude wurde auch dadurch nicht im Geringsten beeinträchtigt, dass Ludwig in einer großen Welle seine Schwimmbrille verloren hat und Lulu einer ihrer Flossen hinterherschwimmen musste. Am Nachmittag zogen dann immer mehr Wolken auf, was eigentlich gar nicht so unangenehm war, da man der Sonne nicht mehr so direkt ausgesetzt war. Aber natürlich gab es noch mehr als genügend UV Strahlung, sodass wir uns einen Sonnenbrand zugezogen haben - Lulu kam etwas glimpflicher davon als Ludwig. Bei den ersten Regentropfen waren wir noch im Wasser, sind dann aber doch herausgegangen, um unsere Sachen unter der Überdachung eines nahen Restaurants in Sicherheit zu bringen.

Lulu und Hendrik Surfing

Der Ausdruck "Restaurant" ist für eine Betonbaracke mit angrenzender Betonterrasse, die von einem verrosteten Wellblechdach überspannt wurde, vielleicht ein wenig übertrieben, aber das Essen, welches wir mittags dort gegessen hatten (Scampi, grüne Bohnen mit Tintenfisch, Gemüse, gebratene Nudeln und Schweinefleisch mit grünen Zwiebeln), war sehr lecker, reichlich und äußerst preiswert. Auf dieser Terrasse haben wir dann auch den restlichen Nachmittag verbracht und einige heftige Regenschauer erlebt - die ersten Ankündigungen eines Taifuns, der uns in der folgenden Nacht überqueren sollte. Zwischendrin sind dennoch immer mal wieder ein paar von uns zum Bodysurfen ins Wasser gegangen. Meer und Regen waren ja nach wie vor schön warm und die Wellen während der Böen noch besser als vorher. Leider wurde der Nachmittag auf der Betonterrasse dann doch noch ein wenig länger als geplant, da uns unser gemieteter Fahrer nicht zum vereinbarten Zeitpunkt abgeholt hat. Die mehrfachen Nachfragen unsererseits per Handy wurden typisch chinesisch immer wieder damit beantwortet, dass er bald bei uns wäre und er nur aufgrund eines Staus noch nicht da wäre. Wir vermuten hingegen, dass sich der Fahrer an dem Tag noch einen weiteren Auftrag gesichert und diesen noch nicht beendet hatte. Auf dem Nachhauseweg haben wir zumindest vom vermeintlich so dichten Straßenverkehr nicht viel gesehen.

Zurück in Futian sind wir dann mit den anderen zum Abschluss noch eine Pizza essen gegangen, bevor wir mit dem Taxi nach Shekou zurückgefahren sind. Alles in allem haben wir einen wunderbaren Urlaubstag weit weg von der Großstadt mit vielen netten Leuten verbracht und wir freuen uns darauf, weitere solcher Strandurlaubstage einzulegen.

In der Nacht hat dann Lulu ihren ersten Taifun in China verschlafen. Sie hat nur kurz bemerkt, dass der Sturm ganz schön heftig an den Schlafzimmerfenstern gerüttelt hat, hat dann aber recht schnell wieder weiter vom Tag am Meer geträumt...

Zugbahn Taifun MolaveRadarbild Taifun Molave

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wir lagen zwar ziemlich genau in der Zugbahn des Sturmes, wie auf den beiden obigen Bildern des Hong Kong Observatory schön zu sehen ist, aber zugegebenermaßen war dieser Taifun auch ein recht kleinwüchsiges Exemplar und wir haben am nächsten Morgen nur wenige Schäden gesehen: Bei einem Nachbarn hängen statt der zwei Lampions nur noch einer und ein paar rote Fetzen auf dem Balkon und der Sturm hat ein paar kräftigere Äste heruntergerissen.

Beijing - Ein verlängertes Wochenende in der Hauptstadt

Vergangene Woche hatte Ludwig mal wieder zwei Tage dienstlich in Beijing zu tun. Das Ende des Dienstgeschäfts fiel auf den Freitagabend und wir ließen uns die Gelegenheit nicht entgehen, daran ein privates Urlaubswochenende in der Hauptstadt Chinas anzuschließen. Das Wetter ist im Sommer in Beijing ziemlich heiß mit gelegentlich heftigen Gewittern, die sich in den umliegenden Bergen bilden. Ludwig hatte Gelegenheit, gleich mehrere solcher eindrucksvoller Naturschauspiele zu bewundern. Das erste Gewitter verzögerte die Landung in Beijing um eine halbe Stunde. Das zweite erlebte er dann am Donnerstagnachmittag in einem Besprechungszimmer im 14. Stock eines Bürohochhauses. Dieses Gewitter gehörte zu den eindrucksvollsten, die er bis dorthin gesehen hatte. Der Himmel verdunkelte sich im wahrsten Sinne des Wortes wie in der Nacht. Eine pechschwarze Wand zog am Horizont auf und bald danach war das Hochhaus mitten im Regen- und Hagelsturm. Dabei war es so dunkel, dass man meinen konnte, die partielle Sonnenfinsternis vom Vortag kam als totale Sonnenfinsternis nochmal zurück. Nach einer halben Stunde war der Spuk jedoch vorbei und alle konnten sich wieder auf die Besprechung konzentrieren.

Am Freitagabend wollte Lulu auch nach Beijing kommen. Sie hatte einen Flug gebucht, der planmäßig um 16:00 Uhr aus Shenzhen starten und dann um 19:10 Uhr in Beijing landen sollte. Allerdings brauchte sie an diesem Nachmittag sehr viel Geduld: Das Boarding wurde um mehrere Studen verzögert, da angeblich die Wetterbedingungen in Beijing einen planmäßigen Start nicht erlaubten. Nach mehreren Stunden servierte man ihr sogar die Bordverpflegung ausserhalb der Maschine, während sie noch am Gate wartete. So musste sie 5-1/2 Stunden ausharren, bevor es endlich los ging. Um 0:30 Uhr war sie dann schließlich in Beijing gelandet und um viertel nach eins auch endlich im gemeinsamen Hotel mit Ludwig. Das Wetter in Beijing war an diesem Tag übrigens in keinster Weise bemerkenswert und es hatte am Nachmittag lediglich ein paar Tropfen geregnet. Eine Kollegin von Ludwig aus Shanghai hatte eine ähnliche Planung für ein gemeinsames Wochenende, aber noch weniger Glück als wir beide. Der Flug ihres Mannes aus Shanghai wurde an jenem Abend nach einigen Stunden Wartens in der Maschine schließlich ganz gestrichen und er konnte erst am Samstagmorgen fliegen. Also hatten wir direkt ein bisschen Glück gehabt.

Tian'anmen PlatzAm Samstagmorgen entschädigte uns Beijing mit strahlend blauem Himmel und wir brachen voller Tatendrang in die touristische Erkundung der Stadt auf. Wir hatten uns ein Hotel ganz in der Nähe des Tian'anmen Platzes ausgesucht, sodass die Lage als Ausgangsbasis für unsere Unternehmungen gut geeignet war. Es ging also los zum gigantischen Tian'anmen Platz. Bevor man diesen betreten konnte, musste man sein Gepäck wie am Flughafen durchleuchten lassen und es waren viele Polizisten zu sehen. Anscheinend hat man hier nach wie vor Angst, dass sich unliebsame Personen zu Versammlungen zusammenrotten, die dann blutig niedergeschlagen werden, so wie beim Massaker auf diesem Platz vor 20 Jahren. Jetzt war aber alles unpolitisch und wir kämpften uns durch endlose Mengen chinesischer Touristen, welche ihre Sonnenschirme ziemlich unkontrolliert und bevorzugt auf unserer Augenhöhe schwenkten. Wir wollten eigentlich auch mal dem Mausoleum des Großen Vorsitzenden Mao Zedong einen Besuch abstatten. Leider war jedoch die Mitnahme von Kameras dorthin verboten und Ludwigs Optik lässt sich nicht so leicht verbergen. Also ruht der Große Vorsitzende weiter, ohne dass wir ihm mal Hallo gesagt hätten. Dafür sprach uns dank unseres eindeutig nichtchinesischen Äusserens bald eine junge Dame an, welche vorgab, Englisch zu studieren und uns eine kostenlose Führung geben wollte, um ihre Sprachkenntnisse aufzubessern. Wir waren aber vor diesem Trick bereits gewarnt worden: Die Führung endet nach nicht allzu langer Zeit mit dem Angebot, zusammen noch einen Tee trinken zu gehen. Beim Bezahlen des Tees erfährt man dann von den horrenden Preisen in der zufällig gewählten Lokalität und so ein Tee kann umgerechnet schnell mal über 30 Euro kosten. Also ließen wir die junge Dame ihre Sprachkenntnisse lieber an anderen Ausländern aufbessern.

In der Verbotenen StadtWir entflohen dem Trubel auf dem Tian'anmen, indem wir zunächst mal in den Zhongshan Park gingen, der direkt an die Verbotene Stadt angrenzt. Dort war es für einen Samstagvormittag in der Hauptsaison angenehm ruhig und nicht so überlaufen wie auf dem Tian'anmen. Aber das konnte natürlich nicht die Hauptattraktion des Samstags bleiben und so machten wir uns auf ins Gedränge in der Verbotenen Stadt, dem Kaiserpalast im Stadtzentrum von Beijing. Hier war es dann mit der Ruhe vorbei und wir schoben uns mit Abertausenden vorwiegend chinesischen Touristen durch die in der Tat beeindruckenden Anlagen. Die Ausmaße dieser Anlage sind so gewaltig, dass wir nur einen Teil besichtigt haben. Die Hitze und die Menschenmassen waren doch ziemlich ermüdend. Dennoch haben wir einen guten Eindruck bekommen und konnten auch viele bekannte Perspektiven selbst in Augenschein nehmen. Wir verließen die Verbotene Stadt im Norden und sind in den nahe gelegenen Beihai Park weiter gegangen. Dieser beinhaltet einen künstlich angelegten Hügel und See und erlaubt tolle Ausblicke über die zentral gelegenen Sehenswürdigkeiten Beijings. Allerdings hatte uns die kurze Nacht, die Hitze und die Horden an Touristen dann doch so zugesetzt, dass wir zurück ins Hotel sind und uns dort noch eine Stunde ausruhen mussten, bevor an das Abendprogramm zu denken war.

Abends sind wir mit Ludwigs Kollegin aus Shanghai und ihrem Mann stadttypisch zum Peking-Enten Essen gegangen. Wir hatten uns das Da Dong ausgesucht, welches wohl eines der renommiertesten Restaurants der Stadt für dieses Gericht ist, und so mussten wir über eine halbe Stunde warten, bis wir einen Tisch bekamen. Dafür konnten wir die Wartezeit mit kostenlos angebotenem Wein oder anderen Getränken angenehm überbrücken und die Ente war dann in der Tat auch hervorragend. Danach haben wir uns in einer Bar noch mit einer Freundin getroffen, die wir aus unserer Hamburger Zeit kannten, und die inzwischen seit 5 Jahren in Peking lebt. Auf der Terrasse dieser Bar ging ein langer Tag mit zwei Bierchen in angenehmer Runde zuende.

HimmelstempelAm Sonntag stand dann als erste Station der Himmelstempel auf unserem Programm. Dieser ist in einem großen Park etwas südwestlich vom Stadtzentrum gelegen. Der Park ist augenscheinlich auch ein beliebter Treffpunkt der Einheimischen. Etwas abseits der Haupttouristenpfade konnten wir dann Pekingern beim Singen, Spielen oder beim Heiratsmarkt zusehen. Dabei versuchen besorgte Eltern, für ihre unverheirateten Kinder einen Ehepartner zu finden, wenn sie der Meinung sind, dass es für die Kinder nun an der Zeit sei, den Bund der Ehe zu schließen. Die Steckbriefe bestehen auf dem Heiratsmarkt aus Pappschildern, auf denen das Alter, die Größe und noch einige weitere "Kennzahlen" der Heirats(un)willigen notiert sind. Uns erschloss sich aber nicht, für wieviele glückliche Ehen an diesem Sonntag der Grundstein gelegt wurde...

Lulu an der EchomauerIn der Anlage des Himmelstempels gibt es unter anderem auch die Echomauer. Das ist ein kreisrunder offener Bau von ca. 40 Meter Durchmesser. Angeblich kann man nahe an der glatten Mauer Worte verstehen, die auf der gegenüberliegenden Seite geflüstert werden. Bei unserem Besuch war aber an solche Experimente überhaupt nicht zu denken: Die ubiquotären Touristenhorden haben das Konzept des Flüsterns vollkommen missverstanden. Insbesondere die unter 25-Jährigen profilierten sich durch Brüllorgien, die man ohne jedes weitere Hilfsmittel sicherlich bis ans andere Ende des Parks hören konnte. Menschen in großer Anzahl verhalten sich schlicht und ergreifend dumm. Trotz der Brülltrottel gefielen uns aber die anderen Bauwerke und die Anlage des Himmelstempels sehr gut.

Nach dem Himmels- ging es weiter zum Lamatempel (Yong He Tempel), der am nördlichen Ende des Altstadtbezirks liegt und in dem ein - je nach Quelle - 17m oder 18m hoher Buddha zu sehen ist. Egal wie hoch er wirklich ist, die Figur ist sehr beeindruckend. Vor dem Besuch des Tempels hatten wir uns mit unserer Bekannten und zwei ihrer Freunde zum Mittagessen in einem kleinen Restaurant getroffen. Sie eröffnet gerade zusammen mit einem Freund einen kleinen Laden, in dem sie single speed Räder und Jonglierzubehör vertreiben. Der Laden heisst natooke und ist sehr nett in einem Hutong Marc auf dem Hochradgelegen, einem der typischen traditionellen alten Wohn- und Geschäftsviertel Pekings. Nach dem Besuch des Lamatempels haben wir sie in ihrem Laden besucht und durften dort auch gleich mal ein Hochrad ausprobieren, welches die beiden selbst aus zwei Rahmen zusammengebaut hatten. Nach den ersten kleineren Eingewöhnungsschwierigkeiten konnten wir uns doch überraschend gut auf diesem Rad fortbewegen. Da der Sattel dieses Rades ungefähr auf 1,75m Höhe ist, hat man von dort oben einen tollen Überblick. Noch interessanter ist man jedoch für die Einheimischen, die einen in einer Mischung aus Be- und Verwunderung beäugen, wenn man als Langnase auf so einem verrückten Gefährt durch ihre Wohngegend kurvt. Nur das Anhalten ist nicht so ganz einfach mit diesem Rad, da man keinen Fuss auf den Boden setzen kann, sondern abspringen muss. Obwohl man uns dieses Rad großzügig angeboten hat, um damit zum Olympiagelände zu radeln, haben wir dieses Angebot doch ausgeschlagen. So sicher fühlten wir uns dann doch noch nicht... Aber die beiden haben nicht nur so ausgefallene, sondern auch ganz normale Räder herumstehen und so durften wir uns ein mindestens 20kg schweres original chinesisches Herrenrad der Marke "Fliegende Schwalbe" und ein etwas leichteres Rad ausleihen, um damit ca. 7km bis zum Olympiagelände zu radeln. Auf dem Weg dorthin sind wir auch viel durch die Hutongs geradelt und hatten dort ein völlig anderes und untouristisches Bild von Peking gewonnen, als an den weltberühmten Sehenswürdigkeiten, die wir bis dorthin gesehen hatten. Mit dem Fahrrad durch die Hutongs zu streifen, war ein einzigartiges Erlebnis, welches uns beiden sehr gut gefallen hat.

Am Olympiagelände waren wir dann wieder zurück in der Welt des Massentourismus. Leider hatte sich das Wetter ein wenig verschlechtert und auch das berühmte Nationalstadion mit dem Spitznamen "Vogelnest", in dem die Eröffnungs- und Schlussveranstaltung der Olympischen Spiele von 2008 stattgefunden hatte, war nicht mehr für Besucher geöffnet. So haben wir uns wieder durch Unmengen vorwiegend einheimischer Touristen geschoben und haben fliegende Verkäufer abgewimmelt, die allerhand billigste Medaillenkopien oder kleine kitschige Modelle der olympischen Bauwerke Nationalstadium Beijing mit Baustellean den Mann bringen wollten. Bei uns blieben sie allerdings erfolglos. Wir waren generell überrascht vom schlechten Zustand des Geländes nicht mal ein Jahr nach der Eröffnung der Sommerspiele 2008! So blätterte an mehreren Stellen des Vogelnestes bereits großflächig die Farbe von den toll geschwungenen Stahlkonstruktionen ab, die Tafeln an den Stadioneingängen waren zerschlissen und an manchen Stellen sah das Gelände wie eine Abbruchbaustelle aus. Wenn man diesen Zustand mit dem der Wettkampfstätten in München vergleicht, dann hat man nicht den Eindruck, als ob die Münchener Spiele bereits 37 Jahre zurückliegen! Es scheint mehr als nur ein Vorurteil zu sein, dass Qualität in China wenig gilt, nicht einmal bei solch essentiellen Projekten wie den Olympischen Spielen, für die in Beijing ja kein Superlativ zu groß zu sein schien. Schade, eigentlich.

Auf dem Rückweg zu unserem Hotel war es bereits dunkel geworden und unsere Leihräder hatten selbstverständlich - wie sämtliche andere Zweiräder, denen wir begegneten - keinerlei Beleuchtung. Wir haben uns aber rasch an die lokal praktizierten Verhaltensweisen als Radfahrer im Straßenverkehr angepasst. So hatten wir auch nicht die geringsten Probleme, als wir direkt vor einer Polizeistreife eine Kreuzung bei Rotlicht und auf der falschen Straßenseite überquerten. Dennoch fühlten wir uns nicht besonders unsicher auf den Rädern, da in Peking - anders als in Shenzhen - erstaunlich viele Menschen mit dem Rad fahren und es außerdem an vielen Straßen dedizierte Radwege gibt. Diese sind zwar öfters von Autos blockiert, aber es scheint kein größeres Problem zu sein, wenn man als Radfahrer dann mitten auf die Fahrbahn ausweicht. Die Autofahrer scheinen es gewöhnt zu sein und wenn man sich selbst eine gewisse "Flexibilität" in der Fahrweise angeeignet hat, kommt man auch kaum in brenzlige Situationen. Nur als Tian'anmen Tor bei Nachtwir die 10-spurige Straße, welche direkt nördlich am Tian'anmen vorbeiführt, querten (selbstverständlich bei Rotlicht), kam ein gewisser Nervenkitzel auf. Dafür wurden wir dort dann mit einem tollen Blick auf die am Wochenende abends hell angestrahlten Gebäude rund um den Platz entlohnt und wir sind sicher und wohlbehalten ins Hotel zurückgekehrt.

Am nächsten Tag stand dann das absolute Muss eines jeden Chinaurlaubers auf dem Programm: Ein Besuch an der chinesischen Mauer. Wir wurden von einem Kleinbus abgeholt und nachdem wir noch weitere Reisende aus verschiedenen Pekinger Hotels eingesammelt hatten, ging es aus der Stadt hinaus aufs Land. Die Gegend zählt zwar zu Peking, hat aber mit der Stadt nichts gemeinsam. Es ging durch landwirtschaftlich geprägte Gegenden in die ersten Ausläufer des Gebirges, über dessen Höhenzüge noch viele Abschnitte der chinesischen Mauer vorhanden sind. Wir fuhren zu einem sehr gut Chinesische Mauer bei Mutianyurestaurierten Bereich der Mauer bei Mutianyu. Auf dem Weg dorthin mussten wir noch einen Stopp bei einer Manufaktur für Emaillevasen und allerhand anderes Kunsthandwerk einlegen. Es ist beeindruckend zu sehen, wieviel Handarbeit in der Herstellung dieser Artefakte steckt. Dennoch hat uns auch der große Verkaufsraum nicht animiert, unseren Geschmack zu ändern und so wurden wir keine Kunden für diese Manufaktur. Als wir endlich an der Mauer angekommen waren, hatte sich das Wetter leider verschlechtert und in der Entfernung hörten wir Donnergrollen. Nichtsdestotrotz ging es mit einer Gondelbahn hoch auf den Bergrücken zum Einstieg in ein restauriertes Stück der chinesischen Mauer. Dem nicht ganz optimalen Wetter und dem Montag war aber zu verdanken, dass wir weite Streckenabschnitte der Mauer fast für uns alleine hatten - eine sehr angenehme Abwechslung zu den Besichtigungen des Vortages! Wir sind fast trockenen Fußes etwa einen Kilometer weit über die Mauer gelaufen und haben dabei nur einen Esel in einem der Wachtürme und ein paar Getränke- und Eisverkäufer getroffen, für die dieser Tag wohl keinen Rekordumsatz gebracht haben dürfte. Von der Mauer wieder hinunter ging es dann sehr unterhaltsam in einer Sommerrodelbahn. Typisch chinesisch war dabei, dass vor jeder Kurve ein Aufpasser saß, welcher einen ermahnte, nicht zu schnell zu fahren. Andererseits standen neben der Bahn in regelmäßigen Abständen Schilder, deren englischsprachige Aufschrift lautete: "No Parking". Zu langsam sollte man anscheinend auch nicht fahren...

Zurück in der Stadt haben wir uns dann am Abend wieder mit unserer Freundin mit dem Lulu, Ludwig & Ines vor natookeRadladen getroffen. Sie hat uns zunächst in ein weiteres sehr leckeres kleines muslimisches Restaurant ausgeführt, in dem es hervorragende Lammfleischspieße und -gerichte gab. Danach sind wir durch die sehr touristische und dicht bevölkerte Barstraße entlang des Houhai Sees geradelt, um kurz danach in einem Hutong in eine Straße abzubiegen, in der kaum noch Touristen zu finden waren. Dafür gab es aber jede Menge netter Bars und Cafes, sowie einige kleine Läden, welche sehr originell wirkten. Dort haben wir uns richtig wohlgefühlt und nachdem wir noch ein paar mal in kleinere Nebenstraßen abgebogen sind, sind wir schließlich an einer Bar gelandet, bei der man auf dem Dach der typischen einstöckigen Hutonghäuschen im Freien direkt unter alten Bäumen saß. Nach einer Runde Getränke sind wir dann mit unserer Freundin weiter zu einem Jongliertreffen geradelt. Insbesondere Ludwig als absolutes Jongliergreenhorn kam sich zunächst etwas deplatziert vor, aber wir merkten bald, dass erstens auch andere Anfänger mit dabei waren und zweitens der kommunikative Austausch untereinander mindestens so wichtig wie das Jonglieren waren. Immerhin hat es Ludwig geschafft, drei Bälle mindestens 6x in der Luft zu halten und Lulu hat ihre Technik weiter verfeinert auf dem Weg zur Jonglage mit vier Bällen.

Am Dienstag, unserem letzten Tag, sind wir in den Neuen Sommerpalast gefahren (颐和园, Yíhéyuán), der im Nordosten der Stadt liegt. Trotz des Werktages war auch dieser sehr stark touristisch bevölkert und das Wetter war erneut leicht trüb, sodass auch unser Genuss dieser Sehenswürdigkeit minimal getrübt war. Dennoch ist diese riesige Anlage, die aus dem künstlich angelegten Kunming See, einer gewaltigen Gartenanlage und vielen beeindruckenden Palastgebäuden besteht, eine echte Attraktion. Der Neue Sommerpalast wurde im Lauf der Geschichte zweimal von westlichen Mächten als Vergeltungsaktion zerstört und zweimal wieder aufgebaut. Der Besuch dort war also auch ein Muss. Nur die sogenannte "Suzhou Street" kann man getrost vergessen: Das ist ein Nachbau einer Kanalanlage, um die sich kleine Häuschen reihen, in denen touristischer Allerweltskitsch angeboten wird und in denen aufdringliche Werber versuchen, einen in eines der dortigen Lokale zu ziehen. Fazit des Sommerpalasts: Definitiv einen Besuch wert, eventuell ausserhalb der Hauptsaison, aber spart Euch die "Suzhou Street". Danach sind wir dann ein letztes Mal zum Laden unserer Freundin gefahren, wo wir unser Gepäck deponiert hatten, und dann ging es mit einer Stunde Verspätung mit Shenzhen Airlines wieder zurück nach Hause.

Alles in allem ein sehr interessantes Wochenende, an dem wir viele tolle und auch den meisten Touristen vorenthaltene Eindrücke sammeln konnten. Uns gefällt Peking!

Das andere Gesicht Chinas...

Offensichtlich gibt es ja die eine oder den anderen regelmäßige/n Leser/in unseres Blogs und wir freuen uns sehr über unsere treue Stammleserschaft! Vielleicht ist manchen von Euch aufgefallen, dass wir seit einem Monat keine neuen Fotos mehr von unseren Erlebnissen unter der Rubrik "Fotos" zur Verfügung stellen. Der Grund dafür liegt nicht darin, dass wir diese nicht mehr mit Euch teilen wollen, sondern, dass wir leider Opfer der chinesischen Internetzensur sind. Wir haben unsere Fotos auf picasaweb, einem kostenlosen Dienst von google, abgelegt. Bei einem Aufruf aus China sieht die Website von picasa nun so aus und wir können nicht mehr auf unsere eigenen Bilder zugreifen:

verkrüppelte picasa Webpage

Manchmal ist die Seite auch komplett geblockt und überhaupt nicht erreichbar, so wie beispielsweise die Website von youtube. Diese ist bereits seit mehreren Monaten aus China nicht mehr erreichbar. So sieht es aus, wenn wir auf diese Site zugreifen wollen:

keine Verbindung

Nach den offiziellen Verlautbarungen gibt es in China ja keine Zensur - aber jeder im Land weiss, dass diese Verbindungsprobleme keine technischen Probleme der Webseitenbetreiber sind... Diese Zensur und die offensichtlichen Lügen der Regierung hinterlassen natürlich schon einen ziemlich faden Geschmack bei uns, obwohl wir ja nur marginal betroffen sind. Wir können nicht auf unsere Urlaubsbilder zugreifen und keine youtube Videos anschauen - letzteres kann sogar ein Segen sein, denn man verschwendet weniger Zeit vor dem Rechner. Aber es gibt natürlich viele Leute im Lande, die durch die Repressionen wesentlich stärker beeinträchtigt sind. Für uns ist dieses Verhalten der Behörden des Landes vor allem lästig und ein klares Indiz für die Rücksichtslosigkeit und diktatorische Vorgehensweise bei der Durchsetzung eigener Interessen gegenüber der Bevölkerung. Einen interessanten englischsprachigen Artikel der Financial Times zu diesem Thema kann man hier lesen, einen deutschsprachigen Bericht über die Ausschaltung ungenehmer Bürger gibt es hier.

Wir vermuten, dass die momentan zunehmenden Repressionen auch mit den Vorbereitungen zu den 60-Jahresfeierlichkeiten der Volksrepublik China zusammenhängen, die Anfang Oktober begangen werden. Dass dabei die Individualrechte vieler Chinesen viel stärker beschnitten werden als unser eingeschränkter Internetzugriff, überrascht nicht. Zum Beispiel werden Studenten in Peking unter starken Druck gesetzt, anstelle ihrer Semesterferien zwangsweise an den Jubelfeiern zur 60-Jahresfeier teilzunehmen (siehe Artikel hier).

Wir werden in einer Woche nach Deutschland fliegen und dort ein paar freie Tage verbringen. Wir werden die dortige Freiheit auch dazu nutzen, um unsere Webalben zu aktualisieren. Und wir werden die Freiheiten in Deutschland viel bewusster und dankbarer wahrnehmen. Auch wenn wir von den Einschränkungen hier nur minimal persönlich beeinträchtigt sind, so ist es doch sehr lehrreich, mal in einem Land zu leben, in dem die bei uns (zumindest im Westen) seit dem Ende des 2. Weltkrieges selbstverständlichen Freiheiten nicht garantiert sind. Seid Euch des Privilegs bewusst, in einem so freien Land wie Deutschland leben zu können!

P.S.: Wir hoffen, dass uns nach diesem nachdenklichen Artikel über unser Gastland nicht der Zugang zu unserer eigenen Website gesperrt wird! Sollte dies hier also der letzte Eintrag des Blogs werden, dann offenbaren die Behörden ein weiteres Mal ihre an Paranoia grenzende Nervosität - unsere Website wird sicherlich nicht von Chinesen gelesen, die nicht ohnehin sehr gute Verbindungen zum Ausland haben und wissen, welche Unterschiede es zwischen dort und ihrer Heimat gibt. Auf dass wir uns bald wieder per Blog melden können!

Chinesisches Wochenende

Wie Ihr seht, wurde unsere Website noch nicht zensiert :-) und wir können Euch von unserem letzten Wochenendausflug nach Jiēyáng berichten. Jieyang liegt 350km östlich von Shenzhen und ungefähr 50km von der dortigen Küste entfernt. Das einzige touristische Highlight ist die angeblich höchste Fontäne Asiens (hmmm, das hatten wir doch schon mal gehört?!) und von alleine wären wir beide wohl auch nicht auf die Idee gekommen, für ein Wochenende dorthin zu fahren.

Als Ludwig vor über einem Jahr nach Shenzhen kam, gab es einen Immobilienagenten, der die jetzige Wohnung betreute. Das war vor allem nützlich, da die Vermieterin kein Englisch spricht und ihm der Agent - mit englischem Namen 'Hunter' - als Dolmetscher bei der Kommunikation zur Seite stand. Ludwig hatte sich von Anfang an gut mit Hunter verstanden, so dass der Kontakt auch bestehen blieb, als Hunter vor ungefähr einem Jahr aus Shenzhen zurück zu seiner Familie in seine Geburtsstadt Jieyang zog. Hunter unterstützt uns nach wie vor via Telefon bei all den Problemchen und Problemen, denen wir in der Wohnung doch immer wieder begegnen. Wir können ihn jederzeit anrufen und er kontaktiert dann unsere Vermieterin, um Ihr das Problem auf Chinesisch zu schildern und in den allermeisten Fällen wird es dann auch gelöst - so wie zum Beispiel der Stromausfall am Silversterabend 2008.

Schon vor Monaten hat uns Hunter eingeladen, ihn und seine Familie in Jieyang zu besuchen, und letztes Wochenende haben wir dies endlich in die Tat umgesetzt. Dazu hatte Hunter organisiert, dass uns unsere Vermieterin mit ihrem Auto dorthin bringt. Ihr Ehemann wiederum gab den Chauffeur. Da auch Ihr Mann kein Englisch spricht, war als Übersetzer noch Hunters Nachfolger für das Wochenende mit von der Partie. Folglich waren wir dann zu fünft, als es am Samstag früh los ging. Eigentlich hieß es, dass wir um 8:00 Uhr zuhause abgeholt werden, aber dann klingelte es schon um 7:40 an der Tür und wir mussten mit einem notdürftigen Frühstück von jeweils einem halben Apfel versorgt aufbrechen. Aber dies war dann auch das letzte Essen dieses Wochenendes, bei dem wir unterversorgt blieben.

Es war ausgemacht, Hunter zuerst in Huìlái zu treffen, einem Fischerdorf direkt an der Küste im Süden von Jieyang. Die Autofahrt dorthin dauerte leider länger als geplant, da sich auf der Strecke sehr viele Baustellen befanden. Außerdem mussten wir mehrmals bei Hunter telefonisch nach dem Weg fragen. Einmal blieb unser Fahrer, der sonst eigentlich recht ordentlich fuhr, einfach mal mitten auf der Autobahn vor einer Ausfahrt stehen, da er nicht wusste, ob er abfahren sollte oder nicht. Immerhin ist er nach einigen Augenblicken zumindest auf den Seitenstreifen gefahren...

Gegen 14:00 kamen wir dann in Huilai an und trafen dort Hunter und eine Kollegin von ihm. Hunters schwangere Frau war in Jieyang geblieben und wollte dann zum Abendessen dazustoßen. Nachdem wir die beiden getroffen hatten, mussten wir nun erst einmal das Restaurant finden, welches man Hunter empfohlen hatte. Auch er selbst kannte das Restaurant und auch den genauen Weg dorthin noch nicht. Nachdem die beiden eine Zeit lang vergeblich versucht hatten, ein Taxi zu finden, haben wir sie kurzerhand mit ins Auto genommen und sind dann zu siebt in eine normale Limousine gepfercht auf die Suche gegangen. Ludwig hatte Glück, denn als Größter hatte er das Privileg alleine auf dem Beifahrersitz sitzen zu dürfen, während es im Fond zu fünft doch nicht mehr ganz so komfortabel war. Wir sind dann noch eine Weile Richtung Küste gefahren und haben dabei an fast jeder Abzweigung angehalten, um nach dem Weg zu fragen. Nach dieser lustigen Suchaktion kamen wir schließlich zu einem etwas verspäteten Mittagessen an dem Restaurant an. Die Verspätung hatte den netten Nebeneffekt, dass wir ganz alleine auf dem Balkon des Restaurant saßen und ungestört essen und dabei den Blick über die Küste schweifen lassen konnten. Das Essen, welches hauptsächlich aus Meeresfrüchten bestand, war natürlich mehr als reichlich und sehr schmackhaft. Danach ging es dann wiederum zu siebt im Auto nach Jieyang. Die Fahrt dauerte ca. 1,5 Stunden über die Autobahn. Auf dieser Teilstrecke hatte sich dann Ludwig mit den drei Damen auf der Rückbank sehr wohl gefühlt, während Hunter und sein Nachfolger zu zweit auf dem Beifahrersitz kauern mussten :-).

VerkehrDie Einwohnerzahl Jieyangs wird mit ca. 6 Mio Einwohner angegeben. Allerdings bezieht sich diese Zahl auf den ganzen Verwaltungsbereich, der mehrere Städte und Dörfer umfasst, u.a. auch Huilai. Der wirklich städtische Bereich von Jieyang, in dem Hunter lebt, ist mit ca. 400.000 Einwohnern für chinesische Verhältnisse sehr klein und der Unterschied zu Shenzhen ist deutlich sichtbar. Die Straßen sind kleiner und verwinkelter. Außerdem ist man relativ schnell außerhalb des Stadtzentrums mit seinen wenigen Hochhäusern und trifft auf kleine, traditionelle Wohnhäuser, die zum Teil ihre besten Zeiten schon lange hinter sich haben - falls es diese jemals gab. Wegen der geringeren Größe sind in Jieyang im Gegensatz zu Shenzhen Motorräder mit Verbrennungsmotor erlaubt, so dass der Straßenverkehr von Unmengen kleinerer Motorroller dominiert ist. Diese sind natürlich viel wendiger als die Autos, selbst wenn sie bisweilen mit 3-4 Leuten besetzt sind. Das macht den Verkehr in Jieyang mit seiner Mischung aus Motorrollern, Autos, Fahrrädern und Lastenkarren in den engen Straßen noch chaotischer als in Shenzhen. Es ist ein bisschen so, wie wenn man süditalienischen mit dem uns bisher bekannten chinesischen Großstadtverkehr mischt - laut, chaotisch und aufgrund der vielen Motorroller noch viel wuseliger.

In Jieyang haben wir als erstes im besten Hotel der Stadt eingecheckt. Die wenigen westlichen Besucher in Jieyang steigen bevorzugt in diesem Hotel ab. Trotzdem scheinen die Rezeptionistinnen noch nicht ganz mit den westlichen Reisedokumenten vertraut zu sein. Beim Einchecken wurde bei uns beiden bei den Namen nur unsere Vornamen eingetragen. Ludwig hatte statt des eigentlich benötigten Reisepasses nur seinen Personalausweis dabei und so trug die freundlichen Empfangsdame für ihn im Feld Nationalität die Augenfarbe "BLAU" ein :-). Da Lulu vorschriftsmäßig ihren Reisepass dabei hatte, wurde bei ihr nicht die Nationalität "BRAUN" hinterlegt, sondern die Damen liessen dieses Feld bei ihr gleich ganz offen. Aber solche kleinen Details sind in China ja kein ernstes Problem und wir haben anstandslos die Keycard für unser sehr schönes Doppelzimmer erhalten.

Nach der anstrengenden Fahrt und dem üppigen Mittagessen haben sich die Vermieterin, ihr Mann und der Dolmetscher erst einmal zurückgezogen und sich ausgeruht. Wir haben die Zeit genutzt und uns von Hunter und seiner Kollegin in die Sitten des gōng fu chá (功夫茶), einer chinesischen Teezeremonie, einführen lassen. Unser Hotelzimmer war mit einem Service zur Zubereitung dieses gōng fu chá ausgestattet und die beiden zeigten uns, wie man dieses benutzt. Dabei wird ein kleines Schälchen mit Teeblättern gefüllt, dann immer wieder mit frischem siedendem Wasser übergossen und nach kurzer Ziehzeit wird der Tee dann in winzige Porzellantässchen verteilt und getrunken. Nach diesem interessanten Einblick in die chinesische Teekultur sind wir zusammen ein paar Minuten entlang der Promenade des Rongjiang Flusses geschlendert, welcher durch Jieyang fließt und an dem unser Hotel lag. Im Gegensatz zu Shenzhen sind die Leute in Jieyang noch weniger an Westler gewöhnt und haben uns alle mit offenen Mündern angestarrt. Zum Teil hatten wir Befürchtungen, dass sie sich gegenseitig umfahren, da sie den Blick nicht mehr von uns abwenden konnten und ihre Hälse um fast 180 Grad verdrehten, um die Exoten möglichst lange zu beobachten. Aber wie meistens im chinesischen Straßenverkehr sind doch irgendwie immer alle aneinander vorbei gekommen ohne anzuecken.

EssenGegen 18:30 ging es dann schon wieder zum Abendessen. Wir hatten nach dem späten und üppigen Mittagessen aber noch gar keinen richtigen Hunger. Wiederum war das Essen äusserst reichhaltig. An diesem Abend gab es sämtliche Körperteile (natürlich inklusive der bei Chinesen immer hochgeschätzten Füße und Köpfe) der Gans in allen möglichen Variationen. Insbesondere Lulu konnte einfach nicht mehr viel verdrücken, was dazu führte, dass Hunter für den Rest des Abends in großer Sorge war, dass wir wieder Hunger bekämen und uns dann nicht adäquat zu versorgen wüssten. So regte er auch an, gegen 23:00 Uhr noch ein weiteres Abendessen einzunehmen. Wir lehnten beide entschieden ab, aber er ließ es sich dennoch nicht nehmen, uns zumindest mehrfach zu erklären, wo wir einen Supermarkt fänden, in dem wir uns zu dieser Zeit noch mit Essen versorgen könnten.

Nach dem Abendessen sind wir gegen 20:00 Uhr wieder an die Promenade des FontäneRongjiang Flusses, um dort eine Wasser-Licht-Musik-Show mit der angeblich größten Fontäne Asiens anzuschauen. Diese ist angeblich 192m hoch und wäre damit wirklich größer als die Fontäne in Heyuan, welche Lulu im April gesehen hatte (siehe Blogeintrag 01.05.2009). Die dortige Fontäne wird zwar nur mit ungefähr 170m Höhe angegeben, wird aber dennoch ebenfalls als die höchste in Asien geführt, so dass wir uns nicht sicher sind, ob es irgendwo in Asien nicht noch weitere Fontänen gibt, die sogar größer sind als die in Jieyang. Die Show war insgesamt aber ganz unterhaltsam und enthielt eine Mischung aus Klassik, traditioneller chinesischer Musik und moderner Stücke. Außerdem war die Fontäne wirklich beeindruckend hoch. Nach der Show sind wir in unser nahegelegenes Hotel und haben dort noch einen Tee mit Hunter und seiner Frau getrunken, bevor uns die beiden gegen 21:30 verlassen haben, damit wir uns nach dem anstrengenden Tag auch ausreichend erholen konnten. Am nächsten Tag haben wir dann verstanden, warum die beiden so früh gegangen waren. Sie haben uns nämlich noch ein gōng fu chá Geschirr gekauft, das uns Hunter am nächsten Morgen überreicht hat. Damit werden wir nun auch in Shenzhen und später in Deutschland auf chinesische Art und Weise unseren Tee zubereiten können.

Der nächste Tag fing an wie der vorherige geendet hatte, nämlich mit einem reichhaltigen Essen, dem Frühstücksbüffet des Hotels. Danach brachen wir zur Besichtigung einiger Tempel in Jieyang auf. Jeder Tempel war zu Ehren einer anderen Gottheit errichtet worden, welche wiederum für einen ganz spezifischen Bereich des Lebens "zuständig" ist. In einem der Tempel wacht beispielsweise eine Göttin über das Leben der Seefahrer und diese wird dort in der Nähe der Küste natürlich sehr verehrt. RäucherstäbchenDiese Göttin gab übrigens auch der Insel Macao ihren einheimischen Namen (A-Ma, siehe Blogeintrag 04.01.2009). Nachdem wir auch das ehemalige Stadttor Jieyangs besucht hatten, welches inzwischen zu einer Verkehrsinsel geworden und von Shoppingcentern umgeben ist, ging es weiter zur elterlichen Wohnung von Hunter, in der auch Hunter mit seiner Frau lebt. Dort hatte Hunters Vater ein Mittagessen vorbereitet, welches natürlich auch wieder viel zu üppig bemessen war. Aber für Chinesen gibt es nichts Peinlicheres, als wenn bei einer Einladung das Essen nicht ausreicht. Die Gastgeber selber haben auch gar nicht so viel zu sich genommen, sondern sehr darauf geachtet, dass wir alles probieren und genügend essen. Außerdem haben sie natürlich zugeschaut, wie wir mit dem chinesischen Essen zurechtkommen. Aber da haben wir inzwischen ja einige Erfahrung, so dass Lulu zumindest teilweise das schlabberige Fleisch an einem Gänsefuß abgeknabbert hat und auch das Knacken der Krabbenscheren nur mit den Zähnen für uns beide kein Problem war.

gongfuchaIm Anschluss an das Essen hat uns Hunters Vater noch einen gōng fu chá bereitet. Bevor wir uns auf dem Heimweg machten, wurden wir von Hunters Familie natürlich noch reichlichst mit den Resten des Mittagessen sowie extra noch besorgten Spezialitäten der Region ausgestattet. Man hatte Sorge, dass wir sonst auf der langen Heimfahrt nach Shenzhen Hunger leiden müssten... Diese hat dann leider sogar 6 Stunden gedauert, da der chaotische chinesische Verkehr an den vielen Baustellen immer wieder zusammenbrach, sodass wir erst gegen 20:00 zuhause waren. Dennoch waren wir alle noch ziemlich satt von dem vielen reichhaltigen Essen und litten nur unter den Staus, aber nicht Hunger!

Zusammengefasst bestand dieses Wochenende hauptsächlich aus Autofahren und Essen, aber es hat uns sehr interessante Einblicke in die alte und neue chinesische Kultur und Lebensweise gegeben. Normalerweise kann man ja als Tourist solche Eindrücke nicht erleben und wir sind sehr froh, diese Gelegenheit geboten bekommen zu haben. Insbesondere die Gastfreundschaft hat uns sehr beeindruckt!

Nachtrag: Wir haben inzwischen einen Kniff herausgefunden, wie wir die chinesische Internetblockade von picasaweb mit Hilfe von Ludwigs Dienstlaptop zumindest teilweise umgehen können. Daher könnt Ihr Euch auf der Fotoseite nun auch alle Fotos dieses Ausfluges ansehen.

Überraschungen im Straßenverkehr

Wir haben uns ja inzwischen schon einigermaßen an die Eigenarten der lokalen Auslegung der Verkehrsregeln gewöhnt (siehe auch Eintrag vom 4.11.2008), aber die Verkehrsteilnehmer unseres Gastlandes schaffen es dennoch immer wieder, uns ab und zu aufs Neue zu überraschen. Soweit wir wissen, sind die offiziellen chinesischen Verkehrsregeln denen sehr ähnlich, wie wir sie aus Deutschland kennen. Der entscheidende Unterschied liegt jedoch in der Überwachung der Einhaltung dieser Regeln. In China scheint man auch hier - wie bei fast allen Regeln - einen äußerst weiten Spielraum ausschöpfen zu können. Davon konnten wir uns ja auch bereits selbst ein Bild machen, als wir in Beijing bei Dunkelheit vollkommen unbehelligt direkt vor einer Polizeistreife mit unseren unbeleuchteten Leihrädern eine Ampel bei Rotlicht auf der falschen Straßenseite überquerten. Mit solchen Petitessen scheinen sich die Gesetzeshüter hier nicht aufzuhalten.

Dennoch waren wir bei unserem Ausflug nach Jieyang (siehe Blogeintrag vom 29.08.2009) auf der langen Autofahrt beeindruckt, mit welcher Chuzpe hier die Verkehrsregeln ignoriert werden. So haben wir mehrere Dutzend Autos gesehen, die entweder die Kennzeichen mit tarnfarbenen Überziehern abgedeckt hatten, oder gleich vollkommen ohne Schilder unterwegs waren. Ganz vorwiegend waren diese Wagenlenker viel zu schnell unterwegs und legten eine noch rücksichtslosere Fahrweise an den Tag, als diejenigen, die beschildert waren. Meist handelte es sich bei den Wagen auch um schwere Limousinen vorwiegend deutscher Herkunft (Audi A8 und Q7, 7er BMWs oder S-Klasse Mercedes).

Da wir auf der Rückfahrt aus Jieyang nach Shenzhen auch in die Dunkelheit kamen, durften wir ein weiteres weitverbreitetes Schmankerl der lokalen Sitten erleben. Auch unser eigener Chauffeur, der Mann unserer Vermieterin, beherrscht die einfach nur liebenswerte Angewohnheit in Perfektion, bei Dunkelheit grundsätzlich mit Fernlicht zu fahren. Ist ja klar, man sieht einfach viel besser, wenn man sämtliche Leuchtkörper am Fahrzeug auf maximale Helligkeit und Reichweite schaltet. Sofern der Fahrer weiss, wo sich der Schalter dafür befindet, wird das Fernlicht noch durch Nebelscheinwerfer und -schlussleuchten unterstützt. Das Wetterphänomen Nebel haben wir hier in 1-1/2 Jahren noch nicht erlebt - woher sollen die einheimischen Lenker dann auch wissen, unter welchen Bedingungen man diese Zubehörleuchten einsetzt? Die Tatsache, dass der Zugewinn an eigener Weitsicht bisweilen arg durch die Blendung durch andere Autos überkompensiert wird, stört hier entweder niemanden nennenswert, oder der Zusammenhang zwischen dem eigenen Verhalten und der Blendung durch Andere ist grundsätzlich unverstanden.

So erscheint dann eher eine andere Inkommodität ärgerlich: Offensichtlich gehört es zum Standardrepertoire eines ambitionierten chinesischen Autofahrers, in hoher Frequenz die Lichthupe zu betätigen. Ob damit andere einfach nur gewarnt, oder aber vertrieben werden sollen, hat sich uns noch nicht final erschlossen. Aber hier setzt jetzt das Problem ein: Wenn man nachts bereits mit Fernlicht unterwegs ist, verfügt man ja nur noch über eine Art inverser Lichthupe, bei der man kurzzeitig auf das Abblendlicht zurückschalten muss. Dazu ist aber bei den gängigen Fahrzeugen das Aus- und wieder Einrasten des Fernlichthebels notwendig. Bei der klassischen Lichthupe genügt ja ein kurzer Zug am Fernlichthebel und nach dem Loslassen kehrt dieser selbständig in die Ausgangslage zurück. Bei der inversen Lichthupe muss man aber aktiv wieder auf das Dauerfernlicht zurück schalten - sehr lästig. Vielleicht sollten ausländische Fahrzeughersteller diese Angewohnheit durch eine Umkonstruktion der Fernlichthebel besser unterstützen...

Straßenverkehr in Shenzhen

Alle hier beschriebenen Eigenheiten sind wohl auf die sehr weit verbreitete Rücksichtslosigkeit und die mangelnde Fähigkeit zurückzuführen, sich in andere hinzuversetzen - vielleicht ist das der eigentliche Grund für den in unseren Augen sehr starken Egoismus. Diese Rücksichtslosigkeit wird aber zum Teil durch den enormen Pragmatismus und Einfallsreichtum kompensiert. Beide Charaktereigenschaften konnten wir am vergangenen Freitag in bemerkenswerter Ausprägung erleben:

Auf der Heimfahrt von der Arbeit mit unserem Firmenbus musste dieser kurz vor unserer Wohnung an einer roten Ampel halten. An einem geöffneten Schaltkasten direkt an der Kreuzung war ein Verkehrspolizist zugange. Nachdem wir bereits einige Zeit in vorderster Position an der roten Ampel gestanden hatten, schloss der Polizist den Schaltkasten und entschwand zusammen mit einer Kollegin auf einem Motorroller. Wir standen weiterhin vor der roten Ampel und warteten. Die Ampelphasen in Shenzhen können sehr viel länger sein, als wir das aus Deutschland gewöhnt sind. Dennoch kam nach 5 Minuten doch eine gewisse Unruhe auf und hinter uns begannen andere Autos zu hupen. Natürlich konnte unser Fahrer nichts unternehmen, aber so langsam steigerte sich der Unmut der Wartenden zu einem richtigen Hupkonzert. Plötzlich ergriff ein Taxifahrer neben uns die Initiative. Er schickte seinen Fahrgast mit einer Zeitung bewaffnet aus dem Fahrzeug. Der Fahrgast deckte dann mit der Zeitung das hintere Kennzeichen des Taxis ab (ja, dieses Auto war mit Kennzeichen unterwegs!) und so getarnt fuhr das Taxi dann vorsichtig in die Kreuzung ein. Kaum hatte es die Haltelinie überquert, löste die automatische Kamera aus, welche an der Kreuzung montiert war. Aber die Auswerter dürften auf diesem Bild nur eines von geschätzten 10000 Shenzhener Taxis und die aktuelle Ausgabe der "Shenzhen Daily" identifizieren können. Durch diesen Geniestreich wurden bald weitere Wartende animiert und auch unser Chauffeur ließ sich nicht lumpen. Allerdings ersparte er uns die Unannehmlichkeit, selbst das Nummernschild abdecken zu müssen. Stattdessen bastelte er geschwind aus dem Deckel eines Pappkartons mit Wasserflaschen im Kofferraum eine provisorische Kennzeichenabdeckung. So "geschützt" fuhr auch er dann langsam in die Kreuzung ein und ein Blitz erhellte kurz den Innenraum unseres Busses. Nachdem er noch zwei schnell fahrenden Autos des Querverkehrs gekonnt ausgewichen war, nahm er auf der anderen Seite der Kreuzung die Tarnkappe wieder ab und wir konnten auf einer vollkommen autofreien Straße weiter nach Hause fahren - es kamen ja so gut wie keine Autos mehr in unserer Fahrtrichtung nach. Die beiden Polizisten hatten offensichtlich die Ampel auf manuelle Steuerung umgestellt und sich dann aus dem Staub gemacht, ohne sich weiter um das von ihnen verursachte Chaos zu kümmern. Diese Rücksichtslosigkeit fanden wir schon beeindruckend. Noch beeindruckender war allerdings die findige Umgehung des Problems!

Wir wissen nicht, wie lange die Ampel an jenem Abend noch blockiert war, aber wir sind uns ziemlich sicher, dass das Taxi und wir bestimmt nicht die einzigen waren, die eine solch flexible Lösung des Problems gefunden haben...

Überraschungen im Fährverkehr

Der vergangene Samstag markierte für Ludwig ein einschneidendes Datum, an dem er sein 40. Lebensjahr abschloss. Eigentlich war geplant, diesen Tag mit ein paar Arbeitskollegen wieder am Strand Xichong im Osten von Shenzhen zu verbringen (siehe Eintrag vom 19.07.2009). Lulu war in der Woche davor dienstlich in Hannover gewesen und kam am Freitagabend wieder zurück nach Shenzhen. Ludwig hatte vereinbart, sie dort am Fähranleger in Shekou in Empfang zu nehmen und insgeheim geplant, den Abend in trauter Zweisamkeit in einem gemütlichen Restaurant ausklingen zu lassen.

Lulu kam wie geplant an und Ludwig konnte sie am Ausgang nach der Zollkontrolle begrüßen. Aber kaum war sie angekommen, stellte sie fest, dass sie ihren Pullover irgendwo vergessen hatte und sie begab sich schnell zurück um die Ecke in den nicht einsehbaren Bereich der Zollkontrolle. In Gedanken lästerte Ludwig ein wenig über Lulus Vergesslichkeit, denn bereits bei der Abreise nach Hannover hatte sie einen anderen Pullover im Firmenbus liegen lassen. Lulu war einige Zeit lang verschwunden und Ludwig schwante, sie wäre gerade dabei, die Beamten zu überzeugen, sie entgegen der Einreiserichtung nochmal durch die Zollkontrolle auf die Fähre zurück zu lassen, um dort nach dem Pulli suchen zu könnten. Während sich Ludwig leicht missmutig bereits auf eine längere Wartezeit einstellte, kam plötzlich ein Mann um die Ecke, der seinem Vater zum Verwechseln ähnlich sah. Aber erst als auch eine Frau erschien, die genauso aussah, wie Ludwigs Mutter und hinter den beiden Lulu mit einer Digitalkamera filmend hinterlief, dämmerte es ihm, dass seine Eltern wirklich nach China gekommen waren, um mit ihm - und für ihn vollkommen überraschend - seinen 40. Geburtstag zu feiern! In diesem Moment war Ludwig in der Tat für einige Sekunden sprachlos, freute sich aber sehr über diese rundum gelungene Überraschung! Lulu hatte übrigens keinerlei Bekleidungsgegenstände irgendwo vergessen und Ludwig äußerst überzeugend in die Irre geführt.

Ludwig wird 40So wurde aus dem Abend in trauter Zweisamkeit ein sehr schöner Abend zu viert auf der Dachterrasse eines neuen Restaurants ganz in der Nähe von Lulus und Ludwigs Wohnung in Shenzhen! Um Mitternacht gab es dann zuhause eine schöne Bescherung mit vielen Geschenken, die Ludwigs Eltern im Gepäck hatten. Unter anderem konnten wir mit einem guten Wisecco (einer fränkischen Proseccovariante) anstoßen, wenn auch 6 Stunden zu früh...

Im Lotuspark in ShenzhenDer Strandausflug am Samstag mit den Kollegen war wegen schlechter Wetteraussichten bereits storniert worden und so ging es am Samstagmorgen nach einem gemütlichen Frühstück zu viert in den Lotuspark, der nahe am Stadtzentrum von Shenzhen gelegen ist. Dort gibt es auch einen Hügel, auf dessen Gipfel eine Statue von Deng Xiaoping steht,Statue von Deng Xiaoping der als Gründer des modernen Shenzhen gilt. Von dort oben hatte man einen tollen Blick über die Stadt, unter anderem auch auf das nahegelegene Rathaus, die Konzerthalle und die Bibliothek. Entgegen der Vorhersage war das Wetter jedoch ausgezeichnet und so schwitzten wir bei Temperaturen um die 33 Grad doch sehr. Danach haben wir den Park verlassen und die Shenzhen Concert Hall und die Bibliothek besichtigt. Diese beiden beeindruckenden Gebäude liegen direkt nebeneinander und wurden vom japanischen Architekten Arata Isozaki gestaltet. Nachdem wir auch noch das Rathaus von aussen bewundert haben, das ebenfalls durch eine grandiose Architektur des Daches charakterisiert ist, ging es per Linienbus wieder zurück nach Shekou. Dort ließen wir den Geburtstag dann mit einem, wie immer äußerst leckeren Essen im japanischen Stil ausklingen.

Cultural Center in ShenzhenDa auch am Sonntag das Wetter hochsommerlich war, beschlossen wir, einen Ausflug an einen Badestrand in Da Mei Sha zu unternehmen, welcher ebenfalls im Osten Shenzhens liegt mit öffentlichen Verkehrsmitteln in knapp 2 Stunden von Shekou aus zu erreichen ist. Wir befürchteten zwar, dort aufgrund des Wochenendes und des hervorragenden Wetters nicht ganz allein zu sein, wagten den weiten Weg aber trotzdem. Auf dem Weg dorthin wurden wir zunächst erst einmal Zeugen einer unglaublichen Sturheit eines Lastwagenfahrers, der unserem Busfahrer die Zufahrt zu einer Abbiegespur knapp versperrte. Unser Fahrer verließ nach erfolglosen Versuchen, den Lastwagenfahrer durch Hupsignale dazu zu bewegen, doch ein bis zwei Meter weiter nach vorne zu fahren, sein Gefährt, um sein Ziel in einem direkten Gespräch von Mann zu Mann zu erreichen. Offensichtlich fühlte sich aber der Lastwagenfahrer durch dieses Ansinnen des Busfahrers so beleidigt, dass er stur blieb und sein schweres Gefährt keinen einzigen Zentimeter von der Stelle bewegt. Er blieb sogar mehrere Ampelphasen lang an dieser Position stehen, obwohl er in vorderster Reihe stand und einfach die Kreuzung überqueren hätte können. So bildete sich hinter uns eine sehr lange Schlange an anderen Fahrzeugen, die alle ebenfalls nicht abbiegen konnten, da der sture LKW-Fahrer die Spur blockierte. Auch der Fahrer eines zweiten Busses, der unserem Chauffeur zur Hilfe kam, konnte den LKW-Fahrer nicht zur Aufgabe seiner Blockade bewegen. So standen unser Bus mindestens 10 Minuten lang unbeweglich da und alle Beteiligten wechselten zwischen wildem Gestikulierten, Anschreien und Telefonieren hin und her, ohne dass sich irgendeine Lösung abzeichnete. Irgendwann hatte der LKW-Fahrer dann anscheinend aber doch genug und er setzte sein Gefährt den entscheidenden Meter nach vorne, sodass wir und alle hinter uns Wartenden endlich weiter fahren konnten...

Am Strand in Da Mei ShaAls wir am Strand angekommen waren, waren wir positiv überrascht, dass es gut 200 Meter abseits des abgesperrten und besonders kontrollierten Nichtschwimmerbereichs doch richtig viel Platz gab, und wir uns mit zwei Leihsonnenschirmen auf dem einigermaßen sauberen und nicht besonders bevölkerten Sandstrand niederlassen konnten. Das Wasser hatte zwar mit geschätzten 29 bis 30 Grad fast Badewannentemperatur und bot keinerlei Abkühlung. Dafür konnte man sich problemlos beinahe endlos im Wasser tummeln und die Chinesen bestaunen, die sich in Ermangelung von Schwimmkünsten auch als Erwachsene nur mit großen Schwimmreifen maximal bis ins schultertiefe Wasser vortrauen. Aber nicht nur wegen der mit Entchen verzierten Schwimmreifen wirkten die Einheimischen einmal mehr wie große Kinder - auch wenn man ihnen beim Bauen der Sandburgen am StrandChinesen beim Baden mit Schwimmreifen zusah, drängte sich bisweilen doch ein recht infantiler Eindruck auf. So verbrachten wir also einen schönen Strandtag bis sich erstaunlicherweise am späteren Nachmittag der Strand doch noch deutlich füllte und wir den Rückweg nach Shekou antraten. Dieser verlief dann ohne weitere Überraschungen und wir schlossen diesen schönen Tag mit einem Pekingentenessen in Lulus und Ludwigs Stammlokal ab. Umgerechnet haben wir zu viert für das gesamte Essen inklusive dreier Flaschen Bier gerade mal 17 Euro gezahlt.

Da Lulu und Ludwig am Montag ja wieder arbeiten mussten, beschlossen Ludwigs Eltern, zwei Tage auf Macao zu verbringen. Die Wetteraussichten standen nun jedoch wirklich auf Sturm und ein kleinerer Taifun war im Anmarsch. Der Hinweg nach Macao mit der Fähre von Shekou aus verlief für die beiden jedoch noch planmäßig. Auf Macao angekommen, machten sich jedoch auch schon die ersten Ausläufer des Tropensturms bemerkbar und so waren Ludwigs Eltern gezwungen, den Montag im Hotel zu verbringen. Immerhin waren auch sie im Venetian Macao, in dem wir über Neujahr ebenfalls ein paar Tage verbracht hatten (siehe Blogeintrag vom 04.01.2009). Radarbild Tropensturm KoppuDer Sturm zog in der Nacht nahe an Macao vorbei, aber auch am darauffolgenden zweiten Tag sorgten dessen Ausläufer noch für schlechtes Wetter und die Besichtigungstouren in Macao fielen doch etwas knapper aus als geplant. Als sie schließlich am Abend mit der Fähre zurück nach Shenzhen fahren wollten, wurde ihnen mitgeteilt, dass der Fährverkehr eingestellt sei. Die einzige Möglichkeit, um an diesem Tag noch nach Shenzhen zurück zu kommen, führte mit dem Bus über das Festland via die Stadt Zhuhai. Allein die Evaluierung dieser Rückreiseroute war aufgrund erheblicher Sprachbarrieren wohl nicht einfach, denn auch auf Macao ist Englisch ausserhalb der Touristenhotels nicht allzu geläufig. Aber es ist ihnen dann doch gelungen, Tickets für eine geeignete Busverbindung zu bekommen und nach insgesamt 3 Stunden Busfahrt und daran anschließend nochmal 45 Minuten Taxifahrt hatten sie es endlich wieder zurück nach Shekou zu Lulu und Ludwig geschafft. Das war also die zweite Überraschung an der Fähre binnen weniger Tage, aber so hatten wir noch jede Menge Gesprächsstoff, als wir diesen letzten Abend des Überraschungsbesuches mit einem gemütlichen späten Abendessen ausklingen ließen.

Am Mittwoch traten Ludwigs Eltern dann die Heimreise an und sind inzwischen wieder gut zuhause angekommen. Man könnte zwar auch sagen, dass man nicht mal am anderen Ende der Welt vor ungebetenen Besuchen seiner Eltern gefeit ist, aber das wäre eine unpassend negative Sichtweise. Ludwig hat sich unheimlich über diese ganz besondere Überraschung zu seinem 40. Geburstag gefreut und bewundert den Elan und die Spontaneität seiner Eltern!

Überraschungen im Flugverkehr

Wie Ihr vielleicht auch in Deutschland mitbekommen habt, wurde in China Anfang Oktober das 60-jährige Bestehen der Volksrepublik gefeiert. Im Rahmen dessen gab es mehrere Feiertage, die in Kombination mit Wochenenden und auf zwei Samstage verlegte Arbeitstage acht zusammenhängende freie Tage ergaben. Die Gelegenheit haben wir natürlich für weitere asiatische Erkundungen genutzt. Da man uns einerseits eine heftige Reisewelle innerhalb Chinas vorhersagte und andererseits ein guter Freund von uns zu dieser Zeit gerade in Seoul Urlaub machte, haben wir uns dazu entschlossen, unsere Erkundungstouren zwar innerhalb Asiens, aber außerhalb Chinas zu unternehmen. Um möglichst vielfältige Eindrücke zu sammeln, haben wir die Ferientage zwischen zwei asiatischen Großstädten aufgeteilt: Seoul in Südkorea und Taipei in Taiwan.

Um ausgeruht in den Urlaub zu starten, hatte Lulu für den 1.10. einen Mittagsflug nach Taipei gebucht. Dort sollte es dann am späten Nachmittag nach Seoul weitergehen, wo wir die ersten drei Tage verbrachten. Es gibt zwar auch Direktflüge von Shenzhen oder Hong Kong nach Seoul, aber dann hätten wir einen Gabelflug buchen müssen, der um einiges teurer gewesen wäre. Bereits am Vorabend des Reisetages hatten wir Mühe, in Shenzhen ein freies Taxi zu bekommen, was die Aussagen unserer Kollegen zu bestätigen schien, dass die Straßen am ersten Ferientag hoffnungslos überfüllten seien. Daher waren wir am 1.10. sehr früh aufgestanden und hatten uns über drei Stunden vor dem Abflug auf den Weg gemacht. Normalerweise braucht man von uns aus zwar nur ca. 45 Minuten zum Flughafen in Shenzhen, aber wir wollten den Flug nicht aufgrund eines Staus verpassen. Doch entgegen aller Schwarzmalereien waren die Straßen Shenzhens an diesem Morgen ungewöhnlich leer! Wir waren innerhalb einer halben Stunde am Flughafen, so schnell wie noch nie, und hatten dort dann ein mehr als zweistündiges Zeitpolster zum Leerer FlughafenEinchecken.

Einen kleinen Teil unseres Zeitpolsters brauchten wir dann aber gleich mal, da wir nicht wie auf dem Ticket vermerkt im Terminal A einchecken konnten, sondern stattdessen in ein Terminal D geschickt wurden. Wir waren schon etwas verwundert, denn wir kannten nur die beiden Terminal A und B des Flughafens Shenzhen und es gab auch kein einziges Hinweisschild oder Wegweiser zu einem Terminal D. So irrten wir erst ein wenig im Flughafen herum, bevor man uns an einem chinesischsprachigen Informationsstand wenigstens in die richtige Richtung schickte. Es stellte sich dann heraus, dass Terminal D ein kleineres Terminal für die internationalen Flüge ist, das sich neben den großen Terminals A und B befindet, von denen die innerchinesischen Flüge starten. Auf dem Weg zu diesem und auch im internationalen Terminal konnten wir jedoch nirgendwo ein Hinweisschild mit der Aufschrift "Terminal D" entdecken.

Auch beim Einchecken wurde unser Zeitpolster weiter in Anspruch genommen, da wir anscheinend die ersten Deutschen im internationalen Terminal des Flughafens Shenzhen sein mussten. Beim Einchecken musste, wie bei den anderen Reisenden auch, unsere Nationalität ins Computersystem eingegeben werden. Allerdings wurde vom Computersystem offensichtlich nicht der komplette Landesname, sondern ein Landescode benötigt, was die Damen am Schalter vor ein Problem stellte. Nachdem sie mit DEU nicht weiter kamen, haben sie uns dann nach weiteren möglichen Codes befragt. Aber sämtliche Schmökernder LudwigKombinationen, die wir vorschlugen (GER, BRD, FRG), brachten keinen Erfolg. So mussten wir erst einmal warten und die Damen checkten zunächst mal weitere Fluggäste hinter uns in der Schlange ein. Nach vielen Telefonaten und nachdem ein hinzugezogener Kollege unsere Pässe ungefähr 10x durch das Lesegerät gezogen hatte konnten wir anscheinend dann doch eingecheckt werden. Wir wissen bis heute nicht, unter welcher Nationalität wir im Computersystem geführt wurden, aber an solche Kleinigkeiten haben wir uns inzwischen ja schon längst gewöhnt und können das mit vollkommener Gleichgültigkeit hinnehmen. Hauptsache, wir hatten unsere Bordkarten ausgehändigt bekommen.

Am Gate hatten wir uns dann eigentlich darauf gefreut, noch ein zweites Frühstück zu uns nehmen zu können. Allerdings hatten wir nicht damit gerechnet, dass das internationale Terminal gar so mickrig war. Deshalb mussten wir uns dann mit Wasser und mitgebrachten Nüssen beim Schmökern im Seoul-Reiseführer begnügend, um das immer noch recht lange Zeitpolster zu überbrücken. Apropos Zeitpolster: Die Maschine wurde zwar einigermaßen pünktlich zum Boarden freigegeben, allerdings stand die Maschine dann noch eine Stunde am Boden, bevor es endlich los ging. Aber wir hatten sowieso eine Umsteigezeit von vier Stunden in Taipei, sodass uns diese Verspätung nicht sehr gestört hat. Allerdings ließen die Informationen zu Ursache und erwarteter Dauer der Verspätung durch die chinesische Fluggesellschaft China Southern Airlines leider sehr zu wünschen übrig.

Ein- und Ausreisestempel LudwigIn Taipei angekommen, sind wir dann für ein paar Stunden eingereist (wieder zwei Stempel mehr im Pass), um unseren Koffer in Empfang zu nehmen und direkt wieder für den Weiterflug nach Seoul einzuchecken. Bevor wir durch die Ausreiseschalter gegangen sind, haben wir uns noch einen leckeren Kaffee mit Blaubeermuffins bei einer Starbucksfiliale gegönnt und dort das entgangene Frühstück etwas verspätet nachgeholt. Ausserdem durften wir an einem Aktionsstand gegen Übergewicht an einer kleinen Tombola teilnehmen und haben ausser chinesischsprachigem Informationsmaterial zur richtigen Ernährung ein Sofortbild hinter reizender Prinzessinnen- und Prinzenkulisse gewonnen. Allerliebst...

Lulu und Ludwig als MärchenprinzenpaarDer Weiterflug nach Seoul war sehr angenehm, was vor allem an der Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific lag, die auf westliche Piloten und asiatisches Kabinenpersonal setzt. Eine perfekte Kombination was die Pünktlichkeit, Informationspolitik und den Service betrifft und im wahrsten Sinne des Wortes ein himmelweiter Unterschiede zu China Southern. In Seoul sind wir planmäßig gelandet und haben ohne Probleme den Bus in die Innenstadt gefunden, der uns in einer einstündigen Fahrt bis in die Nähe unserer Unterkunft brachte. Auf dem Fussweg von der Bushaltestelle dorthin hat Ludwig dann noch in einem Family Mart (einem kleinen Supermarkt, der abends um 22 Uhr noch geöffnet hatte) eine heißbegehrte Köstlichkeit gefunden: Sushidreiecke! Das sind mit Gemüse, Fleisch oder Fisch gefüllte Reisbällchen in Dreiecksform, die in Algenpapier eingewickelt sind. Diesen Snack hatte er vor einigen Jahren in Tokio kennen und lieben gelernt. Da konnte er nicht vorbei und sicherte sich so noch einen kleinen Snack zum Abend.

Als wir uns nach den Ferien im Büro mit unseren Kollegen unterhalten haben, haben wir dann erfahren, was der Grund für die ungewöhnlich leeren Straßen am ersten Ferientag war. Aufgrund des 60-jährigen Jubiläums wurde am Vormittag des 1.10. eine Militärparade auf dem Tiananmen-Platz in Beijing abgehalten. Diese wurde auf sämtlichen Kanälen des chinesischen Fernsehens übertragen und anscheinend von einem Großteil der Bevölkerung angeschaut. Nach Ende der Übertragung hatten sich die Verkehrsverhältnisse wohl rasch wieder "normalisiert" oder - je nach Standpunkt - "chaotisiert".

Seoul

Ludwig im etwas zu niedrigen BadWährend unseres Urlaubs in Seoul haben wir in einem einfachen koreanischem Gästehaus genächtigt. Eigentlich handelte es sich um eine Ansammlung mehrerer kleinerer Gästehäuschen und eines Haupthauses im alten koreanischem Stil, bei dem die Häuser ein wenig erhöht stehen und im Winter von unten mit heißem Rauch beheizt werden. Die einzelnen Häuschen waren um einen Innenhof herum angeordnet. Dort konnte man sich auch abends hinsetzen und die angenehmen Temperaturen genießen. Wir hatten uns ein Luxuszimmer mit eigenem Bad gegönnt, allerdings war in unserem Badezimmer die Deckenhöhe für Ludwig ein wenig zu niedrig :-). Das hatte auch der Vermieter erkannt und uns am nächsten Tag in ein anderes Zimmer mit höherem Bad umquartiert.

Die Unterkunft hatten wir ausgewählt, da unser Freund aus Vancouver dort ein Zimmer gebucht hatte. Nachdem wir am Abend des 1.10. erst recht spät ankamen, trafen wir unseren Freund erst am nächsten Morgen. Wachwechsel vor dem Gyeongbokgungpalast SeoulZusammen ging es erst einmal in unser favorisiertes amerikanisches Kaffeehaus zum gemütlichen Frühstück und zur Besprechung des Tagesprogramms. Dieses bestand als erstes aus dem Besuch des Gyeongbokgungs, einer der fünf gut erhaltenen Paläste Seouls. Zufälligerweise kamen wir genau zur richtigen Zeit, um einen Wachwechsel vor dem großen Eingangstor beobachten zu können, bei dem Wachen in traditioneller Kleidung mit Fahnen herum marschierten. Innen hat uns die Anlage sehr an die verbotene Stadt in Beijing erinnert. Es war nur alles ein bisschen kleiner und viel leerer - angenehm leer.

An den Palast grenzt das National Folk Museum, bei dem wir danach kurz vorbeigeschaut hatten. Anstatt allerdings den weiteren Tag im Museum zu verbringen, haben wir uns dann des schönen Wetters wegen lieber zu einem Spaziergang durch das Samcheong-Dong Viertel entschieden. Vor dem Museum wurden wir aber noch durch einen Einwohner Seouls aufgehalten, der seine Englischkenntnisse wortreich anwenden wollte. Anscheinend hatte er aber einen Sprachkurs in einem Reisebüro besucht. Als die Jungs ihn endlich losgeworden waren, haben wir ihn den 'virtuellen Weltreisenden' getauft, da er eigentlich nur mehrere Dutzend Orte der Erde aufgezählt hat und bei allen meinte, wie toll sie seien und dass er sie unbedingt mal besuchen müsste. Auf die Frage, wo er denn bisher gewesen sei, konnte er dann aber nur mit 'Seoul' antworten...

Im Samcheong-Dong Viertel befinden sich viele kleine Cafés und Galerien. Es liegt zum Teil am Hang einer Mittagessen im Samcheong-Dong Viertel in Seoulder Hügel, die Seoul umgeben, sodass wir einen Blick auf Insadong werfen konnten. Das ist das Viertel, in dem sich unser Gästehaus befand und in dem es viele kleine Handwerks- und Kunstgeschäfte gibt. Dort ist es allerdings mit einigen Souvenirläden auch sehr touristisch, wie wir nachmittags feststellen konnten. Vorher hatten wir aber noch im Samcheong-Dong Viertel an einem koreanischen Imbissstand einen Mittagssnack eingenommen. Dieser Stand befand sich in einer Art Garage und der Klapptisch, an dem wir speisten, stand direkt neben einem Gabelstapler. Das Essen bestand aus scharfen Reiskuchen und gebratenen Dingen ("fried stuff"). Diese "Dinge" entpuppten sich als frittierte Gemüse- und Tintenfischstücke und das ganze Essen war preiswert und äußerst lecker.

Nachmittags haben wir uns dann nicht nur die Handwerks- und Kunstgeschäfte in Insadong angeschaut, sondern auch einen Blick ins Postmuseum und den benachbarten Jogyesa Tempel geworfen, in dem sich drei große Buddhastatuen befinden. Danach haben wir einfach ein bisschen im Innenhof des Gästehauses gesessen und die angenehme Stille inmitten einer Zehnmillioneneinwohnerstadt genossen, bevor wir uns zum Abendessen in Insadong ein koreanisches Restaurant gesucht haben. Danach sind wir zurück zu unserem Gästehaus. Beim Plausch im Innenhof des Gästehauses hat uns unser Freund dann in die koreanischen Trinkgebräuche eingeführt, die er wiederum von Koreanerinnen in Vancouver gelernt hatte. Koreaner trinken nämlich besonders gerne Soju, einen 20%-igen Schnaps aus Süßkartoffeln. Aber auch Bier gegenüber sind sie nicht abgeneigt. Neben den Trinkgesprächen haben wir uns auch über die Pläne für den nächsten Tag unterhalten, an dem wir einen weiteren Palast, den Changdeokgung, und den Jongmyo Schrein besuchen und eine Wanderung auf dem Inwangsan Berg unternehmen wollten. Eine französische Gästehausmitbewohnerin, die sich im Innenhof zu uns gesellt hatte, gab uns den Tipp, dass man den Palast nur im Rahmen einer Führung besuchen darf und dass die englischen Führungen morgens um 9:00 und 11:30 Uhr seien. Also haben wir uns entschlossen, früh in den nächsten Tag zu starten.

Am nächsten Morgen brachen wir so früh auf, dass wir kein Café oder Restaurant fanden, das schon offen hatte. Und das lag nicht nur daran, dass an diesem Tag in Korea Erntedankfest war und viele Geschäfte geschlossen blieben. Also haben wir uns mit Sandwichs und Sushidreiecken aus einem Family Mart eingedeckt und sind zum Changdeokgung Palast, um dort vor dem noch geschlossenen Ticketschalter zu frühstücken. Nachdem der Hunger gestillt war, mussten wir erst mal unsere Pläne überdenken. Wir stellten nämlich fest, dass die erste englische Führung nicht um 9:00, sondern erst um 11:30 Uhr stattfand. Wir hatten inzwischen ja schon gelernt, dass man sich auf die Aussagen chinesischer Kollegen keinesfalls blind verlassen sollte. Aber auch bei Europäern hilft zuweilen ein überprüfender Blick in Ludwigs Seoul Reiseführer, denn dort hätten wir auch schon am Abend vorher die richtigen Zeiten der englischsprachigen Führungen nachlesen können. Also mussten wir umdisponieren und sind zunächst mal in Richtung Inwangsan aufgebrochen.

Auf dem IngwangsanDer Inwangsan ist ebenfalls einer der Hügel, die Seoul umgeben. Im Reiseführer war eine nette Wanderung beschrieben, die uns durch eine schamanische Tempelanlage und entlang eines Stücks der ehemaligen Stadtmauer Seouls führte. Es war herrlich, bei sehr angenehmen Wetter draußen in der Natur und doch so nah an der Großstadt zu sein, dass man einen wunderbaren Blick über Seoul hatte. Zwar konnten wir die Wanderung nicht ganz so durchführen, wie sie im Reiseführer beschrieben war, da der oberen Teil des Pfades abgesperrt war, aber das tat dem Erlebnis keinen Abbruch. Bevor wir uns wieder zurück Richtung Changdeokgung Palast aufgemacht haben, wollten wir noch einen Blick ins alte Gefängnis Seouls werfen, welches aber leider aufgrund des Feiertages ebenfalls geschlossen hatte. So haben wir die Zeit stattdessen zu einem späten zweiten Frühstück genutzt und uns für den zweiten Teil des Tages gestärkt. Dann ging es endlich zur englischsprachigen Führung in den Changdeokgung Palast und danach - wieder ungeführt - noch weiter in den benachbarten Jongmyo Schrein. In diesen waren wir durch den Haupteingang ganz im Süden gelangt und wollten die große, von einer hohen Mauer umgebene Anlage eigentlich durch einen weiteren Ausgang im Norden verlassen, den wir auf unserem Stadtplan entdeckt hatten. Leider konnten wir auf dem Plan nicht erkennen, dass man durch den Ausgang im Norden in einer weiteren Palastanlage landete. Auch diese Anlage war ebenfalls wieder von einer hohen Mauer umgeben war und man konnte sie nur an einem Ausgang verlassen, der unserem gewählten Zugang ziemlich genau gegenüberlag. So waren wir an diesem Tag doch wesentlich weiter zu Fuß unterwegs, als geplant.

Deshalb wollten wir uns abends eigentlich mit einem landestypischen Barbecue belohnen. Leider mussten wir aber feststellen, dass die meisten Restaurants aufgrund des Feiertags geschlossen hatten und wir erneut in Insadong in einem eher touristischen Restaurant essen gehen mussten. Dort war es aber auch sehr lecker, auch wenn der gebratene Tintenfisch dermaßen scharf war, dass sogar Ludwig deutlich ins Schwitzen kam und Lulu sich der Herausforderung gar nicht erst stellte. Zum Abschluss dieses zweiten Tages gab es dann wieder das schon obligatorische Bier im Innenhof des Gästehauses.

Nach den vielen historischen Palästen und Tempeln, die wir während der ersten beiden Tage in Seoul gesehen hatten, wollten wir dann am dritten und letzten Tag das moderne Seoul kennenlernen. Diesen Tag haben wir nicht ganz so früh gestartet wie den vorherigen, sodass wir nach einem sehr entspannten Frühstück erst kurz vor der Mittagszeit mit der U-Bahn ins Universitätsviertel Hongik gefahren sind. Dort gibt es viele moderne Läden, Cafés und auch Clubs, die aber zur Mittagsstunde natürlich noch geschlossen waren. Auch sonst war es eher ruhig und einige Läden hatten nach dem Feiertag noch nicht wieder geöffnet. Nach dem Durchwandern des Viertels sind wir von einer anderen U-Bahnhaltestelle aus zum Han Fluss gefahren und haben an der dortigen Cheonggye Fluss im Stadtzentrum von SeoulPromenade einfach ein bisschen die Sonne und die frischen Luft genossen. Nach einem Spaziergang entlang des Ufers sind wir Richtung Rathaus aufgebrochen, mussten dann dort aber feststellen, dass dieses gerade umgebaut wurde und komplett verpackt war. Deshalb haben wir dieses links liegen gelassen und sind zum nahegelegenen Cheonggye Fluss gelaufen. Dieser war früher einmal unterirdisch geführt worden, um oberhalb für eine Stadtautobahn Platz zu haben. Vor einigen Jahren haben sich die Seouler Stadtplaner aber dazu entschlossen, den Fluss wieder freizulegen, und die Autobahn aus dem Koreanisches BarbecueStadtzentrum zu verbannen. Das war eine sehr gute Entscheidung, da der Fluss viel zu einem angenehmen Stadtbild Seouls mit viel Leben beiträgt. Wasser und Natur in der Innenstadt machen eine Stadt lebenswerter und das Gelände um den Fluss herum ist sehr schön angelegt worden.

Vom Cheonggye Fluss aus sind wir wieder Richtung Universitätsviertel Hongik aufgebrochen, sind dann aber nach einem Blick in den Reiseführer schon eine Station früher ausgestiegen. Dort haben wir dann nach dem Feiertag am Vortag doch noch das bunte und emsige Treiben einer Großstadt entdeckt und sogar ein sehr leckeres koreanisches Barbecue inmitten von koreanischen Studenten genießen können. Ein wunderbarer Abschluss einer tollen, wenn auch leider etwas kurzen Zeit in Seoul!

Bevor wir am nächsten Tag sehr früh Richtung Flughafen Incheon zum Weiterflug nach Taipei aufgebrochen sind, haben wir natürlich auch den letzten Abend zu dritt traditionell mit ein oder zwei Abschiedsbierchen im Innenhof beendet. :-)

Taipei

Nach drei ereignisreichen und interessanten Tagen in Seoul sind wir am 5.10. morgens weiter nach Taipei geflogen. Leider zogen Ausläufer des Taifuns Parma auch über Taiwan und bescherten uns am bei der Ankunft und am ersten Nachmittag viel Regen und Wind. Deshalb war unser Plan, ein paar Stunden im Hotelschwimmbad zu entspannen. Im Gegensatz zum Gästehaus in Seoul hatten wir uns für die drei Nächte in Taipei keine traditionelle Unterkunft gesucht, sondern ein westliches Hotel der etwas besseren Kategorie gebucht. Leider mussten wir im Hotel dann aber Louis Vuitton Shoppingtraumfeststellen, dass es zwar einen Fitnessbereich aber kein Schwimmbad gab. Also haben wir versucht, dem Regen in Einkaufszentren zu entfliehen. Auf dem Weg in ein Viertel mit einigen Einkaufszentren haben wir in der U-Bahnstation bei unserem Hotel einen kleinen Laden entdeckt, der Sushi zum Mitnehmen verkauft hat. So etwas kannten wir bisher nur aus Tokio. Da eh gerade Mittagszeit war und wir ein leichtes Hungergefühl verspürten, haben wir das direkt ausprobiert und waren sehr vom Preis-Leistungs-Verhältnis angetan. Frisch gestärkt ging es mit der U-Bahn weiter in das erhoffte Einkaufsviertel. Dort haben wir eine Zeit lang in einem Buchladen verbracht, der auch englische Bücher führte. Da wir aber keine allzu begeisterten "Shopper" sind und die Läden eher Luxusgüter wie Louis Vuitton Handtaschen und allerlei edle Klunker führten und damit auch nicht ganz unserem Geschmack entsprachen, haben wir uns doch recht zielstrebig Richtung Taipei 101 bewegt. Das ist mit 508m Höhe das zweitgrößte Hochhaus der Welt - zumindest wenn man die Antenne mitrechnet.

Aufzug im Taipei 101Das 101 hat seinen Namen aufgrund seiner 101 Stockwerke. Fast ganz oben, nämlich im 89. Stockwerk, befindet sich eine Aussichtsetage. Dorthin kann man sich mit dem schnellsten Aufzug der Welt innerhalb von 37 Sekunden befördern lassen und normalerweise einen grandiosen Ausblick über Taipei genießen. Durch das schlechte Wetter war es an diesem Tag allerdings sehr bewölkt, sodass wir nicht sehr weit schauen konnten. Wir waren dort oben aber auf Höhe der Wolken und konnten bewundern, wie diese um uns herumzogen. Außerdem hat der Wind ganz schön am Hochhaus gezerrt, was man sehr gut spüren konnte. Das 101 besitzt eine passive Dämpfung, die aus einer 660 Tonnen schweren Stahlkugel besteht, die an starken Stahlseilen in der 88 Etage in der Turmmitte aufgehängt ist. Diese Kugel kann man sich dort sogar anschauen. Ohne diese Dämpfung hätten wir an diesem Tag sicher noch stärkere Schwankungen des Turmes spüren können. Dieser Besuch war wirklich ein Erlebnis für uns!

Nachdem wir wieder auf bzw. sogar unter Straßenniveau zurückgekehrt waren, haben wir unseren Hunger im Untergeschoss des 101s gestillt. Dort besteht ein ganze unterirdische Etage nur aus kleinen Essenständen, die überwiegend japanisches Essen verkaufen. Das hat uns sehr an Tokio erinnert, wo so etwas auch in sehr vielen großen Kaufhäusern existiert. Obwohl wir eigentlich schon reichlich gegessen hatten, konnten wir uns auf dem Rückweg ins Hotel die Gelegenheit nicht entgehen lassen, noch einen kleinen Nachtisch aus Sushi mit aufs Zimmer zu nehmen :-).

Am nächsten Morgen war das Wetter dann nicht mehr ganz so unfreundlich. Es war zwar immer noch bewölkt und nieselte ab und zu ein bisschen, aber wir konnten ohne Chiang-Kai-shek GedächtnishalleRegenjacken zur Stadtbesichtigung aufbrechen. Als erstes sind wir zur Chiang-Kai-shek-Gedächtnishalle gefahren, welche zum Gedenken von Chiang Kai-shek, dem Mitgründer und langjährigen Präsidenten der nationalistischen Kuomintangpartei und obersten Militärbefehlshaber der Republik China - also dem Staat Taiwan, errichtet wurde. Diese Gedächtnishalle war eine riesige Halle, in der ein monumentales Standbild von Chiang Kai-shek von zwei Gardesoldaten mit blitzblank polierten Edelstahlhelmchen und Bajonetten bewacht wurde. Vor der Halle erstreckte sich ein ziemlich großer Platz, der ausser einem riesigen Masten mit einer sehr großen taiwanesischen Flagge daran, auch wenig zu bieten hatte. Insgesamt wirkte diese Anlage nicht besonders einladend und eher kommunistisch. Dieser Eindruck wurde sicherlich auch noch durch das trübe Wetter unterstützt und wir hatten die Besichtigung doch schnell abgeschlossen und fuhren lieber weiter zum Longshan Tempel. Dieser war sehr gut besucht und mit vielen Drachen (龙 lóng) verziert, die ihm offensichtlich den Namen gaben. Der Tempel befindet sich in einem Viertel, welches an den Danshui-Fluss angrenzt, der durch Taipei fließt. In der Erwartung einer ähnlich netten Promenade wie in Seoul am Han-Fluss, haben wir uns Richtung Fluss aufgemacht, wo wir zwar ein Naturschutzgebiet für Vögel vorfanden. Dieses war eigentlich sehr nett, aber es war eingerahmt von vielen Brücken und hohen Deichmauern zum Hochwasserschutz, die alle aus Beton errichtet waren. Das hat das Naturerlebnis leider ein wenig geschmälert. Dennoch sind wir ein wenig am Fluss entlang gelaufen, bevor wir weiter zur nächsten U-Bahnstation sind, um von dort Richtung Norden zum Konfuziustempel zu fahren.

Der Konfuziustempel wurde erst vor einigen Jahren renoviert und ist dementsprechend in einem tadellosen Zustand. Da nicht sehr viele Besucher anwesend waren, haben wir die Ruhe dort bei einem Kaffee auf der Terrasse des "Confucius Café", dem Souvenirladen des Verbrennen von Gebetszetteln im Bao-An TempelTempels, genossen - zumindest solange sich keine Flugzeuge im Landeanflug auf den benachbarten inländischen Flughafen befanden. Gegenüber vom Konfuziustempel befindet sich der Bao-An-Tempel, der bedeutendste daoistische Tempel Taiwans, dem wir auch noch einen kurzen Besuch abstatteten. Der Bao-An-Tempel war sehr stark frequentiert und hinter dem Tempel waren mehrere Bedienstete damit beschäftigt, stapelweise gelbe Papierzettel zu verbrennen, auf denen Gläubige vorher ihre Wünsche notiert hatten. Durch das Aufgehenlassen der Wünsche in Rauch erhoffen sich die Gläubigen, so die Adressaten - die Götter - direkt zu erreichen und Gehör zu finden. Nach diesen vielen Besichtigungen sind wir zurück ins Hotel und haben uns dort ein wenig ausgeruht haben.

Abends sind wir mit der U-Bahn in ein anderes Einkaufsviertel gefahren, das uns besser als das gefiel, welches wir am ersten Tag besucht hatten. Dort haben wir in einem großen Kaufhaus wieder eine Etage voller Essensstände gefunden, bei einem derer wir günstig und gut zu Abend gegessen haben. Danach sind wir noch ein bisschen durch die Einkaufsstraßen gelaufen und haben sogar noch ein paar Kleidungsstücke erstanden.

Am nächsten Tag hat sich das Wetter dann sogar soweit beruhigt, dass ab und zu mal die Sonne hervorkam. Wir haben uns per U-Bahn und Bus zum Nationalen Palastmuseum aufgemacht und den Bau erst einmal von außen bewundert. Da wir außer dem Museum schon alle Orte besichtigt hatten, die Lulu bei der Urlaubsplanung vor ein paar Wochen herausgesucht hatte, haben wir beschlossen, für eine oder zwei Stunden das Museum zu besuchen. Das nationale Palastmuseum beherbergt einen unglaublichen Kunstschatz von ca. 620000 Exponaten aus allen chinesischen Kaiserdynastien aus über dreitausend Jahren, welche bis zum chinesischen Bürgerkrieg (1927 bis 1945) in der Verbotenen Stadt in Beijing aufbewahrt waren. Obwohl das Museum enorme Ausmaße besitzt, kann dennoch nur ein ganz geringer Teil der Gegenstände dem Publikum gezeigt werden. Den Entschluss, das Museum zu besuchen, haben wir nicht bereut. Im Gegenteil, es hat uns so gut gefallen, dass wir über vier Stunden im Museum verbracht haben!

Nach einer Erfrischung im Museumscafé und einem anschließenden kurzen Spaziergang durch einen benachbarten Garten mit Teich voller Kois (Zierkarpfen) fuhren wir wieder zurück zum Hotel, um uns umzuziehen. Für den letzten Abend unserer Urlaubsreise hatten wir uns nämlich etwas ganz Besonderes ausgesucht. Wir sind nochmal zum Taipei 101 gefahren, um dort in einem der beiden Restaurants in der 85. Etage zu Abend zu Essen. Da wir leider nicht reserviert hatten, Blick vom 85. Stockwerk des Taipei 101haben wir zwar keinen Tisch am Fenster bekommen, aber dennoch das vorzügliche chinesische Essen sehr genossen. Wir hatten einen sehr hilfsbereiten Kellner, der uns nach dem Essen sogar noch in einen Nebenraum geführt hat, von dem aus wir dann doch noch einen wolkenfreien Ausblick auf Taipei bei Nacht genießen konnten. Ein würdiger Abschluss eines wunderbaren, facettenreichen Urlaubs in zwei asiatischen Metropolen!

Freitag der 13. – ein verkorkstes Wochenende

Freitag, der 13.Wir sind überhaupt nicht abergläubisch, aber dieser Freitag, der 13. November, hatte es in sich. Wir hatten geplant, das Wochenende vom 13. bis zum 15. November zu einer Besichtigung der alten Hauptstadt Xi'an zu nutzen, die heutzutage vor allem für die Tausenden lebensgroßen Tonfiguren der "Terrakotta Armee" bekannt ist. Ludwig war in der ganzen vorangegangenen Woche auf einem Seminar in Beijing und wollte von dort aus direkt nach Xi'an fliegen, während Lulu am Freitagnachmittag aus Shenzhen einfliegen wollte. Wir hatten Flüge gebucht, die beinahe zeitgleich in Xi'an ankommen sollten, sodass wir am Flughafen in ein gemeinsames Wochenende starten wollten.

Lulu:

Das erste Warnzeichen kam bereits am Donnerstagabend, als ich feststellen musste, dass Ludwigs Sekretärin uns die falschen Rückflugtickets von Xi'an nach Shenzhen gebucht hatte. Wir hatten geplant, am Sonntagabend nach Shenzhen zurückzufliegen, die Tickets waren aber für den Vormittagsflug ausgestellt, sodass wir am Sonntag nichts mehr von dem Tag in Xi'an haben würden. Nach meinen Erfahrungen, die ich im letzten Jahr in China sammeln konnte, habe ich die Sache aber erst einmal gelassen gesehen. Dann sollte die Sekretärin die Flüge eben am Freitagvormittag wieder umbuchen.

Freitagmorgens im Büro musste ich dann aber feststellen, dass Ludwigs Sekretärin im Urlaub ist, auch zur Überraschung von Ludwig. Also habe ich umdisponiert und unsere Rezeptionistin gebeten, sich um die Umbuchung zu kümmern. Die hat sich der Sache dann auch gerne angenommen und mir dann zügig per Email mitgeteilt, dass der Frühbucherrabatt, den wir ursprünglich für die Flüge bekommen hatten, bei einer Umbuchung nicht mehr gilt und wir statt der ursprünglichen 620 RMB jetzt 900 RMB für die Flüge zahlen sollten. Nach einer kurzen Rücksprache mit Ludwig habe ich der Kollegin Bescheid gegeben, dass wir den Aufpreis von knapp 300 RMB pro Flug zahlen werden. Schnell stellte sich aber heraus, dass sie sich in Ihrer Email nicht ganz klar ausgedrückt hatte: Die umgebuchten Flüge sollten 900 RMB Aufpreis kosten und nicht 900 RMB insgesamt!

Wir haben uns telefonisch erneut abgestimmt und dann doch etwas länger überlegt. Alternativ haben wir in Erwägung gezogen, die ganze Wochenendreise zu stornieren. Dabei hätten wir allerdings nur einen Teil des Geld zurückbekommen und natürlich nur ein "normales" Wochenende in Shenzhen statt in Xi'an gehabt. Also haben wir uns entschlossen, den happigen Aufpreis zu zahlen, um das Wochenende wie geplant in Xi'an zu verbringen. Diesen Entschluss mussten wir allerdings später arg bereuen, da nichts wie geplant verlief...

Nachdem ich mir von einem Kollegen Bargeld geliehen hatte, um die Umbuchung zu bezahlen, verließ ich an dem Freitag noch wie geplant gegen 14:00 Uhr die Firma und hatte auch relativ zügig ein Taxi gefunden, das mich zum Flughafen fuhr. Nach dem Bezahlen des Taxis waren meine Bargeldvorräte arg geschrumpft. Aber bis Xi'an würde ich damit schon noch kommen und ich baute auf Ludwigs Bargeldvorräte. Beim Einchecken am Flughafen habe ich erfahren, dass meine Maschine eine Stunde Verspätung hat. Aber das ist für chinesische Verhältnisse ja normal. An den Monitoren wurde zu diesem Zeitpunkt allerdings schon eine Abflugzeit von 17:35 Uhr statt der geplanten Zeit 16:05 Uhr angegeben. Also habe ich bei Ludwig angerufen, um ihm die Verspätung durchzugeben und ihm vorgeschlagen, doch schon Richtung Hotel aufzubrechen und nicht am Flughafen Xi'an auf mich zu warten. Da ihm aber egal war, wo er auf mich wartet, wollte er am Flughafen bleiben.

Während ich am Gate saß und wartete, habe ich festgestellt, dass es einen früheren Flug nach Xi'an gab, der schon mittags hätte abfliegen sollen. Auch dieser war natürlich verspätet und nun für eine Abflugzeit um 16:40 Uhr angekündigt. Also kam ich auf die Idee, mich auf die frühere Maschine umbuchen zu lassen. Am Gate gab es die Auskunft, dass ich zum Eincheckschalter 63 gehen sollte, also wieder zurück durch die Passkontrolle und den Sicherheitscheck. Das erschien mir zunächst nicht möglich, aber da ich in China schon öfters eines Besseren belehrt worden war, habe ich mich einfach Richtung Sicherheitskontrolle aufgemacht, um es zu probieren. Dort habe ich dann auch einen Seitengang entdeckt, der an den Kontrollen vorbeiführte. Davor saß eine Beamtin, die leider nur Chinesisch sprach. Aber immerhin war ich durch meinen Chinesischunterricht in der Lage, zumindest so etwas ähnliches wie "Ticket umtauschen" sagen zu können, und ich habe es geschafft, der Beamtin klar zu machen, was ich wollte und sie ließ mich passieren.

Beim Eincheckschalter 63 sprach man dann Englisch und hatte kein Problem mit meinem Vorhaben. Man riss mein Ticket kurzerhand in der Mitte durch und mit einer Hälfte ausgestattet wurde ich zum Ticketschalter der Fluglinie geschickt, um mir dort ein neues Ticket ausstellen zu lassen. Dort gab es dann allerdings die Auskunft, dass es keine freien Plätze mehr gab, was mich kurzfristig ein wenig nervös gemacht hatte, da ich ja nun auch für den eigentlichen Flug nur noch einen Ticketrest in der Hand hielt. Also ging es wieder zurück zum Eincheckschalter 63, an dem ich dann aber ohne Problem wieder ein neues Ticket für meinen ursprünglich gebuchten Flug bekam, mit dem ich ein zweites Mal an diesem Nachmittag durch Pass- und Sicherheitskontrolle ging.

Also hieß es Warten: Auf meinen verschobenen Flug, der nur einer von vielen verschobenen war, wie ich an den Monitoren ablesen konnte. Angeblich des Wetters wegen waren viele Flüge in Richtung Nordchina verspätet. Der Abflugtermin näherte sich, aber es tat sich erst mal nichts. Weder an der angezeigten Verspätungsdauer, noch am Gate selbst. Dort wurde stattdessen ein anderes Flugzeug geboardet, das aber gar nicht schnell genug weg gekommen wäre, dass unser Flug pünktlich hätte starten können. Das hatte die Flughafengesellschaft dann anscheinend auch erkannt, denn gegen 17:15 wurde ein Gatewechsel durchgegeben. In der Erwartung, dass sich der Flug, wie schon mein Flug nach Beijing im Juli, immer weiter verspätet, war ich dann aber doch überrascht, als um 17:35 Uhr - der angekündigten Abflugzeit – immerhin das Boarden begann. Leider standen wir dann noch ziemlich lange auf dem Flugfeld, da wir noch auf andere Abflüge warten mussten, aber um 18:45 ging es endlich auch für mich los Richtung Xi'an. Da ich von Ludwig nichts mehr gehört hatte, ging ich davon aus, dass er inzwischen dort angekommen war.

Der Flug war dann bis kurz vor Xi'an ereignislos. Gegen 20:55 Uhr ging das Flugzeug in den Sinkflug und ich freute mich schon, Ludwig nach einer Woche endlich wieder zu treffen, wenn auch mit ca. 3 Stunden Verspätung. Dann kam jedoch plötzlich eine Durchsage auf Chinesisch und ein Raunen ging durch die Kabine. Die paar wenigen Ausländer in der Maschine hatten keine Ahnung, was geschah. Netterweise hat sich herausgestellt, dass mein chinesischer Nachbar fließend Englisch sprach, da er in England studiert hatte. Er hat meinem Gesicht angesehen, dass ich nicht wusste, was los ist und hat mir mitgeteilt, dass die Maschine nicht in Xi'an landen kann. Wir würden stattdessen nach Chengdu umgeleitet, was eine weitere Flugstunde westlich von Xi'an liegt.

FlugrouteIm ersten Moment konnte ich es einfach nicht glauben. Meine erste Antwort zum unschuldigen Chinesen war: "Are you kidding?" ("Machst Du Witze?"). Aber ich musste ihm dann glauben, als ich auf dem Monitor im Flugzeug die neue Flugroute eingeblendet sah. Jetzt wollte ich Ludwig unbedingt Bescheid geben. Da man in China Regeln meist äusserst lax auslegt, habe ich deshalb mein Handy angestellt, in der Hoffnung ihm eine SMS schicken zu können. Aber leider gab es dort oben keine Netzabdeckung. Also blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten, bis wir in Chengdu gelandet waren. Dort habe ich dann sofort nach der Landung Ludwig angerufen, um ihm mitzuteilen, dass ich nun in Chengdu statt Xi'an war. Außerdem hatte ich natürlich keine Ahnung wann es weiterging und wie üblich gab es überhaupt keine Informationen an Board. Nur ein paar ungenaue Aussagen, dass es wohl eher unwahrscheinlich ist, dass man an dem Abend noch von Chengdu abfliegen kann. Also habe ich Ludwig die Hotelinformationen von Xi'an durchgegeben, damit er sich zumindest schon mal Richtung Hotel aufmachen konnte. Inzwischen war es ja schon nach 22:00 Uhr.

In Chengdu war man auf uns leider nicht vorbereitet. Wir blieben nämlich erst einmal im Flugzeug, da es angeblich keinen Bus gab, der uns zum Flughafengebäude transportieren konnte. So ging es nicht nur uns, sondern mindestens noch zwei weiteren Maschinen, die ich von meinem Fenster aus sehen konnte. Um 0:30 Uhr hatte ich dann mein letztes Telefonat mit Ludwig und ihn gebeten, sich doch schon hinzulegen. Ich selbst hatte mich auf eine Nacht im Flugzeug eingestellt, war dann aber doch überrascht, als um 0:45 Uhr ein leerer Bus vor unserem Flugzeug anhielt und wir endlich die Maschine verlassen durften. Auf dem Weg zum Flughafengebäude fuhren wir dann an mindestens 10 geparkten Flughafenbussen vorbei. So viel zu der Aussage, dass es keinen Bus für uns gab. Im Flughafengebäude selber war auch nichts los, aber wir wurden auch direkt durch das Gebäude hindurch zu einem Ausgang gelotst, an dem einige Reisebusse warteten. Die sollten uns zu einem Hotel in der Innenstadt bringen, da die Hotels am Flughafen schon alle mit weiteren gestrandeten Fluggästen belegt waren. Also stiegen wir in einen der Busse ein, um dann 15 Minuten später wieder rausgeholt zu werden, um in einen anderen Bus einzusteigen. Nach einer halben Stunde Fahrt durch eine leere graue Stadt, sind wir dann um 1:45 Uhr endlich an einem Hotel angekommen.

In der großen Eingangshalle des Hotels gab es dann erst einmal das typische chinesische Chaos. Alle standen um einen Tisch herum, an dem ein Mann mit einer Liste saß, der anscheinend die Zimmer verteilte. Da sich sämtliche Männer erst einmal ein Zigarette in der Eingangshalle anzünden mussten, ließ ich das Chaos Chaos sein und habe mich vor den Hoteleingang an die frische, wenn auch ungewohnt kühle Luft gestellt. Nach 20 Minuten bin ich aber dann doch wieder reingegangen, um mich von dem englisch sprechenden Chinesen auf den neuesten Stand zu bringen. Dieser war, dass man sich jemanden suchen sollte, mit dem man ein Doppelzimmer teilen sollte. Allerdings gäbe es wohl die Möglichkeit, für 80 RMB privat zu begleichenden Aufpreis ein Einzelzimmer zu bekommen. Aufgrund meiner schmalen Bargeldresourcen, habe ich dann nachgefragt, ob ich mit Kreditkarte zahlen kann, was aber leider nicht möglich war.

Also stand ich gegen 2:20 Uhr nachts mitten in China in einem vollgequalmten Hotel mit der Aussicht, dort eine Nacht zusammen mit einer wildfremden Chinesin zu verbringen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Englisch spricht. Bevor es aber dazu kam, hatte ich noch einmal genau mein Bargeld durchgezählt und konnte glücklicherweise feststellen, dass ich sogar noch 110 RMB besaß, mir also ein Einzelzimmer leisten konnte. Auf diesem befand ich mich dann auch endlich um 2:30 Uhr. Eine der letzten Aussagen, die ich von meinem chinesischen Ansprechpartner bekommen hatte, war, dass wir den nächsten Vormittag auf jeden Fall im Hotel verbringen können. Selbst wenn der Flieger nach Xi'an weiterfliegen kann, muss er erst einmal einen Abflugzeitraum vom Flughafen gewährt bekommen. Eigentlich war ich sehr müde und kaputt und habe mich sofort hingelegt, aber mein Adrenalinspiegel war noch so hoch, dass ich lange Zeit nicht einschlafen konnte.

Am nächsten Morgen hat mich dann Ludwig um 7:45 Uhr angerufen, um zu wissen, wo ich inzwischen gelandet war. Nachdem ich ihn auf den neuesten Stand gebracht hatte, haben wir uns dann entschlossen, die Aktion abzubrechen, da völlig unklar war, wann und wie ich nach Xi'an kommen würde und vor allem, wie wir beide von dort wieder weg kämen. Wir würden beide versuchen, noch am gleichen Tag wieder nach Shenzhen zurückzukommen. Also bin ich aufgestanden, habe mich geduscht und bin auf die Suche nach dem Hotelfrühstück gegangen. Ich habe es dann auch gefunden, aber es war ein rein chinesisches Frühstück, das fast ausschließlich aus gedünstetem Gemüse und Fleisch bestand. Nach einem Schluck warmer Milch, die ziemlich seltsam geschmeckt hat, habe ich mir den Rest des Frühstücks geschenkt und bin auf die Suche nach einem Geldautomaten gegangen. Den gab es auch gleich an der nächsten Ecke und er hat auch anstandslos meine deutsche EC Karte akzeptiert. Es gab allerdings nur 1000 RMB als Höchstbetrag. Immerhin etwas und in Erwartung, am Flughafen noch weitere Geldautomaten anzutreffen, habe ich es erst einmal dabei belassen.

Zurück im Hotel habe ich dann die anderen Ausländer, die mit mir im Flieger gewesen waren, in der Eingangshalle getroffen. Das war ein amerikanisches Ehepaar mit zwei Kindern, die auch in Shenzhen leben und ein anderes Ehepaar, das Spanisch sprach und sechs Kinder dabei hatte. Diese lebten allerdings in Xi'an und mussten also auf jeden Fall auf den Weiterflug warten. Die Amerikaner haben sich mir dann angeschlossen und so ging es zu fünft im Taxi zurück zum Flughafen. Dort haben wir relativ schnell den richtigen Ticketschalter gefunden, mussten dann aber feststellen, dass uns die Fluggesellschaft nur weiter nach Xi'an fliegen würde. Einen Rückflug nach Shenzhen mussten wir selbst bezahlen. Da ich aber befürchtete, dort erst mal nicht hin zu kommen, habe ich zähneknirschend die 950 RMB für einen Rückflug bezahlt. Dieser hat dann auch innerhalb einer halben Stunde Chengdu verlassen, sodass ich rennen musste, um noch rechtzeitig am Gate anzukommen. Dieser Flug war dann völlig ereignislos, sodass ich um 13:15 Uhr, fast 24 Stunden nach Antritt meiner Reise, wieder in Shenzhen angekommen war.

Ludwig hatte inzwischen versucht, in Xi'an seinen Flug umzubuchen, musste aber feststellen, dass dort am Flughafen das absolute Chaos ausgebrochen war. Nach einigen Überlegungen, ob Ludwig einen Zug nach Chengdu nehmen sollte, haben wir uns entschlossen, dass er am besten wieder zurück in Stadt fährt und noch eine weitere Nacht im Hotel verbringt. Dort kann er sich zumindest etwas erholen und hat die Hoffnung, dass sich das Chaos am Sonntag etwas beruhigt hat und er dann einen Rückflug nach Shenzhen bekommt.

Fortsetzung folgt...

Freitag der 13. – Fortsetzung

Ludwig:

Die vergangenen vier Wochen waren sehr arbeitsintensiv mit vielen Besuchern aus unserem deutschen Stammhaus und zuletzt einer Woche auf Beijing im Schneeeinem tollen Seminar in Beijing. So hatten wir uns zur Erholung vorgenommen, mal wieder eine neue chinesische Stadt zu erkunden und ich hatte mich sehr auf das gemeinsame Wochenende in Xi'an gefreut. In diesem Jahr kam der Winter sehr früh nach China und nach noch immer sommerlich-schwülem Wetter in Shenzhen war die Umstellung in Beijing auf Schnee und Frost schon recht abrupt.

In der Woche davor gab es bereits den ersten Schnee in Beijing, der einen Zusammenbruch des Verkehrs dort ausgelöst hatte. Einige Tage später berichteten dann westliche Medien, dass der Schneefall durch das "Büro für Wetterbeeinflussung" künstlich ausgelöst wurde. Wie schon zu den Olympischen Sommerspielen 2008 beeinflusst China das Wetter durch das "Impfen" von Wolken mit Chemikalien. Was genau verwendet wird und welche Nebenwirkungen die verwendeten Mittel möglicherweise haben, bleibt in einem Land wie dem hiesigen natürlich vollkommen im Dunkeln. In der vorangegangenen Woche wollten die Wettermacher Beijing nach einer langen Trockenheit Erlösung durch Regen bescheren. Leider haben sie dabei die Lufttemperatur vollkommen ausser Acht gelassen und die Niederschläge kamen reichlich, aber als Schnee. Ob die erneuten Schneefälle nun natürlich oder auch wieder menschlich induziert waren, bleibt unklar.

Als mich Lulu am Freitagvormittag anrief und den stolzen Aufpreis für das Umbuchen der Flüge nannte, tendierte ich auch angesichts der schlechten Wettervorhersage für Xi'an (-4 bis +5 Grad, Schneefälle) dazu, die Reise ganz zu stornieren und in den Frühling zu verschieben. Allerdings bemerkte Lulu sicherlich nicht ganz zu unrecht, dass wir dann einen Besuch in Xi'an womöglich gar nicht mehr schaffen würden, da ich doch leider viel zu oft dienstlich eingespannt bin. Also haben wir uns entschieden, die Reise wie geplant durchzuziehen.

Ich kam mit einer Verspätung von 1-1/2 Stunden am Flughafen in Xi'an an – nach chinesischen Maßstäben also beinahe pünktlich. Auch dass das Gepäck nicht an dem Band ausgegeben wurde, welches angegeben war und wir erst nach ungefähr 20 Minuten am Laufband darüber informiert wurden, sortierte ich noch emotionslos unter den üblichen Kleinigkeiten ein, die hier in China eben so vorkommen. Dann begab ich mich in den Ankunftsbereich, in dem Massen von Menschen warteten und kämpfte mich bis zu einem Bildschirm durch, auf dem die Ankunftszeiten der Flüge dargestellt wurden. Natürlich funktionierte der große Bildschirme nicht richtig, d.h. dort wurden permanent nur die Flüge angezeigt, die am Morgen zwischen 7:00 und 8:30 Uhr hätten ankommen sollen. Deshalb war vor diesem Bidlschirm auch nicht ganz so ein dichtes Gedränge wie vor dem zweiten... Auf jenem sah ich dann, dass Lulus Flug verspätet und noch unterwegs ist, sich aber im Anflug befinde und um 21:05 Uhr landen sollte. Ich beschloss, die 45 Minuten bis zur angekündigten Landung dort im Gedränge auf Lulu zu warten. Natürlich landete der Flug nicht um 21:05 Uhr und auch um 22:00 Uhr war auf dem Bildschirm noch keine neue Information angezeigt ("In Arrival, 21:05"). Mir war klar, dass die Informationen am Flughafen mal wieder rein zufälliger Natur waren und ich besser nicht glaube, was dort verkündet wird. Etwa 10 Minuten später meldete sich Lulu telefonisch und teilte mir mit, dass sie inzwischen in Chengdu angekommen ist. Also beschloss ich, mich auf den Weg zum Hotel zu machen, das etwa 30 km entfernt in der Altstadt von Xi'an liegt.

Im Gegensatz zu meinen bisherigen Erfahrungen an chinesischen Flughäfen war es zunächst nicht einfach, ein Taxi zu finden. Irgendwann gelang es mir aber doch. Ich war zwar ein bisschen erstaunt, dass auf dem Beifahrersitz noch eine Person saß, war aber froh, endlich im Taxi zu sitzen. Auch schien der Fahrer den Namen des Hotels verstanden zu haben und ich wollte mich schon zurücklehnen, als der Fahrer sagte: "400". Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff, was er wollte und bedeutete ihm, er möge bitte das Taxameter einschalten. Er sagte aber nur "no meter, 400". In der Zwischenzeit war er schon losgefahren und ich saß auf der Rückbank in einer Art Käfig, denn die Taxen in Xi'an haben Gitter, um den Fahrer von den Fahrgästen hinten zu schützen. In diesem Fall schien mir die Bedrohung aber nicht vom Fahrgast auszugehen. Ich rief Lulu an, sie möge mir bitte die Telefonnummer der Hotels durchgeben, damit ich dort telefonische Hilfe organisieren kann. Nach ein bisschen hin und her habe ich dort auch eine englisch sprechende Dame an der Rezeption erreicht. Sie empfahl mir, ein anderes Taxi zu nehmen, bot aber an, mit dem Fahrer direkt zu sprechen. Ich reichte also dem Fahrer mein (neues) Telefon. Dann fiel mir aber ein, dass ich dem Fahrer und seinem stummen Begleiter nun vollkommen ausgeliefert gewesen wäre, wenn der Fahrer mir mein Telefon nicht durch die Gitterstäbe wieder zurückgegeben hätte! Glücklicherweise hielt sich seine kriminelle Energie anscheinend doch in Grenzen und er wollte nur einen Ausländer abzocken. Inzwischen hatte er sein Angebot auf 300 RMB reduziert, aber ich blieb standfest und wies ihn an, entweder zum Flughafen zurück zu fahren, oder das Taxameter einzuschalten. Aufgrund meiner Standhaftigkeit und einigen weiteren Telefonaten auf Deutsch (mit Lulu), deren Inhalt er nicht verstehen konnte, war der Fahrer wohl doch verunsichert und entschied sich, doch umzudrehen und mich zum Flughafen zurück zu bringen. Dort habe ich fluchtartig das Taxi verlassen, mein Gepäck aus dem Kofferraum in Sicherheit gebracht und schließlich einen Bus gefunden, der mich für 25 RMB bis ins Zentrum von Xi'an brachte. Ein Taxi von dort bis zum Hotel kostete mich nur noch weitere 10 RMB und ich war heilfroh, als ich endlich im Hotel angekommen war. Das Hotel war sehr schön, aber natürlich konnte ich es angesichts der Unsicherheit, wie es für Lulu weiter ginge, nicht so richtig genießen. Dennoch bin ich nach den Anstrengungen der vergangenen Wochen schnell eingeschlafen.

Am nächsten Morgen bin ich trotzdem früh aufgewacht und habe mich gleich mal nach Lulus Verbleib erkundigt. Nachdem wir uns entschlossen hatten, den Besuch in Xi'an für dieses Wochenende abzubrechen, habe ich gefrühstückt, meine Sachen wieder gepackt und ausgecheckt. Zunächst wollte die Dame an der Rezeption, dass ich beide Nächte bezahle, da das von uns gebuchte Paket keine frühzeitige Abreise erlaube. Mit mir inzwischen vertrauten chinesischen Verhandlungskünsten und etwas Charme gelang es mir aber, die Dame umzustimmen, sodass ich nur eine Nacht zahlen musste.

Also habe ich mich mit Taxi und Bus wieder auf den Weg zum Flughafen gemacht. Als ich dort angekommen war, stellte ich fest, dass sich das Chaos über Nacht eher vergrößert als verringert hatte. Chaos am Flughafen Xi' anDie Abflughalle war so voll, dass ich große Schwierigkeiten hatte, mir überhaupt einen Weg durch die Menschenmasse zum Ticketschalter der Fluglinie zu bahnen. Meinen ursprünglichen Plan, eine Umbuchung des Sonntagabendflugs mit Hainan Airlines auf Samstag, habe ich schnell aufgegeben, denn der Schalter dieser Fluglinie war von buchstäblich Hunderten belagert und ich sah nicht die geringste Chance auf Erfolg meines Unterfangens. Plan B sah vor, dass ich mir mit Meilen einen Flug bei Air China kaufe, und den Rückflug für Sonntag verfallen lasse. Ich musste meine körperliche Überlegenheit an Größe und Gewicht (jetzt zahlte sich mein leichtes Übergewicht endlich mal aus...) massiv gegen einige Dutzend Drängler einsetzen, um bis an den Schalter vorzudringen und dort Gehör zu finden. Immer wieder drängelten sich seitlich und sogar unter meinen Armen durch andere vor – es war ein Hauen und Stechen. Endlich vorne angekommen, wurde mir beschieden, ich möge zu einem anderen Schalter gehen. Dort also nochmal dasselbe Spiel und nach einer Viertelstunde endlich dann die Auskunft, dass es keine Flüge gebe. Auf meine Frage, ob es denn alternativ einen Flug nach Hong Kong gebe, gab man mir einen Zettel mit einer Telefonnummer, unter der man mir angeblich helfen könnte. Nachdem ich mich aus der drängelnden Meute befreit und vor das Flughafengebäude ins Freie begeben hatte, stellte ich fest, dass unter dieser Nummer nur eine automatische chinesische Abfrageschleife läuft und ich mir auch so leider keinen Flug nach Hong Kong besorgen konnte. Auch der Versuch, telefonische Unterstützung durch meine Sekretärin zu organisieren, scheiterte, da ich sie nicht erreichte.

Schließlich sah ich ein, dass mein Unterfangen, Xi'an an diesem Tag per Flugzeug nach Shenzhen oder Hong Kong zu verlassen, zum Scheitern verurteilt war und ich beschloss, wieder in die Stadt zurück zu fahren. Auf dem Weg dorthin habe ich mich mit Lulu beratschlagt, ob es sinnvoll wäre, mit dem Zug ca. 6 Stunden nach Chengdu zu fahren und zu versuchen, von dort einen Flug nach Shenzhen zu bekommen. Da ich mit großer Wahrscheinlichkeit dort aber ebenfalls eine weitere Nacht hätte verbringen müssen, entschied ich mich, lieber in Xi'an zu bleiben und dort wenigstens ein bisschen Sightseeing zu machen. So fuhr ich also wieder zurück in das Hotel, in dem ich am Vormittag ausgecheckt hatte. An der Rezeption begrüßte mich dieselbe Dame, mit der ich vorher die kostenfreie Stornierung der zweiten Übernachtung ausgehandelt hatte. Erfreulicherweise bekam ich auch wieder dieselben Konditionen und sogar dasselbe Zimmer und so hatte auch sie ihren Erfolg – ein typisch chinesisches Erlebnis, bei dem niemand der Beteiligten sein Gesicht verloren hatte. Ich war nach den Strapazen der vergangenen Wochen und Stunden so müde, dass ich mich erst mal hinlegte und 2-1/2 Stunden tief schlief.

Im muslimischen Viertel in Xi' anAm Abend war ich dann etwas erholt und wieder besseren Mutes. So brach ich auf, um ein bisschen von Xi'an zu sehen und zu erleben, wenn auch alleine und nicht wie geplant. Es war schon dunkel und recht kalt, aber immerhin trocken. Zuerst bin ich ins muslimische Viertel von Xi'an gelaufen. Dort herrschte auf den Straßen und in den engen Gassen buntes Treiben und Händler boten Lebensmittel, warme und kalte Gerichte, sowie alle Arten von Waren an. Ich schlenderte durch dieses sehr lebendige Viertel und aß an einem der Straßenverkaufsstände eine Art von Pfannkuchen, der mit Frühlingszwiebeln gefüllt war und sehr lecker schmeckte. Danach ging ich weiter zum Drum Tower und zum Bell Tower, zwei schön hergerichteten alten Bauten direkt im Zentrum der Altstadt von Xi'an. Diese waren angestrahlt und ich konnte ein paar schöne Fotos machen. Auch um diese beiden zentralen Sehenswürdigkeiten herum gab es ein paar nette Geschäfte.

Auf Empfehlung meiner Eltern wollte ich mir dann noch die Pagode anschauen, die ausserhalb der Stadtmauern lag. Auf dem Weg dorthin verließ ich die Altstadt zu Fuß und konnte auch einige sehr schöne Eindrücke von der antiken und gut in Stand gehaltenen Stadtmauer im Bild festgehalten. Die Pagode lag ca. 3 km vom Stadtzentrum entfernt und ich war doch einige Zeit lang bis dorthin unterwegs. Als ich angekommen war, stellte ich fest, dass diese in einem Park liegt, der abends geschlossen war und ich leider die Pagode nicht sehen konnte. Den Rückweg ins Hotel wollte ich mit dem Taxi zurücklegen, da ich doch schon einige Stunden zu Fuß unterwegs gewesen und entsprechend müde war. Leider ist die Infrastruktur in Xi'an mit Taxen wesentlich schlechter, als ich das aus den bisher von mir besuchten Städten Chinas gewohnt bin. Trotz geduldigen Wartens gelang es mir nicht, ein freies Taxi zu bekommen. Zweimal sah ich in einiger Entfernung Taxen anhalten und Fahrgäste aussteigen, aber sofort stürmten andere Bell Tower in Xi' anWartende los, die näher standen, und ich hatte keine Chance, ein Taxi zu ergattern. Also blieb mir nichts anderes übrig, als den ganzen Weg ins Hotel zurück zu Fuß zu gehen. Als ich dort gegen 23 Uhr ankam, war ich dann sehr müde und schlief schnell und lang.

Als ich am Sonntagmorgen aufwachte, hatte Schneeregen eingesetzt. Meinen ursprünglichen Plan, der Terrakotta Armee einen Besuch abzustatten, gab ich auf, nachdem ich mich im Hotel nach den Verkehrsverbindungen dorthin erkundigt hatte. Man empfahl mir, mit dem Taxi dort hin zu fahren. Eine einfache Fahrt würde normalerweise um die 200 RMB kosten, bei den aktuellen Wetterverhältnissen aber um die 300 RMB. Nach dem schlechten Erfahrungen mit Taxen in Xi'an und angesichts des doch recht hohen Preises wollte ich diesen Besuch dann lieber zusammen mit Lulu zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Angesichts des wirklich unfreundlichen Wetters hatte ich auch keine Lust, die Altstadt noch weiter zu Fuß zu erkunden und ich habe bis zum letztmöglichen Check-Out Zeitpunkt mein schönes Hotelzimmer genossen. Danach habe ich mich erneut auf den Weg zum Flughafen gemacht, in der Erwartung, dass ich einige Stunden bräuchte, um mich im Chaos bis zum Check-In-Schalter durchzukämpfen.

Als ich gegen 14 Uhr am Flughafen ankam, war ich überrascht: Die Abflugshalle war zwar nicht leer, aber vom Chaos des Freitagabends und Samstags war keine Spur mehr! Nahezu alle Flüge auf der Abflugstafel waren pünktlich und nur gering verspätet. So hatte ich noch gut 5 Stunden am Flughafen zu verbringen, bevor ich endlich meinen Flug nach Shenzhen antreten konnte. Mangels Alternativen setzte ich mich in ein unverschämt überteuertes Café in der Abflughalle (ein einfacher Espresso für umgerechnet 6,80 EUR, Cappuccino für 8,80 EUR – selbst am neu eröffneten beeindruckenden Weltklasse Flughafen der Hauptstadt Beijing kostet ein Kaffee weniger als 4 EUR) und nutzte die Zeit, um meine Erlebnisse der vergangenen 48 Stunden hier aufzuschreiben.

Vor meiner Abreise nach Xi'an hatte ich in Beijing noch einen Kunden besucht. Beim Gespräch zur Vertiefung der – in China sehr wichtigen – persönlichen Beziehungen erwähnte ich auch, dass ich das Wochenende in Xi'an zu verbringen plante. Der Kunde bemerkte, dass ich dort das "richtige" China sehen würde, im Gegensatz zu Beijing oder Shenzhen. In der Tat habe ich aus Xi'an einige andere Eindrücke mitgenommen als aus diesen anderen beiden Städten. Insgesamt empfand ich Xi'an ausserhalb des exzellenten und sehr westlichen Hotels als noch wesentlich rücksichtloser, lauter und chaotischer als die bisher besuchten Städte. Auch innerhalb Chinas gelten die Bewohner der Provinz Shaanxi, deren Hauptstadt Xi'an ist, als durchtrieben und agressiv. Mein Fazit deckt sich durchaus mit dieser Klassifizierung: Die versuchte Abzocke des Taxifahrers, keinerlei verlässliche Informationen und viele äusserst rücksichtslose Menschen während des Chaos am Altstadtmauer in Xi'anFlughafen. Dazu die Tatsache, dass der Verkehr am Flughafen überhaupt zusammenbrach, obwohl die Wetterverhältnisse am Freitag und Samstag zwar nicht gut, aber weit ab von katastrophal waren, sowie die Wucherpreise des Kaffees am Flughafen sind nicht dazu geeignet, ein grundsätzlich anderes Bild dieser Stadt zu zeichnen. Nach der Bewertung des Beijinger Kunden habe ich also einen Eindruck des "wahren Chinas" gewonnen. Sicherlich haben auch die Begleitumstände dazu beigetragen, dass dies kein besonders guter Eindruck war. Ausserdem halte ich die Erfahrungen dieses Wochenende nicht für mehr oder weniger relevant als alle anderen Erlebnisse in diesem Land bisher. Trotz dieses sehr durchwachsenen und finanziell ziemlich verlustreichen Wochenendes wollen wir im kommenden Frühjahr einen zweiten Anlauf wagen, denn die Terrakotta Armee und die historischen Bauten sollen durchaus sehenswert sein.

Als ich am Sonntag gegen halbzwölf Uhr abends dann endlich unsere Wohnung in Shekou erreicht hatte, war ich doch sehr froh, Lulu endlich wieder zu sehen. Und Shenzhen kam mir auf einmal sehr zivilisiert vor...

VIP - Vielfraß in Person

In Laufentfernung unserer Wohnung gibt es viele Restaurants, die wir aufgrund der recht erschwinglichen Preise auch oft und gerne besuchen. Besonders gerne gehen wir zu einem "Teppan Yaki" Restaurant, bei dem man aus verschiedenen Gerichten japanischer Art, aber Teppan TakiSushiauch eher französisch angehaucht wählen kann. Dort gibt es von Sushi über Rindersteaks, Garnelen, Fisch, Gemüse, Tempura, Bratreis bis hin zu gedünsteten Eiern mit ein wenig Kaviar eine sehr reichhaltige Auswahl. Die nicht-rohen Gerichte werden dabei auf einer heißen Edelstahlplatte zubereitet, um die herum man sitzen kann und sich sein Essen direkt von der Zubereitung auf den Teller servieren lassen kann. Nicht nur sind die Speisen sehr gut, sondern man kann aus der reichhaltigen Auswahl des "All You Can Eat" Menüs soviel bestellen, wie man essen kann und möchte. Der Preis ist dabei schon unter normalen Bedingungen mit umgerechnet 12,80 EUR sehr günstig, wobei auch alle Getränke in diesem Preis bereits eingeschlossen sind.

Wir gehen dort sehr gerne hin und führen auch unsere Gäste oft dorthin aus - auch bei unseren Besuchern hat sich dieses Restaurant in der Hitliste schnell nach oben gearbeitet. Folglich tauchen wir dort so regelmäßig auf, dass man uns kennt - obwohl VIP Karte Angel Gulfwir nicht die einzigen Langnasen sind, die dort ein- und ausgehen. Als wir bei einem unserer letzten Besuche bezahlten, gab uns die Kellnerin neben dem Wechselgeld auch eine Plastikkarte, mit der wir uns ab sofort als "VIP" Gäste ausweisen können. Dadurch reduziert sich der Preis noch weiter und wir müssen nur noch 12,- EUR für das komplette Menü ausgeben. Natürlich führte diese Auszeichnung zu einer gewissen Begeisterung bei uns. Nur ist uns nicht klar, wofür die drei Buchstaben VIP bei uns stehen: Für "Very Important Person" oder doch eher für "Vielfraß in Person"? Zumindest Ludwigs traditionelle Essgewohnheiten lassen eher die zweite Deutung zu...

Hong Kong mal anders

MakakeAm letzten Januarwochenende hatten wir wieder einmal einen Shoppingtag in Hong Kong verbracht. An jenem Tag waren wir unter anderem in einem Buchladen und haben durch Zufall einen Wanderführer für Hong Kong entdeckt. Darin sind 15 mehr oder weniger lange Touren beschrieben, bei denen man auch etwas über die Geschichte von Hong Kong lernen kann. Durch wunderbaren Sonnenschein motiviert, haben wir direkt beschlossen, eine der Touren an dem darauf folgenden Wochenende gleich auszuprobieren. Da das Wetter im Moment noch sehr angenehm zum Wandern ist, hatten wir zwei ca. 8 Kilometer lange Touren in die engere Auswahl genommen. Die eine führt zum Tai Mo Shan, dem mit 957 Metern höchsten Punkt Hong Kongs, von dem man einen wunderbaren Ausblick bis herüber nach Shenzhen haben kann. Die andere Tour geht entlang eines Bergrückens, der Kowloon von den New Territories trennt, auf dem man auch zu beiden Seiten sehr schöne Ausblicke genießen kann. Zusätzlich soll man bei der zweiten Tour am Anfang die Gelegenheit haben, wildlebenden Makaken zu begegnen.

Auch unser kanadischer Kollege, der in unserer Firma Englischunterricht gibt, war von der Idee begeistert und wir trafen uns am Samstagvormittag in Hong Kong an einer U-Bahnstation, nahe dem Beginn des Wanderwegs. Nachdem das Wetter an diesem Tag recht wolkig war, hatten wir uns für die zweite, etwas niedriger gelegene Tour entschieden und uns die Tour zum höchsten Punkt Hong Kongs für einen sonnigeren Tag verwahrt.

MarkierungDas letzte Stück bis zum Einstieg in den Wanderweg legten wir per Taxi zurück. Als wir angekommen waren und nach dem Beginn des Weges suchten, sahen wir direkt an der Straße ein Makakenweibchen mit Nachwuchs, das auf einer Fußgängerbrücke saß. Direkt an dieser Stelle waren auch große Tafeln angebracht, auf denen Verhaltensregeln gegenüber den Affen zu lesen waren. Die wichtigste Regel ist, den Makaken kein Essen zu geben. Anscheinend hat sich die Affenpopulation in den letzten Jahren unnatürlich stark vergrößert und es gab Attacken von Makaken auf Menschen, da die Tiere herausgefunden haben, dass es einfacher ist, sich Essen von den Menschen zu besorgen, als es sich selber im Wald zu suchen. Oben auf der Brücke wartete noch ein dritter Affe, der ein wenig aggressiv wirkte. Ein Einheimischer, der an dieser Stelle ein paar Fotos machen wollte und alleine war, hat sich sogar zu uns Dreien geflüchtet, da er sich von dem aufdringlichen Makakenmännchen bedroht gefühlt hatte. Unsere Vierergruppe war dann aber wohl doch zu groß und so traute sich der Affe nicht, uns weiter zu belästigen, obwohl er uns doch bis auf weniger als 2 Meter nahe kam. Das war dann aber auch der letzte Makake, den wir an diesem Tag direkt zu Gesicht bekommen haben. In ihrer natürlichen Umgebung im Wald konnten wir auf den ersten Kilometern noch vereinzelt Affengekreische und das Knacken der Äste vernehmen, wenn sich ein paar Tiere durch die Bäume hangelten. Unmittelbaren Kontakt mit einem Tier hatten wir aber nicht mehr.

Auf den schmalen Wegen durch den Wald zum Bergrücken hinauf und entlang sind wir kaum anderen Wanderern begegnet, was sicher an dem sehr wolkigen Wetter lag. An den höchsten Punkten der Tour waren wir sogar in den Wolken, sodass wir leider keine spektakulären Blicke auf Kowloon oder die New Territories genießen konnten und stattdessen nur in eine dichte weiße Suppe schauten. Aber die Einsamkeit und das Naturerlebnis mit recht frischer Luft hat uns sehr gut gefallen. Es stand im absoluten Kontrast zu unseren sonstigen Hong Kong Erlebnissen inmitten des Hochhausdschungels und zwischen Abertausenden von Menschen.

Nachdem wir eine meterologische Station (eine Radarstation des Hong Kong Observatories, von dem wir uns immer die Tunnelaktuellen Niederschlagsradarbilder anschauen) auf dem Beacon Hill passiert hatten, bei der wir aufgrund des Nebels kaum das Ende des Beobachtungsturms erkennen konnten, kamen wir im zweiten Teil der Tour an einigen Relikten alter Befestigungen der Briten aus dem Zweiten Weltkrieg vorbei. Meistens handelte es sich um Markierungssteine, auf denen die Richtung zu verschiedenen Posten eingeritzt war. Aber es gab auch den Einstieg in einen Tunnel und Reste von kleinen Bunkern zu sehen. Bei den letzteren war allerdings nicht viel zu erkennen, da die Erbauer bei ihrem Rückzug vor den vorrückenden japanischen Truppen die meisten Unterstände gesprengt hatten.

Der Wanderführer empfahl als Bestandteil der Tour einen Abstecher hinauf zum Lion Rock. Von dort soll man einen grandiosen 360 Grad-Ausblick haben. Für diesen Abstecher muss man aber den gut befestigten Wanderweg verlassen und über Felsen hinauf zur Spitze des Lion Rocks klettern. Da durch den Nebel die Felsen nass geworden war und wir an diesem Tag auf dem Gipfel sowieso nichts hätten sehen können, haben wir dieses Extra ausgelassen. Trotz der sehr eingeschränkten Sichtverhältnisse hat uns diese Wanderung so gut gefallen, dass wir versuchen werden, sie ein weiteres Mal inklusive Lion Rock Besteigung zu gehen.

Am Ende der Tour haben wir uns dann von einem Taxi wieder zur nächsten U-Bahnhaltestelle bringen lassen und haben uns von dort aus wieder in das Großstadtleben gestürzt, bevor es mit der Fähre zurück nach Shenzhen ging. Dort gab es dann zum Abschluss des tollen Tages ein großes Steak, das wir uns nach der langen Tour auch redlich verdient hatten :-)

Fotos unseres Ausflugs gibt es hier.

Malaysia - Kuala Lumpur

Wir haben unsere Lektion vom letztjährigen Chinesischen Neujahrsfest gelernt und hatten uns in diesem Jahr rechtzeitig um die Buchung einer Urlaubsreise über die insgesamt 7 freien Tage zu Chinesisch Neujahr gekümmert. Traditionell fahren Chinesen zu Neujahr nach Hause, um die Feiertage bei ihren Familien zu verbringen und Freunde aus der Heimatstadt zu treffen. Abgesehen vom religiösen Hintergrund ist das chinesische Neujahrsfest in vielen Aspekten mit unseren Weihnachtsfeiertagen zu vergleichen. Alle Firmen haben für mehrere Tage geschlossen, beinahe jeder versucht die Feiertage bei seiner Familie zuhause zu verbringen und die Kinder bekommen am Neujahrstag Geschenke. Auch die Erwachsenen gehen nicht leer aus und man schenkt sich gegenseitig hóng bāos (siehe Blogeintrag vom 05.02.2009). Aufgrund der landesweiten Reisewelle ist von touristischen Aktionen innerhalb Chinas aber deutlich abzuraten, außer man möchte mal so richtig volle Flughäfen oder Züge erleben. Uns reicht aber schon der Füllgrad zu normalen Jahreszeiten und so haben wir uns rechtzeitig entschlossen, die Feiertage außerhalb Chinas zu verbringen. Auch in diesem Jahr haben wir uns wieder in Richtung Äquator aufgemacht, allerdings nicht ganz so weit nach Süden wie im letzten Jahr (nach Singapur), sondern in das an Singapur angrenzende Malaysia.

Malaysische FlaggeMalaysia besteht aus mehreren Landesteilen: der malaiischen Halbinsel, die sich südlich an Thailand anschließt und dem nördlichen Teil der Insel Borneo. Singapur war nach der Unabhängigkeit von den Briten zunächst Mitglied Malaysias, trat aber im Jahr 1965 aus dem Staatenbund aus. Auch unseren Urlaub hatten wir auf mehrere Landesteile aufgeteilt und starteten mit drei Tagen in der Hauptstadt Kuala Lumpur oder kurz "KL". Nachdem wir uns sowohl in KL als auch an unserer zweiten Etappe in Kota Kinabalu ("KK") in Sabah auf der Insel Borneo sehr gepflegte Hotels ausgesucht haben, haben wir bei den Flügen das Budgetprogramm gewählt und sind zum ersten Mal mit der Billigfluglinie Air Asia geflogen. Dort muss man zwar für jegliche Leistung jenseits des reinen Transports extra bezahlen (auch für die Mitnahme von Gepäck, Sitzplatzreservierungen, Verpflegung an Bord, etc.), aber wir waren mit der Wahl sehr zufrieden. Das Personal war sehr freundlich, die Airbus A320 Maschinen machten einen gut gepflegten Eindruck und die Flüge waren - von der obligatorischen Verspätung beim Abflug aus dem chinesischen Luftraum von Shenzhen nach KL mal abgesehen - einwandfrei. Wir werden wahrscheinlich weitere Urlaubsreisen mit dieser Fluggesellschaft unternehmen. Außerdem waren wir in diesem Urlaub nicht allein, sondern Lulus deutscher Chef hatte mit seiner kleinen Familie dieselben Stationen gebucht, sodass wir meistens zu viert und dem 5 Monate alten Sohnemann unterwegs waren.

KL empfing uns mit tropischen Temperaturen von 32 Grad und der gewohnt hohen Luftfeuchtigkeit, sodass unsere lange Kleidung, die wir zur Abreise in Shenzhen noch benötigten, sofort durchgeschwitzt war. Im Hotel haben wir also gleich mal auf die tropentaugliche kurze Garnitur umgestellt und mit der Erkundung der Stadt begonnen. Unser Hotel lag sehr zentral an einer der Hauptausgehmeilen und so konnten wir in Verkaufsstand für DuriansLaufentfernung gleich einige kleine Straßenrestaurants erreichen, die auch stark von Einheimischen frequentiert wurden, und in denen lokale Spezialitäten wie Sateh Spieße (gegrillte Hühnchen-, Schweine- oder Rindfleischspieße, die mit einer sehr leckeren Erndnusssoße gereicht werden) oder auch die berüchtigten "Stinkefrüchte", welche aufgrund ihres intensiven und nicht schmeichelhaften Odeurs im Allgemeinen aus Hotels und Flugzeugen verbannt sind. Wir wurden auch Zeuge eines kurzen, aber intensiven tropischen Schauers, den wir unter einer Überdachung abwarteten. Nach wenigen Minuten war dieser aber wieder abgezogen und wir konnten auf dem Balkon im ersten Stock eines netten Restaurants noch einen gepflegten Drink einnehmen und den ersten Abend damit ausklingen lassen, von unserem tollen erhöhten Aussichtspunkt dem Treiben auf der Ausgehmeile zuzusehen.

KL TowerAm nächsten Morgen haben wir uns dann mit einer Hochbahn, die auf nur einer zentralen Betonschiene fährt und von der aus man einen sehr guten Überblick hat, auf den Weg zum 421 Meter hohen KL Tower gemacht, einem Funkturm mit einer Aussichtsetage. Um zum Turm zu gelangen, mussten wir aber zunächst mal einen Park durchqueren. Dieser war zwar sehr schön und dicht bewaldet, es war aber auch sehr schweißtreibend, den Kinderwagen über viele Stufen auf schmalen Pfaden bergauf und -ab zu tragen. Glücklicherweise war der Aussichtsturm klimatisiert und so konnten wir wohltemperiert aus 335 Metern Höhe einen tollen Überblick über KL genießen. Insbesondere hatten wir von dort aus auch einen tollen Blick auf "Augenhöhe" auf die bekannten Petronas Towers, ein als Doppelturm gestaltetes Hochhaus. Nachdem wir uns einen Überblick über die Stadt verschafft hatten, haben wir uns zu Fuß auf den Weg zum Merdeka Platz und zum Sultan Abdul Samad Gebäude gemacht. Auf dem Weg dorthin haben wir ein Viertel durchquert, dessen Trubel und Chaos Lulu durchaus an Indien erinnerte. Das überrascht nicht, da Malaysia ein Vielvölkerstaat ist und es auch einen großen indischstämmigen Bevölkerungsanteil gibt. Durch die tropischen Temperaturen ermüdeten wir aber schnell, sodass wir uns am Nachmittag zurück ins Hotel begaben und uns dort am sehr schönen Pool auf der Dachterrasse zwei Stündchen entspannten.

Abends sind wir dann zum Chinesischen Viertel aufgebrochen und hatten eigentlich vor, dort etwas zu essen. Aber aufgrund des Neujahrsfests waren im Chinesischen Viertel nur diejenigen Stände belebt, an denen man kopierte Kleidungsstücke, Uhren, Taschen und so weiter erwerben konnte, woran wir in keinster Weise interessiert waren. Davon haben wir in Shenzhen selbst im Überfluss. Nachdem wir dann auch noch feststellen mussten, dass der wegen seines aufwändig verzierten Daches als Sehenswürdigkeit gelistete hinduistische Sri Mahamaramman Tempel in der Nähe des Chinesischen Viertels komplett eingerüstet war und wir nichts von der Dachkonstruktion sehen konnten, sind wir wieder zurück in die Nähe des Hotels gefahren und haben uns dort ein leckeres westliches Abendessen genehmigt.

Am zweiten Tag sind wir Richtung Lake Garden, einem innerstädtischen Erholungsgebiet, aufgebrochen, an dessen südöstlichem Ende sich das Nationalmuseum befindet. Dort haben wir circa zwei Stunden verbracht und uns über die Geschichte Malaysias informiert, bevor wir weiter zur Nationalmoschee gegangen sind. Diese in den 60er Jahren erbaute Moschee kann in ihrer Haupthalle bis zu Ludwig am Pool3000 Gläubige fassen, sie hat allerdings auch den typischen Charme eines Zweckbauwerks dieser baulichen Periode. Wir hatten eigentlich vorgehabt, uns die Moschee auch von innen anzuschauen, hätten dafür aber noch fast eine Stunde warten müssen, da die Moschee nicht immer für Nichtmuslime geöffnet ist. Dem tropischen Klima angepasst haben wir den Nachmittag dann doch lieber wieder am Hotelpool mit einem erfrischenden Mocktail (einem Cocktail ohne Alkohol) verbracht.

Petronas TowersAbends sind wir dann wieder aufgebrochen, da wir KL nicht verlassen wollten, ohne uns die Petronas Towers auch einmal aus der Nähe angesehen zu haben. Der Anblick der hell erleuchteten Zwillingstürme war dann auch wie erhofft sehr beeindruckend. In den unterirdischen Geschossen der Doppeltürme befindet sich ein riesiges Einkaufzentrum. Dort haben wir uns in einem "Food Court" ein Abendessen gegönnt. Danach sind wir aus der für unseren Geschmack zu kalt klimatisierten Katakomben wieder hinaus in die heiße Abendluft gegangen und haben dort noch viele weitere Fotos von den Türmen und von uns vor den selbigen geschossen. Diese Kulisse ist wirklich beeindruckend und dementsprechend wimmelte es nur so von Touristen und Fotografen, die denselben Anblick genossen. Danach war aber nicht nur der Nachwuchs müde und wir begaben uns ein letztes Mal per Einschienenhochbahn zurück ins Hotel.

Am nächsten Morgen konnten wir nochmal das sehr gute und umfangreiche Frühstücksbuffet im Hotel genießen, bevor wir die einstündige Fahrt zurück zum "LCCT" oder "Low Cost Carrier Terminal" des internationalen Flughafens von Kuala Lumpur antraten. Dieses Terminal ist ein ehemaliges Frachtterminal, das von der Billigfluglinie Air Asia inzwischen zu ihrem Drehkreuz ausgebaut wurde. Da das Passagieraufkommen dieser Fluglinie stark wächst (offensichtlich sind wir nicht die einzigen zufriedenen Kunden), ist eine Erweiterung Air Asia Airbusoder ein neues Terminal in Planung. Die Straßenverbindung zwischen dem LCCT und den Terminals für "Teuerflieger" beträgt ungefähr 20 Kilometer. In der Luftlinie liegen die beiden Terminal jedoch nur ca. 5 Kilometer voneinander entfernt. Das Einchecken verlief vollkommen problemslos und auf die Minute pünktlich hob unsere Maschine dann zum zweieinhalbstündigen Flug zur zweiten Etappe unsere Malaysiaurlaubs nach Kota Kinabalu auf der Insel Borneo ab...

Malaysia - Kota Kinabalu

Nach den zweieinhalb Tagen Stadtbesichtigung in Kuala Lumpur hatten wir für die weiteren fünf Tage ganz auf Entspannung gesetzt und uns ein Doppelzimmer in einem 5 Sterne Resort an der Küste bei Kota Kinabalu reserviert. Es hatte uns in KL am Pool schon sehr gut gefallen, aber die fünf Tage im Shangri-La Resort Tangjun Aru auf Borneo sollten Empfang im Shangri-Launsere Erwartungen noch weit übertreffen. Es fing schon beim Empfang an: Wir wurden in der großräumigen, luftigen Eingangshalle sofort nach dem Aussteigen aus dem Taxi Willkommen geheißen. Die Eingangshalle des Resort war an den Seiten offen und es wehte eine Brise, sodass wir die 30 Grad als sehr angenehm empfanden. Neben der Treppe, die wir zum Empfang hochgingen, saß ein Insulaner und spielte ein traditionelles Musikinstrument, welches aus mehreren metallischen Gongs bestand. Wir wurden von mehreren Angestellten empfangen, von denen uns einer unsere Koffer abnahm und eine weitere uns zu einer Sitzgruppe führte, wo man uns kalte Tücher und angenehm erfrischende, nach Limone schmeckende Getränke servierte. Während wir uns erfrischten, kümmerte sich die Angestellte um unseren Check-In. Das Resort war über die chinesischen Neujahrstage voll ausgebucht und die von uns gebuchten Zimmer mit Meerblick waren nicht verfügbar. Zur Entschädigung bekamen wir ein Upgrade, das aus einer "Clubmitgliedschaft" bestand. Die alternativen Zimmer waren dennoch hervorragend und wir konnten sowohl den Mount Kinabalu, als auch das Meer sehen. Die Clubmitgliedschaft war ein echte Bereicherung, da uns diese den Zugang zu einer exklusiven Lounge in unserem Gebäudeflügel erlaubte. Diese Lounge befand sich im 6 . Stock nur eine Etage unter unseren Zimmern und hatte vom großen Balkon einen wunderbaren Ausblick aufs Meer, sodass wir diesen in unseren Zimmern nicht vermissten. In dieser Lounge konnten wir nicht nur in privaterer Atmosphäre frühstücken, sondern hatten noch die zusätzlichen Annehmlichkeiten, nachmittags zwischen 14:00 und 16:00Lulu und Ludwig in der Clublounge kostenlos Kaffee, Tee, Saft und Kuchenstückchen einzunehmen. Zwischen 17:00 und 19:00 gab es dann die so genannte Happy Hour, bei der Saft, Wein, Bier und andere hochprozentigeren Getränke gereicht wurden. Daneben gab es noch ein reichhaltiges, variierendes Buffet mit Fingerfood, das hervorragend schmeckte. Natürlich waren auch die Getränke und das Essen der Happy Hour in der Clubmitgliedschaft enthalten. Vor allem das Angebt der Happy Hour haben wir intensiv genutzt und mit Blick aufs Meer und einem erfrischenden leckeren Glas Weißwein oft den Abend eingeläutet.

Sunsetbar Tanjung Aru Resort KKDie fünf Tage in KK standen ganz im Zeichen der Entspannung. Den ersten und letzten vollen Tag haben wir ausschließlich im Resort verbracht und uns dort an oder in einem der mehreren großen Pools entspannt. Neben der großen Poollandschaft hatte das Resort auch einen Privatstrand, der zwischen zwei kleineren Landzungen lag und zum Baden einlud. Auf der kleineren der beiden Landzungen befand sich die so genannte Sunset Bar, von der aus man einen wunderschönen Blick in Richtung Westen übers Meer auf den Sonnenuntergang genießen konnte. Natürlich haben wir dieses Angebot auch an einem der Abende wahrgenommen. Dabei haben wir uns ein oder zwei kühle Biere und ein paar frisch gegrillte Sateh-Spieße gegönnt. Dieser Posten war zwar nicht in der Clubmitgliedschaft enthalten, aber die Preise waren angesichts des überragenden Ambientes und Services äusserst moderat.

Auf der anderen Seite der privaten Badebucht auf der größeren Landzunge befanden sich sehr schön angelegte Räumlichkeiten, in denen Massagen angeboten werden. Das Angebot dieses Spas war dann allerdings etwas teurer und da wir uns auch ohne Massageanwendungen hervorragend in dem Resort entspannen konnten, haben wir dieses Angebot nicht genutzt und dementsprechend die Räumlichkeiten auch nicht von innen besichtigt. Wir werden uns stattdessen demnächst in Shekou mal wieder eine Fußmassage zum Niedrigpreis gönnen.

Dem Spa vorgelagert war ein Restaurant, wobei sich nur die Küche und die Bar in Hütten Shangri-La Resortbefand. Alle Tische standen darum herum im Freien, zum Teil unter großen Segeln, und man konnte sich aussuchen, ob man lieber mit Blick übers Meer oder auf die Pools speisen wollte. Dort haben wir zweimal zu Abend gegessen, wobei wir nach dem reichhaltigen Fingerfood in der Lounge gar nicht mehr so großen Appetit hatten. An einem der Abende hat sich Ludwig in der Lounge sehr zurück gehalten, da er den sogenanten S.T.A.R. Burger dieses Restaurants ausprobieren wollte. Bei diesem galt das Angebot des Hauses, dass man ein Bier kostenlos dazu bekommt, wenn man es schafft, den Burger ohne Hilfe aufzuessen. Die Freundin von Lulus Chef hatte tagsüber am Pool einen anderen Gast beim Verspeisen eines Burgers beobachtet und hatte gemeint, dass der Burger nicht besonders groß sei. Aber da hatte sie wohl ein anderes Gericht gesehen. Denn als der Burger vor Ludwig abgesetzt wurde, haben wir alle große Augen gemacht. Was da vor Ludwig auf dem Teller lag, sah aus wie ein kleiner aufgeschnittener Brotlaib, prall gefüllt mit Fleisch, Ei, rote Beete, Salat, Tomate und weiteren Leckereien. Und dazu gab es natürlich auch noch eine reichliche Portion Pommes Frites. Das Gericht war auch sehr lecker und wir durften alle probieren, da Ludwig schnell erkannte, dass er nicht die leiseste Chance hatte, diesen Burger aufzuessen und er schließlich nach der Hälfte aufgab. Und das will bei Ludwig schon was heißen! :-)

Neben der Entspannung im Resort wollten wir auch ein bisschen was von Sabah sehen, Mangroveneinem der zwei malaysischen Bundesstaaten auf Borneo, in dem wir uns befanden. Dafür hatten wir am zweiten Tag eine Tour zu zweien der fünf vorgelagerten Inseln gebucht. Als erstes ging es morgens mit einem kleinen Schnellboot nach Gaya Island, der größten der fünf Inseln. Dort haben wir eine nette kleine Wanderung durch den Wald im Inselinneren und auch durch Mangroven zwischen zwei Buchten gemacht. Von dieser zweiten Bucht aus ging es dann wieder per Boot zu Sapi Island, auf der wir ein Mittagessen bekamen und dann den Nachmittag mit Schnorcheln und Schwimmen verbringen konnten. Das Mittagessen war sehr lecker, aber leider merkten wir deutlich, dass wir die Grenzen des Resorts verlassen hatten. Wir waren umgeben von Horden anderer Touristen und die meisten davon waren Mitglieder von chinesischen Reisegruppen, die über Chinesisch Neujahr unüblicherweise ausserhalb Chinas verreist waren. Aber zum SchnorchelnSchnorcheln auf Sapi Island waren wir ein wenig abseits, sodass wir nicht aufpassen mussten mit anderen Schnorchlern im Wasser zu kollidieren. Dort konnten wir recht viele verschiedene kleine Fische beobachten und einen blauen, normalerweise fünfarmigen Seestern, der allerdings schon eineinhalb seiner Arme eingebüßt hatte. Gegen halb vier sind wir dann mit dem Boot wieder ins Resort zurückgebracht worden. Dort haben wir uns nur kurz umgezogen, um dann mit dem Taxi ins Stadtzentrum Kota Kinabalus zu fahren. KK ist eine für Asien recht kleine Stadt, die für Touristen hauptsächlich einige Märkte zu bieten hat, auf denen wiederum die üblichen nachgemachten Klamotten und Uhren etc. angeboten werden. Neben diesen Märkten gibt es aber auch den so genannten Wet Market, auf dem Gemüse, Fleisch und frisch gefangener Fisch angeboten wird. Dieser Markt war dementsprechend hauptsächlich von Einheimischen bevölkert, was für uns bedeutend interessanter war. Die frisch gefangenen Meeresfrüchte wurden dort auch neben anderen Reis- und Nudelgerichten direkt zubereitet, was wir für ein leckeres und günstiges Abendessen ausserhalb des Resorts ausnutzten. Nach einem kurzen Bummel durch die anderen Märkte mit nachgemachten Gütern haben wir uns aber dann recht schnell entschlossen, den restlichen Abend in gepflegter Atmosphäre am Strand im Resort zu verbringen.

Als zweite Exkursion hatten wir uns für einen Tag einen privaten Führer und Fahrer für den Vor Mount KinabaluKinabalu Nationalpark gebucht. Dieser Nationalpark befindet sich südöstlich von KK und beinhaltet den Mount Kinabalu, welcher mit knapp 4100m der höchste Berg Südostasiens ist. Für eine Besteigung des Mount Kinabalus hätten wir 2 bis 3 Tage einplanen müssen, weshalb wir uns dann auf die Kombination zweier kleinerer Touren am Fuße des Berges beschränkt haben. Bevor wir in den Park kamen, gab es auf der Anfahrt noch einen Stopp an einem kleinen Dorf auf einer Anhöhe, von dem aus man einen wunderbaren Ausblick auf den Berg bekam. Wie wir erfuhren, konnten wir uns durchaus glücklich schätzen, da der Mount Kinabalu oft in Wolken eingehüllt ist, was ihm den Beinamen "scheuer Berg" beschert hat. In diesem Dorf haben wir dann auch ein ganzes Bündel mit 16 Bananen für umgerechnet 60 Cent gekauft, die die Bauern von anderen Bergdörfern zu Fuß auf den dortigen kleinen Markt gebracht hatten. Diese Bananen waren geschmacklich hervorragend, richtig erfrischend, und nicht zu vergleichen mit den Bananen, die man in Europa im Supermarkt kaufen kann.

Mit diesem leckeren Proviant ausgestattet ging es dann weiter zum Nationalpark. Die Touren durch den Regenwald mit den Erklärungen des Führers waren sehr interessant. Wir haben sehr viele verschiedene Pflanzen kennengelernt und auch einige verschiedene Vogelarten gezeigt bekommen. Zusätzlich war das Klima auf dieser Höhe (ca. 1500m) äußerst angenehm.

Dieser gebuchte Ausflug beinhaltete neben Führer und Fahrer auch wieder ein Mittagessen, das diesmal in einem abgelegenen kleineren Haus mit Blick auf den Berg stattfand, der sich zu diesem Zeitpunkt aber schon wieder in Wolken eingehüllt hatte. Da wir auf eigenen Wunsch hin etwas längere Wanderungen als bei den üblichen Touren gemacht hatten, waren wir etwas später dran und somit die einzigen Gäste beim sehr leckeren Mittagessen. Das war dann auch sehr viel angenehmer und entspannter als am Vortag mit den vielen anderen auf Sapi Island.

KannenpflanzeNach dem Essen gab es dann noch eine Führung durch einen Orchideengarten, der sich ebenfalls im Nationalpark befindet. Leider blühten die meisten der Blumen noch nicht, aber da wir auch andere Pflanzen, wie einen Zimtbaum oder sich von Insekten ernährende Kannenpflanzen bestaunen konnten, war die Führung trotzdem sehr interessant. Der Vorteil der Jahreszeit lag eindeutig darin, dass wir auch im Garten kaum andere Touristen zu Gesicht bekamen. Unser Führer hat uns berichtet, dass es im Mai, wenn die Orchideen blühen, in diesem Garten einen nicht abreißenden Besucherstrom gibt, sodass das Tempo der Führung durch die Besucher vor und hinter einem bestimmt wird. Da war uns die Ruhe und Abgeschiedenheit, die wir an diesem Tag im Park genießen konnten, doch bedeutend lieber!

Nach diesen wunderbaren Urlaubstagen, kam die Abreise dann leider viel zu schnell, aber wir freuen uns, die Gelegenheit für solche tollen Urlaube hier in Asien geboten zu bekommen und wollen sie auch in den nächsten Monaten noch fleißig nutzen. Die Rückreise nach Shenzhen verlief erneut problemlos und Shenzhen empfing uns mit trüben 18 Grad. Dabei hatten wir aber noch Glück, denn während unserer Abwesenheit gab es dort nochmal einen Kälteeinbruch und die Temperaturen erreichten tageweise nur Höchstwerte von 8 Grad und es regnete. Dank Ludwigs iPhone waren wir während unseres Urlaubs immer über die aktuellen Wetterverhältnisse in Shenzhen informiert und konnten die traumhaften Verhältnisse in Malaysia noch mehr genießen! :-)

Unsere gesammelten Fotos aus Kuala Lumpur und Kota Kinabalu findet Ihr hier.

Thailand - Bangkok

Anfang März durfte Ludwig eine Woche lang dienstlich nach Bangkok, um dort an einem Führungskräfteseminar unserer Firma teilzunehmen. FahnenDas Seminar war ausgezeichnet und Ludwig hat dort viele tolle und interessante Leute getroffen. Außerdem hat er auch viel über sich selbst gelernt. Dieses Seminar war rundherum ein großer Erfolg und Ludwig ist sehr glücklich, dass er die Gelegenheit hatte, daran teilzunehmen.

Nachdem Lulu in der Woche nach dem Seminar ihren Geburtstag feiern durfte, beschlossen wir, die gute Gelegenheit zu nutzen und gleich eine Woche Urlaub in Thailand anzuschließen. Lulu kam am Freitagabend am Ende der Seminarwoche nach Bangkok nach und wir trafen uns beide in einem Marriot Courtyard Hotel nahe der Sukhumvit Road in Bangkok, die eines der mehreren Zentren Bangkoks ist, an denen viele Einkaufsmöglichkeiten liegen. Entgegen des misslungenen Wochenendes in Xi'an im November letzten Jahres klappte dieses Mal alles völlig problemlos. Wir waren ja aber auch außerhalb Chinas unterwegs und konnten ab Hong Kong mit Cathay Pacific fliegen. Wir beide schätzen diese Fluglinie sehr und auch bei dieser Reise wurden unsere hohen Erwartungen voll erfüllt. Cathay bleibt nach wie vor unsere bevorzugte Fluglinie im asiatischen Raum - zu schade, dass sie nicht Mitglied der Star Alliance sind, bei denen wir unsere Flugmeilen sammeln und inzwischen beide Frequent Traveller Status haben!

Am Abend nach Lulus Ankunft in Bangkok waren wir beide von der zurückliegenden Woche recht müde. Lulu hat in der Firma inzwischen die Leitung eines mittleren Softwareprojekts übernommen und hatte ziemlich viele Dinge zu koordinieren. Und Ludwigs Seminar war nicht nur sehr interessant, sondern auch anstrengend und die Nächte nicht all zu lang. So haben wir am ersten gemeinsamen Abend in Bangkok nur noch die nähere Umgebung des Hotels kurz zu Fuß erkundet, sind aber schon recht bald wieder zurück ins Hotel, haben dort noch einen Happen zu Abend gegessen und sind dann früh ins Bett. Bei unserer kurzen Exkursion in der Nähe des Hotels haben wir allerdings schon unsere ersten Erfahrungen mit einer thailändischen Eigenart gemacht, von der uns Bekannte bereits erzählt hatten: Bei unserer Erkundung glaubten wir, eine Abkürzung zurück zu unserem Hotel gehen zu können, und nicht mehr denselben langen Weg zurück zu müssen, auf dem wir gekommen waren. Wir meinten über einen Parkplatz abkürzen zu können. Am Eingang des Parkplatzes standen Wachleute, die wir fragten, ob wir dort durch zu unserem Hotel kämen. Der Wachmann deutete genau in die Richtung unseres Hotels und sagte mehrfach und mit vielen Gesten "Marriot Courtyard", "Marriot Courtyard". Wir waren uns also ziemlich sicher, den richtigen Weg gefunden zu haben. Auf dem Weg über den Parkplatz passierten wir noch mehrere Wachleute, die uns freundlich salutierten, obwohl wir ja in der zu diesem Parkplatz gehörenden Wohnanlage eigentlich gar nichts verloren hatten. Aber als westliche Ausländer sahen wir wohl unverdächtig genug aus, dass wir zumindest nichts Böses im Schilde führten. Unsere vermeintliche Abkürzung endete dann aber nach ca. 100 Meter an einem Bauzaun. Wir haben dort zwar noch herumgesucht, fanden aber keinen Durchgang zu unserem Hotel. Während wir dort ziemlich planlos umherdiffundierten, kamen wir einem Wachmann dann anscheinend doch verdächtig vor. Wir sind uns nicht ganz sicher, aber wahrscheinlich kam sogar derselbe Wachmann, der uns vorher noch freundlich bestätigt hatte, dass dies der richtige Weg zu unserem Hotel sei. Jetzt allerdings erklärte er uns, dass man hier durch nicht zum Hotel käme und wir wieder außen herum gehen müssten! Genau das hatten wir ja vorher zu erfragen versucht und zunächst einmal freundliche Bestätigung erfahren. Dass der Befragte offensichtlich keine Ahnung hatte, was unser Anliegen war, hielt ihn nicht davon ab, uns sehr freundlich und mit viel Zuversicht in die von uns vorgeschlagene Richtung zu schicken. Wir sollten noch weitere derartige Erfahrungen machen...

Da in unserem gebuchten Hotelpaket das Frühstück nicht eingeschlossen war, sind wir am nächsten Morgen erst mal zu einem Starbucks Kaffee in der Nähe losgezogen, das wir bei unserer Erkundung am Vorabend entdeckt hatten. Nachdem wir uns dort gestärkt hatten, folgten wir einer Empfehlung eines von Freunden ausgeliehenen Reiseführers und brachen zu Fuß zum Baiyoke Tower 2 auf. Das ist mit 304 Metern das höchste Gebäude Bangkoks und wird als Hotel genutzt. Von einer Aussichtsplattform im 78. Stock hat man bei gutem Wetter eine sehr guten Überblick über Bangkok, den wir uns zum Start erst mal verschaffen wollten.

Den Weg dorthin legten wir zu Fuß in ca. 20 Minuten zurück. Als wir an einer Straßenkreuzung auf grünes Licht warteten sprach uns völlig unvermittelt ein Mann mittleren Alters an, zeigte mit seinem Arm in eine beliebige Himmelsrichtung (die falsche, wie wir nachher herausfanden) und sagte: "King's Palace". Weder hatten wir in diesem Moment in einer Karte nach dem Weg gesucht, noch wirkten wir besonders suchend (da wir unser Ziel, den Baiyoke Tower, bereits sehen konnten). Offensichtlich scheint es einer ausreichenden Anzahl von Thais ein dringendes Bedürfnis zu sein, Fremde zu verwirren. Da der Richtungsdeuter aber außer dieser knappen, falschen Richtungsansage keinerlei weitere Kommunikation mit uns versuchte, blieb uns der Sinn dieses Unterfangens umso mysteriöser! Es wäre ja noch verständlich, wenn er dann versuchte, uns beispielsweise in ein Taxi zu locken und uns zu einem überhöhten Fahrpreis zu diesem Ziel zu befördern. Aber er beließ es bei seinem knappen Statement und verschwand wieder.

Baiyoke 2Bald waren wir am Baiyoke Tower 2 angekommen und waren doch etwas überrascht von den vielen billigen Geschäften rund um und im Erdgeschoss dieses Hotels. Vom größten Gebäude Bangkoks (und damit wohl auch Thailands) hatten wir nach unseren Erfahrungen in Taipeh und Kuala Lumpur doch deutlich mehr Glamour erwartet. Dafür war aber der Eintrittspreis zur Aussichtsetage mit 200 thailändischen Baht (BHT, umgerechnet knapp 4,50 EUR) pro Person eher gemäßigt. Oben angekommen waren wir dann wieder etwas enttäuscht, denn es war an diesem Vormittag sehr diesig und die Sicht auf die Stadt war ziemlich eingeschränkt. Vielleicht auch deswegen waren aber sehr wenige Besucher dort oben. Wir sind noch auf die Freiluftaussichtsplattform im 84. Stockwerk aufgestiegen, die sich motorisiert dreht und man so in wenigen Minuten einen Rundumblick über Bangkok erhält, so er sich denn bietet. Allerdings waren nicht nur die wetterbedingten Sichtverhältnisse etwas dürftig. Die Einrichtung im Inneren der Aussichtsetagen war teilweise dermaßen schäbig und heruntergekommen, dass wir uns eher an eine lieblose sozialistische Intertouristdependance erinnert fühlten, als an ein Prestigeobjekt in der Hauptstadt Thailands!

Wir nutzten den eingeschränkten Ausblick vom Turm aber dazu, uns einen Weg zurechtzulegen, wie wir möglichst direkt zur nächstgelegenen Haltestelle der Skytrain (einer Hochbahn) kommen, um von dort aus die weitere Erkundung Bangkoks zu starten. Im Großen und Ganzen fanden wir dann auch am Boden die Route wieder, die wir aus der Höhe ausgespäht hatten. Allerdings sind wir auch dieses Mal erneut in einer Sackgasse gelandet und mussten einen Teil des Weges wieder zurück gehen. Wir können nicht sagen, ob die Sackgassen als solche ausgeschildert sind. Falls doch, dann jedenfalls nur in Thai und nicht in Englisch oder durch ein Piktogramm. Verwinkelte Sackgassen, bei denen man erst ganz am Ende erkennt, dass es nicht mehr weiter geht, scheinen ein Charakteristikum für Bangkok - und vielleicht auch ganz Thailand - zu sein!

Irgendwann hatten wir dann doch die Skytrain erreicht und sind mit dieser bis zum Chao Phraya Fluss gefahren, um dort auf ein Boot umzusteigen und den Fluss aufwärts zu fahren. Gleich als wir am Fähranleger ankamen, passierten wir ein Häuschen, in dem Tickets verkauft wurden. Und bevor wir uns nach dem Fahrpreis zur von uns anvisierten Aussteigestelle in Phra Arthit erkundigen konnten, hielt man uns bereits zwei Tagestickets zu je 150 BHT entgegen und wollte abkassieren. Wir hatten aber im Reiseführer bereits gelesen, dass sich die Tagestickets kaum lohnen und Einzeltickets günstiger seien. Erst auf Nachfrage bekamen wir dann durchaus widerwillig die Auskunft, dass man Einzeltickets direkt auf dem Boot lösen kann. Das haben wir dann auch gemacht und dort gerade mal 13 BHT pro Person für eine halbstündige Bootsfahrt in den Norden des Stadtteils Phra Nakhon um den Königspalast von Bangkok gezahlt. Die spätere Rückfahrt war dann nochmal so teuer, sodass wir statt 150 BHT nur 26 BHT gezahlt haben. bild5So langsam dämmerte uns, dass wir hier offensichtlich besonders auf der Hut vor Abzocke sein mussten. Ebenso hatten wir auch im Reiseführer gelesen, dass man als Ausländer in den charakteristischen Tuk Tuks, an den Seiten offene dreirädrige Taxen, praktisch immer übers Ohr gehauen wird. Der Fahrpreis ist wohl immer deutlich überhöht oder der Fahrer setzt einen auf dem Weg erst mal in einem abgelegenen Viertel in einem Geschäft ab, in dem einem wertlose "Edelsteine" aufgeschwatzt werden sollen, etc. Auf jeden Fall waren wir durch unsere eigenen Erlebnisse und die Ausführungen des Reiseführers so voreingenommen, dass wir Tuk Tuks komplett gemieden haben und auf dieses thailandtypische Transportmittel verzichtet haben.

LangbootAuf dem Boot hatten wir vom Chao Phraya Fluss eine sehr schöne Aussicht auf die ufernahen Tempel und sonstigen Gebäude. Auf dem Fluss waren auch viele der ebenfalls für Thailand charakteristischen Langboote unterwegs, die einen ca. 10 Meter langen, schmalen Rumpf haben und mit einem offen am Heck montierten Automotor angetrieben werden, an dem über eine mehrere Meter lange starre Welle eine Schraube angebracht ist, die weit über das Heck des Bootes hinausragt. Zum Steuern dieser Boote wird der komplette Motor mit der langen Welle auf einem Lager gedreht. Die Motoren scheinen recht potent zu sein, denn diese Langboote bild4erreichen beachtliche Geschwindigkeiten. Dadurch und aufgrund der niedrigen Bordwände ist eine Fahrt im Langboot für die Passagiere eine recht feuchte Angelegenheit. Unsere Fähre war zwar auch recht flott unterwegs, aber deutlich größer und hatte höheren Bordwänden, sodass wir keine Dusche mit dem recht dreckigen Flusswasser über uns ergehen lassen mussten.

Nachdem wir in Phra Arthit angekommen waren, sind wir zum Königspalast gelaufen. Ein Teil des Palastes kann besichtigt werden. Um Einlass gewährt zu bekommen, muss man zusätzlich zur Entrichtung eines Eintrittsgeldes aber auch richtig gekleidet sein. Insbesondere sind kurze Hosen oder Röcke nicht gestattet. Bei 35 Grad im Schatten an diesem Tag waren wir natürlich nicht in langer Kleidung unterwegs. Zwar hätten wir am Eingang zum Palast Überhosen leihen können, die ein bisschen an lila gefärbte OP-Kleidung erinnerten. Aber auch angesichts der großen Menge an Besuchern verzichteten wir auf Einblicke in Teile der königlichen Münzsammlung und haben uns die Palastanlage lieber noch ein bisschen von außen angesehen, bevor wir uns auf den Rückweg zu einem Bootsanleger gemacht haben. Mit dem Boot und Hochbahn ging es dann zurück ins Hotel, wo wir uns erst einmal an den zwar nicht allzu großen, aber dennoch schönen Pool gelegt und ein bisschen von der anstrengenden Tagestour erholt haben.

Abends sind wir dann in das nicht allzu weit von unserem Hotel entfernte Siam Center aufgebrochen. Das ist ein großes Einkaufszentrum, das über einen bei den Einwohnern Bangkoks wie Touristen gleichermaßen beliebten Food Court verfügt, also einer Ansammlung vieler sehr kleiner Küchen verschiedener Essensstile und gemeinsamen Tischen. Dort haben wir uns ein leckeres und recht günstiges thailändisches Abendessen gegönnt. Auf dem Weg zwischen dem Siam Center und unserem Hotel lag an einer Straßenecke der "Erawan Schrein". Wann immer wir dort vorbei kamen, war dieser dicht belagert und viele Menschen haben vor einer Buddhastatue Räucherkerzen angezündet, gebetet und kleine Opfergaben in Form von Lebensmitteln gebracht. Außerdem gab es eine Gruppe von Tänzerinnen mit vergoldeten spitzkegligen Kappen, die zu meditativer Musik getanzt haben. Rund um den Schrein verkauften fliegende Händler Blumenketten (die auch als Opfergaben gebracht wurden), Essen sowie Lotterielose. Offensichtlich glauben viele Buddhisten, dass ihre Chancen auf einen Lottogewinn steigen, wenn sie unmittelbar vor dem Kauf der Lose ein kleines Opfer bringen und um die Gunst der Götter bitten. Jedenfalls war dieser Schrein ständig gut besucht und scheint für die Anwohner eine wichtige Einrichtung zu sein.

Nach dem Abendessen wollten wir noch kurz einen Eindruck des viel gepriesenen Nachtlebens von Bangkok erhaschen und sind zum "Brown Sugar" gelaufen, einer im Reiseführer angepriesenen Musikkneipe in Laufentfernung unseres Hotels. Direkt neben dem Brown Sugar lagen noch ein paar weitere Kneipen in einer ansonsten trostlosen und abends verlassenen Straße zwischen Bankfilialen und ein paar Geschäften. Die Kneipen waren alle fast komplett leer. Vor einer Kneipe wartete einer der ebenfalls für Bangkok typischen Transvestiten auf Kundschaft und auch sonst schienen uns die wenigen Damen in den Etablissements auf westliche Touristen zu warten, um diesen wohl mehr als nur ein paar Drinks anzubieten. Vor dem Brown Sugar selbst stand ein Anwerber, der uns wortreich und engagiert in die Kneipe locken wollte, in der sich ein tapferer Barde vor leerem Saal bemühte, Stimmung zu erzeugen. All dies hat uns nicht im geringsten angesprochen, und so gingen wir zurück zu unserem Hotel, um in der dortigen MoMo Bar noch gepflegt einen Drink zu nehmen.

WochenendmarktAm Sonntag sind dann nach dem erneuten Frühstück bei Starbucks zum Chatuchak Wochenendmarkt im Norden der Stadt aufgebrochen. In Hunderten überdachter und an den Seiten offener Markthallen bietet eine unüberschaubare Anzahl von Händlern von Schuhen und Kleidung über Schmuck, Einrichtungsgegenstände, Lampen, Haustieren, Spielzeug, gefälschten Handtaschen und Uhren westlicher Luxusmarken bis zu meterhohen Statuen einfach fast alles an. Neben den selbstverständlichen Essensständen gibt es für die Touristen auch mehrere Stände von DHL und UPS, um die erworbenen Stücke gleich vor Ort verpacken und nach Hause versenden zu lassen. Natürlich kennen wir aus China und Hong Kong ähnliche Märkte. Im Gegensatz zu den uns bisher bekannten Märkten gab es hier in Bangkok aber durchaus pfiffige DHLGegenstände mit eigenständigem Design zu kaufen und auch die Qualität erschien uns besser als auf den chinesischen Märkten. So konnten auch wir nicht widerstehen und haben so viele Souvenirs erstanden, dass wir entgegen unseres ursprünglichen Plans erst einmal zurück ins Hotel mussten, bevor wir das Sightseeing fortsetzen konnten.

Nachdem wir unsere Einkäufe im Hotel deponiert hatten, sind wir mit dem Taxi zum Golden Mount gefahren, einer auf einer Anhöhe gelegenen Tempelanlage im Zentrum Bangkoks. Man kann bis auf das Dach des Tempels gelangen, auf dem ein typischer vergoldeter Chedi steht. Als Chedi wird ein kuppelartiges hohes Bauwerk bezeichnet, das Bestandteil buddhistischer Tempel ist und meist komplett vergoldet ist. Beim Golden Mount konnte man auf dem Dach um den Chedi herumlaufen und von dort einen tollen Blick über Bangkok bekommen - wesentlich besser als vom viel höheren Baiyoke Tower 2 am Vortag. ChediDer Chedi symbolisiert einen heiligen Berg im Himalaja, von dem aus ein Fluss ins Tal fließt. In der buddhistischen Tradition umrunden Gläubige den Chedi übrigens drei mal und immer im Uhrzeigersinn. Das soll den Fluss des Lebens symbolisieren, der beim natürlichen Vorbild wohl ebenfalls im Uhrzeigersinn um den Berg herum fließt. Nur zum Begräbnis wird der Sarg mit dem Verstorbenen entgegen des Uhrzeigersinns um den Chedi getragen. Das bedeutet in der buddhistischen Mythologie die Rückkehr des Toten entgegen der Flussrichtung zum Ursprung. Also, merkt Euch: Falls Ihr auch einmal einen buddhistische Chedi besucht, umrundet diesen nur im Uhrzeigersinn, solange Ihr noch nicht zurück zum Ursprung wollt!

Nach diesem Überblick über die buddhistischen Hintergründe und unserem Überblick über Bangkok sind wir vom Golden Mount wieder herabgestiegen. Am Fuß der Tempelanlage hat Lulu im Gebüsch neben dem Weg eine ca. 40 cm große Echse entdeckt, von der wir sogar ein paar Fotos schießen konnten. Danach haben wir uns erst einmal ein paar kleine Frühlingsröllchen aus einer der vielen mobilen Küchen gegönnt, die an fast jeder Ecke zu finden sind. Frisch gestärkt ging es dann weiter zu den nahe gelegenen Tempeln Wat Ratchanadda und EchseWat Thepthidaram. Auch dort konnten wir teilweise aus dem Dachgeschoss gute Überblicke über diesen Teil Bangkoks gewinnen. Vor dem Wat Suthat Tempel, den wir ebenfalls besichtigten, steht ein restaurierter Teil der "Giant Swing", einer 25 Meter hohen Schaukel, auf der bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wohl waghalsige Schaukelwettkämpfe ausgetragen wurden, bei denen immer wieder Teilnehmer tödlich verunglückten. Inzwischen steht aber nur noch das Gestell inmitten eines großen und stark befahreren Kreisverkehrs. Anschließend sind wir noch zum "Schwein-Denkmal" gegangen, welches zu Ehren einer thailändischen Königsgattin erbaut wurde, die im chinesischen Jahr des Schweines geboren war.

bild10Das Schwein-Denkmal liegt an einem Khlong. Die Khlongs sind Kanäle, die Bangkok durchziehen und die früher sowohl der Entwässerung als auch als Transport- und Verkehrsweg dienten. Inzwischen sind die meisten Khlongs mit Straßen überbaut und zugeschüttet worden. Dieser Khlong existiert noch, ist aber keine besondere Zierde. Man hat den Eindruck, dass die Entwässerungsfunktion nach wie vor genutzt wird. Es schwimmt leider viel Müll im trüben Wasser, der Geruch ist wenig schmeichelnd und wir sahen Horden von Ratten an den Ufern herumhuschen, die sich dort offensichtlich recht wohlfühlten. Außerdem lungerten viele Menschen an diesem Khlong herum, die den Eindruck vermittelten, dass sie dort lebten oder zumindest den größten Teil ihrer Zeit verbrachten. Aber auch das gehört eben zu Bangkok.

Wir zogen entlang des Khlongs bis wir in die Nähe der Khaosan Road kamen, einem bekannten Zentrum der Rucksacktouristenszene, die in Bangkok und in Thailand generell sehr stark vertreten ist. Dort fanden wir in einer kleinen Nebenstraße das "New Joe", ein nettes Backpacker Restaurant mit einem überdachten Garten, in dem wir uns niederließen und ein sehr leckeres thailändisches Abendessen zu einem sehr günstigen Preis einnahmen. Danach sind wir dann weiter auf den nahegelegenen Nachtmarkt. Dieser hat uns aber im Gegensatz zum Chatuchak Markt vom Vormittag nicht besonders gut gefallen. Hier gab es wieder die üblichen nachgemachten T-Shirts, Sonnenbrillen und Uhren und insgesamt war das Flair äußerst touristisch und bei weitem nicht so originell wie am Chatuchak Markt. Folglich haben wir uns dort auch nicht mehr lange aufgehalten und haben diesen langen und erlebnisreichen Tag bald beendet.

Am nächsten Morgen ging es dann mit Bangkok Airways weiter in den Norden Thailands in die Stadt Chiang Mai, in der wir drei Tage verbringen sollten.